Benutzer:Widetschek
Otto Heinrich Widetschek
(* 3. November 1941 in Wien) ist ein österreichischer Brand-, Katastrophen- und Zivilschützer. Er ist studierter Physiker und von der Pike auf als Feuerwehroffizier im praktischen Einsatzdienst tätig gewesen. Als Hochschullehrer und engagierter Erwachsenenausbilder hat er viele populärwissenschaftliche Publikationen verfasst.
Leben
Nach seiner Matura in der Beethovenrealschule in Wien-Döbling studierte Otto Widetschek Physik und Mathematik an der Alma Mater Rudolphina in Wien und dissertierte im Sachbereich Strahlenschutz am Atominstitut der Österreichischen Hochschulen[1]. Er ist Mitglied der akademischen Corps Symposion Wien und Joannea Graz. 1968 trat er in den Dienst des Magistrates Wien und legte das Patent zum Berufsfeuerwehroffizier bei der Wiener Feuerwehr ab, wo er Bereitschaftsoffizier und Referatsleiter bis 1973 war. Von 1973 bis 1981 war er Leiter der Feuerwehr- und Zivilschutzschule Steiermark und von 1981 bis 1996 Branddirektor der Stadt Graz[2]. Seit 1994 ist er Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Lebring St. Margarethen[3] und wurde später Ehrenmitglied der FF Hengsberg und FF Graz. Er war ab 1988 bis 2006 Bezirksfeuerwehrkommandant von Graz und ab 1996 Landesfeuerwehrrat des Landesfeuerwehrverbandes Steiermark. Seit 2006 nimmt er die Position des Präsidenten des Brandschutzforums Austria (Nachfolgeorganisation des 1989 gegründeten Grazer Brandschutzforums) ein[4].
Leistungen
Widetschek hat bisher nach eigenen Angaben über 500 populärwissenschaftliche Publikationen zu den Themenbereichen Brand-, Katastrophen- und Zivilschutz (im Speziellen auch auf dem Gebiete der gefährlichen Güter, des Tunnelrettungswesens und des Vorbeugenden Brandschutzes) verfasst. Er ist ständiger Mitarbeiter und naturwissenschaftlich-technischer Leiter im Redaktionsstab von BLAULICHT – Fachzeitschrift für Brandschutz und Feuerwehrtechnik[5]. Er gilt mittlerweile als Doyen der Österreichischen Feuerwehrjournalistik[6].
Erwachsenenausbilder
Er war und ist als Erwachsenenausbilder national und international tätig. Unter anderem als
- Dozent an der Zivilschutzschule des Innenministeriums in Wien (1965 bis 1985).
- Leiter der Feuerwehr- und Zivilschutzschule Steiermark (1973 bis 1981).
- Lehrbeauftragter an der Erzherzog Johann Universität (Technische Universität Graz) zum Themenkreis „Sicherheitsprobleme – Technischer Strahlenschutz“ (1974 bis 2003) und Mitarbeiter im Rahmen des Aufbaustudiums „Technischer Umweltschutz“ (1984 bis 1998).
- Universitätslektor an der Karl Franzens Universität (KFU) Graz zum Themenkreis „Brandschutz“ (seit 2006).
Widetschek setzte im Feuerwehr-Ausbildungswesen im pädagogischen und didaktischen Bereich neue Maßstäbe[7,8] und beschäftigte sich auch intensiv mit der Mnemotechnik im Brandschutz- und Feuerwehrwesen[9]. So entwickelte er die mittlerweile auch teilweise im gesamten deutschsprachigen Raum verwendete GAMS- und KARL-Regel[10,11].
Brandschutzforum Austria
Widetschek gründete als Branddirektor und Bezirksfeuerwehrkommandant im Jahre 1989 das Grazer Brandschutzforum (ab 2006 Brandschutzforum Austria) als internationale Plattform für alle Sicherheitsfragen, insbesondere des Betriebsbrandschutzes. Er gilt auch als „geheimer Vater“ der sogenannten Betriebsfeuerwehren mit ortsfesten Brandschutzeinrichtungen in Österreich und hat alleine in Graz an die 20 derartige Institutionen, darunter die erste Universitätsfeuerwehr an der KFU Graz, gegründet[12].
