Druckpresse
Eine Druckpresse, auch Druckerpresse genannt,[1] ist eine mechanische Presse, mit der Texte und Bilder oder andere grafische Elemente von einer eingefärbten Druckform auf Papier oder einen anderen Bedruckstoff übertragen werden, wodurch ein Abdruck entsteht. Buchdruckpresse und Buchdruckerpresse sind genauere Bezeichnungen mit Bezug zum Buchdruck.[1]
Die Druckpresse und die beweglichen Lettern aus Metall sind die Bestandteile des Buchdrucks in der Form, wie er um 1440 von Johannes Gutenberg in Mainz entwickelt wurde. Gutenberg modifizierte existierende Techniken wie die Spindelpresse und führte sie mit eigenen Erfindungen – dem Handgießinstrument für den Guss der Lettern und einer verbesserten Druckfarbe – zu einem neuen Druckverfahren zusammen (siehe Gutenbergs Druckverfahren). Seit Gutenberg geht dem Drucken das Setzen voraus.
Zahlreiche Detailverbesserungen an Druckpressen wurden erfunden und eingesetzt. Im 19. Jahrhundert vollzog sich mit der Einführung von dampfgetriebenen und später elektrisch angetriebenen Druckmaschinen sowie der Erfindung der Zylinderpresse und der Rotationsmaschinen der Übergang zur industriellen Massenproduktion. Druckpressen und -maschinen verbreiteten sich auf der ganzen Welt und die westliche Buchdrucktechnik wurde zur Grundlage für den Massendruck unserer Zeit.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Spindelpressen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Spindelpresse ermöglicht es, direkten Druck auf eine ebene Fläche auszuüben. Von den Römern im 1. Jahrhundert n. Chr. eingeführt, konnte sie schon zu Gutenbergs Zeiten auf eine lange Geschichte der Diversifikation zurückblicken:[2] Als Kelter war sie in der mediterranen wie mittelalterlichen Landwirtschaft zur Saftwinnung aus Weinreben und Ölextraktion aus Olivenkernen und anderen Ölsamen gebräuchlich.[3] Sehr früh wurden Spindelpressen auch im städtischen Textilgewerbe als Tuchpressen eingesetzt.[4] Gutenberg könnte auch durch die Papierpressen inspiriert worden sein, die seit dem späten 14. Jahrhundert in den deutschen Landen Verbreitung fanden und nach demselben mechanischen Prinzip funktionierten.[5]
Gutenbergs Presse
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Indem Gutenberg die Grundbauweise für seine Druckpresse übernahm, konnte er den Druckvorgang mechanisieren, eine entscheidende Voraussetzung für die Massenproduktion von Druckwerken.[6] Allerdings stellte das Drucken andere Anforderungen an die Maschine als das Auspressen. Gutenberg passte die Konstruktion so an, dass der Tiegel auf das Papier einen Pressdruck ausübte, der gleichmäßig und federnd zugleich war (siehe auch Gegendruck. Um den gesamten Prozess zu beschleunigen, führte er einen flachen und beweglichen Untertisch ein, auf dem die Bogen schnell gewechselt werden konnten.[7]
Die rasche Ausbreitung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern scheint eine Rolle beim endgültigen Durchbruch des Papiers als Schriftträger gespielt zu haben.[8] Zu Gutenbergs Zeit galt Pergament noch als der beste Beschreibstoff.[9] Gutenberg druckte von seiner 42-zeiligen Gutenberg-Bibel etwa 150 Exemplare auf Papier und etwa 30 auf Pergament.[10]
Eiserne Druckpressen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der britische Politiker und Erfinder Charles Stanhope baute um 1800 eine erste eiserne Druckpresse, die Stanhope-Presse.
