Benutzer:HHill/Päpstliches Auftrittsverbot für Frauen

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Das päpstliche Musizierverbot für Frauen hat sich grundsätzlich weit über Europa ausgewirkt.[1]

„Das Wort des Apostels Paulus, daß die Frau in der Kirche schweigen möge (1. Kor. 14,34, "Mulier taceat in ecclesia"), wurde jetzt so gedeutet, daß nur Männer in der Kirche singen sollten. Papst Sixtus V. verbot 1588, daß Frauen auf den Bühnen des Kirchenstaates auftraten.“

Es stammte also aus Rom im 16. Jahrhundert. Deutschland war davon genauso wie alle Gegenden Mitteleuropas betroffen. Deutsche Komponisten bildeten sich in Italien weiter. Das Kastratenwesen, das zusätzlich den Frauen Konkurrenz machte, verstärkte diese Tendenz und über die Italienische Oper kam speziell der Kastratengesang über die Alpen.

„Der Höhepunkt des Kampfes gegen das musikalische Frauenstimmrecht fällt allerdings nicht ins «finstere» Mittelalter – und selbstverständlich auch nicht in die offene und sinnenfreudige Renaissance, wo sich im höfischen Rahmen einige Frauen als Musikerinnen und Komponistinnen einen Namen schaffen konnten -, sondern in das von Gegenreformation und Glaubenskriegen geschüttelte 17. Jahrhundert: 1668 verbot Papst Clemens IX. den Frauen rundweg jeden öffentlichen Gesang: «Keine Weibsperson bei hoher Strafe darf Musik aus Vorsatz lernen, um sich als Sängerin gebrauchen zu lassen.» Damit vertrieb der Pontifex die Frauenstimmen auch aus den Opernhäusern, was sich allerdings in dieser Konsequenz nur im Kirchenstaat durchsetzen liess. Im restlichen Italien hielt man sich nur sehr bedingt an dieses Verbot, in England und Frankreich gar nicht.“

Reinmar Wagner: «Keine Weibsperson darf sich als Sängerin brauchen lassen». in: Südostschweiz 6. Februar 2011.

Non licet in ecclesia chorus saecularium vel puellarum cantica exercere nec convivia in ecclesia praeparare, quia scriptum est: Domus mea domus orationis vocabitur.“ (Mt 21,13 EU) Synode von Auxerre, laut Scholz (S. 449 Anm. 724) irgendwann zwischen 561 und 605, er verweist ebd. Anm. 723 auch auf einen Kanon des 3. Konzils von Toledo (589), zur Überlieferung des letztgenannten vgl. Collectio Hispana

Synode von Chalon-sur-Saône (irgendwann zwischen 647 und 653):[2]

„Bei den Weihen von Kirchen oder bei den Festen der Märtyrer singen offenbar diejenigen, die zu diesen Feiern zusammenkommen, zusammen mit Frauenchören unanständige und schändliche Gesänge in schändlicher Weise, während sie beten oder den psalmensingenden Klerikern zuhören sollten. Daher beschloss man, dass die Priester des Orts jene vom Inneren der Kirchen oder der Säulenhallen eben dieser Kirchen und auch von den Atrien selbst abweisen und fernhalten sollten, und wenn [jene] sich nicht aus eigenem Antrieb bessern wollen, sollen sie sie entweder exkommunizieren oder sie durch den Stachel der Zucht zurückhalten.“

erste erhaltene Handschrift aus der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts[3]

Papst Zacharias an Pippin 747 (mit Verweis auf Dionysius Exiguus eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche):[4]

„5. Kapitel über die Nonnen, d. h. die Mägde Gottes, bezüglich derer angefragt worden ist, ob es erlaubt sei, dass sie bei Meßfeierlichkeiten oder am heiligen Sabbat öffentlich die Lesungen halten oder zur Messe das Halleluja oder das Responsorium singen.
Dazu ist im Liber Decretorum des seligen Papstes Gelasius im 26. Kapitel festgesetzt worden: ‘Es sei ein Frevel, dass Frauen an den heiligen Altären dienen oder sich Aufgaben anmaßen, die zu den Diensten der Männer gehören. Nichtsdestoweniger mussten wir hören, dass die Missachtung des Gottesdienstes so weit gekommen ist, dass Frauen an den heiligen Altären dienen und dass dieses Geschlecht, dem dies nicht zusteht, alle Aufgaben verrichtet, die dem Dienst der Männer vorbehalten sind; Vorwurf und Schuld aller dieser schädlichen Vergehen, die wir einzeln tadeln, fällt auf die Prieser zurück, die solches zulassen oder, indem sie solche Vergehen nicht öffentlich machen, zu verstehen geben, dass sie diesen falschen Auswüchsen gewogen sind.’“

