Benutzer:Oktay78/Menschen- und Bürgerrechte in der Türkei
Menschen- und Bürgerrechte in der Türkei
Der Artikel stellt die Entwicklung der Menschen- und Bürgerrechte in der Türkei dar.
Rechtliches
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die türkische Republik hat sich recht früh der Anerkennung und Achtung der Menschenrechte verpflichtet. Im Laufe der Zeit ging sie vielfältige vertragliche internationale Verpflichtungen ein. Bereits 1950 unterzeichnete sie die europäische Menschenrechtskonvention und seit 1987 kann jeder türkische Staatsbürger Klage bei der Europäischen Menschenrechtskommission einreichen. 1990 stellte sich die Türkei unter die Gerichtsbarkeit des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.
Menschrechtssituation in der Vergangenheit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Missachtung der Menschenrechte ist eines der Haupthindernisse für den Beitritt in die Europäische Union. Der Türkei werden viele Verstöße gegen die Menschenrechte vorgeworfen. Neben der Unterdrückung der kurdischen Minderheit, Pressefreiheit, Religionsfreiheit, Gewalt durch staatliche Einrichtungen und die systematische Anwendung von Folter. Die türkische Polizei ist in der Kritik wegen ihres unverhältnismäßigen Einsatzes von Gewalt bei Demonstrationen. Türkische und ausländische Menschenrechtsorganisationen konnten viele Fälle dokumentieren in der auf Polizeistationen Menschen gefoltert wurden.
Die Menschenrechtssituation verschärfte sich nach dem Putsch des Militärs von 1980 und noch einmal im Zuge der zunehmenden Terroranschläge der PKK. Das Militär ging anfang der 1990er Jahre dazu über, Dörfer in den kurdischen Gebieten zu räumen und die Bewohner zwangsumzusiedeln. Mit solchen Maßnahmen sollte der PKK die Unterstützungsbasen entzogen werden. In den meisten Fällen war die Entschädigung der Bevölkerung nur geringfügig oder fand überhaupt nicht statt.
Die Wahrung der Menschenrechte wurde zudem durch die nächtlichen Ausgangssperren in zehn Südöstlichen Provinzen der Türkei erschwert.
Problematisch war auch die Beschneidung der Bürgerrechte durch gesetzliche Regelungen. So wurde in der neuen Verfassung vom 1982 die Rechte der Arbeitnehmervertreter beschnitten und darüber hinaus die Versammlungs-, Presse- und Meinungsfreiheit sowie das Demonstrationsrecht.
Menschenrechtssituation in der Gegenwart
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Zuge der Reformen zur Annäherung an die Kriterien der Europäischen Union wurde August 2002 u.a. die Todesstrafe für alle Vergehen abgeschafft. Darüber hinaus wurden auch Verbesserungen in den Bereichen der Versammlungs-, Presse- und Meinungsfreiheit sowie des Demonstrationsrechts durchgesetzt. So ist z.B. allgemeine Kritik an staatlichen Einrichtungen nicht mehr strafbar.
Im reformierten Presserecht werden Freiheitsstrafen bei Verstößen gegen das Presserecht durch hohe Geldstrafen ersetzt. Verbessert wurde auch die Situation der Non Government Organizations durch die Veränderung des Vereins- und Stiftungsrechts.
Die Situation der ausländischen Religionsgemeinschaften wurde verbessert. Sie können nun Immobilien erwerben, verkaufen und vererben.
Das derzeit problematischste und am meisten kritisierte Paragraph ist der Artikel 301 des Strafgesetzbuches. Nach Artikel 301 sind derzeit zahlreiche Schriftsteller (z.B. Orhan Pamuk) und Journalisten angeklagt. Laut Artikel 301 ist die "Herabwürdigung des Türkentums" ein Strafbestandteil. Sie ist schwammig formuliert und erlaubt die Anwendung auf viele Fälle. Die wichtigsten Gründe sind für das Greifen des Artikel 301: ansprechen des Völkermordes an den Armeniern, die Kurdenproblematik, die Ausschreitungen gegen christliche Bevölkerungsteile in Istanbul von 1955.
Dennoch gibt es Defizite bezüglich der Menschen- und Bürgerrechte. So ist z.B. die Behauptung es habe einen Völkermord an den Armeniern gegeben ein Straftatbestand. Auch können Staatsanwälte wegen Beleidigungen gegen das "Türkentum" Verfahren eröffnen. Die Prominentesten Fälle der jüngeren Vergangenheit sind die Klagen gegen Ohran Pamuk und die Veranstalter der Völkermord Konferenz. Ein weiteres Hindernis stellt derzeit auch die in Teilen sehr konservative Staatsbürokratie. Deshalb hat die Regierung unter Erdogan angekündigt, verstärkt gegen die Widerstände im Staatsapparat vorzugehen und für eine bessere Umsetzung der Reformen zu sorgen.
