Bergheide (Finsterwalde)
Bergheide (umbenannt 1937[1], davor Gohra, niedersorbisch Góra[2]) war ein Dorf im ehemaligen Landkreis Finsterwalde, südöstlich gelegen von Finsterwalde und nördlich von Lauchhammer. Die Ortschaft befand sich auf einer bewaldeten Hochfläche und war mit einer Höhenlage von bis zu 166 m ü. NN[3] der höchstgelegene Ort im Altkreis Finsterwalde. Die Nachbargemeinden waren im Osten Sallgast, im Norden Lichterfeld, im Westen Sorno und im Süden Kostebrau und Lauchhammer.
Ortsteile von Bergheide waren Kleine Mühle, Haide-Mühle, Gohraer Pechhütte (5 Einwohner, 1820)[4], Lichterfelder Pechhütte (16 Einwohner, 1820)[5], Forsthaus Gohra.
Im Raum Bergheide konnte ein etwa zehntausend Jahre alter Feuersteinabbau in Form von bis zu drei Meter tiefen Gruben nachgewiesen werden.[6][7]
Die Ersterwähnung von Gohra erfolgte im Juli 1487 in einer Belehnungsurkunde des Klosters Dobrilugk. Bis zum Januar 1870 wurde Gohra in die Parochie Massen eingepfarrt, danach in die Parochie Sallgast.[8] 1891 erhielt Gohra einen eigenen Filialkirchenbau.[9][10] Die Kirche war ein einfacher rechteckiger gelber Verblenderbau mit quadratisch angelegtem Westturm sowie einer fünfseitiger Apsis im Osten. Im Süden war eine Sakristei vorgesetzt. Im Inneren waren sowohl die dreiseitig eingebauten Emporen als auch der schlichte Kanzelaltar nüchtern gestrichen. Zwei Glocken krönten den Turm, von denen die größere der beiden 1917 für den Krieg eingeschmolzen wurde. Das Besondere der Gohraer Kirche war, dass das Haus auch in der Zeit der DDR im Eigentum der Kommune verblieb. Erst 1954 wurde die Kirche an die Kirchengemeinde Sallgast überschrieben. 1985 fand der letzte Gottesdienst in der Kirche statt, 1987 wurde das Haus abgebrochen. Das Inventar der Kirche ist weitestgehend abhandengekommen. Die letzte Glocke ist heute in der Kirche in Münchhausen und ruft dort zum Gottesdienst.[11]
1937 wurde der Ort im Zuge der nationalsozialistischen Germanisierung sorbischstämmiger Ortsnamen in „Bergheide“ umbenannt. Anders als in den meisten Lausitzer Orten erhielt er seinen ursprünglichen Namen nie zurück.
Ende der 1980er Jahre musste Bergheide dem vorrückenden Tagebau Klettwitz-Nord endgültig weichen, ein Teil der Ortsumsiedlung erfolgte bereits 1964. 1987/88 wurde letztlich auch der Hauptort vollständig abgebaggert. Die letzten 170 von einst 478 Dorfbewohnern wurden hauptsächlich nach Finsterwalde und Lauchhammer umgesiedelt. Zum 1. Januar 1988 wurde die Gemarkung des devastierten Ortes dem Stadtgebiet von Finsterwalde einverleibt[12].
Einwohnerentwicklung 1820 bis 1985:[4][12][13][14][15][16][17][18]
Datum | Bevölkerung | Datum | Bevölkerung | Datum | Bevölkerung | Datum | Bevölkerung |
---|---|---|---|---|---|---|---|
1820 | 90 | 1852 | 228 | 1854 | 192 | 1868 | 200 |
01.12.1871 | 300 | 01.12.1875 | 351 | 01.12.1890 | 498 | 02.12.1895 | 593 |
01.12.1900 | 837 | 01.12.1905 | 964 | 01.12.1910 | 1102 | 16.06.1925 | 977 |
16.06.1933 | 888 | 17.05.1939 | 887 | 29.10.1946 | 968 | 31.08.1950 | 953 |
31.12.1964 | 662 | 01.01.1971 | 588 | 31.12.1981 | 475 | 31.12.1985 | 290 |
Ehemalige Bergheider Bürger erinnern seit den 1990er-Jahren mit einem Gedenkstein nahe der Sallgaster Kirche an das devastierte Bergheide.
Die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (LMBV) begann 2001 mit der Flutung des Restlochs des ehemaligen Tagebaus Klettwitz-Nord. Die Flutung des nun als Bergheider See bekannten Restlochs wurde im Mai 2014 beendet.[19]
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Amtsblatt der Regierung zu Frankfurt (Oder). Stück 46, 1937, S. 241.
- ↑ Eintrag „Góra“ in der niedersorbischen Ortsnamendatenbank auf dolnoserbski.de
- ↑ Meßtischblatt 4448 : Kl. Leipisch, 1938. Reichsamt für Landesaufnahme, abgerufen am 16. September 2017.
