Benutzerin:Miero329/MECFS Versorgungssituation
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Versorgungssituation
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) bewertet die gegenwärtige medizinische Versorgungssituation von Menschen mit ME/CFS insgesamt als problematisch.[1] Diagnosen werden häufig spät und erst nach einer Vielzahl an Terminen bei Behandelnden verschiedener Fachrichtungen gestellt.[2] Ein Großteil der Betroffenen hat keine oder eine falsche Diagnose.[3] Nach Auffassung von Fachleuten gibt es in den Gesundheitssystemen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz sowie darüber hinaus keine angemessene Versorgungsinfrastruktur.[4] Zudem ist die wirtschaftliche Situation Betroffener oftmals stark beeinträchtigt und ihre soziale Versorgung ist lückenhaft.
Anlaufstellen in Deutschland, Österreich und der Schweiz
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zu den wenigen spezialisierten Einrichtungen haben Erkrankte meist keinen Zugang.[5] ME/CFS-kundige Fachärztinnen und Fachärzte sind oft weit entfernt und der Zugang mit finanziellen Problemen und langen Wartezeiten verbunden.[1] Die Notwendigkeit der Schaffung spezialisierter, multiprofessioneller und interdisziplinärer lokaler Netzwerke wird von Fachleuten hervorgehoben.[6] Medizinische Versorgungseinrichtungen ohne spezielle Expertise verkennen oft die Schwere der Erkrankung oder erfassen ME/CFS nicht. Fehldiagnosen können zu unterbleibenden Behandlungen oder zur Anwendung potenziell schädlicher Therapieformen führen.[4]
In Deutschland existieren lediglich das Charité Fatigue Centrum (CFC) in Berlin für Erwachsene und das MRI Chronische Fatigue Centrum (MCFC) in München für Kinder und Jugendliche. Beide Standorte betreuen aufgrund des großen Andrangs nur Betroffene aus Berlin und Brandenburg bzw. Bayern. Die Versorgung erfolgt jeweils auf Grundlage von Zusatzfinanzierungen durch Stiftungen und private Spenden.[7] An der Charité ist die Versorgung auf einen Termin zur Diagnostik einschließlich der Erstellung eines Therapieplans beschränkt.[8] In anderen Bundesländern bestehen keine spezialisierten Ambulanzen.[1]
In Österreich und der Schweiz gibt es ebenfalls keine spezialisierten Ambulanzen für ME/CFS.[8]
Versorgung hausgebundener und bettlägeriger Betroffener
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Insbesondere für bettlägerige Schwer- und Schwerstbetroffene (siehe Abschnitt Schweregrade) fehlt es an aufsuchenden Versorgungsstrukturen.[7][9] Betroffene in diesem Stadium haben teilweise keinen Zugang zu medizinischer Versorgung.[9] Forschungsergebnisse zeigen, dass die Versorgung hausgebundener Betroffener möglichst niedrigschwellig zugänglich sein und das PEM-Risiko sowie Pacingmöglichkeiten berücksichtigen muss. Vor allem Telemedizin und Hausbesuche werden als geeignet beschrieben.[10] Hausbesuche werden in internationalen Leitlinien empfohlen.[11] Verbände, die Betroffene vertreten, fordern spezielle Fallpauschalen für die Vergütung der aufwändigen Versorgung von Erkrankten in Form von Telemedizin und Hausbesuchen sowie konkrete Disease-Management-Programme.[12]
Leit- und Richtlinien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Mit Stand 2024 existiert keine eigenständige deutschsprachige Leitlinie für ME/CFS. In der 2022 aktualisierten Leitlinie Müdigkeit der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) beschäftigt sich ein separates Kapitel mit ME/CFS. Die DEGAM weist darauf hin, dass hausärztliche Praxen mit den meist schwer Kranken alleine gelassen werden.[13]
2024 trat die Richtlinie für die Versorgung für Versicherte mit Verdacht auf Long COVID des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) in Kraft. Die Richtlinie adressiert explizit auch ME/CFS unabhängig vom Auslöser. Damit wurde in Deutschland eine rechtsverbindliche Regelung für die strukturierte Versorgung von Betroffenen beschlossen.[14]
