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Annakirche (Benningen am Neckar)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die evangelische Annakirche in Benningen am Neckar ist eine mittelalterliche dörfliche Wehrkirche und ein Wahrzeichen des Ortes. Die sicher schon früh bewusst gewählte Lage auf einem Hügel über dem alten Ortskern in Verbindung mit mächtigen Mauern lassen auch heute noch die Wehrhaftigkeit der Anlage erkennen. (Bild Annakirche)
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Benningen hat sich im Bereich eines römischen Kastells entwickelt, das zum Neckarlimes gehörte. Seinen Namen verdankt es dem alemannischen Sippenführer Buno, der sich nach der Vertreibung der Römer hier niederließ. Die Christianisierung begann wohl im 6./7. Jahrhundert mit der Hoheit der Franken über den Raum. Auf Grund der spärlichen Quellen ist anzunehmen, dass schon vor 800 eine Kirche bestand, die „unserer lieben Frau“, d.h. der Maria geweiht war. Da die Kirchenbücher im 30jährigen Krieg und dann nochmals 1693 beim Franzoseneinfall verbrannt sind, gibt es erst ab 1694 verlässlichere Unterlagen über die weitere Entwicklung.
Ältester Teil der heutigen Kirche ist der Turm. Er stammt aus romanischer Zeit und wurde wohl um 1200 errichtet. Das Schiff ist spätgotisch; wie Reste des Giebelanschlusses am Kirchturm zeigen ersetzte es einen deutlich kleineren Vorgängerbau. Die Jahreszahl 1527 über dem westlichen Haupteingang deutet auf einen Abschluss der Bauarbeiten in diesem Jahr hin. Hier befindet sich auch ein Steinmetzzeichen aus der Werkstatt des Baumeisters Peter von Koblenz. Ende des 15.Jh. blühte vielfach der Kult der Heiligen Anna, der Mutter Marias auf. Anna Kapellen in Murr und Pleidelsheim sowie eine Anna Kirche in Beilstein belegen dies. In diesem Zeitraum, möglicherweise im Zusammenhang mit dem Neubau, hat ein Patroziniumswechsel stattgefunden; die Benninger Kirche wurde zur Annakirche.
In seinen Dimensionen hat sich der Innenraum der Annakirche seit 1527 praktisch nicht verändert; er wurde jedoch vielfach umgestaltet. So hatte das Langhaus ursprünglich eine Sichtbalkendecke und die ausgemauerten Felder zwischen den Balken sowie die Decke waren mit Ornamenten verziert.
Mit Sicherheit hat die Einführung der Reformation zu einer deutlichen Umgestaltung geführt. Nachgewiesen sind neben dem Hauptaltar weitere Altäre für Maria und die Heilige Ursula. Für die Veränderung kommt ein größerer Zeitabschnitt infrage. 1534 hat „Schultheiß, Gericht und Gemeinde zu Binningen“ bei Herzog Ulrich die Bestellung eines Pfarrers beantragt der „das Wort Gottes lauter und rein verkündige“. Um 1540 ist Hans Krapff als evangelischer Pfarrer in Benningen nachgewiesen. In diesem Jahr hat auch Herzog Ulrich eine Entscheidung in der stark umkämpften Bilderfrage getroffen; danach sollten Altäre und Heiligenbilder aus den Kirchen entfernt werden. Diese Entscheidung ist aber nicht überall mit voller Härte umgesetzt worden, insbesondere auch wegen des Interims, dessen Wirkung erst 1555 endete; in Benningen führte es dazu, dass Pfarrer Konrad Geer 1548 entlassen wurde.
Eine schlichtere Gestaltung der Kirche ist auch nachweisbar, jedoch nicht ihr Zeitpunkt. Dabei wurden die vorher ockergelben Deckenbalken und die Wandornamente sorgfältig weiß übertüncht. Der ursprüngliche Zustand hat sich nur für 3 Gefache vor dem Altarraum erhalten wohl weil die Decke hier auf die Unterseite der Deckbalken abgesenkt wurde.
