Benutzer:SROK/Musikästhetik

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Musikästhetik ist als philosophische Disziplin Teil des Denkens über Musik mit dem spezifischen Bezugspunkt der Reflexion und ästhetischen Erfahrung musikalischer Werke und Prozesse. Dabei variieren Gegenstand und Methoden musikästhetischer Betrachtungen seit Entstehung der Disziplin der Ästhetik Mitte des 18. Jahrhunderts durch A. G. Baumgarten, welche sich mit der sinnlichen Erkenntnis allgemein, mit der Erkenntnis von Kunst und Schönem im Besonderen und mit dem Verstehen und Bewerten von Kunstwerken im historischen Zusammenhang beschäftigt.  

Auch wenn der Begriff vor dem 18. Jahrhundert noch nicht verwendet wird, haben die Menschen seit je über ihre geistigen Produkte reflektiert, also auch über die von ihnen geschaffene Musik. In den Mythen der Antike spielt die Musik und ihre Wirkung oft eine bedeutende Rolle, wie etwa im Mythos von Orpheus. Eine besondere Bedeutung erhält die Musik in der Philosophie der Pythagoreer: Ihnen galten Harmonie und Zahl als Grundprinzip des Seienden, die Musik und ihre Intervallverhältnisse als Paradigma dieser allumfassenden Ordnung. Für Platon ist Musik in seinem Dialog „Symposion“ als techné (im Sinne von kunstvoll-handwerklicher Betätigung) lediglich Durchgangsstation zur Erkenntnis des Seienden, weil sie die Liebe zum Sinnlich-Schönen hervorrufen kann. In Platons „Politeia“ (dt. „Der Staat“) wird die Musik als Instrument der Erziehung der Angehörigen des Gemeinwesens gesehen, unterliegt als solches aber engen Begrenzungen in Inhalt und Ausführung. Auch bei Aristoteles ist die Musik hauptsächlich Mittel zum Zweck der Beeinflussung von Charakter und Seele: Da das eidos (das Urbild) der Kunst in der Seele des Herstellenden liegt, ist die mimesis (die Nachahmung) bei Kunstwerken bezogen auf die menschlichen Seelenbewegungen und Affekte. Daher kann auch Musik die Affekte der Menschen beeinflussen, idealerweiser zum Positiven.

Die musikästhetischen Äußerungen der mittelalterlichen Denker beziehen sich ausschließlich auf die liturgische Musik. Dabei stehen im frühen Mittelalter (z. B. bei Boethius) Gedanken im Vordergrund, die Musik als mathematische Wissenschaft zu deuten und ihr Schönheit dann zuzusprechen, wenn sie die Harmonie des Kosmos abbildet. Später rücken dann auch musikpraktische Überlegungen in den Vordergrund: Mit Einführung der römischen Liturgie in den fränkischen Gottesdienst im 9. Jahrhundert wurde über die Stellung des Gesangs im Gottesdienst nachgedacht. Einig sind sich alle Denker in der Meinung, dass der Gesang das Wort Gottes wirksamer übermitteln kann als Sprache allein. Das bedeutet aber auch, dass Musik einzig als „Transportmittel“ gesehen wird und nicht eigenständig bestehen kann. Nur im Zusammenhang mit liturgischem Text hat Musik ihre Daseinsberechtigung. So wenig es im Mittelalter individuelle Komponistenpersönlichkeiten gibt, so gibt es auch nicht die Idee der „absoluten Musik“, die unabhängig von einem Zweck bestehen kann. Mit dem Aufkommen der Notenschrift und des mehrstimmigen Gesangs im 11. Jahrhundert wird zunehmend über die Art der Komposition reflektiert. Neben anderen entwarf Guido von Arezzo eine – der Grammatik der Sprache angelehnte – Theorie darüber, wie Melodien aufgebaut sein müssen, damit sie vollkommen sind. Zahlreich sind die Überlegungen zur Praxis des Organum</nowiki>gesangs, die bekannteste ist die „Musica enchiriadis“ aus dem 9. Jahrhundert. Bedeutsam wurde der Streit zwischen Vertretern der Ars antiqua und der Ars nova im 14. Jahrhundert, zwischen der „neuen“ Art zu musizieren, die sich aus weltlich-praktischen Bedürfnissen entwickelte (Entwicklung der Motette als gesellige Form des Musizierens mit größeren rhythmischen Freiheiten) und der „alten“ Art, die sich auf die strenge liturgische Musizierweise berief.

