Betriebliches Mobilitätsmanagement

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BMM-Maßnahme: Firmenräder

Betriebliches Mobilitätsmanagement (abgekürzt meistens BMM) ist eine strategische Planungsmethode für privatwirtschaftliche, halböffentliche und öffentliche Betriebe, um eine möglichst effiziente, sichere, sozial-, stadt- und umweltverträgliche Abwicklung aller vom Unternehmen induzierten Verkehrsströme zu erreichen. Dabei werden insbesondere in den Themenbereichen Mitarbeitermobilität (Arbeitswege), Dienstreisen, Fuhrpark, Mobilitätskosten und Infrastruktur Verbesserungsmöglichkeiten gesucht und umgesetzt. Verbesserungsmaßnahmen zur Mitarbeitermobilität haben in der Regel „weichen“, nachfrageorientierten Charakter, bei Maßnahmen in den anderen Themenbereichen übt der Arbeitgeber üblicherweise sein Direktionsrecht aus.

Das Betriebliche Mobilitätsmanagement ist neben dem Kommunalen Mobilitätsmanagement eine der beiden wesentlichen Ausprägungsformen in der praktischen Anwendung von Mobilitätsmanagement.


Betriebe sind wesentliche Verkehrserzeuger, insbesondere durch die Arbeitswege der Beschäftigten,[1] Dienstreisen und Lieferverkehr. Dabei legt ein Großteil der Beschäftigten seine Arbeitswege in Form motorisierten Individualverkehrs mit dem Auto zurück.[2] Dieses hohe durch Betriebe induzierte Verkehrsaufkommen verursacht den Betrieben selbst, ihren Beschäftigten und der Allgemeinheit zahlreiche Belastungen und Probleme:

  • Kosten
    • Anschaffungs- und Betriebskosten für Auto(s)
    • Abnutzung/Verschleiß der Fahrzeuge und der Verkehrswege
    • Unterhaltungskosten für betriebliche Parkflächen/Parkhäuser
  • Zeit
    • Zeitverluste durch Staus
    • Lenkzeiten sind kaum mit anderen Tätigkeiten kombinierbar
  • Umweltauswirkungen
    • Schadstoffemissionen
    • Flächenverbrauch durch Verkehrswege und Parkflächen
  • Sicherheit und Gesundheit
    • höheres Risiko für Wegeunfälle
    • zusätzliche bewegungsarm verbrachte Lebenszeit
    • psychische Auswirkungen, Stress[3]

Das Betriebliche Mobilitätsmanagement stellt einen „Werkzeugkasten“ verschiedenster Maßnahmen bereit, mit dem Arbeitgeber diese Auswirkungen mildern und im besten Fall abstellen können.

Als Ursprung des Mobilitätsmanagements gilt das in den 1970er-Jahren in den USA konzipierte Transport Demand Management, mit dem insbesondere durch Förderung von Fahrgemeinschaften das Berufsverkehrsaufkommen reduziert werden sollte, um damit den geltenden Luftreinhaltegesetzen gerecht zu werden. Dazu wurden ab Anfang der 1980er-Jahre im nordamerikanischen Verkehrssystem privilegierte Fahrspuren für Fahrgemeinschaften, so genannte HOV lanes (high-occupancy vehicle lane, übersetzt Fahrspur für stark belegte Fahrzeuge) eingerichtet. In Deutschland wurde Mobilitätsmanagement als Begriff zum ersten Mal 1995 im Rahmen eines Arbeitspapieres der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) detaillierter beschrieben.[4] Als wesentliche Ausprägungsformen haben sich dabei abhängig vom primären Aufgabenträger Kommunales Mobilitätsmanagement (Aufgabenträger: Kommunen, gemeinwohlorientiert) und Betriebliches Mobilitätsmanagement (Aufgabenträger: Betriebe, in der Regel profitorientiert) herausgebildet.

Akteure und Maßnahmen

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Akteure des Betrieblichen Mobilitätsmanagements sind zuvorderst die Betriebe und ihre Beschäftigten. Eine weitere wichtige Akteursgruppe sind die Personalvertretungen und Betriebsräte, die mit der Argumentation sichere und stressarme Arbeitswege für die Beschäftigten insbesondere bei der Interessenvertretung mittlerer und größerer Belegschaften bei den Arbeitgebern sehr erfolgreich Maßnahmen des Mobilitätsmanagements initiieren bzw. beeinflussen können. Als Beispiele seien hier die Betriebsräte des Volkswagen-Werks Wolfsburg (Mitwirkung in der 2012–2024 aktiven Taskforce Verkehr[5]) und des Siemens-Mobility-Standortes Braunschweig genannt. Speziell auf diese Akteursgruppe zugeschnitten hat der Auto Club Europa (ACE) im Rahmen seines Programmes Gute Wege zur guten Arbeit ein Handbuch[6] herausgegeben. Nicht selten kommen aber auch Akteure und Maßnahmen ins Spiel, die typischerweise eher dem Kommunalen Mobilitätsmanagement zugerechnet werden, wenn z. B. die Anbindungen größerer Unternehmensstandorte an das ÖPNV-Netz baulich oder fahrplantechnisch optimiert werden sollen.

Grobe Übersicht möglicher Maßnahmen des Betrieblichen Mobilitätsmanagements
Zielfeld Maßnahmen
Förderung ÖPNV-Nutzung
  • Jobticket, ggf. mit Arbeitgeberzuschuss, ggf. gekoppelt an einen Verzicht auf Arbeitgeber-Parkplatz
  • Einrichtung nahe gelegener Haltestellen
  • Anpassung von Fahrplänen an Betriebszeiten oder Schichtwechsel
  • Förderung von Bahncards
Förderung Radnutzung
Information & Promotion
  • Wohnstandortanalyse, Erreichbarkeitsanalyse durch Arbeitgeber veranlasst
  • Betriebliche Mobilitätsberatung
  • Ausbildung Betrieblicher Mobilitätsberater
  • Erstellung eines Mobilitätskonzeptes, das die Mobilitätsbedürfnisse der Beschäftigten erfasst und Maßnahmen identifiziert, die wünschenswerte Mobilitätsformen unterstützen
  • Mitarbeiter-Aktionstage
Sonstiges
  • Förderung von Fahrgemeinschaften, z. B. durch privilegierte Parkplätze und Vermittlungsplattformen
  • Parkraumbewirtschaftung bei Arbeitgeber-Parkplätzen
  • Car-Sharing-Angebote
  • Einführung eines Mobilitätsbudgets
  • Mitarbeiter-Bonussysteme
  • Elektroladesäulen, auch zum Laden privater Fahrzeuge
  • Angebote von Leih-Tretrollern oder E-Scootern
  • Optimierung des Fuhrparks
  • Ausrichtung der Dienstreiserichtlinien auf umweltschonendes Reisen

Detailliertere Informationen zu möglichen Maßnahmen und Vorgehensweisen stehen als breites Angebot von Webseiten, Leitfäden und Handbüchern (z. B.[7][8][9]) zur Verfügung.

Sehr verbreitet ist der Irrtum, dass Betriebliches Mobilitätsmanagement nur ein Instrument für Großbetriebe sei. Das Forschungsprojekt Betriebliches Mobilitätsmanagement im Bergischen Städtedreieck – BMM HOCH DREI hat daher einen quartiersbezogenen Ansatz untersucht, bei dem 30 Betriebe und Verwaltungen in sieben Quartierstypen in den drei Städten Remscheid, Solingen und Wuppertal hinsichtlich ihrer Mobilitätssituation analysiert und darauf basierend entsprechende Quartierskonzepte und Maßnahmen entwickelt wurden.[10][11] In einigen deutschen Bundesländern gibt es spezielle Beratungs- und Förderangebote für ein unternehmensübergreifendes Betriebliches Mobilitätsmanagement.[12]

Unternehmen profitieren in vielerlei Hinsicht von positiven Effekten des Betrieblichen Mobilitätsmanagements:

  • Eine bessere Erreichbarkeit hilft Beschäftigten, Kunden und Lieferanten, das Unternehmen pünktlicher und sicherer zu erreichen. Der durch geringere Staus im Umfeld des Unternehmens erzielte Zeitgewinn kann direkt in einer besseren Produktivität münden. Zudem besitzt das Unternehmen am Markt eine höhere Attraktivität, da der Stress- und Kostenfaktor geringer sind.
  • Durch die Verringerung von Parkflächen für Mitarbeiter kann das Unternehmen teure Grundstücke höherwertigeren betrieblichen Nutzungen zuführen oder verkaufen. Gleichzeitig können durch die Reduzierung von Dienst- und Geschäftsreisen die Kosten für einen unternehmenseigenen Fuhrpark reduziert werden. Dies wirkt sich gleichzeitig positiv auf die Kosten für Wartung und Instandhaltung aus. Weitere Kostenvorteile lassen sich durch die verringerte Zahl an Wegeunfällen mit Arbeitszeitausfall generieren.
  • Ein psychologischer Faktor ist die erhöhte Mitarbeitermotivation. Mitarbeiter, die mit dem Pkw zur Arbeit fahren sind gestresster, als diejenigen, die den öffentlichen Nahverkehr oder das Fahrrad benutzen. Die negative Auswirkung von Stress am Arbeitsplatz kann durch betriebliches Mobilitätsmanagement verringert werden. Betriebliches Mobilitätsmanagement stellt damit einen Ansatzpunkt zur Förderung nachhaltiger und gesunder Mobilität dar.
  • Durch die Verringerung des betrieblich bedingten Verkehrs wird die Umweltbelastung durch Schadstoffe gesenkt. Das Unternehmen kann somit aktiv am Umweltschutz arbeiten und gleichzeitig seine eigenen Kosten verringern.

Die Einführung und Anwendung Betrieblichen Mobilitätsmanagements wird in allen deutschsprachigen Ländern auf nationaler Ebene und auf den Ebenen verschiedener Gebietskörperschaften gefördert. Oftmals können auch europäische Fördermittel eingeworben werden. Die Förderprogramme sind allerdings sehr schnelllebig, so dass hier auf Hinweise zu konkreten Fördermaßnahmen verzichtet und nur auf „lebende“ Fördermittelübersichten verwiesen wird:

Einzelnachweise

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  1. Immer mehr Pendlerinnen und Pendler: So hat sich das Pendelverhalten in Deutschland verändert. In: Deutschlandatlas. Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, abgerufen am 25. April 2024.
  2. 68 % der Erwerbstätigen fuhren 2020 mit dem Auto zur Arbeit. Statistisches Bundesamt, 15. September 2021, abgerufen am 25. April 2024.
  3. Psyche der Pendler: Glück der Radler, Frust der Autofahrer. Süddeutsche Zeitung GmbH, 16. September 2014, abgerufen am 25. April 2024.
  4. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Öffentlicher Personennahverkehr. Mobilitätsmanagement – ein neuer Ansatz zur umweltschonenden Bewältigung der Verkehrsprobleme. In: FGSV Verlag GmbH (Hrsg.): Arbeitspapier 38. Köln 1995.
  5. Einstellung der zentralen Koordination der TaskForce Verkehr durch die Wolfsburg AG. Wolfsburg AG, archiviert vom Original; abgerufen am 17. April 2024.
  6. Bessere Mobilität für Beschäftigte durch betriebliches Mobilitätsmanagement. (PDF; 1,1 MB) In: Projekt „Gute Wege zur guten Arbeit“. ACE Auto Club Europa e.V., August 2018, abgerufen am 22. April 2024.
  7. Praxisleitfaden Betriebliches Mobilitätsmanagement. (PDF; 1,5 MB) In: Mittelstandsinitiative Energiewende und Klimaschutz (MIE). DIHK Service GmbH, 14. Dezember 2016, abgerufen am 3. Mai 2024.
  8. Leitfaden zum Betrieblichen Mobilitätsmanagement (BMM) der Europäische Metropolregion München e.V. (PDF; 5,9 MB) Europäische Metropolregion München e.V., Mai 2021, abgerufen am 7. Mai 2024.
  9. Leitfaden Betriebliches Mobilitätsmanagement. (PDF; 0,5 MB) Bayerisches Landesamt für Umwelt, Oktober 2023, abgerufen am 9. Mai 2024.
  10. BMM HOCH DREI - Betriebliche Mobilität im Quartier. Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen, abgerufen am 8. Mai 2024.
  11. Oscar Reutter, Thorsten Koska, Carolin Schäfer-Sparenberg, Ulrike Reutter: Betriebliche Mobilität im Quartier gemeinsam verbessern. Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie, Wuppertal 2019, ISBN 978-3-946356-14-1, urn:nbn:de:bsz:wup4-opus-73935 (wupperinst.org [PDF; 2,7 MB; abgerufen am 7. Mai 2024]).
  12. Von Gesundheitsförderung bis zum Imagegewinn: Mobilitätsmanagement in Gewerbe- und Industriegebieten. In: Zukunftsnetz Mobilität NRW. Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen, abgerufen am 8. Mai 2024.
  13. Fördersuche Betriebliches Mobilitätsmanagement. In: Förderdatenbank Bund, Länder und EU. Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, abgerufen am 2. Mai 2024.
  14. Klima- und Umweltschutzförderungen des Bundes. Kommunalkredit Public Consulting, abgerufen am 9. Mai 2024. |kommentar=Button Mobilitätsmanagement auswählen
  15. Das Beratungsangebot für Betriebe, Bauträger und Flottenbetreiber. In: klimaaktiv.at. Österreichisches Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, abgerufen am 9. Mai 2024.
  16. Förderungen in Österreich. Österreichische Energieagentur, abgerufen am 9. Mai 2024 (Gesamtübersicht ohne Filtermöglichkeit nach Energie- und Mobilitäts-Maßnahmen).
  17. Suche Mobilitätsmanagement. Österreichische Energieagentur, abgerufen am 9. Mai 2024.
  18. Schweizer Förderprogramme für Energie und Mobilität. Elektrizitätswerke des Kantons Zürich; EnergieSchweiz; Bundesamt für Energie, Bern, abgerufen am 8. Mai 2024 (nach Ortseingabe Lasche Unternehmen und Schiebeschalter Mobilität auswählen).