1813 wurde von George Clymer eine ähnliche Presse, die Columbia-Handpresse, erfunden, die sich durch einen Hebelmechanismus leichter bedienen ließ.[11]
-
Stanhope-Presse von 1842
-
Columbia-Presse von 1820
Druckkapazitäten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine einzelne Druckpresse um das Jahr 1600 konnte an einem Arbeitstag 3600 Seiten drucken,[12] verglichen mit 40 im Handdruckverfahren (Reiberdruck).[13] Beim Abschreiben von Hand durch Kopisten entstanden nur einige Seiten pro Tag.[13]
Die Tabelle führt die maximale Druckleistung verschiedener Druckpressen in der Stunde auf.
Handbetriebene Pressen | Dampfgetriebene Maschinen | |||||
---|---|---|---|---|---|---|
Gutenberg-Presse um 1600 |
Stanhope-Presse um 1800 |
Koenig & Bauer 1812 |
Koenig & Bauer 1813 |
Koenig & Bauer 1814 |
Koenig & Bauer 1818 | |
Seiten pro Stunde | 240[14] | 480[15] | 800[16] | 1100[17] | 2000[18] | 2400[18] |
Buchdruck-Revolution
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Buchdruck-Revolution[19] geht über die schnelle Ausbreitung des Buchdrucks hinaus. Sie umfasst die stetig zunehmende Massenproduktion von Büchern, die zur schnellen Verbreitung von Informationen und Ideen führte. Die weite Verfügbarkeit des gedruckten Wortes zu erschwinglichen Preisen förderte die Bildung der Massen und legte den Grundstein für die Entstehung der modernen Wissensgesellschaft.
Ausbreitung des Buchdrucks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Erfindung des mechanischen Buchdrucks mit beweglichen Lettern führte zu einer wahren Explosion europäischer Buchdruckaktivitäten innerhalb nur weniger Jahrzehnte. Ausgehend von einer einzigen Druckerei in Mainz weitete sich die Druckkunst bis zum Ende des 15. Jahrhunderts auf nicht weniger als 271 Städte in ganz Mittel- und Westeuropa aus.[20] Bereits um 1480 hatten Drucker an 110 Orten in Deutschland, Italien, Frankreich, Spanien, den Niederlanden, Belgien, der Schweiz, England, Böhmen und Polen den Betrieb aufgenommen.[21]
In Italien, einem frühen Zentrum der „schwarzen Kunst“, wurden bis 1500 Druckereien in 77 Städten eröffnet. Bis zum Ende des folgenden Jahrhunderts waren an 151 verschiedenen Orten des Landes insgesamt beinahe dreitausend Drucker aktiv gewesen. Trotz der weiten Streuung begannen sich bald Produktionszentren herauszubilden; so wirkten ein Drittel der italienischen Drucker von Venedig aus.[22]
Massenproduktion von Büchern
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Erfindung der Buchdruckpresse führte zur ersten Massenproduktion von Büchern in der Geschichte.[24] Um 1500 hatten die über ganz Westeuropa verteilten Druckpressen bereits über 20 Millionen Druckwerke hergestellt.[21] Mit der weiteren Verbreitung der neuen Drucktechnik stieg die Gesamtproduktion im Lauf des 16. Jahrhunderts um das Zehnfache auf geschätzte 150 bis 200 Millionen Exemplare an.[21]
Allein im kurzen Zeitraum von 1518 bis 1524 kletterte die Buchproduktion in Deutschland um das Siebenfache in die Höhe. Werke von Autoritäten wie Luther oder Erasmus wurden schon zu ihren Lebzeiten hunderttausendfach verkauft. Zwischen 1518 und 1520 zirkulierten im Land 300.000 Druckexemplare von Luthers Traktaten.[25] Vom Werk des Erasmus (1469–1536) wurden zu seinen Lebzeiten mindestens 750.000 Stück verkauft.[26]
Der Druck blieb nicht auf Bücher beschränkt, jegliche Information konnte auf bedrucktem Papier verbreitet werden. Der Buchdruck bereitete der Herausgabe der ersten Zeitungen das Feld (siehe auch Liste der ältesten Zeitungen), die der Öffentlichkeit neue Informationsquellen erschlossen.[27] Die Druckpresse wurde namensgebend für den Medienzweig der Presse.