- ↑ a b Johann Daniel Friedrich Rumpf: Vollständiges topographisches Wörterbuch des preußischen Staats. Band 1, 1820, S. 395 (google.de).
- ↑ Johann Daniel Friedrich Rumpf: Vollständiges topographisches Wörterbuch des preußischen Staats. Band 2, 1820, S. 173 (google.de).
- ↑ K.-P. Wechler, G. Wetzel: Eine Fundstelle mit steinzeitlichem Bergbau auf Moränenfeuerstein von Bergheide, Kr. Finsterwalde. In: Veröffentlichungen des Museums für Ur- und Frühgeschichte Potsdam. Band 21, 1987, S. 7–30.
- ↑ Sensationeller Fund* aus der Weichseleiszeit. In: Neues Deutschland. 30. April 1983, S. 11.
- ↑ Amts-Blatt der Königlich Preußischen Regierung zu Frankfurt a. O. Stück 14. Amtsblattstelle der Regierung, 6. April 1870, S. 95 (google.de [abgerufen am 17. September 2017]).
- ↑ Archiv verschwundener Orte/Archiw zgubjonych jsow
- ↑ Kirche von Bergheide als einzige in der DDR in der Hand des Staates. In: Lausitzer Rundschau. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 20. November 2016; abgerufen am 20. November 2016. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Wolfgang Bauer: 450 Jahre Gohra/50 Jahre Bergheide. In: Sallgaster Schriften, Heft 8. 1. Auflage. Sallgast 2017, S. 92.
- ↑ a b Landesbetrieb für Datenverarbeitung und Statistik Land Brandenburg Historisches Gemeindeverzeichnis des Landes Brandenburg 1875 bis 2005 19.4 Landkreis Elbe-Elster (statistik-berlin-brandenburg.de PDF).
- ↑ Verzeichniß der Landgemeinden im Kreis Luckau. In: Luckauer Kreisblatt. Nr. 77, 5. Juli 1900.
- ↑ Landrätliche Bekanntmachungen. In: Luckauer Kreisblatt. Nr. 141, 29. November 1906.
- ↑ Eduard Messow: Topographisch-statistisches Handbuch des Preußischen Staats: oder alphabetisches Verzeichnis sämmtlicher Städte, Flecken, Dörfer, Rittergüter, Vorwerke, Mühlen, oder sonstiger bewohnter Anlagen, Fabriken und Grundstücke, welche einen eigenen Namen führen, mit genauer Bezeichnung der letztern … Baensch, 1854, S. 243 (google.de [abgerufen am 11. März 2018]).
- ↑ H. Rudolph: Vollständigstes geographisch-topographisch-statistisches Orts-Lexikon von Deutschland sowie der unter Österreichs und Preussens Botmässigkeit stehenden nichtdeutschen Länder: enthaltend alle Städte, Flecken, Pfarr-, Kirch- und andere Dörfer, Ort- und Bauerschaften, Kirchspiele, Schlösser, Rittergüter, Vorwerke, Weiler, Hüttenwerke, Mühlen, Höfe, merkwürdige Ruinen, Krüge, Einschichten, Einöden u. s. w. ; für Gerichts-, Verwaltungs-, Polizei-, Post-, Eisenbahn- und Militair-Behörden, Bibliotheken, Lehranstalten, sowie für Geistliche, Lehrer, Naturforscher, Kaufleute, Fabrikanten, Spediteure, Agenten, Gasthäuser, Reisende, u.s.w. Voigt, 1868, S. 1316 (google.de [abgerufen am 11. März 2018]).
- ↑ Güthlein: Topographische Uebersicht des Appellationsgerichts-Departements Frankfurt a/O: Zusammengestellt von Güthlein. Gustav Harnecker & Company, 1856, S. 85 (google.de [abgerufen am 11. März 2018]).
- ↑ Gustav Neumann: Das deutsche Reich in geographischer, statistischer und topographischer Beziehung. Müller, 1874, S. 108 (google.de [abgerufen am 11. März 2018]).
- ↑ Flutungsstand Brandenburgische Lausitz – LMBV. lmbv.de, abgerufen am 20. November 2016.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Dokumentation bergbaubedingter Umsiedlungen, Archiv verschwundener Orte, Forst/Horno, 2010
- Verlorene Heimat, Der Bergbau und seine Auswirkungen auf Kirchen und Kirchengemeinden der Ober- und Niederlausitz, Hrsg. Evangelische Kirchengemeinde Horno, 2007, ISBN 3-935826-88-5
- Frank Förster: Verschwundene Dörfer im Lausitzer Braunkohlenrevier. 3., bearbeitete und erweiterte Auflage, Domowina-Verlag, Bautzen 2014, S. 39–42.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Dörfer in der Lausitz, die dem Tagebau weichen mussten. ( vom 28. September 2014 im Internet Archive)
- Der Tagebau Klettwitz, (→ Seiten 12, 17, 37).
Koordinaten: 51° 34′ 40″ N, 13° 47′ 56″ O