Um ein größeres Sitzplatzangebot zu erhalten, wurden auch in Benningen Emporen eingebaut. In diesem Zusammenhang wurde auch der Treppenturm neben dem Kirchturm angebaut. Der 1967 zugemauerte Zugang zur Südempore ist noch heute sichtbar.
Ein Wandel im Geschmack führt zu den nächsten fassbaren Veränderungen im Innenraum; die nach der Reformation getünchten Wände werden wieder bemalt, die Kirchen ausgeschmückt. In Benningen haben sich verschiedene Beispiele dieser Entwicklung erhalten (Siehe Ausstattung). Baugeschichtlich interessant ist, dass aufgrund der Lebensdaten der Stifter die Emporebrüstungsbilder um 1700 entstanden sind. Es ist anzunehmen, dass in diesem Zusammenhang größere Veränderungen stattgefunden haben. Ob dabei ein Bezug zu der Zahl 1738 besteht, die sich über der Sakristeitür befindet, ist völlig ungeklärt.
Klarheit über das Aussehen des Kirchenraums bekommen wir erst für die Zeit nach 1864. Große Emporen beherrschen den Raum und die Decke zeigt keine Balken mehr.
Der heutige Zustand ist 1967 entstanden. (Bild) Die Seitenemporen wurden beseitigt und durch eine größere Querempore ersetzt.
Architektur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Annakirche ist eine einschiffige Chorturmkirche. Äußerlich sind am Turm keine romanischen Bauelemente mehr zu erkennen; sein elegantes, etwas eingezogenes Dach bekam er 1846. Das spätgotische Schiff wird auf beiden Seiten von drei großen Fenstern mit abwechslungsreichem Maßwerk erhellt. Von den gegenüberliegenden Portalen ist das auf der Südseite 1967 geschlossen worden. Schmuckelemente wurden nur sparsam verwendet. Die Fassade der Westseite wird von diagonal gestellten Strebepfeilern eingerahmt. Dazu kommen drei gliedernde Gesimse und eine kleine Rosette mit Maßwerk sowie das von einem späteren Vorbau verdeckte Hauptportal. Das Sockelgesims führt um das ganze Gebäude, dazu kommt auf der Ost- und Westseite ein mehrfach unterbrochenes Gesims, das elegant die beiden Seitenportale umschließt.
Spätere Anbautenn sind in der Nordostecke die Sakristei und in der Südostecke der Treppenturm. Mit Sicherheit ist er nicht der ursprüngliche Zugang zum Kirchturm da dieser nur durch einen rohen Mauerdurchbruch angeschlossen ist.
Ausstattung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Für eine Dorfkirche, die nie einem Adelsgeschlecht als Hauskirche diente, besitzt die Annakirche einige bemerkenswerte Ausstattungsstücke.
Wohl noch aus der Vorgängerkirche stammte das Original des spätgotischen Taufbeckens. Die Kopie von 1864, trägt aber am Fuß immer noch die ursprüngliche Datierung MCCCCLXXXI (1481). Die als Schmuck angebrachten Wappen des Hauses Württemberg und des Bistums Speyer zeigen die damaligen weltlichen und geistlichen Herrschaftsverhältnisse auf. Ein ähnlicher Taufstein von 1494 befindet sich in der Januariuskirche in Erdmannhausen.
Der ausdrucksvolle Altarkruzifxus im Stil der Renaissance stammt wohl aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Es lohnt sich auch, einen Blick auf das schöne Netzgewölbe des Chors mit einer Rose als Schlussstein zu werfen; die roten und schwarzen Ornamente stammen ebenfalls aus der Renaissance.
Besondere Sehenswürdigkeiten befinden sich auf der 1967 eingebauten Querempore. Hier finden sich verschiedene Beispiele, wie die nach der Reformation sehr schlicht gestaltete Kirchen wieder ausgeschmückt wurden.