Zugang zu Therapien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bislang existiert keine Heilbehandlung für ME/CFS.[4] Neben einer möglichen Symptomlinderung durch etablierte Medikamente (siehe Abschnitt Therapien) werden auch Off-Label-Präparate und -Behandlungen eingesetzt,[15][16] deren Kosten bislang weitgehend von den Betroffenen zu tragen sind.[17][18] Am 12. September 2023 kündigte Gesundheitsminister Karl Lauterbach einen leichteren Zugang zu Off-Label-Präparaten für Long-COVID-Betroffene mit und ohne ME/CFS an.[19] Bisher ist unklar, inwieweit hierbei ME/CFS-Betroffene berücksichtigt werden, deren Erkrankung nicht durch COVID-19 ausgelöst wurde.[17][18]
Soziale Belastung und wirtschaftliche Folgen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Umgang mit der Erkrankung im Gesundheitssystem
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Über die biologische Erkrankung hinaus besteht für ME/CFS-Betroffene oftmals eine durch die Situation im Gesundheitssystem bedingte zusätzliche Belastung. Die Erkrankung wird in der medizinischen Ausbildung meist vernachlässigt und ist vielen Behandelnden daher nicht hinreichend bekannt.[20][21] Das IQWiG bewertet Ausbildung und Schulung des medizinischen Personals in Bezug auf ME/CFS als unzureichend. Im ärztlichen Lernzielkatalog kommt ME/CFS in Deutschland und weiteren europäischen Ländern bisher nicht vor.[1] Betroffene stoßen innerhalb des Gesundheitssystems vielfach auf Unverständnis und erleben, wie keine, verspätete oder falsche Diagnosen gestellt werden sowie keine oder falsche Behandlungen erfolgen.[21]
Volkswirtschaftliche Kosten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]ME/CFS ist eine Krankheit mit volkswirtschaftlicher Bedeutung,[22] die enorme Belastungen für Betroffene, pflegende Angehörige, Gesundheitssysteme und Gesellschaft darstellt.[23] Umfassende Analysen der Folgekosten der Erkrankung in Deutschland und Europa fehlen bisher.[24] Die europäische Fachgruppe EUROMENE veranschlagt die Kosten für Gesundheitssysteme und Gesellschaft in Europa auf jährlich 40 Milliarden Euro, weist jedoch auf eine Ungenauigkeit dieser Schätzung hin.[24][25] Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages benennen aus dieser Berechnung abgeleitete Zahlen der Deutschen Gesellschaft für ME/CFS: Demnach könnten sich die wirtschaftlichen Kosten in Deutschland auf jährlich 7,4 Milliarden Euro belaufen.[26]
Erwerbsunfähigkeit bei Erwachsenen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Über 60 % der Betroffenen im erwerbsfähigen Alter sind arbeitsunfähig.[27] Arbeitsfähige Erkrankte haben häufig Einschränkungen der Arbeitsleistung und/oder sind auf Unterstützung von mitarbeitenden Personen angewiesen.[24]
Weil die Bekanntheit und die Anerkennung der Erkrankung im behördlichen Bereich gering ist, ist zudem die soziale Absicherung zahlreicher Betroffener prekär.[28] Die Behandlung mit inzwischen nicht mehr in Leitlinien empfohlenen körperlichen Aktivierungstherapien und kognitiver Verhaltenstherapie wirkt sich negativ auf die Arbeitsfähigkeit aus.[29] In den Niederlanden kann die Teilnahme an solchen Therapieformen Voraussetzung für den Zugang zu Sozialhilfe sein.[30] Auch in der Schweiz werden mangelnde Sensibilisierung der Rentenversicherungen auf PEM und daraus resultierende Zustandsverschlechterungen in Rentenverfahren beschrieben. Vorzeitig abgebrochene Rentenverfahren sind eine häufige Folge.[27]
Schulunfähigkeit bei Kindern und Jugendlichen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Kinder und Jugendliche verzeichnen oft hohe Schulfehlzeiten.[24] ME/CFS wird auch als Ursache langer ungeklärter Schulfehlzeiten genannt. Daraus resultieren nicht selten Anfragen von Schul- und Jugendämtern an Betroffene und deren Erziehungsberechtigte.[27] Schwer betroffene Jugendliche können Schwierigkeiten haben, einen Schulabschluss zu erreichen.[31] Für erkrankte Kinder und Jugendliche stellt die eingeschränkte Möglichkeit, am Schulunterricht und an altersentsprechenden sozialen Aktivitäten teilzunehmen, eine zusätzliche Belastung dar.[32]
Auswirkungen auf Angehörige
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]ME/CFS betrifft nicht nur die Erkrankten selbst, sondern auch die Angehörigen, welche sich häufig ohne Unterstützung um Betreuung und Pflege kümmern.[27] Darüber hinaus übernehmen pflegende Angehörige oft zusätzliche Rollen im Familienleben.[33]
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