Eutychianus John Haines: Medieval Song in Romance Languages. Cambridge 2010 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche), vgl. Migne und Mai, der Text wurde sonst oft (und ebenfalls zu Unrecht) Leo IV. (Papst) zugeschrieben, vgl. zu diesem (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche; verweist auf E. Louis Backman: Religious Dances in the Christian Church and Popular Medicine. London 1952) unter Historikern läuft der Text inzwischen meist als Admonitio synodalis (http://www.regesta-imperii.de/id/0847-00-00_2_0_1_4_2_70_F70) u. v. a. auch bei Burchard von Worms, vgl. zur Überlieferung und Rechtskraft dieses Textes Peter Brommer: Capitula episcoporum. Bemerkungen zu den bischöflichen Kapitularien. In: Zeitschrift für Kirchengeschichte 91 (1980), S. 207–236, hier S. 209 und S. 218–219 (PDF). Siehe jetzt auch https://www.geschichtsquellen.de/werk/5804 (Bearbeitungsstand: 24.11.2023)

„72. Ob er das Volk ermahnt, dass die Frauen auf dem Vorhof der Kirche keinesfalls singen oder Reigen aufführen sollen, sondern dass sie, wenn sie die Kirche betreten, das Wort Gottes in (aller) Stille anhören sollen?“ „Keinesfalls sollen die Frauen den Chorgesang gestalten, sondern alle gemeinsam sollen das „Kyrie eleison“ singen und mit reuevollem Herzen Gottes Barmherzigkeit für (die Vergebung) der Sünden, für den Frieden, für (die Abwehr) der Pest, für das Gedeihen der Ernte und für alles Nötige erflehen“[5]

Seit Mitte des 10. Jahrhundert im Pontifikale

Zweites Laterankonzil Canon 27: Simili modo prohibemus, ne sanctimoniales simul cum canonicis et monachis in ecclesia in uno choro convenient ad psallendum

Jakob von Vitry Historia Occidentalis Übersetzung der hier einschlägigen Stelle bei Aloys Schulte: Der Adel und die deutsche Kirche im Mittelalter. Studien zur Sozial-, Rechts- und Kirchengeschichte. Stuttgart 1910 (Kirchenrechtliche Abhandlungen 63/64), S. 241 (Digitalisat)

Tagungsbericht: Rethinking the Medieval Double Monastery in interdisciplinary Perspective, In: H-Soz-Kult, 20.03.2023: „In der anschließenden Diskussion wurden Liturgie und insbesondere gemeinsames Singen in ihrer Funktion als gemeinschaftsstiftendes Ritual besonders betont.“

Gregor XIII. (Laurie Stras auswerten!)

Im der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts gab es, nach venezianischem Vorbild, auch Schauspielerinnen und Sängerinnen auf römischen Bühnen. Ihre Tätigkeit war hochreguliert, ein von vielen Gelehrten angeführtes Verbot, falls es existierte, wurde demnach aber mindestens nicht konsequent durchgesetzt.[6] In der älteren Literatur wurde dies auf den Einfluss Christinas von Schweden zurückgeführt.[7]

Innozenz XI.[8]


