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Blutspiel von Melbourne

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Als Blutspiel oder Blutbad von Melbourne wurde das Wasserballspiel zwischen Ungarn und der Sowjetunion bei den Olympischen Sommerspielen 1956 in Melbourne zum wohl bekanntesten Match in der Geschichte dieses Sports und zu einem der bekanntesten und unsportlichsten Aufeinandertreffen zweier Mannschaften bei Olympischen Spielen.[1] Beide Mannschaften trafen am 6. Dezember 1956 beim olympischen Wasserballturnier aufeinander, als der ungarische Volksaufstand gerade von sowjetischen Truppen brutal niedergeschlagen worden war. Der Name des Spiels wurde von den Medien erfunden. Er bezog sich auf den Ungarn Ervin Zádor, dem ein sowjetischer Sportler zwei Minuten vor Ende des Spiels mit einem Faustschlag ins Gesicht eine stark blutende Wunde zugefügt hatte.

Ungarn schlug die Sowjetunion 4:0. Der Sieg der ungarischen Mannschaft wurde ein Symbol für den Widerstand gegen die Sowjetunion.[2]

Am 23. Oktober 1956 eskalierte eine kleine genehmigte Solidaritätskundgebung Budapester Studenten zu einem Aufstand gegen die sowjetischen Besatzer. Einige Tage lang sah es so aus, als könnten sich die Ungarn vom Einfluss der Sowjets befreien. Ab dem 1. November rollten sowjetische Panzer in Ungarn ein, und zwischen dem 4. und 10. November wurde die Revolution mit massivem Waffeneinsatz niedergeschlagen.

In dieser Zeit befand sich das ungarische Wasserballteam im Trainingslager oberhalb Budapests. Die Mannschaft konnte die Wirren in der Hauptstadt zumindest akustisch wahrnehmen. Die Mannschaft, Titelverteidiger der Spiele von Helsinki, wurde in Anbetracht der bevorstehenden Spiele in Melbourne außer Landes in die Tschechoslowakei gebracht. Die Spieler erfuhren erst in Australien von den Ereignissen in der Heimat. Sorge um Familie und Freunde begleitete die Athleten. Beim Start der Spiele nahm die Brutalität im Heimatland immer mehr zu; viele Spieler sahen nun die Gelegenheit, auf sportlicher Ebene Unabhängigkeit und Stolz ihres Landes zu repräsentieren.

Ervin Zádor bestätigte dies in Aussagen wie „Wir spielten nicht für uns, sondern für unser ganzes Land.“ Zu diesem Zeitpunkt erfuhr auch die internationale Gemeinschaft von der Brutalität der sowjetischen Truppen, die gegen die ungarische Bevölkerung vorgingen. Das ungarische Team wurde daraufhin auch von den vorher neutralen Besuchern der Spiele angefeuert. Es befanden sich auch viele Exilungarn unter den Zuschauern, die schon dem ungarischen Boxer László Papp ein paar Tage zuvor beim Gewinn seiner dritten Goldmedaille zugesehen hatten.

Die vier ersten Spiele hatte Ungarn deutlich mit je vier bis fünf Toren Vorsprung gewonnen und galt als fast sicherer Olympiasieger.[2]

Die Presse maß dem Spiel in der Vorberichterstattung wenig Bedeutung zu; jedoch erschien zum Spiel eine erstaunliche Anzahl von 5500 Zuschauern, darunter viele Exilungarn und ungarischstämmige Australier. Die Stimmung kochte schon vor Beginn gegen die Mannschaft der UdSSR hoch.[2] Die Strategie der Ungarn bestand darin, die Russen, deren Sprache sie in der Schule gelernt hatten oder hatten lernen müssen, zu beleidigen. Mit den Worten von Zádor: „Wir beschlossen, die Russen böse zu machen und sie dadurch durcheinanderzubringen.“[3]

Von Beginn an war das Spiel sehr körperlich geprägt. Tritte und Hiebe wurden auf beiden Seiten ausgeteilt; der ungarische Mannschaftskapitän Dezső Gyarmati verletzte seinen russischen Gegenspieler mit einem Aufwärtshaken. Währenddessen erzielte Ervin Zádor zwei Tore, und das Publikum feuerte die Ungarn enthusiastisch mit „Hajrá Magyarok“ („Vorwärts Ungarn“) an.

Gegen Ende des Spieles – Ungarn führte 4:0 – beleidigte Ervin Zádor Walentin Prokopow. Als Ervin Zádor einen Moment wegschaute, schlug ihm der Russe die Faust ins Gesicht. Zádor, der eine klaffende Wunde dicht am rechten Auge davontrug, verließ daraufhin das Schwimmbecken und brachte nun mit seinem blutenden Anblick das Publikum endgültig gegen die Russen auf. Viele Zuschauer sprangen daraufhin auf die Poolumrandung und bedrohten die Russen ihrerseits. Um weitere Unruhe zu vermeiden, wurde das Spiel eine Minute vor Spielende abgebrochen, und die Polizei begann, die erzürnten Zuschauer zu entfernen. Bilder von Zádors Verletzungen wurden in der Weltpresse gezeigt und führten zur Beschreibung des Spieles als „Blut-im-Wasser-Spiel“. Berichte, dass sich das Wasser rot färbte, gelten als übertrieben. Zádor sagte später, sein einziger Gedanke in diesem Moment sei das nächste Spiel gewesen.

Die Ungarn wurden zum Sieger der Partie erklärt, da die Mannschaft bei Abbruch des Spieles führte. Mit dem Sieg im letzten Spiel der Finalrunde über Jugoslawien (2:1) gewann man auch das olympische Turnier und sicherte sich die vierte Goldmedaille.

2006 kam zum fünfzigsten Jahrestag des ungarischen Volksaufstands der Dokumentarfilm Freedom’s Fury in die Kinos. Der von Lucy Liu und Quentin Tarantino produzierte Film erzählt die Geschichte des Spieles. Mark Spitz, der als Teenager von Ervin Zádor trainiert wurde, ist der Erzähler.

Ebenfalls 2006 erschien der ungarische Spielfilm Children of Glory, zu dem der ungarisch-amerikanische Drehbuchautor Joe Eszterhas das Drehbuch schrieb.

  • Gergely Csurka, Dezső Gyarmati: „1956 – ahol mi győztünk – 1956. december 6. Magyarország – Szovjetunió 4:0“. Aréna 2000, Budapest 2006, ISBN 978-963-7046-93-3.

Einzelnachweise

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  1. Nikola Krastev: Hungary: New Film Revisits 1956 Water-Polo Showdown. In: Radio Free Europe/Radio Liberty. 5. Mai 2005, abgerufen am 6. Dezember 2020 (englisch).
  2. a b c Robert E. Rinehart: “Fists flew and blood flowed”: Symbolic Resistance and International Response in Hungarian Water Polo at the Melbourne Olympics, 1956. (pdf, 236 kB) In: Journal of Sport History, 23/2. 1996, S. 120–139, archiviert vom Original am 5. Januar 2014; abgerufen am 6. Dezember 2020 (englisch).
  3. Mike Rowbottom: Ervin Zádor: Blood in the water. In: The Independent. 2. Dezember 2006, archiviert vom Original am 9. Dezember 2007; abgerufen am 6. Dezember 2020 (englisch).