Briefsammlung Walkenmatt

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Untere Walkenmatte: Ansicht der talseitigen Giebelfassade
Obere Walkenmatte
Karte
Walkenmatt im Diemtigtal, Kanton Bern (siehe Karte von Swisstopo)

Die Briefsammlung Walkenmatt ist eine Sammlung von über 300 Briefen aus dem Zeitraum von 1890 bis 1946 im Diemtigtal im Schweizer Kanton Bern. Die transkribierten Briefe dokumentieren die weitverzweigte Korrespondenz der Familie von Susanna Hiltbrand-Dubach (1842–1918) über drei Generationen hinweg. Ihr Dreh- und Angelpunkt ist die Walkenmatt, das «Heimet» der Familie am steilen Weg vom Horboden auf den Springenboden, am östlichen Hang des Diemtigtals.

Die drei Redaktoren Susanna Reinhart-Probst, Rudolf Probst und Edwin Pfaffen lektorierten zahlreiche Briefe der Familie Hiltbrand-Dubach aus gut 50 Jahren und ordneten sie zu einer leserfreundlichen Publikation.[1] Die Sammlung umfasst über 300 Briefe. Sie sind transkribiert, auch aus dem Russischen.[2] Kommentare erleichtern dem Leser das Verständnis. Ein Glossar erklärt Fachausdrücke und dialektale Wendungen jener Zeit in Kurzform.[3] Zahlreiche Fotos und Zeichnungen veranschaulichen die in den Briefen geschilderten Personen oder Örtlichkeiten. Darunter finden sich auch einige Faksimile-Seiten als Schriftproben aus dem historischen Briefbestand. Die originalen Briefe werden im Museum für Kommunikation in Bern verwahrt und sind für wissenschaftliche Zwecke einsehbar.

Das Schreiben von Briefen war im 19. und bis ins dritte Viertel des 20. Jahrhunderts für die meisten Menschen eine der wenigen Möglichkeiten, sich über grosse Distanzen auszutauschen. Telefonieren und faxen waren bis zur Verbreitung des Internets teuer und nur ausnahmsweise für besonders wichtige oder dringliche Mitteilungen üblich. In Briefen berichtete man von Neuigkeiten vergangener Monate und Wochen oder kommentierte diese. Dann verschickte man den Brief mit ordentlicher Post und der Empfänger las ihn neugierig. Er reichte die Briefe oft an Nahestehende weiter und schickte in Briefform eine Antwort an den Absender zurück. Die Briefe wurden meist als wertvolle mehr oder weniger persönliche Dokumente behandelt und meist längere Zeit aufbewahrt.

Die Briefe sind Zeugen einer Schreibkultur und indirekt Kulturgut aus der Welt einer Familie und deren näheren Umgebung.

Die Briefe dieser Sammlung waren über Jahre von Frida Kurt-Hiltbrand, einer Tochter von Susanne Hiltbrand-Dubach, gehütet worden. Nach ihrem Tod gelangten sie in den Besitz ihrer Tochter Betli Probst-Kurt. Schliesslich bekam sie Susanna Reinhart, die Enkelin von Frida Kurt-Hiltbrand. Susanne Reinhart und ihr Ehemann Urs Reinhart regten die Veröffentlichung an und förderten diese.[4]

Obgleich viele private Angelegenheiten kommuniziert werden, gewähren die Briefe ungewohnte und vielfältige Einblicke in eine untergegangene Welt, die bis heute mangels Quellen kaum dokumentiert ist. In diesem Sinn hat diese Briefsammlung Seltenheitswert. In den Briefen spiegeln sich die grossen Themen des Menschseins aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts aus dem Blickwinkel einfacher Leute: Leben und Sterben, Jugend und Alter, Arbeit und kleine Freuden in Mussestunden, Lehr- und Wanderjahre, Heimat und Fremde, Klatsch und Tratsch sowie Liebe und Abschiednehmen. Aus historischer Ferne kommt hier das wieder ans Licht, was früher allgemein als alltäglich und deswegen uninteressant und nicht nennenswert abgetan wurde. Auffallend ist nicht nur, was berichtet wird, sondern auch wie dies geschieht. Es ist der Tonfall der gesprochenen Sprache und ein dialektal gefärbter Erzählduktus: «Tue den Brief verbrennen» schrieb eine Frau an ihre Schwägerin in Sütterlinschrift auf einem der erhaltenen Briefe.[5]

