Berliner Dom (1536–1747)

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ehemaliger Berliner Dom
Die Berliner Do(h)mkirche vor 1747.

Die Berliner Do(h)mkirche vor 1747.

Daten
Ort Spreeinsel Berlin-Mitte
Bauherr Joachim I. & Nachfolger
Baujahr 1536
Abriss 1747
Koordinaten 52° 30′ 59″ N, 13° 24′ 7″ OKoordinaten: 52° 30′ 59″ N, 13° 24′ 7″ O
Projektion der Domkirche (olivgrün) und ihres Glockenturms (blau) in einen heutigen Stadtplan. Weiter nördlich ist der Grundriss des jetzigen Doms erkennbar.

Projektion der Domkirche (olivgrün) und ihres Glockenturms (blau) in einen heutigen Stadtplan. Weiter nördlich ist der Grundriss des jetzigen Doms erkennbar.

Der ehemalige Berliner Dom war von 1536 bis 1747 die erste Domkirche Berlins. Sie befand sich am nördlichen Rande der alten Kölln’schen Bebauung bzw. am südlich des Berliner Schlosses, wo nebenan eine Turnieranlage, die Stechbahn existierte. Projiziert in die gegenwärtige Stadtlage stand die Kirche auf dem südlichen Teil des Schloßplatzes, etwa zwischen dem späteren von der DDR errichteten Staatsratsgebäude (heute: Management-Schule ESMT) und dem von der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ genutzten Gebäude des Marstalls.

Nachfolgebauten einer Domkirche erfolgten von 1747 bis 1750 sowie in der Gestalt des jetzigen Berliner Doms 1894 bis 1905. Diese Dombauten wurden aber nicht am ursprünglichen Ort, sondern ungefähr 300 Meter weiter nördlich des Schlosses am Spreeufer des Lustgartens errichtet.

Von der Erasmus-Kapelle zur Domkirche

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Blick von Süden auf den Berliner Schloßplatz um 1690: Links ist der hintere Teil der Domkirche mit dem danebenstehenden Glockenturm zu sehen, in der Mitte das kurfürstliche Renaissance-Schloss.
Grafik von Johann Stridbeck dem Jüngeren.
Ansicht des Berliner Schloßplatzes, gesehen von Osten, mit der Domkirche (Mitte), der Langen Brücke (links) und dem Renaissance-Schloss (rechts).
Stich von Pieter Schenk, um 1700.

Die Geschichte eines Doms auf der Spreeinsel in Alt-Kölln reicht bis ins 15. Jahrhundert zurück.

Dominikanerkloster Kölln

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Seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts gab es ein Dominikanerkloster in Kölln. Den Regeln ihres Ordens entsprechend errichteten die Mönche auf der Spreeinsel Kölln ein turmloses Gotteshaus und Klostergebäude, ohne architektonischen Prunk aus Backstein (1345 zuerst urkundlich erwähnt).[1]

Erasmuskapelle im Schloss

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Im Jahr 1443 erbaute in unmittelbarer Nachbarschaft zu diesem Komplex der brandenburgische Kurfürst Friedrich II. (Eisenzahn) das Berliner Schloss als seine neue Residenz.

In diesem gerade fertiggestellten kurfürstlichen Schloss wurde 1450 auch eine Kapelle eingerichtet und dem heiligen Erasmus († 303 n. Chr.) geweiht. Die Erasmus-Kapelle[2] diente dem Gottesdienst der kurfürstlichen Familie und der Hofbediensteten.

Sie wurde 1465 von Papst Paul II. zum Kollegiatstift erhoben.[3] Diese im Inneren des kurfürstlichen Schlosses befindliche Kapelle (deren Räume noch bis zur Zerstörung des Stadtschlosses im Zweiten Weltkrieg bestanden) konnte jedoch auf Dauer den wachsenden Ansprüchen der brandenburgischen Kurfürsten auf öffentliche Repräsentation nicht genügen.[4]

Domkirche im Domstift

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Nachdem Kurfürst Joachim II. im Jahr 1535 sein Amt angetreten hatte, übernahm er deshalb mit Erlaubnis des Papstes Paul III. die benachbarte, unmittelbar südlich des Schlosses gelegene Kirche des Berliner Dominikanerklosters und machte sie zu einem Domstift, das er reich ausstattete.[5] Die Dominikaner wurden ins Kloster St. Pauli nach Brandenburg an der Havel umgesiedelt. Die neue Domkirche wurde 1536 feierlich eingeweiht.[6]

