Breakthrough Starshot
Breakthrough Starshot (deutsch ‚Durchbruch Sternenschuss‘) ist ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt der Breakthrough Initiatives mit dem Ziel, die Machbarkeit einer unbemannten interstellaren Raumfahrtmission nachzuweisen. Finanziert wird es zunächst mit 100 Millionen Dollar des russischstämmigen, amerikanischen Internetmilliardärs Juri Milner.[1][2]
Ziel des Projektes ist der Beweis, dass es möglich ist, Kleinstraumflugkörper mit Sonnensegeln mittels sehr starkem Laserlicht auf ein Fünftel der Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen und so zunächst Alpha Centauri (das zur Sonne nächstgelegene Sternsystem) zu erreichen, dort Daten zu ermitteln und zur Erde zurückzusenden. Die Initiatoren hoffen, im Falle der erwartbaren Realisierbarkeit des Projektes, dass es auch tatsächlich als internationales Forschungsprojekt umgesetzt wird, und zwar zu einem Aufwand ähnlich dem für die bisher größten internationalen Forschungsprojekte (z. B. dem CERN). Sie schätzen die Entwicklungszeit auf 20 Jahre, die Reisezeit auf 20 Jahre plus die nötige Laufzeit für die Funksignale zur Erde zurück.[3]
Das Projekt wurde am 12. April 2016 von Finanzier Juri Milner und dem britischen theoretischen Physiker und Astrophysiker Stephen Hawking angekündigt. An der Präsentation im One World Observatory des One World Trade Center in New York nahmen auch Ann Druyan, Freeman Dyson, Mae Jemison, Avi Loeb und Pete Worden teil.[2]
Beteiligte Personen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Board (Leitungsgremium) des Projektes sind Juri Milner und Facebook-Vorstandsvorsitzender Mark Zuckerberg. Auch Stephen Hawking gehörte diesem Gremium an.
Executive Director von Breakthrough Starshot und damit verantwortlicher Leiter für die praktische Umsetzung des Projektes ist Pete Worden, der frühere Leiter des NASA AMES Research Center.[4]
Vorsitzender des Breakthrough Starshot Advisory Committee (Beratungskomitee des Projektes) ist der Astrophysiker und Kosmologe Avi Loeb, Professor für theoretische Physik an der Harvard University.
Mitglieder dieses Beratungsgremiums sind unter anderem der Astrophysiker Bruce T. Draine (Princeton University), der französische Astronom Olivier Guyon, der Astrophysiker und Nobelpreisträger Saul Perlmutter (Lawrence Berkeley National Laboratory und University of California, Berkeley), die ehemalige Astronautin und Leiterin des 100-Year-Starship-Projekts Mae Jemison, der Science-Fiction-Autor und Wissenschaftler Geoffrey A. Landis sowie der Plasmaphysiker und frühere Direktor des Instituts für Weltraumforschung der Akademie der Wissenschaften der UdSSR Roald Sagdejew.[4]
Das Konzept[5] wurde von Philip Lubin entworfen.