Tra le sollecitudini

Ältere Forschung

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  • August Wilhelm Ambros: Geschichte der Musik. Band 4. 2. Auflage, Leipzig 1881, S. 347 (Textarchiv – Internet Archive).
  • Franz Haböck: Die Kastraten und ihre Gesangskunst. Eine gesangsphysiologische, kultur- und musikhistorische Studie. Stuttgart, Berlin und Leipzig 1927, hier vor allem S. 223 f. (Digitalisat).
  • Kathi Meyer: Der chorische Gesang der Frauen unter besonderer Bezugnahme seiner Betätigung auf geistlichem Gebiet. I. Teil: Bis zur Zeit um 1800. Leipzig 1917.
  • Franz Michael Rudhart: Geschichte der Oper am Hofe zu München. Band 1. Freising 1865, S. 19 f. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche), mit Verweis auf Die europäische Fama, welche den gegenwärtigen Zustand der vornehmsten Höfe entdecket 13 (3. Auflage 1722) S. 11 f. (Digitalisat)
  • Karl Gustav Fellerer: Soziologie der Kirchenmusik. Materialien zur Musik- und Religionssoziologie. Wiesbaden 1963, ISBN 978-3-663-04144-3, hier bes. S. 100–102.
  • Anna Kathryn Grau und Lisa Colton (Hrsg.): Female-voice song and women's musical agency in the middle ages. Leiden 2022, ISBN 978-90-04-51703-5 (Brill's companions to the musical culture of medieval and early modern Europe 5).
  • Maryam Haiawi: Wer darf in Kirche, Konzert und Oper singen? Zum Einsatz von Sopranistinnen, Bassistinnen und Kastraten nach 1700 im Kontext frühneuzeitlicher konfessioneller Vorgaben und Traditionen. In: Daniel Fliege und Janne Lenhart (Hrsg.): Gender interkonfessionell gedacht. Konzeptionen von Geschlechtlichkeit in der Frühen Neuzeit. Göttingen 2020, ISBN 978-3-8470-1178-1 (The Early Modern World 3), S. 185–206 (doi:10.14220/9783737011785.185).
  • Heather Josselyn-Cranson: Moderate Psallendo: Musical Participation in Worship among Gilbertine Nuns. In: Plainsong and Medieval Music 16 (2007) 2, S. 173–186. (doi:10.1017/S0961137107000691).
  • Irmgard Jungmann: Die Macht der Musik. Musiktheorie im Machtgefüge der Karolingerzeit. In: Acta Musicologica 71 (1999) 2, S. 83–125 (JSTOR:932670) (mit Übersetzungen wichtiger einschlägiger Quellenstellen).
  • Irmgard Jungmann: Gesang im Mittelalter: Zur Revision eines Geschichtsbildes. In: International Review of the Aesthetics and Sociology of Music 32 (2001) 1, S. 3–32 JSTOR:1562255.
  • Craig A. Monson: The Council of Trent Revisited. In: Journal of the American Musicological Society 55 (2002) 1, S. 1–37 (JSTOR:10.1525/jams.2002.55.1.1).
  • Michael Lee Norton und Amelia J. Carr: Liturgical manuscripts, liturgical practice, and the women of Klosterneuburg. In: Traditio 66 (2011) S. 67–170 (JSTOR:23631381).
  • Klaus Pietschmann (Hrsg.): Papsttum und Kirchenmusik vom Mittelalter bis zu Benedikt XVI. Positionen - Entwicklungen - Kontexte. Kassel 2012, ISBN 978-3-7618-2133-6 (Analecta musicologica 47).
  • Johannes Quasten: The Liturgical Singing of Women in Christian Antiquity. In: The Catholic Historical Review 27 (1941) 2, S. 149–165 (JSTOR:25014016).
  1. Manfred Vasold FAZ 16. 3. 2005, Nr. 63, S. N3
  2. Sebastian Scholz (Hrsg.): Ausgewählte Synoden Galliens und des merowingischen Frankenreichs. Darmstadt 2022, ISBN 978-3-534-27536-6, S. 449–451.
  3. Sebastian Scholz (Hrsg.): Ausgewählte Synoden Galliens und des merowingischen Frankenreichs. Darmstadt 2022, S. 439.
  4. Florian Hartmann und Tina B. Orth-Müller (Hrsg.): Codex Carolinus. Frühmittelalterliche Papstbriefe an die Karolingerherrscher. Darmstadt 2017, ISBN 978-3-534-26806-1, S. 60–61; auch übersetzt in: Reinhold Rau (Hrsg:): Die Briefe des Bonifatius. Willibalds Leben des Bonifatius nebst einigen zeitgenössischen Dokumenten. 3. Auflage, Darmstadt 2011, ISBN 978-3-534-24668-7, S. 422–425.
  5. Wilfried Hartmann (Hrsg.): Das Sendhandbuch des Regino von Prüm. Darmstadt 2004, ISBN 3-534-14341-8, S. 34–35 und 148–149.
  6. Valeria De Lucca: The Politics of Princely Entertainment. Music and Spectacle in the Lives of Lorenzo Onofrio and Maria Mancini Colonna. Oxford 2020, ISBN 978-0-19-063115-4, S. 101 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche) mit Verweis auf Giulia De Dominicis: I teatri di Roma nell’età di Pio VI. In: Archivio della Società Romana di Storia Patria 46 (1923) S. 49–243, hier S. 74–76 (BiASA) und Roberto Ciancarelli: Sistemi teatrali nel Seicento. Strategie di comici e dilettanti nel teatro italiano del XVII secolo. Rom 2008 (Biblioteca teatrale 163), ISBN 978-88-7870-364-3.
  7. Vgl. z. B. Rudolf K. Goldschmit: Die Schauspielerin. Ihr Weg, ihre Gestalt und ihre Wirkung. Stuttgart 1922, S. 15 (Textarchiv – Internet Archive).
  8. Luca Della Libera: The Roman Sacred Music of Alessandro Scarlatti. ISBN 978-1-00-058955-9, S. 14 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).