Kassandra vom Dienst
Widetschek gilt als kritischer Vordenker im Feuerwehr- und Katastrophenschutzwesen in Österreich und hat als „Kassandra vom Dienst“ immer wieder vor den Gefahren der modernen Großtechnologien für die Bevölkerung und im Speziellen der Einsatzkräfte gewarnt[13,14]. So hat er eine Reihe von Katastrophen (nuklearer Super-GAU, Chemie- und Biokatastrophen, Großbrände in Tunnelanlagen und Hochhäusern[15,16]) vorausgesagt, die auch später eingetreten sind[17,18,19]. Er hat auch viele Großkatastrophen und interessante Nuklear-, Chemie- und Biounfälle analysiert, fachlich aufbereitet und dokumentiert[20 bis 30]. Nach dem Wiener Hofburgbrand hat er sich auch mit dem Brandschutz in kulturhistorischen Bauten intensiv auseinandergesetzt[31,32].
Tunnelbrandschutz
Widetschek hat sich ab 1985 durch den Bau des fast 10 Kilometer langen Grazer Plabutschtunnels vor allem mit Sicherheitskonzepten für lange Tunnelanlagen befasst[33]. Nach den großen Tunnelkatastrophen um die Jahrtausendwende (inklusive Kaprun-Katastrophe mit 155 Toten) hat er im Jahr 2002 das sogenannte Tunnelmanifest im Dom im Berg, einer riesigen Event-Kaverne des Grazer Schlossberges, veranstaltet und 10 Thesen für einen besseren Brandschutz am Grazer Schlossbergfelsen anbringen lassen. Dieser Hilfeschrei der Österreichischen Feuerwehren brachte eine teilweise Wende in der Sicherheits-Tunnelpolitik des Alpenlandes[34].
Brandschutz im Krankenhaus
Nach einigen verheerenden Krankenhausbränden von Achern (1980) und Offenbach (1984) sowie Brandlegungen im Landeskrankenhaus Graz und dem Landesnervenkrankenhaus Graz (1994) [35] wurden auf Initiative von Widetschek die ersten Krankenhausfeuerwehren in Österreich gegründet. Er befasste sich auch mit der Rettung des Krankenhauspersonals und der Evakuierung von Krankenhäusern und erstellte das heute gültige Aufenhalts- und Verzögerungskonzept in vier Phasen[36]. Bei einer realistischen Pilotübung im Chirurgieturm des LKH Graz im Jahre 1982 wurde dieses Konzept erstmals mit echter Verrauchung bei vollem Krankenhausbetrieb getestet[37] und der Einsatz von den damals neuartigen Flucht- und Rettungshauben erprobt[38].
Strahlen- und Bioschutz
Widetschek war von 1982 bis 2007 Vorsitzender des Sachgebietes 4.5 – Strahlen- und Bioschutz[39 bis 42] und stv. Leiter des Sachgebietes 4.6 – Gefährliche Güter im Österreichischen Bundesfeuerwehrverband (ÖBFV) sowie zwischen 1984 und 1995 Mitarbeiter im Referat 10 – Umweltschutz der Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes (VFDB). Nach dem Super-GAU von Tschernobyl erstellte er für die Österreichischen Feuerwehren ein Strahlenmesskonzept und erarbeitet taktische Konzepte zur Bewältigung von Nuklearkatastrophen[43,44].
Buchveröffentlichungen
- Transport gefährlicher Güter (Fachbuch); Stocker-Verlag, Graz, 1982, ISBN 3-7020-437-8, 2. Auflage.
- Kleiner Gefahrgut-Helfer – Richtiges Verhalten bei Schadstoff-Unfällen (Taschenmerkbuch, 12. Auflage); Stocker-Verlag, Graz, 2016, ISBN 978-3-7020-1316-5.
