Brattiarius

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Aurifex brattiarius; Relief in den Vatikanischen Museen, Galleria delle Statue (Inventarnummer 753)

Der Brattiarius (auch bractearius, bracteator, blattarius) war in der römischen Antike ein Metallschläger, der mit der Herstellung sehr dünner Metallblättchen betraut war. Insbesondere handelte es sich um Goldschläger, die Gold zu Blattgold trieben. Deren vollständigere Berufsbezeichnung lautete aurifex brattiarius, denn das Ergebnis der Arbeit, die bratteae, laminae oder lamellae, konnte auch aus anderen Metallen, etwa Silber,[1] gefertigt sein.

Die brattiarii waren in der Lage, aus einer Uncia Gold von 27,29 Gramm mehr als 750 Blätter von 73,9 Millimeter im Quadrat zu schlagen. Man unterschied verschiedene Arten von Blattgold nach ihrer Stärke. Die stärksten bratteae wurden nach der Statue der Juno in Praeneste, für deren Vergoldung sie genutzt wurden, als praenestinae bezeichnet. Die nächstdünneren Blätter hießen quaestoriae,[2] ohne dass eine Herleitung des Namens möglich ist. Die dünnsten Goldblattqualitäten wurden mit Begriffen wie „Spinnweben“[3] und „Nebel“[4] umschrieben.

Die bekannten brattiarii waren durchweg Freigelassene und auch Frauen sind unter ihnen nachweisbar. Sie arbeiteten wahrscheinlich in Familienbetrieben, da die weiblichen Goldschläger in Grabinschriften gemeinsam mit männlichen erwähnt werden, ihr Beruf gleichwohl hervorgehoben wurde. Für Familienbetriebe spricht auch eine Votivinschrift, in der wohl zwei Brüder gemeinschaftlich unter Nennung ihres Berufs als Weihende auftreten. Alle inschriftlichen Nennungen stammen aus Rom und werden in das 1. Jahrhundert datiert. Die letzte literarische Erwähnung des Berufsstandes stammt aus dem 4. Jahrhundert: Iulius Firmicus Maternus nennt sie in seiner Mathesis unter weiteren Handwerkern.[5] Im 6. Jahrhundert kennt der Codex Iustinianus die brattiarii als letztgenannte der Berufsgruppen, die unter Konstantin von munera befreit wurden.[6]

Inschriftlich ist ein collegium brattiariorum inauratorum überliefert.[7] Die brattiarii inauratores fertigten vor allem Goldblättchen für das Vergolden von Statuen und Werken der Toreutik.[8] Darüber hinaus wurden auch Decken[9] und Wände[10] sowie Möbel[11] auf diese Weise vergoldet. Auch goldene Kränze konnten lediglich blattvergoldet sein,[12] zudem wurden Goldplättchen in großer Zahl als Dekorelement antiker Gewänder gefunden.[13]

Ein Relief in den Vatikanischen Museen[14] bringt einen aurifex brattiarius zur Anschauung.[15]

Bekannte brattiarii
Name Art Datierung
Gaius Fulcinius Hermeros Grabinschrift[16] 1. Jahrhundert[17]
Fulvia Melema Grabinschrift[16] 1. Jahrhundert[18]
Aulus Furius Grabinschrift[19] 1. Jahrhundert (?)
Quintus Hordionius Pannychus Votivinschrift[7] 1. Hälfte 1. Jahrhundert[20]
Quintus Hordionius Primigenius Votivinschrift[7] 1. Hälfte 1. Jahrhundert[20]
Septicia Rufa Grabinschrift[21] 1. Jahrhundert[22]
Aulus Septicius Apollonius Grabinschrift[21] 1. Jahrhundert
  1. Plinius, Naturalis historia 37,105.
  2. Plinius, Naturalis historia 33,61.
  3. Lukrez, De rerum natura 4,727: ut aranea bratteaque auri („wie Spinnweben oder Goldblättchen“).
  4. Martial 8,33.
  5. Firmicus Maternus, Mathesis 8,16. 26.
  6. Codex Iustinianus 10,61,1.
  7. a b c CIL 06, 00095.
  8. Zu vergoldeten Statuen vergleiche Plinius, Naturalis historia 34,63; Juvenal, Saturae 13,152; Clemens von Alexandria, Protreptikos 4,52,3 (deutsch).
  9. Sidonius Apollinaris, Epistulae 2,10.
  10. Plinius, Naturalis historia 33,54; 36,114; Seneca, Epistulae morales 115,9.
  11. Martial 8,33,6; Sidonius Apollinaris, Epistulae 8,8.
  12. Vergil, Aeneis 6,209.
  13. Joachim Marquardt: Das Privatleben der Römer. 2. Auflage, besorgt von August Mau. Hirzel, Leipzig 1886, S. 543 f. (Digitalisat); siehe auch Jordi Pérez González: How Roman Sumptuary Specialists Called Themselves: A Corpus-Based Study. In: Latomus. Band 78, Nr. 4, 2019, S. 996–1037, hier S. 1000.
  14. Vatikanische Museen, Galleria delle statue, Inventarnummer 753; CIL 06, 09210.
  15. Zum Relief siehe Otto Jahn: Darstellungen antiker Reliefs, welche sich auf Handwerk und Handelsverkehr beziehen. Berichte über die Verhandlungen der Königlich-Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig. Philologisch-Historische Klasse. Teubner, Leipzig 1861, S. 291–374, hier S. 307–309 mit Taf. 7,2 (Digitalisat); Erich Pernice: Aurifex brattiarius. In: Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts. Band 26, 1911, S. 288 f. (Digitalisat); Gerhard Zimmer: Römische Berufsdarstellungen (= Archäologische Forschungen. Band 12). Mann, Berlin 1982, S. 188 f. Nr. 124; Edilberto Formigli: Tecniche dell’oreficeria Etrusca e Romana. Originali e falsificazioni. Sansoni, Florenz 1985, S. 104 f. Abb. 52; Hélène Guiraud: Les orfèvres en Gaule à l'époque romaine. In: Christiane Eluère (Hrsg.): Outils et ateliers d’orfèvres des temps anciens. Colloque international, Saint-Germain-en-Laye, 17–19 janvier 1991. Société des amis du Musée des antiquités nationales et du château de Saint-Germain-en-Laye, Saint-Germain-en-Laye 1993, S. 77–84, hier S. 78. 81, Anm. 5.
  16. a b CIL 06, 09211.
  17. Heikki Solin: Die griechischen Personennamen in Rom. Ein Namenbuch. Zweite, völlig neu bearbeitete Auflage. Band 1. De Gruyter, Berlin / New York 2003, S. 55: Tiberius - Nero.
  18. Heikki Solin: Die griechischen Personennamen in Rom. Ein Namenbuch. Zweite, völlig neu bearbeitete Auflage. Band 1. De Gruyter, Berlin / New York 2003, S. 1335: Tiberius - Nero.
  19. CIL 06, 33836.
  20. a b Eintrag im Electronic Archive of Greek and Latin Epigraphy der Association Internationale d’Epigraphie Grecque et Latine
  21. a b CIL 06, 06939.
  22. Heikki Solin: Die griechischen Personennamen in Rom. Ein Namenbuch. Zweite, völlig neu bearbeitete Auflage. Band 1. De Gruyter, Berlin / New York 2003, S. 295: Tiberius - Nero.