Die damalige Briefsprache lehnte sich an die gesprochene Sprache der Jahrhundertwende an. Die Normierung der Schriftsprache nach Konrad Duden hatte sich noch kaum durchgesetzt. Die Herausgeber der veröffentlichten Publikation legten Wert darauf, die Dokumente möglichst originalgetreu wiederzugeben. Es ging also nicht darum, bei der Transkribierung orthografische oder syntaktische Fehler zu berichtigen.[6]

Das Personenverzeichnis im Anhang soll den Lesenden das Verständnis erleichtern.[7] Auf diese Weise sind die Personen auch für Aussenstehende trotz familiärer Zu- und Kurznamen einwandfrei identifizierbar. Mehrere Stammbäume veranschaulichen auch die verwandtschaftlichen Beziehungen in dieser ausgedehnten Familie.[8] Russische Namen sind einheitlich verdeutscht und in einer Transliterationstabelle übersichtlich dargestellt.[9]

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
David Hiltbrand, sen
1794–1870
 
Susanna Wenger
1797–1874
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Magdalena Wenger
-1871
 
David Hiltbrad
1828-
 
Marianna Berger
2. Gattin
 
 
 
 
 
Jakob Hiltbrand, sen.
1830–1904
 
Magdalena Dubach
1833–1901
 
 
 
 
 
Johannes Hiltbrand
1834–1892
 
Susanna Dubach
1842–1918
 
 
 
 
 
Rudolf Hiltbrand
1837–1914
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Wilhelm Küng
1863–1897
 
Lisette Hiltbrand
(1865–1937)
 
David Wenger
1870–1931
 
Jakob Hiltbrand
1867–1943)
 
Magdalena Mani
1872–1960
 
Luise Hiltbrand
1869–1950
 
August Dubach
1868–1947
 
Lina Hiltbrand
1871–1952
 
David Kunz
1872–1955
 
Karl Hiltbrand
1873–1879
 
Robert Hiltbrand
1875–1915
 
Klara Wiedmer
1871–1940
 
Rosa Hiltbrand
1878–1954)
 
Rudolf Küng
1877–1955
 
Karl Hiltbrand
1880–1957
 
Emma Krenger
1877–1951
 
Frieda Hiltbrand
1882–1961
 
Johann Kurt
1872–1942
 
Ida Baumberger
1878–1901)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Luisa Küng
1896–1897
 
Frieda Wenger
1904–1994
 
Hans Wenger
1906–1994
 
Karl August Dubach
1891-
 
Emma Dubach
1892–1971
 
Jakob Wampfler
1892–1959
 
Hans Dubach
1894–1960
 
Elise Knutti
181869-1980
 
Frieda Dubach
1895–1976
 
Arnold Imhof, 1898–1935
 
Ernst Dubach, 1896–1901
 
Rosa Dubach, 1901–1986
 
Greti Dubach, 1904–1985
 
Hans Eicher, 1898–1973
 
 
 
 
 
 
 
  • Walkenmatt. Briefe aus dem Diemtigtal, aus Russland und Amerika 1890–1946. Mit einer Einleitung von Kurt Stadelmann, einem Aufsatz zur Briefkultur von Rudolf Probst und einem Aufsatz zu inhaltlichen Aspekten des Briefwechsels von Edwin Pfaffen (= Museum für Kommunikation, Kurt Stadelmann [Hrsg.]: Schriftenreihe des Museums für Kommunikation, Bern). Chronos, Zürich 2001, ISBN 3-0340-0532-6.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Walkenmatt. Briefe aus dem Dientigtal, aus Russland und Amerika 1890–1946 (= Museum für Kommunikation, Kurt Stadelmann [Hrsg.]: Schriftenreihe des Museums für Kommunikation, Bern). Chronos, Zürich 2001, ISBN 3-0340-0532-6.
  2. Bettina von Greyerz: [Buchbesprechung zu] Walkenmatt. Briefe aus dem Diemtigtal, aus Russland und Amerika 1890–1946. In: Berner Zeitschrift für Geschichte und Heimatkunde. Band 64, 2002, S. 211–212 (e-periodica.ch [PDF; abgerufen am 14. August 2022]).
  3. Walkenmatt. Briefe. S. 453–460.
  4. Walkenmatt. Briefe. 2001, S. 7.
  5. Walkenmatt. Briefe. 2001, S. 8.
  6. Walkenmatt. Briefe. 2001, S. 9.
  7. Walkenmatt. Briefe. 2001, S. 441–449.
  8. Walkenmatt. Briefe. 2001, S. 450–452.
  9. Walkenmatt. Briefe. 2001, S. 461–463.