Jüngst verurteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Türkei wegen der Inhaftierung eines Wehrdienstverweigerers. Laut Urteil wird die gängige Praxis zum Zwang für die Aufnahme des Wehrdiensts als Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention gewertet. Das türkische Recht in der Frage der Wehrdienstverweigerung wird als ungenügend bewertet (Quelle: [1]).
Die mögliche Verwicklung des Staats- und Sicherheitsapparats bei den Bombenanschlägen in Semdinli wird derzeit von der Staatsanwaltschaft in Van untersucht. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt zwei Angehörige der Gendarmerie (Unteroffiziere Ali Kaya und Özcan Ildeniz) die Bombenanschläge ausgeführt zu haben. Dabei ging es den Inhaber eines Buchladens, und einen ehemaligen PKK-Kader, Seferi Yilmaz zu töten (Quelle: [2]).
Gegen den Vorsitzende des größten und einflussreichsten Unternehmensverbandes TÜSIAD-Beirates, Mustafa Koc, wurde ein Verfahren eröffnet. Dieser hatte den Prozess gegen den Rektor der Universität Van kritisiert und die Einstellung des Verfahrens gefordert. Darauf riefen Politiker der Regierenden AKP-Partei die Staatsanwaltschaft auf einen Verfahren gegen Koc zu eröffnen wegen der Behinderung und einflussnahme auf die Justiz. Das Verfahren wurde von der Staatsanwaltschaft eingestellt, mit der Begründung das die Äußerungen von Koc sich auf die Meinungsfreiheit berufen lasse. Außer gegen Koc wurde Verfahren gegen den Oppositionsführer Deniz Baykal, den Präsidenten des Hohen Hochschulrates Erdogan Tezic und weitere Hochschulrektoren eingeleitet, die sich der Kritik von Koc angeschlossen hatten (Quelle: [3]).
Etliche kurdische Politiker müssen sich vor Gericht rechtfertigen. Die Staatsanwaltschaft von Diyarbakir ermittelt gegen Diyarbakirs Oberbürgermeister Osman Baydemir, weil dieser sich mit anderen Bürgermeistern in der Region mit einem offenen Brief an den dänischen Ministerpräsidenten Rasmussen für die Fortsetzung des Sendebetriebs von Roj TV eingesetzt hatte. Roj TV wird von der Türkei vorgeworfen für die PKK Propaganda zu betreiben. Bei einem Staatsbesuch von Erdogan in Dänemark kam es zum Eklat, als der türkische Ministerpräsident bei einer Pressekonferenz von seinen Gastgebern forderte, dass ein Roj TV Reporter den Saal verlassen solle. Als dies abgelehnt wurde, verließ Erdogan selber die Pressekonferenz. In einem zweiten Vorwurf wird Baydemir die Verletzung des Gesetzes über die türkische Schrift angekreidet. Er hatte seine Neujahreskarten in türkischer, kurdischer und englischer Sprache verfasst (Quelle: [4]).
Die Menschenrechtsorganisation Human Right Watsch bewertet die Lage der Menschenrechte in der Türkei als 2005 wiedersprüchlich. Bei der Bekämpfung der Folter seien Fortschritte gemacht worden und Haftvorschriften würden mittlerweile Landesweit eingehalten. Andererseits wurden bei der Bekämpfung des Terrors durch die Sicherheitskräfte die Grenzen der Menschenrechte übertreten. So wären auf polizeiliches Eingreifen Todesfälle zu beklagen. Kritisiert werden auch die zahlreichen Prozesse aufgrund der freien Meinungsäußerung, auch wenn sich keiner der angeklagten derzeit im Gefängnis befinde. Viele der Prozesse wurde derweil auch wieder eingestellt (Quelle: [5]).
Wegen seiner Kritik an der Verleugnung des Völkermordes an den Armeniern wurde gegen den Schriftsteller und Intelektuellen Orhan Pamuk ein Verfahren wegen der Beleidigung des Türkentums eröffnet. Dieses Verfahren erntete international viel Kritik. Das Verfahren wurde wegen formalen Gründen aufgehoben. Die Zuständigkeit für die Strafverfolgung lag beim Justizministerium dieser wies seine Zuständigkeit ab und verwies auf die neuen Gesetzgebung (Quelle: [6]).
Gewerkschaften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Laut einer Veröffentlichung der größten Gewerkschaft des Landes, der Türk-İş, wurden zwischen 2003 und 2005 in der Türkei 15.531 Beschäftigte wegen gewerkschaftlichen Engagements entlassen. Die meisten der Betroffenen waren Angestellte der Gemeinden.