Benutzer:Tetris L/Atomstiftung

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Als Atomstiftung oder Atomfonds werden Stiftungen bzw. Fonds bezeichnet, deren Aufgabe darin besteht, die aus dem Betrieb von kerntechnischen Anlagen, insbesondere Kernkraftwerken, erwachsenden, langfristigen Verpflichtungen und Risiken zu übernehmen, deren Bewältigung zu organisieren und zu finanzieren. Zu diesen Verpflichtungen gehören insbesondere die Stilllegung und der Rückbau der Anlagen und die Entsorgung der anfallenden radioaktiven Abfälle.

In vielen Ländern der Welt existieren bereits Atomstiftungen in unterschiedlicher Formen.[1][2] In Deutschland wird die Möglichkeit einer Atomstiftung im Zuge des beschlossenen Atomausstiegs und der Energiewende derzeit (Stand 2015) geprüft und kontrovers diskutiert.[3]

Da verschiedene Formen von Atomstiftungen vorgeschlagen und realisiert wurden, gibt es kein einheitliches Konzept. Die Konzepte weisen aber in vielen Bereichen Ähnlichkeiten auf:[1]

Die Stiftung kann eine Stiftung privaten oder öffentlichen Rechtes sein.

Privater oder öffentlicher Fonds, geschlossener oder offener Fonds

Mögliche Aufgaben einer Atomstiftung:

  • Betrieb von Kernkraftwerken in der Endphase des Betriebes (Restlaufzeit / "Phase-out")
  • Sicherung und Rückbau der Anlage nach Ende des Betriebes
  • Entsorgung, Zwischen- und Endlagerung der anfallenden Abfälle
  • Betrieb von Zwischen- und Endlagern für radioaktive Abfälle

Sonderfälle einer Atomstiftung sind die in den 199er-Jahren gegründeten, internationalen Fonds Nuclear Safety Fonds und Chernobyl Shelter Fonds, die sich um die Sicherung des havarierten Kernkraftwerks von Tschernobyl nach dem Unfall von 198x kümmert.[4]

Den meisten Konzepten ist gemein, dass in der Phase des Betriebes der Anlage anfallende Erlöse teilweise als Rücklage bzw. Rückstellungen zur Deckung der in der Endphase entstehenden Kosten angelegt werden. Diese Rücklagen bilden die Grundkapitalausstattung der Stiftung. Neben Finanzvermögen können auch Unternehmensbeteiligungen und Sachanlagen in die Stiftung eingebracht werden, um für die Stiftung weitere Einnahmen zu erwirtschaften. Zu den Sachanlagen gehören insbesondere die kerntechnischen Anlagen selbst, deren Betreuung ja die Hauptaufgabe der Stiftung ist, denn bis zu deren Stilllegung fallen aus dem Betrieb und nach der Stilllegung aus der Veräußerung und Vermarktung der Ausstattung wie etwa Grundstücke und Gebäude, Anlagen, Maschinen, etc. noch Erlöse an.

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Situation in verschiedenen Ländern

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[1]

In Deutschland gilt gemäß Atomgesetz der Grundsatz, dass die Betreiber von Kernkraftwerken nach dem Verursacherprinzip für die Kosten von Stilllegung und Rückbau der Anlagen und für die Entsorgung des radioaktiven Mülls vollständig aufkommen müssen und dass sie dafür entsprechende Rückstellungen bilden müssen.

Vorbild: RAG-Stiftung für die Ewigkeitskosten des Bergbaus.

2015/2016 kontroverse Diskussion (siehe Abschnitt Kritik).