Im Jahr 1539 trat Joachim II. zum lutherischen Glauben über: Das Domstift wurde etwa seit den 1550er Jahren evangelisch. Die an der Domkirche tätigen Geistlichen führten das Prädikat Hofprediger sowie bis 1608 Stiftsdekan und wurden vom Kurfürsten allein ernannt. Der erste Hofprediger war Johann Agricola aus Eisleben.[7] 1608 wurde das Domkapitel aufgelöst, der Dom wurde zur obersten Pfarrkirche der Berliner Schwesterstadt Kölln und erhielt den neuen Namen Zur Heiligen Dreifaltigkeit.[8]

Kurfürst Johann Sigismund trat 1613 offiziell zum reformierten Glauben über,[9] dessen Anhänger fortan die Domkirche allein nutzen durften.[10] Der Hofprediger Simon Gediccus, der sich derb gegen diese Umwandlung eines lutherischen Domstifts in eine reformierte Kirche aussprach, wurde vom Kurfürsten entlassen.[11] Eine „Säuberung“ des Doms nach calvinistischen Kriterien führte 1615 zum Berliner Tumult.

Repräsentativer Ausbau der Domkirche

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Die mittelalterliche dreischiffige Backsteinkirche der Dominikaner im gotischen Stil, die wahrscheinlich schon im 13. Jahrhundert bestand, wurde von den brandenburgischen Kurfürsten nach und nach zu einer repräsentativen Domkirche ausgebaut und reich ausgeschmückt. Die bisher zierdelose Kirche der Dominikaner erhielt an ihrer Westseite zwei markante Türme vorgesetzt. Durch einen besonders eingerichteten Verbindungsgang konnte der Kurfürst vom Schlossbereich direkt in die Domkirche gelangen.[12]

Wie alte Abbildungen des Gebäudes zeigen, erfuhr die Berliner Domkirche im Laufe der Jahre, insbesondere an den Türmen, verschiedene Umbauten. So wurden beispielsweise die zwei Westtürme Mitte des 17. Jahrhunderts beseitigt und 1717 erneut erbaut.[13]

An der Ostseite der Kirche wurde außerdem ein vorhandener freistehender älterer Turm zum Glockenturm des Domes umgebaut[14] und mit einem Geläut ausgestattet. Die dafür benötigten zehn Glocken wurden auf Anforderung durch den Kurfürsten von Nachbargemeinden Berlins zur Verfügung gestellt. Dies waren unter anderem die Wilsnacker und Bernauer Glocke.[15] Letztere wurde 1705 von Johann Jacobi für die Marienkirche Bernau umgegossen und hatte den Schlagton g.[16] Zwei der Glocken wurden nach der Abtragung des Turmes im 17. Jahrhundert in den oben erwähnten wieder errichteten Westtürmen verwendet.[17]

Im Inneren der Kirche wurden fürstliche Begräbnisstätten angelegt. Hierfür wurden Mitte der 1550er Jahre[18] die Gebeine mehrerer Kurfürsten aus dem Kloster Lehnin, wo sie bisher geruht hatten, nach Berlin überführt und in der Domkirche neu bestattet. 1705 fanden in der Domkirche die Beerdigungfeierlichkeiten für die verstorbene Königin Sophie Charlotte statt. Aus diesem Anlass wurde das westliche Hauptportal der Domkirche sowie das Innere des Gotteshauses dem Anlass entsprechend feierlich dekoriert.

Spätestens seit 1667 erfolgte eine Reihe von Instandsetzungen. Der Glockenturm wurde 1716 ganz abgerissen.[19] König Friedrich der Große verfügte wegen Baufälligkeit im Jahr 1747 den endgültigen Abriss der aus Backsteinen errichteten Domkirche.[20] Gleichzeitig ließ er einen Neubau des Doms nördlich des Schlosses an der Spreeseite des Lustgartens errichten, an dem heutigen Standort. 1749 wurden die meisten der kurfürstlichen und königlichen Särge in den Neubau umgebettet. Architekten dieses am 6. September 1750 geweihten neuen Doms waren der aus den Niederlanden stammende Johann Boumann d. Ä., der eine sehr nüchterne Konzeption des Barocks vertrat, sowie Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff.