Bleibendes Erbe der Zeit sind die Inkunabeln, erhaltene Druckwerke aus dem 15. Jahrhundert, die zum gehüteten Kernbestand vieler angesehener Bibliotheken in Europa und Nordamerika gehören.
Wissensgesellschaft
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Europa der Renaissance läutete der Buchdruck mit beweglichen Lettern das Zeitalter der Massenkommunikation ein, das mit einem tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandlungsprozess einherging. Bereits 1620 schrieb der englische Staatsmann und Philosoph Francis Bacon, dass der Buchdruck überall auf der Welt den Dingen ein neues Gesicht verliehen habe.[28] Der relativ ungehinderte Zugang zu Informationen und (revolutionären) Ideen überwand Staatsgrenzen, erfasste die Massen in der Reformation und bedrohte die althergebrachte Machtstellung der politischen und religiösen Eliten. Der steile Anstieg der Alphabetisierungsrate brach das Monopol der lesekundigen Oberschicht auf geistige Bildung und Erziehung und stärkte das Mitspracherecht der aufstrebenden Mittelschicht.[29]
Die herausragende Bedeutung der Erfindung des Buchdrucks wird international anerkannt.[30] Der Buchdruck revolutionierte den Kommunikations- und Informationsbereich und leitete durch die Multiplikation von Wissen und Ideen maßgeblich die Epoche der Frühmoderne ein.[31] Marshall McLuhan prägte für diese tiefgreifenden Umbrüche den Ausdruck „Gutenberg-Galaxis“.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Drucktechnik
- Hans Bolza: Friedrich Koenig und die Erfindung der Druckmaschine. In: Technikgeschichte. Bd. 34, Nr. 1, 1967, S. 79–89.
- Gedeon Borsa: Druckorte in Italien vor 1601. In: Gutenberg-Jahrbuch 1976, S. 311–314; Gutenberg-Jahrbuch 1977, S. 166–169.
- Eltjo Buringh, Jan Luiten van Zanden: Charting the Rise of the West: Manuscripts and Printed Books in Europe, A Long-Term Perspective from the Sixth through Eighteenth Centuries. In: The Journal of Economic History, Bd. 69, Nr. 2, 2009, S. 409–445.
- Robert I. Burns: Paper Comes to the West, 800–1400. In: Uta Lindgren (Hrsg.): Europäische Technik im Mittelalter. 800 bis 1400. Tradition und Innovation. 4. Auflage. Gebr. Mann Verlag, Berlin 1996, ISBN 3-7861-1748-9, S. 413–422.
- K. Dieterichs: Die Buchdruckpresse von Johannes Gutenberg bis Friedrich König. Mainz 1930.
- Hye-bong Ch’on: Typography in Korea. In: Korean Foundation (Hrsg.): Koreana. Band 7 Nr. 2. Seoul 1993, S. 10–19.
- Charles Issawi: Europe, the Middle East and the Shift in Power: Reflections on a Theme by Marshall Hodgson. In: Comparative Studies in Society and History, Bd. 22, Nr. 4, 1980, S. 487–504.
- Björn Onken: Pressen. In: Hubert Cancik, Helmuth Schneider (Hrsg.): Der Neue Pauly, 2009.
- Colin H. Roberts, T. C. Skeat: The Birth of the Codex. Oxford University Press, London 1983, ISBN 0-19-726024-1.
- Helmuth Schneider: Technology. In: Walter Scheidel (Hrsg.): The Cambridge Economic History of the Greco-Roman World, Cambridge University Press, 2007, ISBN 978-0-521-78053-7, S. 144–171.
- Alfred Schulte: Papierpresse, Druckerpresse und Kelter. In: Gutenberg-Jahrbuch 1939, S. 52–56.
- Johannes Weber: Straßburg 1605. Die Geburt der Zeitung. In: Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte. Bd. 7, 2005, S. 3–26.
- K. D. White: Greek and Roman Technology. Thames and Hudson, London 1984.
- Hans-Jürgen Wolf: Geschichte der Druckpressen, Interprint, Frankfurt/Main 1974.