Der Humanismus des 15. Jahrhunderts bringt eine Neuinterpretation der antiken Autoren und auch eine Neubestimmung des Wertes musikalischer Schöpfung. Die mathematisch-spekulative Sicht auf die Musik tritt in den Hintergrund zugunsten einer Sicht, die die Musik in Zusammenhang mit dem menschlichen Leben stellt. Zarlino pointiert: Die Bestimmung der Musik sei es „in Muße und Fern vom Alltag die Zeit zu verbringen und sich dabei edel zu beschäftigen.“ Eine „neue Einfachheit“ in der Kompositionstechnik fordert die Florentiner Camerata Ende des 16. Jahrhunderts. Die in der Antike (angeblich) vorhandene Einheit von Sprache und Musik wird hier als Ideal angesehen. Somit ist für die Mitglieder der Camerata der Monodie Vorrang zu geben vor den komplexen Produktionen polyphoner Kompositionen. In der Aufklärung wird die Trennung zwischen Wissenschaft und Kunst gezogen. Der Begriff des künstlerischen subjektiven Geschmacks kommt jetzt in die Diskussion, im Gegensatz zur objektiven Erkenntnis. Phänomene der Natur können Vorbild der Musik sei, überschreiten aber reine Abbildung. Vorweisend auf die Romantik kommt in der Mitte des 18. Jahrhunderts der Begriff des Ausdrucks auf, der Unsagbares ausdrücken soll. Mit diesem ästhetischen Konzept rückt die reine Instrumentalmusik vor die Vokalmusik, da nur durch jene die zunehmend abstrakten Inhalte von Musik angemessen dargestellt werden können.

19. Jahrhundert

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Charakteristisch für die Musikästhetik des 19. Jahrhunderts ist der Parteienkampf zwischen den beiden musikästhetischen Positionen Programmmusik und Absolute Musik. In der Programmmusik gehört ein meist sprachlich beschriebenes Programm zum ästhetischen Gegenstand der Musik. Dagegen findet mit dem Aufkommen der Idee der Absoluten Musik, einer von Sprache und Kontext unabhängigen Instrumentalmusik, deren ästhetischer Bezugspunkt allein die formale, strukturelle Einheit der Musik selbst darstellt, ein Paradigmenwechsel[1] im musikalischen Diskurs statt.

E.T.A. Hoffmann

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Die frühromantische Musikästhetik fällt noch in die Zeit der Wiener Klassik und findet dort ihren Ausgangspunkt. Das wesentliche Merkmal romantischen Denkens, die Überzeugung die "reine, absolute Tonkunst"[2] sei die eigentliche Musik, findet sich schon in E.T.A. Hoffmanns Rezension von Beethovens 5. Symphonie (1810), welche für ihn die geschichtlich wirksamste Manifestation des romantischen Geistes in der Musikästhetik darstellt. Hoffmann bezeichnet die absolute Instrumentalmusik als die romantischste aller Künste. Sie überwinde die Nachahmung einer äußeren, begrifflich bestimmbaren Sinnenwelt als ästhetische Substanz, indem sie auf das "Unaussprechliche" hindeute und so über die Sprache hinaus gehe. Zur ästhetischen Substanz gehörten - im Gegensatz zu den bestimmten Affekten der Vokalmusik - unbestimmte Gefühle, die Hoffmann als "Geisterreich der Töne" aus der Absoluten Musik heraushört. Eine schwärmerische metaphysische Überhöhung der Musik stellt sich sowohl bei Hoffmann als auch bei weiteren Frühromantikern ein, jedoch formuliert Hoffmann mit der differenzierten und geschlossenen Form des Musikwerks eine innermusikalische Voraussetzung absoluter Musik.

