Benutzer:Prolinesurfer/Oberstes Gericht
Ein Oberstes Gericht ist das letzte Glied eines Instanzenzuges. Es lassen sich grundsätzlich zwei verschiedene Arten Oberster Gerichte unterscheiden.
In der angelsächsischen Rechtstradition des Common Law gibt es ein einziges Oberstes Gericht, den Supreme Court. Dieses ist die höchste Instanz eines Gerichtsverfahrens und entscheidet abschließend auch über verfassungsrechtliche Fragen.
In den kontinentaleuropäischen Rechtstraditionen gibt es dagegen mehrere Oberste Gerichte, die für unterschiedliche Rechtsgebiete zuständig sind. In diesen Ländern gibt es mindestens zwei Oberste Gerichte, eines für die ordentliche Gerichtsbarkeit (Zivil- und Strafrecht) und eines für die öffentlich-rechtliche Gerichtsbarkeit (Verwaltungsgerichtsbarkeit). Die Zuständigkeit nach Rechtgebieten kann auch weiter aufgefächert sein. Neben diesen Gerichten existiert meist ein Verfassungsgericht, das außerhalb des Instanzenzuges steht und allein für verfassungsrechtliche Fragen zuständig ist. Die Anrufung dieses Gerichts stellt dann entprechend einen außerordentlichen Rechtsbehelf dar. Dieses Gericht entscheidet aber nicht nur, wenn ein Bürger seine Grundrechte verletzt sieht (Verfassungsbeschwerde), sondern kann auch bei Streitigkeiten zwischen Staatsorganen (Organstreit) oder zur Prüfung von Normen auf ihre Verfassungsmäßigkeit (Normenkontrolle) angerufen werden.
Angelsächsische Rechtstradition
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Folgende Länder haben einen Supreme Court nach angelsächsischer Rechtstradition:
- Australien
- Gambia
- Indien
- Irland, siehe Supreme Court (Irland)
- Jamaica
- Kanada, siehe Oberster Gerichtshof von Kanada
- Neuseeland
- Philippinen
- Südafrika: Supreme Court of Appeal (neben dem Verfassungsgericht, da Südafrika historisch bedingt ein Mischsystem aufweist)
- Singapur
- Uganda, siehe Supreme Court of Uganda.
- Vereinigte Staaten von Amerika, siehe Supreme Court of the United States
- Zudem haben die meisten US-Bundesstaaten ebenfalls einen Supreme Court eingerichtet.
- Vereinigtes Königreich, den noch zu errichtenden Supreme Court of the United Kingdom
Kontinentaleuropäische Rechtstradition
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Deutschland
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die obersten Gerichtshöfe des Bundes sind in Deutschland gemäß Artikel 95 Absatz 1 des Grundgesetzes:
- der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe und Leipzig (5. Strafsenat) für Zivil- und Strafverfahren,
- das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig,
- der Bundesfinanzhof (BFH) in München,
- das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt und
- das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel
Der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes tagt nach Bedarf, wenn es um Fragen der Verantwortungszuweisung zwischen den verschiedenen Gerichtshöfen geht. Der Senat wird vom BGH in Karlsruhe verwaltet.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe steht als Gericht eigener Art neben den obersten Gerichtshöfen und wacht über die Verfassung. Er ist in keinen Instanzenzug eingeordnet.
Österreich
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die obersten Gerichtshöfe in Österreich sind
- der Oberste Gerichtshof (OGH) für die ordentliche Gerichtsbarkeit und
- der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) für die Verwaltungsgerichtsbarkeit
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) ist für verfassungsrechtliche Fragen zuständig.
Die Erkenntnisse der obersten Gerichtshöfe in Österreich sind vom grammatikalischen Geschlecht her Neutra („das Erkenntnis“).
Siehe auch: Gerichtsorganisation in Österreich
Schweiz
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Oberste Gericht der Schweiz ist das Bundesgericht in Lausanne und Luzern (zwei sozialrechtliche Abteilungen). Daneben existieren seit 2004 das Bundesstrafgericht in Bellinzona und seit 2007 das Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen. Diese sind aber keine Obersten Gerichte, da ihre Verfahren teilweise zum Bundesgericht weitergezogen werden können.
Die Schweiz hat kein separates Verfassungsgericht.
Siehe auch: Politisches System der Schweiz#Judikative
Liechtenstein
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die obersten Gerichtshöfe in Liechtenstein sind:
- der Oberste Gerichtshof für die ordentliche Gerichtsbarkeit und
- der Verwaltungsgerichtshof für die Verwaltungsgerichtsbarkeit
Der Staatsgerichtshof ist für verfassungsrechtliche Fragen zuständig.
Siehe auch: Gerichtsorganisation in Liechtenstein
Frankreich
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die obersten Gerichte in Frankreich sind:
- das Kassationsgericht (Cour de Cassation) für die ordentliche Gerichtsbarkeit und
- der Staatsrat (Conseil d'État) für die Verwaltungsgerichtsbarkeit
Der Verfassungsrat (Conseil constitutionnel) ist für verfassungsrechtliche Fragen zuständig.
Griechenland
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die obersten Gerichte in Griechenland sind:
- der Areopag, der als Institution schon seit der Antike exisitiert, für die ordentliche Gerichtsbarkeit und
- der Staatsrat (Συμβούλιο της Επικρατείας / Symvoúlio tis Epikratías) für die Verwaltungsgerichtsbarkeit
Das Oberste Tribunal (Ανώτατο Ειδικό Δικαστήριο / Anótato Idikó Dikastírio) ist für verfassungsrechtliche Fragen zuständig.
Litauen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die obersten Gerichte in Litauen sind
- Das Oberste Verwaltungsgericht Litauens (lit. Lietuvos Vyriausiasis Administracinis Teismas) ist das oberste Gericht der Republik Litauen in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten
- Oberster Gerichtshof Litauens
Über die Verfassung wacht das Litauische Verfassungsgericht. Alle Gerichtshöhe haben ihren Sitz in der litauischen Hauptstadt Vilnius.
DDR
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der DDR gab es bis zur Wiedervereinigung das Oberste Gericht der DDR.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Christoph Mangold: Die völkerrechtliche Verfolgung von Individuen durch internationale Strafgerichtshöfe. Verlag Peter Lang, Frankfurt 2007. 383 S.
- Thomas Rauscher: Europäisches Zivilprozeßrecht. Sellier European Law Publisher, 2004, ISBN 3-935808-08-9.