- Dokumentationsserie „Aspekte des Brand- und Katastrophenschutzes im neuen Jahrtausend“, 12 Bände im Rahmen des jährlichen Aprilsymposions des Brandschutzforums Austria; Edition Brandschutzforum, Graz, 2004 bis 2015.
- Kassandra vom Dienst – aus dem Leben eines engagierten Feuerwehrmannes (Memoiren); Edition Brandschutzforum, Graz, 2009, ISBN 978-3-200-01484-8.
- Der große Gefahrgut-Helfer – Gefahren, richtiges Verhalten und Einsatzmaßnahmen bei Schadstoff-Unfällen (Fach- und Lehrbuch); Stocker-Verlag, Graz, 2012, ISBN 978-3-720-1335-6.
- Die neue Taktik im Feuerwehreinsatz (Fach- und Lehrbuch); Edition BLAULICHT, Graz, 2014, ISBN 978-3-200-03551-5.
- Grundlagen des betrieblichen Brandschutzes, Grundausbildung für Brandschutzbeauftragte (Lehrunterlage Modul 1); Edition Brandschutzforum, 2016, ISBN 978-3-85333-273-3.
- Grundlagen des betrieblichen Brandschutzes, Grundausbildung für Brandschutzbeauftragte (Lehrunterlage Modul 2); Edition Brandschutzforum, 2017, ISBN 978-3-85333-290-0; 2. Auflage.
- Erweiterte Ausbildung für Brandschutzbeauftragte (Nutzungsbezogener Brandschutz), 2018, ISBN 978-3-85333-304-4.
- Erweiterte Ausbildung für Brandschutzbeauftragte (Anlagentechnischer Brandschutz), 2019, ISBN 978-3-320-4.
- Geschichte des Feuers – Vom steinzeitlichen Feuerzeug bis zur Atombombe, 2020, ISBN 978-3-85333-335-8.
Einzelnachweise
[1] Ein verbesserter Moderatordetektor zur rem-äquivalenten Messung der Neutronendosisleistung im Energiebereich unter 2 MeV (Dissertation), siehe auch Atompraxis, Heft 4/5, 1966.
[2] 150 Jahre Berufsfeuerwehr Graz (1853-2003), Eigenverlag.
[3] http://www.fflebring.at/geschichte/1957-2016/
[4] http://www.brandschutzforum.at
[6] Zündende Fachartikel, aber wie? – Das Geheimnis der interessanten Feuerwehrberichterstattung; BLAULICHT, Heft 10/1995.
[7] Geht die „Kreide-Zeit“ vorbei?; Die Österreichische Feuerwehr, Heft 3/1974.
[8] Das neue Lernen im Feuerwehrwesen; BLAULICHT, Heft 10 und 11/1984.
[9] Mnemotechnik im Dienste der Feuerwehr; Kassandra vom Dienst, Edition Brandschutzforum (Seite 213-220), 2009, Graz.
[10] Von der GAS- zur GAMS-Regel; BLAULICHT, Heft 2/1993, Graz.
[11] GAMS-Regel: http://www.abc-gefahren.de/blog/2009/03/19/die-gams-regel
[12] Brandschutz nach Maß; Kassandra vom Dienst, Edition Brandschutzforum (Seite 496-531), 2009, Graz.
[13] Einsatzgrenzen; BLAULICHT, Heft 5/1988.
[14] Möglichkeiten und Grenzen des Feuerwehrwesens bei der Brandbekämpfung in unterirdischen Anlagen; Hauptreferat im Rahmen des XV. Symposions des CTIF in Vöcklabruck; BLAULICHT, Heft 10 bis 12/1985.
[15] Der Turmbau zu Babel; Kassandra vom Dienst, Edition Brandschutzforum (Seite 426-445),2009, Graz.
[16] Die „London-Katastrophe“: Feuerinferno im Hochhaus – Versuch einer Fernanalyse; BLAULICHT, Heft 7/2017.