- Bedeutung für Kommunikationsgeschichte
- Elizabeth L. Eisenstein: The Printing Press as an Agent of Change. Cambridge University Press, 1980, ISBN 0-521-29955-1.
- Lucien Febvre, Henri-Jean Martin: The Coming of the Book: The Impact of Printing 1450–1800. Verso, London 1997, ISBN 1-85984-108-2.
- John Man: The Gutenberg Revolution: The Story of a Genius and an Invention that Changed the World. Headline Review, London 2002, ISBN 978-0-7472-4504-9.
- Marshall McLuhan: The Gutenberg Galaxy: The Making of Typographic Man. 1. Auflage. University of Toronto Press, 1962, ISBN 978-0-8020-6041-9.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Druckpresse im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- The printing press bei Internet Shakespeare Editions (englisch)
- Die Gutenberg-Presse Vorführung einer Druckpresse, Video der Universität Mainz (2:03 Min.)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Druckpresse im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, siehe die Synonyme unter Bedeutung 1.
- ↑ Wolf 1974, S. 21–35
- ↑ Onken 2009; White 1984, S. 31f.; Schneider 2007, S. 156–159
- ↑ Schneider 2007, S. 158
- ↑ Schulte 1939, S. 56
- ↑ Wolf 1974, S. 39f.
- ↑ Wolf 1974, S. 39–46
- ↑ Febvre, Martin 1997, S. 41–44; Burns 1996, S. 419
- ↑ Roberts, Skeat 1983, S. 7f.
- ↑ Hanebutt-Benz 2000, S. 158–189.
- ↑ Columbian press. National Museum of American History, abgerufen am 23. November 2022.
- ↑ Wolf 1974, S. 67f.
- ↑ a b Ch’on Hye-bong 1993, S. 12. Die Angabe der Autorin bezieht sich auf den Reiberdruck in Korea.
- ↑ Wolf 1974, S. 67f.
- ↑ Bolza 1967, S. 80
- ↑ Bolza 1967, S. 83
- ↑ Bolza 1967, S. 87
- ↑ a b Bolza 1967, S. 88
- ↑ Elizabeth Eisenstein: The Printing Revolution in Early Modern Europe. 2., veränd. Auflage. Cambridge University Press, 2005, ISBN 0-521-60774-4.
- ↑ a b Incunabula Short Title Catalogue der British Library (archivierte Webseite, Stand 2011).
- ↑ a b c Febvre, Lucien; Martin, Henri-Jean (1976): The Coming of the Book: The Impact of Printing 1450–1800, New Left Books, London, zitiert in: Anderson, Benedict (1993): Comunidades Imaginadas. Reflexiones sobre el origen y la difusión del nacionalismo, Fondo de cultura económica, Mexico-Stadt, ISBN 978-968-16-3867-2, S. 58f.
- ↑ Borsa 1976, S. 314; Borsa 1977, S. 166–169
- ↑ Buringh, van Zanden 2009, S. 416f., Tafeln 1&2. Im 15. Jahrhundert wurden schätzungsweise 5 Millionen Handschriften angefertigt.
- ↑ McLuhan 1962, S. 124: „The invention of typography confirmed and extended the new visual stress of applied knowledge, providing the first uniformly repeatable commodity, the first assembly-line, and the first mass production.“
- ↑ Issawi 1980, S. 492
- ↑ Issawi 1980, S. 492
- ↑ Weber 2006, S. 387f.
- ↑ Francis Bacon: Novum Organum, Liber I, CXXIX auf Wikisource
- ↑ Anderson, Benedict: Comunidades Imaginadas. Reflexiones sobre el origen y la difusión del nacionalismo, Fondo de cultura económica, Mexico 1993, ISBN 978-968-16-3867-2, S. 63–76
- ↑ Johannes Gutenberg – der Jahrtausend-Erfinder mainz.de
- ↑ McLuhan 1962; Eisenstein 1980; Febvre, Martin 1997; Man 2002