Eduard Hanslick

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Eduard Hanslick als bedeutender Musikästhetiker des 19. Jahrhunderts fordert eine wissenschaftliche, auf das gegebene Kunstwerk bezogene Ästhetik anstelle der romantischen Verklärung mit ihren subjektiven Empfindungen und Reaktionen. Hanslick positioniert sich klar gegen die Gefühlsästhetik, die das Wesen der Musik in den durch sie erregten Gefühlen sieht. Nach Hanslick ist der Gegenstand der Musikästhetik nur das objektiv Gegebene des Musikwerks: dessen Töne und die Besonderheiten ihrer Verbindung durch Melodie, Harmonie und Rhythmus. So betrachtet Hanslick den Inhalt und Gegenstand der Musik als individuelles Resultat kompositorischer Arbeit des Geistes "in geistfähigem Material" [3] und nennt diesen reinen Teil der Musik die "tönend bewegte Form". Als Tonkunst könne nur die reine Instrumentalmusik gelten. Die spezielle Leistung Hanslicks ist in der Synthese von Form- und Inhaltsästhetik zu sehen, vor allem in der Hervorhebung der Bedeutung einer formalen Analyse des Musikwerks für dessen Ästhetik. Hanslick spricht der Musik den Prozess der Gefühlsäußerung und -erregung nicht ab, möchte diesen jedoch aus der Analyse der Musik heraushalten, da für ihre ästhetische Betrachtung nichts vorhanden sei, was außerhalb des Kunstwerks selbst ist.

Friedrich Nietzsche

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Friedrich Nietzsches Musikästhetik folgt keiner durchgängig einheitlichen Entwicklungslinie. Unter den Einflüssen zunächst Richard Wagners und Arthur Schopenhauers, später Eduard Hanslicks, bewegen sich Nietzsches musikästhetische Überlegungen zwischen den beiden Extremen Gefühl und Form. Mit dem Kennenlernen Wagners Ende 1868 bezieht Nietzsche entsprechend Position für das antiformalistische Lager. Sich zu Wagner und dessen Auffassung von Musik als vom Rezipienten verstandener Gefühlsausdruck bekennend und unter dem Einfluss Schopenhauers vertritt Nietzsche zur Zeit der Entstehung seiner Geburt der Tragödie die Ansicht, die wesentliche Leistung der Musik sei die "größtmögliche Vermittlung von Gefühlsinhalten"[4]. Doch schon 1871 formuliert er in dem Fragment 12 [1] Momente einer radikalen Absage an die Gefühlsästhetik. In Hinblick auf die Gegnerschaft zwischen Wagner und Hanslick obliegen diese ersten Anzeichen der späteren Wagner-Kritik jedoch einer strengen Selbstzensur Nietzsches. Mit der Abwendung von Wagner und Schopenhauer entwickelt Nietzsche eine formalistische Sichtweise, die sich stark der Ästhetik Hanslicks annähert. Das Gefühl dankt als maßgebliche analytische Instanz für Nietzsche ab, während die Form in den Vordergrund rückt. [5]

20. Jahrhundert

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Expressionismus

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Abkehr von Idealen des 19. Jahrhunderts (Romantik): Schönklang; Diatonik; Metrik ... Charles Ives, Igor Strawinksy, Béla Bartók, Arthur Honegger, Paul Hindemith

Zwölftontechnik Anorld Schönberg, Anton Webern, Alban Berg

Theorie: Theodor W. Adorno (Philosophie der neuen Musik; Kulturindustrie); Ernst Bloch (Philosophie der Musik)