Technische Voraussetzungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Dass Laserstrahlen ein Raumschiff mittels Lichtsegeln beschleunigen können, hatte Robert Forward bereits in den 1970er-Jahren gezeigt. Um aber die für das Projekt erforderliche Geschwindigkeit von 60.000 km/s zu erreichen, dürfen die Kamera und der Funksender sowie die Energieversorgung für beide Geräte und schließlich das Lichtsegel nur ein oder wenige Gramm wiegen und müssen zudem die Beschleunigung von mehreren 10.000 g verkraften. Die zweite Voraussetzung ist, eine Vielzahl von Lasern zu einem 100-Gigawatt-Strahl zu vereinen und während der Beschleunigungsphase auf die kleine Fläche (4 × 4 Meter) des 20 Millionen Kilometer entfernten Lichtsegels zu fokussieren.[6]
Einzelne Aspekte und erforderliche Komponenten sind schon vor Projektbeginn in anderen Zusammenhängen untersucht worden, so:
- Photonenantrieb, speziell mit Laser[7][8][9][10]
- Mikrokameras[11][12]
- Miniaturrechner und Steuersoftware[7][8][9][10]
- Miniaturbatterien[13][14][15]
- Schutzmantel für Nanosatelliten, beispielsweise aus Berylliumkupfer[7][8][9][10]
- Lichtsegel und hohe eingestrahlte Energie,[16][17][18] neuere Arbeiten befassen sich mit der Ausformung der Segel[19]
Details des Konzeptes
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der Entwicklungszeit soll eine Art Miniaturraumschiff von der Größe eines elektronischen Mikrochips (englisch “starchip”) entwickelt werden.[20] Dieses soll nur aus einem beschichteten Wafer mit der Elektronik, also Steuercomputer, Energiequelle, Kamera, Empfänger, Sender und einem Sonnensegel zur Fortbewegung bestehen. Das Lichtsegel soll einige Meter groß, aber nur wenige Schichten von Atomen dick sein. Angetrieben werden soll es mit einem starken Laserstrahl, der das Sonnensegel 10 Minuten lang über eine Strecke von etwa 20 Millionen Kilometer bestrahlt. Damit das Segel möglichst wenig von dem Licht absorbiert und durch Reflexion eine möglichst hohe Beschleunigung in der Richtung des Strahls erfährt, muss es hochreflektiv sein.[21][22]
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Website des Projekts
- Internet Investor and Science Philanthropist Yuri Milner & Physicist Stephen Hawking Announce Breakthrough Starshot Project to Develop 100 Million Mile per Hour Mission to the Stars within a Generation. Breakthrough Initiatives, 12. April 2016, abgerufen am 18. April 2016.
- Dennis Overbye: Reaching for the Stars, Across 4.37 Light-Years. New York Times, 12. April 2016, abgerufen am 14. April 2016.
- Holger Dambeck: Revolutionärer Antrieb: Wie Stephen Hawking ein Mini-Raumschiff mit Lasern zu den Sternen schießen will. Spiegel Online, 13. April 2016, abgerufen am 14. April 2016.
- Setzt die Segel, wir entern die Sterne. Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, 14. April 2016, abgerufen am 14. April 2016.
- Wie machbar ist ein Flug zu Alpha Centauri? – Astrophysiker prüfen und optimieren das visionäre Breakthrough Starshot-Projekt. scinexx, 2. Februar 2017, abgerufen am 2. Februar 2017.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Starshot. Breakthrough Initiatives, abgerufen am 13. April 2016.
- ↑ a b livestream.com: Breakthrough Starshot ( vom 14. April 2016 im Internet Archive), Aufzeichnung des Livestreams von der Vorstellung am 12. April 2016, dem 55. Jahrestag von Juri Gagarins erstem Flug ins All
- ↑ Alexander Stirn: “Breakthrough Starshot”: Flotte von Mini-Raumschiffen soll zu Alpha Centauri fliegen. In: Wissen › Raumfahrt. Süddeutsche Zeitung, 13. April 2016. Auf Sueddeutsche.de, abgerufen am 22. Juni 2022.
- ↑ a b Leaders – Management and Advisory Committee. Breakthrough Initiatives, abgerufen am 18. April 2016.
- ↑ DEEP-IN: Directed Energy Interstellar Precursors. In: deepspace.ucsb.edu. UCSB Experimental Cosmology Group, University of California, archiviert vom am 12. April 2016; abgerufen am 22. November 2021 (englisch).
- ↑ Starchip enterprise. The Economist, 16. April 2016, abgerufen am 18. April 2016.
- ↑ a b c J. A. Atchison, M. A. Peck: A passive, sun-pointing, millimeter-scale solar sail, Acta Astronautica, Vol. 67, S. 108–121 (2010)
- ↑ a b c Z. Manchester, M. A. Peck, A. Filo.: KickSat: A Crowd-Funded Mission to Demonstrate the World's Smallest Spacecraft. In: Proceedings of the AIAA/USU Conference on Small Satellites (2013). Archiviert vom am 26. April 2016; abgerufen am 30. August 2018.
