Benutzer:Sinuhe20/Werkstatt3
In Ägypten existieren Überreste von mehr als 100 römischen Festungen, die in der Zeitspanne vom 1. Jahrhundert v. Chr. bis Anfang des 7. Jahrhunderts n. Chr. errichtet und benutzt wurden. Der Hauptzweck dieser Festungen bzw. der in Ägypten stationierten römischen Armee war der Schutz vor äußeren Feinden, die während der Römischen Zeit die Provinz bedrohten.
Die Festungen und zugehörigen Garnisonen erfüllten mehrere Funktionen, vor allem dienten sie dazu menschliche Aktivitäten wie z.B. den Handel in der Region zu überwachen. Sie beschützten auch lebenswichtige Karawanenstraßen oder strategisch wichtige Punkte am Nil oder im Delta vor feindlichen Übergriffen, insbesondere vor Räubern und ab dem 3./4. Jahrhundert vor Beduinenplünderern wie den Nobaden und Blemmyern. Größere Festungen am Nil und im Delta waren häufig Stützpunkte für kleinere abgelegene Wüstengarnisoren.
Erhaltungszustand
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die meisten Festungen in Unterägypten, ebenso wie in Oberägypten entlang des Nils, sind nur noch schlecht erhalten, was vor allem auf Zerstörungen durch den Menschen zurückzuführen ist. Am besten untersucht sind bisher die Festungen bei Luxor, Qal’at al-Baben ca. 20km südlich von Edfu und Babylon südlich von Kairo. Festungen in der Wüstenregion können sehr stark in ihrer Größe variieren und sind in der Regel besser erhalten.
Funktion
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Festungsanlagen in der Ostwüste bewachten strategisch wichtige Zugangsstraßen zu Häfen am Roten Meer, Minen oder Steinbrüchen oder dienten zum Schutz von größeren Minen und Steinbrüchen selbst wie z.B. bei Mons Porphyrites, Mons Claudianus, Semna, Barrimiya, Samut und Nakheil. Jene in der Westwüste bewachten Handels- bzw. Einfallswege, welche vom Sudan in den Norden führten, insbesondere entlang der Darb el-Arbaʿīn, den Hauptoasen (Fajum, Baharija, Farafra, Dachla und Charga) und in Richtung des Nils. Im Fajum (z.B. Qasr Qarun) wurden dichter besiedelte Gebiete überwacht. Festungen im Sinai, wie die bei Pelusium, bewachten wichtige urbane Zentren oder Transportadern, aber auch Minen und Steinbrüche.
Architektur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Formen der Festungen variierten stark, am weitesten verbreitet war ein rechteckiger Grundriss. Weniger häufig waren ovale oder kreisförmige Grundformen oder eine Mischung aus rechtwinkligen und runden Formen wie bei den Festungen Qal’at al-Baben am Nil und el-Kanais beim Wadi Abu Greiya (Vetus Hydreuma), Semna und Wadi Belih in der Ostwüste. Diese Formen traten eher in der Ptolemäerzeit oder der Anfangszeit der römischen Besetzung auf. Eine ungewöhnliche halbrunde Festung existiert beim Wadi Umm Gariya in der Ostwüste an der Straße von Berenike zum Nil. Nilfestungen waren aus Stein und einigen Ziegeln gebaut, die in der Wüste befindlichen bestanden hauptsächlich aus örtlich gewonnenem Trockenmauerwerk und Schlammziegeln, mit sparsam eingesetzten Feuerziegeln in Wassernähe.
Größere Festungen hatten entweder rechteckige oder runde Ecktürme, die die Tore und den Mittelweg entlang den Mauern flankierten. Die Sockel der Festungsmauern bestanden für gewöhnlich aus Stein, während der Überbau aus Stein oder Schlammziegeln war. Die Mauern verjüngten sich häufig zum oberen Ende hin und hatten oftmals eine Böschung.
Erforschung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nur wenige der Festungen sind bisher ausreichend erforscht worden. Französische Archäologen waren bei Fundstätten in der Westwüste aktiv. Ein vom IFAO angeführtes internationales Forscherteam grub in der Ostwüste beim Steinbruch und der Festung von Mons Claudianus (1. bis Anfang 4. Jahrhundert), bei Zerkah (Maximianon) und bei el-Muwayh (Krokodilo) auf der antiken Route zwischen Quseir und dem Nil aus. Amerikanische Teams von den Universitäten Delaware und Michigan haben Ausgrabungen bei der spätrömischen Festung Abu Sha’ar (Ende 3. bis 6./7. Jahrhundert) ca. 20km nördlich von Hurghada an der Küste des Roten Meeres und bei Didymoi (Khashm el-Menih/Zeydun) am nördlichen Ende der Straße Berenike–Koptos vorgenommen. Andere Festungsanlagen der Ostwüste entlang den Routen Abu Sha’ar–Qena (Kainopolis), Quseir (Myos Hormos)–Koptos, Berenike–Edfu, Berenike–Koptos/Edfu und Marsa Nakari–Edfu wurden mit Hilfe von GPS erfasst, vor Ort begutachtet, kartografiert und anhand von Oberflächenfunden (Keramik, Münzen) datiert. Mehrere Straßen, die von antiken Gelehrten in der Ostwüste und entlang des Roten Meeres erwähnt wurden, wie die bei Qwei ca. 30km nördlich von Quseir und bei Clysma (nahe Suez), existieren heute nicht mehr. Andere, wie bei Abu Sha’ar ca. 40 km südwestlich von Ras Gharib, bei Gedami, Abu Gerida und Compasi sind nur noch in sehr schlechtem Zustand erhalten. Bis auf wenige Ausnahmen zwischen Berenike und Koptos sowie Quseir el-Qadim und Koptos, sind die antiken Namen der meisten dieser Festungen unbekannt.