Biathlongewehr

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Biathlongewehr Anschütz 1827F

Ein Biathlongewehr ist ein Kleinkalibergewehr, das im Biathlonsport verwendet wird. Biathlongewehre sind Mehrladegewehre mit individuell angepasster Sportschäftung, einem Tragesystem und Dioptervisierung.

Frühe Version eines Biathlon­gewehrs auf Basis des ehemaligen schwedischen Ordonanzgewehrs Carl Gustaf M/96
Karl-Heinz Wolf bei den DDR-Meisterschaften 1976, noch mit dem Großkalibergewehr
Liegendschießen, Jugend, 1970

Die Ursprünge des Biathlons liegen in der Militärpatrouille, einem Wettkampf der Skisoldaten. Dementsprechend wurden die jeweiligen Ordonnanzgewehre als Waffen verwendet. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde der Sport entmilitarisiert, und 1954 erkannte das IOC Biathlon als eigenständige Sportart an. Geschossen wurde immer noch mit Militärwaffen, die jedoch zunehmend zu Wettkampfwaffen umgebaut wurden. Die Distanzen in einem Wettkampf betrugen 100, 150, 200 und 250 Meter. Im Jahr 1959 starteten die sowjetischen Athleten mit dem auf dem Mosin-Nagant basierenden Bi-59, dem ersten speziell für den Biathlonsport entworfenen Gewehr.[1] Die Schweden verwendeten ab 1963 das CG 63S.[2] 1963 wurde als einheitliches Kaliber das Maß 6,5 Millimeter festgelegt. 1966 wurde statt der unterschiedlichen Zielentfernungen eine Distanz von 150 Meter für alle vier Schießübungen eingeführt.

Klaus Siebert 1978, Kleinkaliber­gewehr mit hebelübersetztem Ver­schluss und einfachem Tragesystem

Im Jahr 1978 wurde einheitlich das Kleinkaliber 5,6 × 15 mm R (andere Bezeichnungen: .22 lfB oder .22 lR), einhergehend mit einer Verkürzung der Schussdistanz auf 50 Meter, eingeführt. Alle Biathlonwaffen sind seither Mehrlader in diesem Kaliber.[3]

Die Munition hat das Kaliber 5,6 × 15 mm R. Das Geschoss darf eine Mündungsgeschwindigkeit (v0) von 360 m/s nicht überschreiten und seine Masse muss zwischen 2,55 und 2,75 Gramm liegen.

Tina Bachmann mit einem Anschütz-Gewehr
Linksschütze Simon Eder im stehenden Anschlag

Heutige Biathlongewehre sind Mehrladegewehre im Kaliber 5,6 × 15 mm R.[4] Selbstladegewehre sind nicht erlaubt.[4] Das Gewicht der Waffen darf zwischen 3,5 und 7,5 Kilogramm liegen.[4][3] Eine manuelle Sicherung gibt es nicht. Biathlongewehre gibt es in Rechts- und – spiegelverkehrt gebaut – in Linkshänderausführung.

Die Lauflänge ist, ebenso wie die Gesamtlänge der Waffen, nicht limitiert. Daher werden die Läufe auf die Leistungen der Munition optimiert, wodurch sich in der Praxis eine mehr oder weniger einheitliche Lauflänge etabliert hat.

Anschütz dreht und bohrt seine Läufe aus einem Stück Metall, während die Läufe des russischen Herstellers Ischmasch kaltgehämmert werden.[1]

Waren die ersten Kleinkaliberbiathlongewehre ebenso wie ihre großkalibrigen Vorgänger noch mit Kammerverschlüssen ausgestattet, so wurde seitens der Athleten schon früh nach Wegen gesucht, die Nachladezeit unter Einhaltung des Reglements auf das absolut notwendige Minimum zu reduzieren. Dazu wurden Geradzugverschlüsse konstruiert, zunächst in Finnland und der Sowjetunion, die mit einer Hebelübersetzung arbeiteten.[5] In Suhl wurde ein Unterlader (oder Pistolengriffrepetierer) entwickelt, bei dem mit einer Bewegung des Pistolengriffs der Verschluss bewegt wurde. Der Vorteil dieser Konstruktion lag darin, dass der Schütze den Zeigefinger nicht vom Abzug nehmen musste. Peter Fortner konstruierte zu Beginn der 1980er-Jahre einen Geradzugverschluss ohne Hebelübersetzung, der mit dem Zeigefinger geöffnet und mit dem Daumen der Schießhand wieder geschlossen wird. Dieses System setzte sich nach und nach weltweit durch; aktuell (2018) verwenden über 95 Prozent aller Biathleten bei internationalen Wettkämpfen dieses System.[6][3] Der Fortnerverschluss verriegelt mit 6 radial angeordneten Kugeln, die beim Schließen des Verschlusses nach außen gedrückt werden und so einen Formschluss zwischen Verschluss und Laufhülse herstellen.[1]

Der Abzug muss von einem Abzugsbügel umgeben sein, der Mindestabzugswiderstand beträgt 0,5 Kilogramm[7][4] (ca. 5 N). Innerhalb dieses Wertes werden die Abzüge in Bezug auf Weg und Druckpunkt individuell an die Athleten angepasst.