- ↑ a b c D. J. Barnhart, T. Vladimirova, M. N. Sweeting: Very-small-satellite design for distributed space missions, Journal of Spacecraft and Rockets, Vol. 44, S. 1294–1306 (2007), doi:10.2514/1.28678
- ↑ a b c D. J. Barnhart, T. Vladimirova, M. N. Sweeting: A low-cost femtosatellite to enable distributed space missions, Acta Astronautica, Vol. 64, S. 1123–1143 (2009), doi:10.2514/6.IAC-06-B5.6.06
- ↑ P. R. Gill, C. Lee, D. G. Lee, A. Wang, A. Wolnar: A microscale camera using direct fourier-domain scene capture, Opt. Lett., vol. 36, no. 15, S. 2949–2951 (2011), doi:10.1364/OL.36.002949
- ↑ P. R. Gill, C. Lee, S. Sivaramakrishnana, A. Molnar: Robustness of Planar Fourier Capture Arrays to Colour Changes and Lost Pixels, Journal of Instrumentation, Vol. 7, no. 1 (2012), doi:10.1088/1748-0221/7/01/C01061, arxiv:1111.4524
- ↑ C. J. Etting et al.: Demonstration of a radiation resistant, high efficiency SiC betavoltaic, Applied Physics Letters, Vol. 88 no. 6 (2006), doi:10.1063/1.2172411
- ↑ M. V. S. Chandrashekhar, C. I. Thomas, H. Li, M. G. Spencer, A. Lal: Demonstration of a 4H SiC betavoltaic cell, Applied Physics Letters, Vol. 88, no. 3, S. 1351–1354 (2006), doi:10.1063/1.2166699
- ↑ P. Huang et al.: On-chip and freestanding elastic carbon films for micro-supercapacitors, Science, Vol. 351, no. 6274, S. 691–695 (2016), doi:10.1126/science.aad3345
- ↑ Colin R. McInnes: Solar Sailing: Technology, Dynamics, and Mission Applications. 2004, ISBN 978-3540210627
- ↑ C.-W. Hsu et al.: Observation of Trapped Light Within The Radiation Continuum, ( vom 14. Februar 2015 im Internet Archive; PDF; 638 KB) Nature, Vol. 499, S. 188–191 (2013), doi:10.1038/nature12289
- ↑ B. Slovick, Z. Gang Yu, M. Berding, S. Krishnamurthy: Perfect Dielectric-Metamaterial Reflector, Physical Review B, Vol. 88, S. 165116-1 – 165116-7 (2013), doi:10.1103/PhysRevB.88.165116
- ↑ Jan Osterkamp: Runde Lasersegel für fantastische Alpha-Centauri-Mission. spektrum.de, 11. Oktober 2016, abgerufen am 12. Oktober 2016.
- ↑ Martin Holland: "Starshot": Nano-Raumschiffe sollen in 20 Jahren zu Alpha Centauri rasen. In: heise online. 12. April 2016, abgerufen am 12. April 2016.
- ↑ Starshot Initiative Aimed At Interstellar ‘Nanocraft’ aviationweek.com, abgerufen am 15. April 2016
- ↑ Jesse Emspak: No Breakthrough Yet: Stephen Hawking's Interstellar 'Starshot' Faces Challenges. space.com, 15. April 2016, abgerufen am 18. April 2016: „You're pumping a lot of energy into this object. You'd better hope 99.9 percent of it gets reflected. That's because, when an object absorbs energy from light, the object re-emits that light at a longer wavelength (which is why things warm up in the sun). If too much energy is absorbed by a Starshot sail, it could very well melt…“ („Sie pumpen sehr viel Energie in dieses Objekt [d. h. das Segel der Starshot-Sonde]. Hoffen Sie mal besser, dass 99,9 % [des Laserstrahls] reflektiert würden. Denn wenn ein Objekt Lichtenergie absorbiert, strahlt es diese mit längerer Wellenlänge wieder ab (weshalb sich Dinge im Sonnenlicht erwärmen). Wenn ein Starshot-Segel zu viel Energie absorbiert, wird es sehr wahrscheinlich schmelzen…“). Jonathan McDowell, Wissenschaftler am Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge, Massachusetts.