Benutzer:Neunzehnhundertachtundachtzig/Italienische Momente

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Italienische Momente

(Kurzgeschichte von Helga Viviani / 03/2019)


Zum Glück wird der Satz 'bis dass der Tod euch scheidet' nicht ins richtige Leben umgesetzt, denn sonst hätte ich gerade noch das zwanzigste Lebensjahr erreichen können. Darüberhinaus scheint mir was am Altar bei der Trauung gesagt wird ohnehin nicht zeitgemäß, denn die Statistik beweist, dass jede dritte Ehe geschieden wird. Ob es sich bei dem Zitat am Altar um einen Hinweis, eine Empfehlung, eine Drohung, oder nur um einen Wunsch handelt, sei dahingestellt, doch festlegen möchte ich mich lieber nicht. Trotz alledem habe ich mich nach 10 Jahren ein zweites Mal getraut, denn trauen kommt von sich trauen, oder jemandem trauen. Diesmal lief es 16 Jahre lang anfangs sehr gut, aber mit Abwärtstrend, der in meiner Frage gipfelte 'ob das schon alles gewesen sein sollte' ? Es wurde eine vorübergehenden Trennung vereinbart, die drei Jahre danach mit einer von beiden Seiten gewollten, sogenannten konservativen Scheidung endete. Also wieder alles von vorne, alles neu, ganz besonders das Umfeld von Freunden und Bekannten aus dieser doch ziemlich langen Vergangenheit die glaubten, sich für einen von uns beiden entscheiden zu müssen. Warum eigentlich? Aktive Maßnahmen folgten in der Form, dass ich auf dem schwarzen Brett im Sportcenter zwei Inserate sah, die jemanden mittlerer Spielstärke zum Squash spielen suchten. Meine erwachsene Tochter meinte dazu, 'du kannst doch nicht einfach einen wildfremden Mann kontaktieren, und dich dann mit ihm treffen'. Darauf gab's nur eine Antwort: Ich suche ja nur einen Squash Partner. Natürlich habe ich ihre Meinung in den Wind geschlagen und gleich losgelegt. Die erste Telefonnummer gehörte einem Wiener, einem Robert, der sich über meinen Anruf gefreut hat. Allerdings hatten seine Fragen nichts mit Squash spielen zu tun, denn er wollte mein Gewicht wissen, auch wie groß ich bin, wie alt, Haar- und Augenfarbe. Offenbar hatte er seine Notiz im Sportcenter am schwarzen Brett mit den bekannten Zeitungsanzeigen 'er sucht sie ' verwechselt, was nicht bedingt mit seiner österreichischen Nationalität zu tun haben muss. Das Telefonat endete mit meiner Zusage mich wieder zu melden und gelegentlich zusammen einen Kaffee zu trinken.

Nummer zwei war wiederholt nicht erreichbar. Keine Antwort, kein AB, so dass ich mir ein Limit mit dreimal anrufen gesetzt hatte. Beim dritten Mal war er dran! Eine freundliche, dunkle Stimme so wie ich sie gern hatte, ein wenig Akzent, aber nicht mehr wissend, dass er sich auf dem schwarzem Brett im Sportcenter vor einigen Wochen eingetragen hatte, auf der Suche nach einem Squash Partner, ohne an eine Partnerin zu denken. Wir haben uns trotzdem verabredet. An einem Donnerstag um 19.30 h im Monat Juni kam ich sehr neugierig, wer wohl zu der Stimme gehörte, etwas verspätet vor dem Squash Court an und sah ihn schon. Sein outfit entsprach nicht dem neuesten Trend, aber sein Handwerkszeug war in Ordnung, sein Spielstärke mit der Angabe 'mittel' ein klein wenig übertrieben. Er wirkte schüchtern, nicht besonders redselig beim gemeinsamen Abendessen im Restaurant der Sportanlage, wo er mir viel später verriet, dass er sich über meine Bestellung Schinkenmakkaroni sehr amüsiert hatte. Kein Italiener isst so etwas.

Mit einem Satz: es war nicht die Liebe auf den ersten Blick, nicht einmal nach vielen Spieltagen. Irgendwann dann mal lud er mich zum Abendessen in ein kleines italienisches Restaurant in der Nähe meiner Wohnung ein und fragte, ob ich nicht seine gemalten, fotografierten Bilder sehen möchte, er hätte sie dabei, wir könnten sie bei mir zu hause anschauen. Aha dachte ich, jetzt kommt die Sache mit dem Briefmarken Album. Mitnichten! Es waren wirklich nur Fotos sehr schöner von ihm gemalter Bilder.


Kurz nach diesem sehr gelungenem und nettem Abendessen glaubte ich auch ihn einladen zu müssen, aber nicht auswärts, sondern bei mir daheim. Der Tisch wurde, wie ich mir italienische Feinkost vorstellte mit, Oliven, Salami, Prosciutto, Gorgonzola, Ciabatta und Mortadella gedeckt, auch eine Flasche Rotwein fehlte natürlich nicht. Erst nach langer Zeit gestand er mir 'ich habe die Mortadella nur dir zu Liebe gegessen, davor noch nie, denn ich mag diese Wurst überhaupt nicht '. Sollte das damals von seiner Seite schon die erste Liebeserklärung sein? Nicht gleich, aber schon bald war es nicht nur Squash und wie schon erwähnt, nicht Liebe auf den ersten Blick, aber dann doch die ganz große. Drei Jahre danach haben wir, ohne zu müssen, geheiratet. Inzwischen sind es schon über 30 Jahre ins Land gegangen in denen wir immer wieder über unsere Anfänge lachen können. Meine magische Zahl scheint demnach die acht zu sein, denn meine drei großen Lieben beinhalteten immer wieder die acht: 58, 68 aber last and least 88.