Die beiden Wandmalereien wurden bei der Neugestaltung 1967 freigelegt. Das ältere an der Südwand stellt den Apostel Judas Thadäus und den zugewählten Apostel Mathias dar; sie sind mit ihren Symbolen Keule und Beil dargestellt. Das Gemälde zeigt Ähnlichkeiten mit Darstellungen in der Beihinger Amanduskirche. Es stammt wohl aus dem späten 16. Jh. und könnte der Rest eines Apostelzyklus sein.
Das „Himmlische Jerusalem“ auf der Nordseite, das 1685 zur Erinnerung an den Benninger Pfarrer Johann Jakob Kies (1643-1681) gestiftet wurde, hat wohl der Reutlinger Maler Johann Christoph Herrmann gefertigt; dieser hat auch die Wandbilder in der Bissinger Kilianskirche geschaffen. Der Maler hält sich genau an die Beschreibung in Offenbarung 21.
An der Westwand hängen 14 restaurierte ehemalige Emporebrüstungsbilder, die Ereignisse aus dem Alten und Neuen Testament zeigen. Sie stellen sicher keine großen Kunstwerke dar, sind jedoch ein Spiegelbild der Volksfrömmigkeit, die auch beim heutigen Betrachter noch Empfindungen wecken können. Aufgrund der Lebensdaten der Stifter dürften sie um 1700 entstanden sein: 1860 wurden sie beim Umbau der Kirche entfernt. Pfarrer Haagen entdeckte zwei auf der Kirchenbühne, den Rest als Schalbretter im Turmaufgang. Eine Veröffentlichung von Markus Otto veranlasste Senator Richard Hirschmann, die Restaurierung der Bilder zu finanzieren. Noch erhalten sind Isaaks Opferung, die Anbetung der Könige, die Flucht nach Ägypten, der zwölfjährige Jesus im Tempel, Jesus in Gethsemane, der Judaskuss, Jesus vor Herodes, Jesus vor Pilatus, Jesu Geißelung, die Kreuztragung, die Grablegung, die Auferstehung, der ungläubige Thomas, das Pfingsterlebnis.
Moderne Kunst ist in der Annakirche vor allem mit dem bekannten Kirchenmaler Professor Rudolf Yelin (1902-1991) verbunden. Als junger Mann entwarf er 1927 die ausdrucksvollen Glasgemälde des Wengerters mit Rebstock, des Sämanns und des Schnitters. Wie auch aus dem Werksverzeichnis hervorgeht, waren sie ursprünglich Teil eines von Gottlieb Storz zur Erinnerung an seine Frau gestifteten Epitaphs und sollten an die Gleichnisse vom Weinstock und Sämann erinnern. Ferner malte er 1928 im Chor, der damals als Gedenkstätte für die Gefallenen des ersten Weltkriegs ausgestaltet wurde, einen unter dem Kreuz zusammengebrochenen Christus. Bei der Kirchenrenovierung 1967/68 hat er – inzwischen Professor - das heute den Kirchenraum beherrschende Deckengemälde entworfen und zusammen mit seinen Mitarbeitern umgesetzt. Thema ist das Neue Jerusalem mit seinen 12 Toren; interessant ist ein Vergleich der abstrakten Darstellung Yelins mit dem oben beschriebenen Wandbild von1685. Auch den Entwurf das farbenprächtige Chorfenster hat. er seinerzeit gefertigt. Eine besondere Rarität ist, dass sich in der Annakirche sowohl Werke aus seiner Jugend als auch seiner Spätzeit befinden, die seine künstlerische Entwicklung erkennen lassen.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Gemeindeverwaltung Benningen am Neckar, Benningen am Neckar, herausgegeben anlässlich der 1200-Jahres-Feier, Juni 1979.
Markus Otto, Die Evangelische Annakirche in Benningen, in: hie gut Württemberg, 7. Juli 1990.
Errfa, Wofram Freiherr von: Die Dorfkirche als Wehrbau, Stuttgart 1937, S. 40.
Hoffmann, Gustav: Kirchenheilige in Württemberg, Stuttgart 1932, S.48.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]https://www.benningen-evangelisch.de/unsere-kirchengemeinde/ev-kirche-benningen/