Birol Kilic
Birol Kilic (* in Istanbul als Birol Kılıç, alternativ auch Pirsultan Birol Kilic[1]) ist ein türkisch-österreichischer Verleger, Publizist, Herausgeber, Unternehmer sowie der Obmann der Türkischen Kulturgemeinde in Österreich.[2]
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Birol Kilic wurde in Istanbul im Stadtteil Sisli geboren wo alle Religionen und Konfessionen seit der byzantinischen und der osmanischen Zeit zusammen gelebt haben. Ab sechs Jahren lebte Kilic in Hamburg und Kiel, wo er die Grundschule besuchte. Mittelschule und Gymnasium besuchte Kilic in Istanbul. Bei den Universitätsaufnahmeprüfungen YÖK bekam er die Möglichkeit in der Medizinfakultät der Universität Istanbul (İstanbul Tıp Fakultät) zu studieren. Laut seinen eigenen Angaben studierte Kilic vier Semester lang Medizin, bevor er an die ETH Zürich ging und anschließend an die Technische Universität Wien. Dort schloss er 1993 ein Studium der Nachrichtentechnik und biomedizinischen Technik als Diplomingenieur ab.
Bereits während seines Studiums verfasste Kilic für türkische Medien Kommentare und Analysen aus Wien, darunter das öffentlich-rechtliche Radio Voice of Turkey und die damals liberale Tageszeitung 'Sabah', sowie den Fernsehsender ATV. Diese Tätigkeit übte er von 1988 bis 1999 aus. Nach seinem Studium gründete Kilic eine Unternehmensbeteiligung, die unter anderem im Medienbereich bis heute aktiv ist.
1999 gründete er die türkisch-deutsch-sprachige Zeitung Yeni Vatan Gazetesi („Neue Heimat Zeitung“), 2004 den Neue Welt Verlag und 2009 die Zeitschrift Einspruch. Die Yeni Vatan Gazetesi wird in Wien produziert.[3]
Engagement
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Kilic engagiert sich seit 1989 in verschiedenen Vereinen, Organisationen und Aktionen in Österreich, darunter auch in dem Europäischen Verband der Türkischen Akademiker (EATA), für die Integration und Probleme und er setzt sich für das säkulare Leben in Österreich ein. Im Jänner 2013 erregte ein Lego-Bausatz die Aufmerksamkeit der Türkischen Kulturgemeinde. Der Bausatz von Jabba's Palace ähnelte sehr der Hagia Sophia in Istanbul und der Moschee Jami al-Kabir in Beirut. Die Türkische Kulturgemeinde sah das als Volksverhetzung mit rassistischen Vorurteilen.[4][5][6] Laut Kilic sind die Besuche und Auftritte von Erdogan in Österreich unnötig, spalten die türkische Community und führen zu einem vergifteten Klima.[7][8][9] Kilic erzählt in einer Zeitschrift des Integrationsfonds von seinen Gedanken über die Entwicklungen und Probleme, die aus der Türkei nach Österreich importiert werden, mit dem Titel: „Ich glaube, dass hier mit Kalkül vorgegangen wird. Das Ziel ist die Schwächung der europäischen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.“[10] Als Vertreter von Menschen mit türkischer Abstammung in Österreich setzt er sich immer wieder für eine Integration der im Land lebenden Menschen aus der Türkei auf Grundlage der Werte Österreichs und der Grenzen der freiheitlich demokratischen Grundordnung ein. Er sei nicht gegen Islam, sondern gegen jeglichen Missbrauch der Religion für politische, wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten. Er sei gegen politisierten Glauben, antitürkische Hetze und radikale Gruppen, egal von welcher Seite und Gruppe, so Kilic.[11][12][13][14]
Als Obmann der Türkischen Kulturgemeinde in Österreich verurteilte er die Vorfälle der Demo-Krawalle im Sommer 2020 in Wien-Favoriten scharf.[15][16][17][18]
Nach dem Koran-Ausspruch von FPÖ-Politiker Norbert Hofer, in dem er den Koran als gefährlicher als das Corona-Virus bezeichnete, forderte Birol Kilic, im Namen der Türkischen Kulturgemeinde, den Rücktritt von Hofer als 3. Nationalratspräsident, weil hier eine öffentliche Verhetzung stattgefunden habe, die laut österreichischer Verfassung und Gesetzgebung, egal bei welcher Minderheit oder Religion, nicht gewünscht bzw. scharf rechtlich verboten ist.[19][20]
Als Obmann der Türkischen Kulturgemeinde in Österreich (TKG) machte er sich am 29. Juni 2020 in einem Gastkommentar in der Kurier-Zeitung für den Erhalt der Hagia Sophia als Museum stark.[21]
