Bratwurstglöcklein

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Bratwurstglöcklein, 1891

Das Bratwurstglöcklein war ein kleines Bratwurstlokal in der Glöckleinsgasse Nr. 1 in Nürnberg, das bis zu seiner Zerstörung im Zweiten Weltkrieg als touristische Attraktion und Postkartenmotiv galt.[1] Es war direkt an die kleine Moritzkapelle am Sebalder Platz angebaut – beide fielen den Bombardements der Alliierten zum Opfer.[2]

Der wahrscheinliche Ursprung des Lokals könnte eine Garküche gewesen sein.[3] Als die Kapelle des Sebalder Friedhofes 1313 als einschiffiger Saalbau aus Backstein erbaut wurde, könnte das Bratwurstglöcklein vielleicht damals schon entstanden sein, da nach Ernst Mummenhoff 1344 von den „Köchen am Kirchhof “ berichtet wird, dann 1519 wird die Wirtschaft als Garküche erwähnt.[4][5] Das Bratwurstglöcklein war ohne eigene Hochmauer an die Nordseite der Kapelle gebaut,[3] der Volutengiebel wurde dann 1655 bei einem Umbau zugefügt.[4] 1699 kauften Georg Rochus Weber und seine Ehefrau das Lokal, damals noch „Zum blauen Glöcklein“ genannt, das nachmals überregional als Bratwurstglöcklein bekannt werden sollte.[2] Weber verteidigte das Glöcklein nachdrücklich gegen die Beeinträchtigung durch das benachbarte Weinhaus „Zum goldenen Posthorn“ und 1729 veräußerte er es im höheren Alter mit Gewinn.[2] Die Bratwurstküche wechselte im 19. Jahrhundert mehrmals den Besitzer.[6]

Auf der amerikanischen Weltausstellung World’s Columbian Exposition im Jahr 1893 war eine Nachbildung des Nürnberger Bratwurstglöcklein im German Village ausgestellt,[7] wohin die damalige Besitzer-Familie Bauer im April 1893 anreiste, um „den Gaumen“ der Gäste zu erfreuen.[8]

Ein Wiederaufbau nach dem Krieg war nicht vorgesehen, jedoch versuchte die Lederer-Brauerei 1960 den Traditionsnamen auf das neu eröffnete „Bratwursthäusle“ an der Sebalduskirche zu übertragen – dem wurde vor Gericht nicht stattgegeben.[6] Eine in den Boden eingelassene Gedenkplatte auf dem Sebalder Platz mit den Umrissen des verschwundenen Gebäudes erinnert noch das „Original-Bratwurstglöcklein“. Darauf ist zu lesen:[6]

„Hier stand die Moritzkapelle mit dem Bratwurstglöcklein von 1313 bis zur Zerstörung im Krieg 1944. Ihr Wiederaufbau bleibt zukünftigen Generationen vorbehalten.“

nuernberginfos.de, nordbayern.de[6][9]

Im Handwerkerhof Nürnberg wird heute ein Bratwurstglöcklein als Touristenattraktion betrieben.

Commons: Bratwurstglöcklein – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Martin Schieber: Geschichte Nürnbergs. C.H.Beck, 2007, ISBN 978-3-406-56465-9 (E-Book).
  2. a b c Werner Wilhelm Schnabel: Nichtakademisches Dichten im 17. Jahrhundert: Wilhelm Weber, „Teutscher Poet vnd Spruchsprecher“ in Nürnberg. Walter de Gruyter, 2017, ISBN 978-3-11-049282-8, S. 45.
  3. a b Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg (Hrsg.): Nürnbergs Bürgerhäuser und ihre Ausstattung: Das Milchmarktviertel. Band 1. Gerlach & Wiedling, 1933, S. 311–313.
  4. a b Friedrich Kriegbaum: Nürnberg: Aufgenommen von der staatlichen Bildstelle. Deutscher Kunstverlag, Berlin 1937, S. 42.
  5. Paul Johannes Rée: Nürnberg. E.A. Seemann, 1926, S. 32–34.
  6. a b c d Bratwurstglöcklein – Nürnberg. In: nuernberginfos.de. Stadtmedien Nürnberg, abgerufen am 4. Oktober 2024.
  7. Rossiter Johnson: A History of the World’s Columbian Exposition Held in Chicago in 1893: By Authority of the Board of Directors. D. Applelton and Company, 1897, S. 79 (englisch).
  8. Bayerische Gastwirts-Zeitung: süddeutsche Gaststätten-Rundschau; Organ für das Wirtsgewerbe und Gasthofwesen. Schnidtmann, 1893.
  9. Sabine Göb: Gotteshaus, Lagerschuppen, Trümmerhaufen. In: nordbayern.de. Verlag Nürnberger Presse Druckhaus Nürnberg GmbH & Co. KG, 6. Oktober 2014, abgerufen am 5. Oktober 2024.

Koordinaten: 49° 27′ 20,6″ N, 11° 4′ 34,2″ O