Neoklassizismus

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Olivier Messiaen

Einzelnachweise

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  1. Vgl. Dahlhaus, Carl: Absolute Musik. In: Sabine Ehrmann-Herfort, Ludwig Finscher, Giselher Schubert (Hrg.): Europäische Musikgeschichte. Band 2. Kassel 2002, S. 679.
  2. Vgl. Hoffmann, E.T.A: Sämtliche Werke. Band 3. Hg. von Friedrich Schnapp. München 1963, S. 34-51.
  3. Vgl. Hanslick, Eduard: Vom Musikalisch-Schönen. Ein Beitrag zur Revision der Ästhetik der Tonkunst. Unveränd. reprograf. Nachdr. der 1. Aufl. Leipzig 1854. Darmstadt 1991.
  4. Vgl. Hödl, Hans Gerald: Musik, Wissenschaft und Poesie im Bildungsprogramm des jungen Nietzsche. In Günther Pöltner, Helmuth Vetter (Hg.): Nietzsche und die Musik. Frankfurt/M. 1997, S. 21.
  5. Vgl. u.a. Landerer, Christoph: Form und Gefühl in Nietzsches Musikästhetik. In: Nietzscheforschung. Band 13. Berlin 2006. S. 51-58.
  • Basistexte Musikästhetik und Musiktheorie, hrg. von Werner Keil, Paderborn: Fink, 2007 (UTB), ISBN 3825283593
  • Musik & Ästhetik. Seit März 1997 in vierteljährlichem Abstand erscheinende Zeitschrift im Verlag Klett-Cotta, Stuttgart. Herausgegeben von Ludwig Holtmeier, Richard Klein und Claus-Steffen Mahnkopf.
  • Abbeg, Werner: „Musikästhetik und Musikkritik bei Eduard Hanslick“. Gustav Bosse Verlag, Regensburg 1974
  • Appen, von Ralf: Der Wert der Musik. Zur Ästhetik des Populären (= Texte zur populären Musik Bd. 4). Transcript-Verlag, Bielefeld 2008.
  • Appen, von Ralf: Populäre Musik und Ästhetik. In: Musik & Ästhetik, Heft 46, S. 65-78.
  • Dahlhaus, Carl: Musikästhetik, Köln: Gering 1967
  • Dahlhaus, Zimmermann (Hrsg.): „Musik zur Sprache gebracht. Musikästhetische Texte aus drei Jahrhunderten“. dtv/Bärenreiter, Kassel 1984
  • Dahlhaus, Carl: „ Klassische und romantische Musikästhetik“. Laaber-Verlag, Laaber 1988
  • Eggebrecht, Hans Heinrich: „Musikalisches Denken. Aufsätze zur Theorie und Ästhetik der Musik“. Heinrichhofen´s Verlag, Wilhelmshaven 1977
  • Ehrmann-Herfort, Fischer, Schubert (Hrsg.): „Europäische Musikgeschichte. Band 2“. Bärenreiter Metzler, Kassel 2002.
  • Fubini, Enrico: Geschichte der Musikästhetik: von der Antike bis zur Gegenwart, Stuttgart et al.: Metzler 1997, ISBN 3-476-00988-2, Sonderausgabe 2008 ISBN 3476022447
  • Handschin, Jacques: „Musikgeschichte im Überblick“. Heinrichshofen´s Verlag, Wilhelmshaven 1981
  • Hanslick, Eduard: „Vom Musikalisch-Schönen. Ein Beitrag zur Revision der Ästhetik der Tonkunst“. Unveränd. Reprograf. Nachdr. Der 1. Aufl. Leipzig 1854, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1991
  • Klein, Mahnkopf (Hrsg.): Mit den Ohren denken. Adornos Philosophie der Musik. Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1998 (stw 1378).
  • Klein, Richard: Überschreitungen, immanente und transzendente Kritik. Die schwierige Gegenwart von Adornos Musikphilosophie. In: Wolfram Ette u. a. (Hrsg.): Adorno im Widerstreit. Zur Präsenz seines Denkens. Alber, Freiburg / München 2004, S. 155–183.
  • Klein, Richard: Die Geburt der Musikphilosophie aus dem Geiste der Kulturkritik. Zu Friedrich Nietzsches Wagner. In: Ulrich Tadday (Hrsg.): Musikphilosophie (Musik-Konzepte, Neue Folge, Sonderband), München 2008, S. 19-33.
  • de la Motte-Haber, Tramsen: Musikästhetik. Handbuch der Systematischen Musikwissenschaft 1. Laaber-Verlag 2003, ISBN 978-3-89007-562-4
  • Lorenz Becker, Vogel (Hrsg.): Musikalischer Sinn. Beiträge zu einer Philosophie der Musik. Suhrkamp, Frankfurt 2007.
  • Perrakis, Manos: Nietzsches Musikästhetik der Affekte. In: Volker Gerhardt, Renate Reschke (Hrsg.): Friedrich Nietzsche - Geschichte, Affekte, Medien. Berlin 2008.
  • Sorgner, Schramm,: Musik in der antiken Philosophie: Eine Einführung. Würzburg: K&N 2010.
  • Riemann, Hugo: Grundlinien der Musik-Ästhetik: wie hören wir Musik?, Berlin: Hesse 1919
  • Rüdiger, Wolfgang: „Musik und Wirklichkeit bei E.T.A. Hoffmann. Zur Entstehung einer Musikanschauung der Romantik.“ In: H.H. Eggebrecht (Hrsg.): „Musikwissenschaftliche Studien. Band 12“. Centaurus Verlagsgesellschaft, Freiburg 1989
  • Schering, Arnold: Vom musikalischen Kunstwerk, Leipzig: Koehler & Amelang 1949

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