Seit die finale Entscheidung, die Hagia Sophia wieder in eine Moschee umzuwandeln, am 24. Juli 2020 getroffen wurde, äußert er immer wieder Kritik und sein Bedauern darüber. Laut seiner Aussagen sieht er die Vielfalt der Türkei in Gefahr.[22][23][24][25][26][27][28]
Nach dem Terror Anschlag in Wien im November 2020 erklärte er, dass Muslime nun unter Generalverdacht gestellt werden, obwohl der Großteil gegen jeglichen Missbrauch der Religion und gegen Terror sei. Außerdem betont Kilic, dass viele Moscheen in Österreich zur Radikalisierung von jungen Muslimen beitragen beziehungsweise dazu missbraucht werden und er bereits seit 25 Jahren genau davor warnt.[29][30]
Nach dem Urteil des Verfassungsgerichtshofes der Republik Österreich (VfGH) bezüglich des Kopftuch-Tragens von unmündigen Volksschulkindern zwischen 6 und 11 Jahren im Unterricht und somit einer Entscheidung gegen das Kopftuchverbot an Volksschulen, kritisierte Kilic als Obmann der Türkischen Kulturgemeinde in Österreich (TKG) diese Entscheidung mit folgenden Worten sehr: „Diese Entscheidung des VfGH darf auch nicht über das Faktum hinaus täuschen, dass mit diesem Urteil der Segregation und Ausgrenzung Vorschub geleistet wird und genau gegenteiliges bewirkt wird, nämlich Ausgrenzung statt Integration!“[31][32][33]
Nach dem scharfen Wortgefecht zwischen Präsident Erdogan und dem Außen- und Innenminister von Österreich bezüglich des Nahostkonflikts forderte er im Namen der türkischen Kulturgemeinde in Österreich (TKG) eine zügige Deeskalation der Worte und gegenseitige Empathie.[34][35][36][37][38]
Er setzt sich zudem für die Stellung der Menschen mit türkischer Abstammung in Österreich ein. Er legt ihnen nahe, die politischen Probleme der Türkei nicht nach Österreich zu bringen und die österreichische Geschichte und Neutralität, sowie Sitten und Gesetze zu achten.[39][40][41][42][43]
Werke
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Herausgeber
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Die roten Ritter: zwischen Medici, Habsburgern und Osmanen (2014),
- Das Burgenland als internationale Grenzregion im 20. und 21. Jahrhundert (2012),
- In Hoc Signo Vinces: zwischen religiösem Mythos und politischen Anspruch von Byzanz nach Neapel (2012),
- Türkische Köstlichkeiten (2005), Starke Gefühle- kulturwissenschaftliche Emotionalitätsdiskurse im 19. und 20. Jahrhundert zum 200. Geburtstag von Friedrich Hebbel (2005)
- Orient & Okzident: Begegnungen und Wahrnehmungen aus fünf Jahrhunderten mit der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (2016).
- Kants Wanderung über das Nebelmeer: Die wahre Entstehungsgeschichte der Kritik der Vernunft im Spiegel der Bilderwelt C.D. Friedrichs (2017)
- Kant kocht türkisch (2019).
- 100 Jahre Burgenland: Geschichte einer internationalen Grenzregion (2021),[44]
- Die Heimat in der Schultasche: Geschichte einer Flucht (2023),[45]
- Das große Bildwörterbuch Deutsch- Ukrainisch (2022),[46]
- Einspruch gegen Fake History: Wahre Geschichten der türkisch- jüdischen Freundschaft (2023),[47]
- ANDREAS TIETZE VE AVUSTURYA TÜRKOLOJİSİ (2022),[48]
Auszeichnungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Jahr 2015 erhielt er das Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich.[49] 2022 wurde ihm der Berufstitel Professor verliehen.[50]
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ MC & O Management Consulting & Organizations - GmbH. In: firmen.wko.at. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 3. September 2017; abgerufen am 3. September 2017. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Vereinsaufbau, Türkische Kulturgemeinde in Österreich, abgerufen am 2. Februar 2017
- ↑ „Pro-Erdogan- Demos haben uns geschadet“, Kurier, 12. Juli 2013
- ↑ Lego droht Anzeige wegen Volksverhetzung
- ↑ "Star Wars"-Bausatz: Türkische Gemeinde wirft Lego Volksverhetzung vor
- ↑ Türkischer Verein sieht Verhetzung in Legospiel
- ↑ Bei Erdogans Besuch gehen die Wogen hoch
- ↑ Türken in Europa rufen dazu auf, Erdogan-Gegner zu melden
- ↑ Auch Türken kritisieren Erdogan-Besuch
- ↑ Ich glaube, dass hier mit Kalkül vorgegangen wird. Das Ziel ist die Schwächung der europäischen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.
- ↑ "Die wachsende Islamophobie ist eines der größten Probleme unserer Zeit"
- ↑ Ist Österreich sicher vor Terror?