Die Magazinkapazität ist auf 5 Patronen limitiert.[4] Es werden ausschließlich einreihige Stangenmagazine verwendet, obwohl die Bauart nicht reglementiert ist. Für die Staffelwettbewerbe dürfen pro Schießen 3 Reservepatronen mitgeführt werden, entweder in einem Extramagazin oder anderswo an der Waffe.[4] In der Praxis werden die Reservepatronen einzeln in entsprechenden Bohrungen im Schaft mitgeführt, die Position der Bohrungen ist von Athlet zu Athlet verschieden.

Vergrößernde Optiken sind nicht erlaubt, es muss eine offene Visierung verwendet werden. Wie bei den meisten Sportwaffen hat sich auch im Biathlon die Dioptervisierung durchgesetzt, da damit die besten Trefferbilder erzielt werden. Klappen an der Vorderseite von Diopter und Korntunnel schützen während des Langlaufens vor dem Eindringen von Schneeflocken oder Regentropfen, welche die Visierlinie blockieren könnten. Die Verwendung der Klappen ist freigestellt, regnet oder schneit es nicht, schließen die meisten Athleten diese während des Rennens nie. Manche Athleten schließen die Klappen aus Gewohnheit immer, obwohl dies z. B. nach dem letzten Schießen auch bei schlechtem Wetter keinen Vorteil mehr bringt.

Die Schäfte der Waffen werden sowohl in Form als auch im Aussehen individuell an die Athleten angepasst, hierbei spielen auch persönliche Vorlieben eine Rolle.[1] Weitere Vorschriften des Reglements sind: der Abstand zwischen der Laufachse und der Unterseite des Vorderschaftes einschließlich Magazin und Abzugsbügel darf 140 Millimeter nicht überschreiten, die Wangenauflage darf nicht stärker als 40 Millimeter sein, Klappschäfte sind verboten.[4] An der Unterseite des Vorderschaftes ist der Schießriemen befestigt, der beim Liegendschießen verwendet wird, um den Arm bei gleichzeitiger Stabilisierung zu entspannen (so können ungewollte Bewegungen, zum Beispiel durch atmen oder den Pulsschlag zumindest abgemildert werden).[8]

Frank Ullrich bei den DDR-Meisterschaften 1982, am linken Oberarm die Befestigung des Schießriemens.

Die Gewehre werden während der Laufrunde von den Athleten auf dem Rücken getragen, die Laufmündung muss dabei nach oben zeigen.[7] Durch rucksackähnliche Tragegurte wird das Gewehr senkrecht gestellt; die Tragegurte dürfen 40 Millimeter Breite nicht überschreiten.[4] Die Tragesysteme werden immer ausgeklügelter; seit etwa zehn Jahren hat sich ein teilgepolstertes System mit starren Abstandshaltern zwischen den Befestigungspunkten am Schaft und den Gurten durchgesetzt. Das Tragesystem sitzt seitlich am Gewehr, auf der der Verschlussbetätigung abgewandten Seite – bei Rechtshändern also links.

Einzelnachweise

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  1. a b c d The history of russian biathlon rifles. gunsa.ru, abgerufen am 3. Februar 2019 (englisch).
  2. Crown Jewels: The Mauser in Sweden. www.collectorbookstore.com, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 2. Februar 2019; abgerufen am 3. Februar 2019 (englisch).
  3. a b c J.G. ANSCHÜTZ GmbH & Co. KG - Biathlon - der Sport. jga.anschuetz-sport.com, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 4. Februar 2019; abgerufen am 3. Februar 2019.
  4. a b c d e f g h Annexes to the IBU event and competition rules. In: res.cloudinary.com. 2018, S. 8–10, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 4. Februar 2019; abgerufen am 3. Februar 2019 (englisch).
  5. Biathlon Basic — Russian Rimfire within AccurateShooter.com. www.accurateshooter.com, abgerufen am 3. Februar 2019.
  6. This German invention is used in 95% of rifles in biathlon. In: Quartz. qz.com, abgerufen am 3. Februar 2019 (englisch).
  7. a b IBU event and competition rules. S. 3–52, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 14. Februar 2019; abgerufen am 3. Februar 2019 (englisch).
  8. Gewinner tragen Schiessriemen. Abgerufen am 31. Januar 2024.
Commons: Biathlongewehre – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien