Black Isle Studios

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Black Isle Studios

Logo
Rechtsform Division von Interplay Entertainment
Gründung 1996 Ausgliederung aus dem Mutterkonzern Interplay
1998 Umbenennung in Black Isle Studios
2012 Neugründung
Auflösung 8. Dezember 2003
Sitz Orange County, Kalifornien, USA
Branche Softwareentwicklung

Black Isle Studios ist eine Division des US-amerikanischen Computerspieleherstellers Interplay Entertainment, die sich auf die Entwicklung von Computer-Rollenspielen spezialisiert hat. Sie wurde 1996 gegründet und hatte bis zur Schließung 2003 ihren Sitz in Irvine (Kalifornien), nahe Los Angeles. Bekannt wurde die Firma durch ihre Arbeit an den Computer-Rollenspielen Fallout und Planescape: Torment, sowie ihrer Mitarbeit an der Baldur’s-Gate-Reihe. 2012 wurde das Studio wiedereröffnet.

Black Isle entstand 1996 als Ausgliederung der internen Rollenspiel-Entwicklungsabteilung Interplay Entertainments (The Bard’s Tale, Wasteland); Gründer war Feargus Urquhart. Interplay war zu diesem Zeitpunkt in den Besitz zweier Softwarelizenzen des Rollenspiel-Regelwerks Dungeons & Dragons gekommen,[1] auf dessen Grundlage das Team neue Computerspiele entwickeln sollte. Als Studio vorerst noch namenlos, wurde allerdings das postapokalyptische Fallout der erste Titel des neuformierten Entwicklers. Es handelte sich um einen spirituellen Nachfolger zu Interplays Klassiker Wasteland, dessen Namensrechte bei Interplays damaligem Publishing-Partner Electronic Arts verblieben waren.[2] Fallout erwies sich als Überraschungserfolg, sodass eine Fortsetzung in Auftrag gegeben wurde, die bereits im Folgejahr 1998 erscheinen sollte. Ebenfalls 1998 wurde der Name Black Isle Studios angenommen,[3] nach der Halbinsel Black Isle aus Feargus Urquharts Heimat Schottland.[4] Noch im selben Jahr verließen aber auch drei Schlüsselentwickler von FalloutTimothy Cain, Leonard Boyarsky und Jason D. Anderson – die Black Isle Studios um Troika Games zu gründen, nachdem Projektleiter Tim Cain zu keiner Übereinkunft über die Teamstruktur zu Fallout 2 gelangen konnte.[5] Trotz dieser Abgänge erschien Fallout 2 wie geplant ein Jahr nach seinem Vorgänger.

Neben eigenen Entwicklungen produzierte und beaufsichtigte Black Isle für Interplay die Rollenspiel-Auftragsarbeiten externer Entwickler, darunter BioWares Baldur’s Gate und Baldur’s Gate 2. Tatsächlich erging Interplays Auftrag an BioWare aufgrund einer Empfehlung Urquharts, der im Zuge seiner Produzententätigkeit zu BioWares Erstlingswerk Shattered Steel einen Prototyp von BioWares neuer Spielengine Battleground Infinity vorgestellt bekam.[6] Zwischen 1999 und 2002 veröffentlichte Black Isle auf Basis dieser in Baldur’s Gate verwendeten Engine – offiziell Infinity-Engine genannt – die Spiele Planescape: Torment, Icewind Dale und Icewind Dale II. Die Arbeiten an einer mehrmonatigen Neuentwicklung namens Torn wurden jedoch 2001 wegen anhaltender technischer Probleme und einem deutlich überschrittenen Zeitplan eingestellt, 56 Mitarbeiter wurden daraufhin entlassen.[7][8]

Im April 2003 verließ Studioleiter Feargus Urquhart das Unternehmen,[9] nachdem er mit dem zwischenzeitlich veränderten Interplay-Management zu keiner Übereinkunft über die Ausrichtung des Studios gelangen konnte.[10] Interplay arbeitete bereits seit mehreren Jahren defizitär. Ende 2002 / Anfang 2003 verlor Interplay die D&D-Lizenz, sodass Black Isle die seit zwei Jahren laufenden Arbeiten an Baldur's Gate 3: The Black Hound (interner Arbeitstitel: Project Jefferson) einstellen musste.[11][12] Laut Urquhart begann sich Interplay zudem verstärkt auf den Konsolenmarkt zu konzentrieren, und obwohl Black Isle mit Baldur’s Gate: Dark Alliance das erfolgreichste Konsolenspiel des Unternehmens produziert hatte, spielte das Studio in den strategischen Planungen des Interplay-Managements eine untergeordnete Rolle und erhielt zunehmend weniger Unterstützung.[13] In Folge verließen weitere führende Mitarbeiter das Unternehmen. Am 8. Dezember 2003, mitten in ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten, entließ Interplay die gesamte verbliebene Belegschaft der Black Isle Studios.[14] Zahlreiche ehemalige Black-Isle-Mitarbeiter kamen nach ihrer Kündigung schnell bei anderen Entwicklern unter. Ein Großteil der Belegschaft fand Anstellung bei Obsidian Entertainment, das 2003 von einem ehemaligen Kernteam der Black Isle Studios um Feargus Urquhart und Chris Avellone gegründet worden war.

Durch Black Isles Schließung blieben auch die bereits fortgeschrittenen Arbeiten an einem dritten Fallout-Titel (Codename: Van Buren) ohne Abschluss. Interplay veräußerte die Lizenz an Bethesda Softworks, wo die Serie mit Fallout 3 ihre Fortsetzung fand. Einige Konzepte zu Van Buren fanden durch Fallout: New Vegas, eine Auftragsarbeit Obsidian Entertainments für Bethesda unter der Federführung der Van-Buren-Entwickler Joshua E. Sawyer und Chris Avellone, schließlich doch noch Eingang in das Spieluniversum.[15][16]

Die Verwendung von Namen ehemaliger US-Präsidenten als Codename für unangekündigte Titel entsprach dem üblichen Benennungsschema der Black Isle Studios.[17]

Im August 2012 kündigte Interplay eine Wiederbelebung der Black Isle Studios an, ohne jedoch Angaben zu künftigen Projekten oder zur personellen Zusammensetzung des Studios zu machen.[18]

Neben der Entwicklung hauseigener Computerspiele trug Black Isle außerdem zur Entwicklung einiger von Interplay vertriebener Computer-Rollenspiele bei. Da Black Isle einen großen Namen als Rollenspielhersteller hatte und am Vertrieb der Baldur’s-Gate-Reihe beteiligt war, gibt es irrtümliche Behauptungen, Black Isle habe die Baldur’s-Gate-Reihe entwickelt. Dies ist falsch, denn diese wurde von BioWare entwickelt, jener Firma die wiederum fälschlicherweise mit der Entwicklung der Icewind-Dale-Reihe in Verbindung gebracht wird. Zu den Titeln, an denen Black Isle mitwirkte, zählen:

Unter dem Studionamen wurden zudem zwei Spielesammlungen veröffentlicht:

  • Black Isle Compilation (2002), beinhaltete Baldur’s Gate inkl. Add-on, Icewind Dale inkl. Add-ons und Planescape: Torment
  • Black Isle Compilation Part Two (2004), beinhaltete Baldur’s Gate 1 + 2 inkl. Add-ons, Icewind Dale 1 + 2 inkl. Add-ons

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Richard „Jonric“ Aihoshi: Planescape: Torment Special Report, Part 1. In: RPGVault. News Corp, 11. Februar 2000, archiviert vom Original am 25. Juli 2006; abgerufen am 18. März 2012 (englisch).
  2. Shawn Schuster: Kickstarting the future of game publishing: An interview with Brian Fargo. In: Engadget. 15. Juli 2016, abgerufen am 10. September 2023 (englisch).
  3. Ian Cheong: Game Info. In: Lionheart Chronicles. GameSpy, 2002, archiviert vom Original am 7. Mai 2006; abgerufen am 25. Juli 2006 (englisch).
  4. John Keefer: Black Isle Studios: We are not BioWare. GameSpy, Januar 2001, archiviert vom Original am 11. Dezember 2004; abgerufen am 25. Juli 2006 (englisch).
  5. Joe Blancato: The Rise and Fall of Troika. In: The Escapist. 26. Dezember 2006, abgerufen am 10. September 2023 (englisch).
  6. Trent Oster: Getting into the Games Industry. In: Blog des Baldur's-Gate-Entwicklers. 23. März 2010, abgerufen am 16. Februar 2011 (englisch): „After a lack of interest from most publishing partners around “Battleground Infinity”, it was shown to our “Shattered Steel” producer, Feargus Urquhart. Feargus looked at the demo and stated it would be a great fit with the Dungeons and Dragons license that Interplay had. Without much debate the title was signed and “Baldur’s Gate” was into development.“
  7. Andrew Park: Heartbreakers – Feature at GameSpot. In: GameSpot. Abgerufen am 13. Juli 2012 (englisch).
  8. TORN Officially Officially Cancelled. In: IGN. 27. Juli 2001, abgerufen am 10. September 2023 (englisch).
  9. Tor Thorsen: Q&A: Feargus Urquhart, Part Two. In: GameSpot. 6. Januar 2004, abgerufen am 5. September 2011 (englisch).
  10. John "JCal" Callaham: Obsidian Entertainment Interview. In: HomeLan Fed. 15. September 2003, archiviert vom Original am 5. Februar 2005; abgerufen am 5. September 2011 (englisch): „Interplay has a direction that it wants to pursue concerning projects and I have a direction that I want to go.“
  11. Morgan Ramsay: Gamers at Work: Stories Behind the Games People Play. 1. Auflage. Apress, New York 2012, ISBN 978-1-4302-3351-0, S. 79–80 (Onlineansicht).
  12. Jon „Buck“ Birnbaum: The Black Hound Interview. In: Gamebanshee. UGO Entertainment, Inc., 13. Februar 2007, archiviert vom Original am 5. Februar 2010; abgerufen am 11. September 2011 (englisch).
  13. Jon „BuckGB“ Birnbaum: Obsidian Entertainment Interview. In: GameBanshee. UGO Entertainment, 11. Juni 2009, abgerufen am 13. Juli 2012 (englisch).
  14. Tor Thorsen: Interplay shuts down Black Isle Studios. GameSpot, 8. Dezember 2003, abgerufen am 1. Mai 2006 (englisch).
  15. Vlad Micu: Obsidian’s Josh Sawyer on Fallout: New Vegas, the Van Buren legacy and learning from mods. In: gamesauce.org. Gamesauce Media, Inc, 8. September 2010, archiviert vom Original am 22. Oktober 2018; abgerufen am 10. September 2023 (englisch).
  16. Patricia Hernandez: Interview with Chris Avellone. Nightmare Mode, 7. Juli 2011, archiviert vom Original am 6. Februar 2012; abgerufen am 10. Juli 2011 (englisch): „We just picked and chose what elements still seemed to work and we were interested in resurrecting.“
  17. Joshua E. Sawyer: Formspringmeldung im September 2011 (englisch). Abgerufen am 6. Oktober 2011. "It was just their names, in order of inauguration. Obsidian's names are similar, U.S. states in order of their incorporation to the union. We use this scheme because there is an order to it, but the names have no connection to the project itself."
  18. Sensation Black-Isle-Studios feiern Wiederauferstehung (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.pcgames.de auf pcgames.de
  19. Black Isle Studios Website: Games. Black Isle Studios, 4. Juni 2003, archiviert vom Original am 4. Dezember 2001; abgerufen am 25. Juli 2006 (englisch).