- ↑ Türken-Demo in Wien: FPÖ erstattet Anzeige
- ↑ Wien am Bosporus
- ↑ Türkische Community: "Verurteilen Vorfälle scharf"
- ↑ Türkische Community "verwundert" über Gewalt
- ↑ Krisensitzung mit Türken und Kurden im Kanzleramt
- ↑ TKG wurde zur Krisensitzung im Kanzleramt eingeladen
- ↑ Türkische Kulturgemeinde fordert Hofers Rücktritt wegen Koran-Sagers
- ↑ FPÖ: "2000 km Abstand für Türkische Kulturgemeinde!"
- ↑ Einspruch für die Hagia Sophia
- ↑ Widerstand gegen Erdogan-Plan
- ↑ Erstes Freitagsgebet unter Polizeischutz
- ↑ Hagia-Sophia: Erdogans großes Moschee-Spektakel
- ↑ Freitagsgebet in Hagia Sophia nach Umwandlung in Moschee
- ↑ Austro-Türken wettern gegen Hagia Sophia als Moschee
- ↑ Hagia Sophia: Erstes Freitagsgebet nach Umwandlung absolviert
- ↑ Freitagsgebet in Hagia Sophia nach Umwandlung in Moschee
- ↑ Birol Kilic: „Vor Missbrauch der Religion gewarnt“. 18. November 2020, abgerufen am 30. April 2021.
- ↑ Aus dem ARD-Studio Südosteuropa und Österreich (Wien). Abgerufen am 30. April 2021.
- ↑ Österreich: Verfassungsgerichtshof kippt Kopftuchverbot in Volksschulen. Abgerufen am 30. April 2021.
- ↑ Kopftuch-Urteil: FPÖ sieht Sieg für radikalen Islam. Abgerufen am 30. April 2021.
- ↑ Ivo Mijnssen: Kopftuchverbot in Österreich ist verfassungswidrig. Abgerufen am 30. April 2021.
- ↑ Kronen Zeitung: "Wir erwarten Deeskalation". In: Turkische Kulturgemeinde Österreich. 19. Mai 2020, abgerufen am 25. Mai 2021 (deutsch).
- ↑ „Mit Schaum vorm Mund Konflikt nicht lösbar“. Abgerufen am 25. Mai 2021.
- ↑ Kritik in Österreich nach Erdogans "Fluch". 18. Mai 2021, abgerufen am 25. Mai 2021.
- ↑ Kritik in Österreich nach Erdogans "Fluch". 18. Mai 2021, abgerufen am 25. Mai 2021.
- ↑ Salzburger Nachrichten: Kritik in Österreich nach Erdogans "Fluch". 18. Mai 2021, abgerufen am 25. Mai 2021.
- ↑ Im Zeichen des rot-weiß-roten Halbmonds
- ↑ Entsetzen über türkische Kampfparolen bei Demos
- ↑ Brandstifter regt nach Türken-Demos in Wien harte Gangart ein
- ↑ Wie unsere Türken wirklich leben
- ↑ Vereine: So sollen sich Austro-Türken verhalten
- ↑ https://concordia.at/100-jahre-burgenland-geschichte-einer-internationalen-grenzregion/
- ↑ https://dereckart.at/so-habe-ich-als-kind-1945-die-vertreibung-erlebt/
- ↑ Neues "Bildwörterbuch" soll ukrainischen Geflüchteten helfen. In: kurier.at. 3. Mai 2022, abgerufen am 11. Februar 2024.
- ↑ https://www.top-news.at/2023/04/21/wahre-geschichten-der-tuerkisch-juedischen-freundschafteinspruch-gegen-fake-history-und-fake-news/
- ↑ https://www.academia.edu/76424439/Andreas_Tietze_ve_Avusturya_Türkolojisi_Andreas_Tietze_und_die_österreichische_Turkologie_ed_Emine_Yılmaz_Nurettin_Demir_ve_Emre_Çetinkaya_Viyana_Neue_Welt_Verlag_2022
- ↑ Ehrenzeichen von Bundespräsident für Verdienste um die Republik Österreich an TKG Obmann Birol Kilic OTS vom 8. Okt. 2015, abgerufen am 15. Oktober 2020.
- ↑ Verleger und Publizist Birol Kilic bekam Berufstitel Professor verliehen. In: ots.at. 6. Mai 2022, abgerufen am 6. Mai 2022.
Personendaten | |
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NAME | Kilic, Birol |
ALTERNATIVNAMEN | Kılıç, Birol (Geburtsname) |
KURZBESCHREIBUNG | Herausgeber, Verleger und Obmann der Türkischen Kulturgemeinde in Österreich |
GEBURTSDATUM | 20. Jahrhundert |
GEBURTSORT | Istanbul |