2016 wurde auf Empfehlung der Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs (KFK) das Gesetz zur Errichtung eines Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung (Entsorgungsfondsgesetz – EntsorgFondsG) verabschiedet, wonach eine rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts mit der Bezeichnung Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung errichtet wurde. Nach dem zuvor beschlossenen Entsorgungsübergangsgesetz geht die Verantwortung für die sichere Entsorgung der entstandenen und zukünftig noch entstehenden radioaktiven Abfälle aus der gewerblichen Nutzung der Kernenergie zur Erzeugung von Elektrizität in Deutschland von den Kernreaktorbetreibern an den Bund über. Der Fonds, in den die Betreiber einzahlen müssen, soll dazu dienen, diese Kosten zu decken.[5][6]

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Siehe auch: Gesetz zur Errichtung eines Sondervermögens „Energie- und Klimafonds“

In der Schweiz gibt es, basierend auf dem Kernenergiegesetz, den Stilllegungs- und Entsorgungsfonds für Kernanlagen unter der Kontrolle des BFE.[7][8]

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Kernenergiegesetz (engl. Nuclear Energy Act) --> Fonds für das Management radioaktiver Abfälle (engl. Nuclear Waste Management Fund; fin. Ydinjätehuoltorahasto)[9]

Vereinigtes Königreich

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siehe en:Nuclear Liabilities Fund

Vereinigte Staaten

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In den USA sind KKW-Betreiber sind nach einer Vorschrift der Nuclear Regulatory Commission verpflichtet, einen Teil der Stromerlöse als Rücklage in eine Stiftung ("Nuclear Decommissioning Trust Fund") einzuzahlen. Diese Stiftung, die nicht dem Kraftwerksbetreiber gehört und die nicht unter seiner Kontrolle steht, kommt insbesondere im Falle einer Insolvenz des Kraftwerksbetreibers für den Rückbau der Kraftwerke auf.

[10][11][12][13]

Europäische Union

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Im Rahmen der Verhandlungen zur Osterweiterung der EU vereinbarte die EU mit einigen Betrittskandidatenländern, dass diese ihre von der EU als nicht ausreichend sicher eingestuften Kernreaktoren der ersten Generation stilllegen würde. Die EU sagte zu, sich im Gegenzug an den Kosten zu beteiligen. Zur Finanzierung wurde jeweils ein internationaler Fonds (International Decommissioning Support Fonds - IDSF) gegründet, der von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (European Bank for Reconstruction and Development - EBRD) verwaltet wird. [4]

Zuvor hatte sich die EBRD bereits an zwei Fonds zur Sicherung des havarierten Kernkraftwerks Tschernobyl beteiligt. [4]

Atomkraftgegner und andere Kritiker bemängeln, dass sich die privatwirtschaftlichen Unternehmen, die die Nuklearanlagen betrieben und von den Erlösen profitiert haben, mit einer Atomstiftung aus der Verantwortung und der Haftung stehlen könnten. Es wird befürchtet, dass die Kosten für die Verpflichtungen - unbeabsichtigt oder sogar vorsätzlich - zu niedrig veranschlagt wurden, so dass das als Rücklage in die Stiftung eingebrachte Kapital nicht ausreichend sein könnte, um die tatsachlich anfallenden Kosten zu decken, so dass letztlich, im Falle einer drohenden Insolvenz der Atomstiftung, die Öffentliche Hand einspringen und die die Kosten übernehmen müsste. Die Gewinne würden in private Taschen fließen, die Verluste und Risiken hingegen vergesellschaftet.[14]

Die Befürworter von Atomstiftungen argumentieren dagegen, dass in der Frühphase der Kernenergienutzung, insbesondere in den 1950er-Jahren, die Erforschung und Nutzung der Nukleartechnologie maßgeblich von staatlicher Seite vorangetrieben und intensiv gefördert wurde. Die Kraftwerksbetreiber, die dem Ausbau aus verschiedenen Gründen zunächst teilweise eher zögerlich gegenüberstanden, seien von der Politik massiv gedrängt worden, in die kommerzielle Nutzung der Kernenergietechnik einzusteigen und Kernkraftwerke zu bauen. [15][16] Somit sei es nur legitim, dass sich der Staat nun auch daran beteilige, die Lasten der damaligen Politik zu tragen.[17]

Ein Teil der damaligen Vereinbarung zwischen der Politik und den Kernkraftwerksbetreibern in Deutschland sei es außerdem gewesen, dass die Nuklearanlagenbetreiber zwar für die Entsorgung der Abfälle aufkommen würden, dass aber die Suche nach einem Endlager Aufgabe der Politik sein sollte. Dass bis heute (Stand 2015) in Deutschland kein Endlager gefunden wurde, sei nicht die Schuld der Kraftwerksbetreiber, sondern der Politik. Da das Nichtvorhandensein eines Endlagers auf unbestimmte Zeit die Kosten für die Zwischenlagerung der radioaktiven Abfälle um ein Vielfaches in die Höhe getrieben hat, so dass fraglich ist, ob die dafür vorgesehenen Rückstellungen ausreichend sein würden, trage die Politik eine Mitschuld an der Situation.[18]

+ Wirkung der Energiewende: Gleichzeitiger Atomausstieg und Ausstieg aus der Nutzung fossiler Energieträger. Kraftwerksbetreibern wird durch politische Lenkung (Subventionierung von alternativen Energien, finanzielle Sanktionierung der konventionellen) die Geschäftsgrundlage entzogen, die eigentlich dazu nötig wäre, weiterhin die Gewinne zu erwirtschaften, die notwendig wären, um die gestiegenen Kosten aus dem vorzeitigen Atomausstieg zu decken. Die Rückstellungen der Betreiber liegen zu einem erheblichen Teil nicht in Form von Kapitalrücklagen sondern in Form von Sachanlagen (Kraftwerke, elektrische Netze u.ä.) vor. Diese Anlagen haben infolge der Energiewende massiv an Wert verloren, so dass hohe Abschreibungen anfallen. Selbst eine Insolvenz eines großen Energiekonzerns wird nicht mehr ausgeschlossen, so dass die Sicherung der Rückstellungen gefährden wäre. Die Befürworter von Atmomfonds argumentieren, dieser Wertverlust sei für die Kraftwerksbetreibern nicht vorhersehbar gewesen, und da die Entwertung die Folge politischer Entscheidungen sei, trage die Politik eine Mitschuld an der Situation und sollte sich nun dafür an einer Lösung des Problems in Form einer Stiftung beteiligen.[19]

Einzelnachweise

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  1. a b c Johannes Trunzer, Claudia Kemfert (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Berlin): Atomfonds - Ein internationaler Vergleich der Konzepte. 2. April 2015 (Online als PDF).
  2. Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH im Wissenschaftszentrum Nordrhein-Westfalen: Comparison among different decommissioning funds methodologies for nuclear installations. European Commission Directorate General Energy and Transport, Wuppertal 2007 (Projektbeschreibung).
  3. Quellen ergänzen
  4. a b c Lutz Mez, Lars Gerhold, Gerhard de Haan (Hrsg.): Atomkraft als Risiko: Analysen und Konsequenzen nach Tschernobyl. Peter Lang, 2010, ISBN 978-3-631-55827-0, S. 25 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. http://www.bmwi.de/DE/Presse/pressemitteilungen,did=786176.html
  6. http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/G/gesetzesentwurf-zur-neuordnung-der-verantwortung-in-der-kerntechnischen-entsorgung,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf
  7. http://www.bfe.admin.ch/entsorgungsfonds
  8. http://www.kernenergie.ch/de/entsorgungs-stilllegungsfonds.html
  9. https://www.tem.fi/en/energy/nuclear_energy/nuclear_energy_administration/nuclear_waste_management_fund
  10. [1]
  11. [2]
  12. https://www.law.cornell.edu/cfr/text/26/1.468A-5
  13. http://legislature.maine.gov/statutes/35-A/title35-Asec4355.html
  14. Belege ergänzen
  15. Im nuklearen Fieberwahn: Wie das Atom der Welt - und uns - den Kopf verdrehte. In: greenpeace magazin. Band 2/2005, 2005 (Online im Internet-Archive).
  16. Atomenergie Aufbruch ins Wunderland. In: Zeit Online. 1. Oktober 2010, abgerufen am 2. Dezember 2015.
  17. Belege ergänzen
  18. Belege ergänzen
  19. Belege ergänzen

Referenzfehler: Das in <references> definierte <ref>-Tag mit dem Namen „DW 18509740“ wird im vorausgehenden Text nicht verwendet. Kategorie:Atomenergiepolitik Kategorie:Stiftung