[17] Betrieblicher Umwelt- und Katastrophenschutz – Instrumente zur Risikobegrenzung; Schriftenreihe Praxiswissen Logistik, Von Umweltschädlichkeit zur Umweltverträglichkeit (I.Umweltforum, Leoben), Verlag TÜV Rheinland, Köln, 1991.
[18] Technische Katastrophen; BLAULICHT, Heft 3/1985.
[19] Wann kommt der erste Tunnel-GAU? – Zur Problematik von Bränden und Unfällen in Tunnelanlagen; Internationales Symposion des Grazer Brandschutzforums 1995 (unveröffentlichte Unterlage).
[20] Der Strahlenunfall von Goiania, Brasilien; BLAULICHT-Serie, Heft 4 bis 6/1989.
[21] Wie gefährlich sind Askarele? BLAULICHT, Heft 2/1984.
[22] Polychlorierte Biphenyle im Kreuzfeuer der Kritik; BLAULICHT, Heft 9 und 10/1990.
[23] Als hätte sich die Hölle aufgetan – zur Flüssiggaskatastrophe von Mexico City; BLAULICHT 1/1995.
[24] Tschernobyl: Wie es zum Super-GAU kam! – Technische Fakten und Hintergründe; BLAULICHT, Heft 6/1986.
[25] 10 Monate nach Tschernobyl – Erkenntnisse und Konsequenzen; BLAULICHT, Heft 2/1987.
[26] Die Lehren aus Sandoz; BLAULICHT, Heft 6/1987.
[27] Gefährliche Stoffe – Gedanken zur Sicherheit; BLAULICHT, Heft 12/1987 und 1/1988.
[28] Jahrtausendkatastrophe Düsseldorf – Sünden der Vergangenheit; BLAULICHT, Heft 8 und 9/1996.
[29] Heldentod im Land des Lächelns; BLAULICHT, Heft 9/2015.
[30] Die Explosionskatastrophe von Tianjin – Versuch einer Analyse; BLAULICHT, Heft 9/2015.
[31] Katastrophenbrand in der Wiener Hofburg – Sind unsere Kulturgüter gefährdet?; BLAULICHT, Heft /1993.
[32] Brandschutz im Schlaglicht: Sind unsere Kulturgüter in Gefahr?; Dokumentation zum 11.Aprilsymposion des Brandschutzforums Austria (Band 7, Seite 10 bis 36), Edition Brandschutzforum, 2010.
[33] Der Plabutschtunnel – Bauwerk, Feuerwehr und Einsatzmaßnahmen (Brandschutzanalyse); BLAULICHT, Heft 8 bis 10/1987.
[34] Das Tunnel-Dilemma; Kassandra vom Dienst, Edition Brandschutzforum (Seite 446-468), 2009, Graz.
[35] WIDETSCHEK O.: Feuerattentat: Horrorvision im LKH-Graz; BLAULICHT, Heft 9/1994.
[36] Möglichkeiten der Grenzen und Evakuierung in Krankenhäusern – Konsequenzen für den Brandschutz (Referat anlässlich des 7. Internationalen Brandschutz-Symposions der VFDB in Wien); BLAULICHT, Heft 12/1986.
[37] Realistische Einsatzübung im Landeskrankenhaus Graz; BLAULICHT, Heft 4 und 5/1983.
[38] Flucht- und Rettungshauben – ja oder nein?; BLAULICHT, Heft 3/1983.
[39] Ein Leben für den Strahlenschutz; BLAULICHT, Heft 6/2008, Graz.
[40] Einsatz beim Vorhandensein radioaktiver Stoffe; Richtlinie des ÖBFV E-09.
[41] Strahlenschutzausbildung bei den Österreichischen Feuerwehren; Richtlinie des ÖBFV E-15.
[42] Einsatz beim Vorhandensein biologischer Agenzien; Richtlinie des ÖBFV E-02.
[43] Strahlenschutz: Was die Österreichischen Feuerwehren benötigen!; BLAULICHT, Heft 1/1987.
[44] 100 Millionen Schilling für den Strahlenschutz?; BLAULICHT, Heft 1/1987.