  • Torsten Dressler: Grabungen am Schloßplatz – Das ehemalige Dominikaner-Kloster in Alt-Cölln, Berlin-Mitte. In: Archäologie in Berlin und Brandenburg 1997. herausgegeben von der Archäologischen Gesellschaft in Berlin und Brandenburg e. V., in Zusammenarbeit mit dem Brandenburgischen Landesmuseum für Ur- und Frühgeschichte und dem Landesdenkmalamt Berlin. Konrad Theiss Verlag, 1998, online (Memento vom 18. Mai 2015 im Internet Archive).
  • Albrecht Geyer: Geschichte des Schlosses zu Berlin. Berlin 1936 (2 Bde.). Neuausgabe (von Band 1 und 2 in einem Band) durch die Nicolaische Verlagsbuchhandlung GmbH, Berlin 2010, ISBN 978-3-89479-628-0.
  • Guido Hinterkeuser: Das Berliner Schloss. Der Umbau durch Andreas Schlüter. Siedler Verlag, Berlin 2003, ISBN 3-88680-792-4.
  • Karlheinz Klingenburg: Der Berliner Dom. Bauten, Ideen und Projekte vom 15. Jahrhundert bis zur Gegenwart. 1. Auflage. Union Verlag, Berlin 1987, ISBN 3-372-00113-3.
  • Friedrich Gustav Lisco: Zur Kirchengeschichte Berlins. Ein geschichtlich-statistischer Beitrag. Verlag von A. W. Hayn, Berlin 1857.
  • Adolph Müller: Geschichte der Reformation in der Mark Brandenburg. Verlag von Hermann Schulze. Berlin 1839.
  • Friedrich Nicolai: Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam. (3 Bde.). 3. Aufl. Berlin 1786.
Commons: Berliner Oberpfarrkirche oder Domkirche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. vgl. Friedrich Gustav Lisco: Zur Kirchengeschichte Berlins. Ein geschichtlich-statistischer Beitrag. Verlag von A. W. Hayn, Berlin 1857, S. 26 f.
  2. Erasmuskapelle Architektur und Geschichte
  3. vgl. Karlheinz Klingenburg: Der Berliner Dom. Bauten, Ideen und Projekte vom 15. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Union Verlag Berlin, 1. Aufl. 1987, S. 15 ff.
  4. vgl. auch Friedrich Nicolai: Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam. (3 Bände). 3. Aufl. Berlin 1786, Band 1, S. 83.
  5. vgl. Lisco, S. 27.
  6. vgl. Adolph Müller, Geschichte der Reformation in der Mark Brandenburg. Verlag von Hermann Schulze. Berlin 1839, S. 172, Anmerkung **.
  7. vgl. Lisco, S. 28.
  8. Thomas Buske: [evangelischer-kirchenbauverein.de/wp-content/uploads/2019/01/Heft-8-Der-Berliner-Dom.pdf Der Berliner Dom als ikonographisches Gesamtkunstwerk]. Schwerin 2000, S. 1.
  9. vgl. Müller, S. 239.
  10. vgl. Nicolai, Band 2, S. 607.
  11. vgl. Lisco, S. 28; dort findet sich auch ein Überblick über die am Domstift tätigen Prediger.
  12. vgl. Nicolai, Band 1, S. 83.
  13. Hansjürgen Vahldiek: Wie kamen wir zum Berliner Dom. In: Berlin und Cölln im Mittelalter. Books on Demand. Norderstedt, 2011, ISBN 978-3-8448-8699-3, S. 86.
  14. vgl. Klingenburg, S. 23. Näheres zum Glockenturm, dessen ursprüngliche Funktion unklar ist, außerdem bei: Hansjürgen Vahldiek: Vom Berliner Glockenturm. Abgerufen am 28. Januar 2018.
  15. Josef Mörsdorf: Kirchliches Leben im alten Berlin. Morus Verlag. Berlin, 1962, S. 48 f.
  16. https://domglocken-magdeburg.de/wp-content/uploads/2020/03/Claus_Peter_Artikel_2015_Domglocken_MD_compressed.pdf
  17. Hansjürgen Vahldiek, ebenda.
  18. vgl. Klingenburg, S. 22.
  19. vgl. Klingenburg, S. 23.
  20. vgl. Lisco, S. 27.