Capmatinib

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Strukturformel
Strukturformel von Capmatinib
Allgemeines
Freiname Capmatinib[1]
Andere Namen
  • 4-[7-(Chinolin-6-ylmethyl)imidazo[1,2-b][1,2,4]triazin-2-yl]-2-fluor-N-methylbenzamid
  • 2-Fluor-N-methyl-4-[7-[(chinolin-6-yl)methyl]imidazo[1,2-b][1,2,4]triazin-2-yl]benzamid
  • INC-280
  • INCB-28060
Summenformel C23H17FN6O
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 1029712-80-8
EG-Nummer (Listennummer) 813-241-9
ECHA-InfoCard 100.246.414
PubChem 25145656
ChemSpider 25069712
DrugBank DB11791
Wikidata Q27075685
Arzneistoffangaben
ATC-Code

L01EX17

Wirkstoffklasse

Antineoplastika

Wirkmechanismus

Hemmung der Met-Rezeptor-Tyrosinkinase

Eigenschaften
Molare Masse 412,42 g·mol−1
Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]

Gefahr

H- und P-Sätze H: 301​‐​360​‐​373​‐​411
P: 301+310​‐​330​‐​308+313​‐​273[2]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Capmatinib ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der Tyrosinkinase-Hemmer, der zur Behandlung einer bestimmten Form des nicht-kleinzelligen Lungenkrebses (NSCLC) verwendet wird. Unter dem Namen Tabrecta (Hersteller: Novartis) wurde er erstmals 2020 in den USA zugelassen. Die Anwendung erfolgt oral (Einnahme).

Arzneilich wird der Wirkstoff in Form seines Salzsäuresalzes Capmatinibdihydrochlorid-Monohydrat[3] verwendet (molare Masse 503,36 g·mol−1, Summenformel C23H19Cl2FN6O · H2O). Dies ist ein gelbes Pulver, das in wässrigen Lösungen bei pH-Werten von 1 und 2 leicht löslich ist. Mit zunehmenden pH bis hin zum Neutralpunkt nimmt die Löslichkeit ab. Der pKa1 beträgt 0,9 (berechnet), der pKa2 4,5 (experimentell) und der pKOW (Logarithmus des Verteilungskoeffizienten für n-Octanol/Acetatpuffer pH 4,0) beträgt 1,2.[4]

Anwendungsgebiet

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Capmatinib wurde 2020 in den USA[5][6] und Japan[7] und 2021 in der Schweiz[8] befristet zugelassen für die Erst- und Zweitlinientherapie des metastasierten nicht-kleinzelligen Lungenkrebses (NSCLC) mit einer MET-Exon-14-Skipping-Mutation. Im Jahr 2022 folgte in der EU die Zulassung für die Zweitlinientherapie.[9]

Wirkungsmechanismus

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MET-Signalweg[10]

Capmatinib hemmt mit hoher Selektivität den Mesenchymal-eptihelial Transition Factor (Met, MET-Rezeptortyrosinkinase, c-Met, HGFR), eine Rezeptor-Tyrosinkinase, deren Abbau beim Vorliegen einer MET-Exon-14-Mutation gestört ist. In der Folge werden die Met-Phosphorylierung (sowohl die Autophosphorylierung als auch die durch den Liganden Hepatozyten-Wachstumsfaktor (HGF) ausgelöste Phosphorylierung) sowie die Met-vermittelte Phosphorylierung von nachgeschalteten Signalproteinen gehemmt und dadurch die Proliferation und das Überleben von Met-abhängigen Krebszellen verhindert.[4]

Eine erhöhte Tyrosinkinase-Aktivität wird bei zahlreichen Tumoren beobachtet, weswegen seit einigen Jahren Met-Inhibitoren zunehmend in den Fokus für neue onkologische Therapieoptionen rücken, da sie spezifisch auf einzelne Krebszellen abzielen.[11] Tabrecta ist das erste zugelassene Arzneimittel, das spezifisch auf fortgeschrittene Lungenkarzinome mit spezieller Mutation abzielt.[6] Die Mutation muss mit einem entsprechend validierten Test nachgewiesen sein.[6] Etwa 3 bis 4 % der mit metastasiertem NSCLC diagnostizierten Patienten haben eine MET-Exon-14-Skipping-Mutation.[6]

Nebenwirkungen und Anwendungsbeschränkungen

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Die häufigsten unerwünschten Wirkungen, die unter der Behandlung mit Capmatinib beobachtet wurden, waren periphere Ödeme, Übelkeit, Müdigkeit, Erbrechen, Kurzatmigkeit (Dyspnoe) und verminderter Appetit.[4] Schwerwiegende Nebenwirkungen sind das Risiko für eine Lungenentzündung (Pneumonitis, interstitielle Lungenerkrankung) oder für Leberschädigungen.[8] Tierversuche deuten auf ein Risiko für eine UV-Lichtempfindlichkeit hin, so dass während der Behandlung eine Exposition gegenüber Sonnenlicht zu vermeiden ist. Ferner wirkte Capmatinib im Tierversuch embryo- und fetotoxisch.[4][8]

Klinische Prüfung

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Die Zulassung basiert auf den Ergebnissen der zentralen multizentrischen, nicht randomisierten, offenen Multi-Kohorten-Studie Geometry mono-1 Phase II.[12] In der Patientengruppe mit MET-Exon-14-Mutation (n = 97) betrug die objektive Gesamtansprechrate (ORR) 68 % bei zuvor noch nicht behandelten (n = 28) und 41 % bei zuvor bereits behandelten Patienten (n = 69). Die mittlere Ansprechdauer (DOR) lag bei 12,6 Monaten bei therapienaiven Patienten und bei 9,7 Monaten bei zuvor behandelten Patienten.[4]

Tabrecta (CH, EU, J, USA)

  • T. Reungwetwattanaa, Y.Liang, V. Zhu, S.-H. Ignatius Ou: The race to target MET exon 14 skipping alterations in non-small cell lung cancer: The Why, the How, the Who, the Unknown, and the Inevitable. In: Lung Cancer. Band 103, 2017, S. 27–37, doi:10.1016/j.lungcan.2016.11.011.

Einzelnachweise

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  1. INN Recommended List 74, World Health Organisation (WHO), 8. Dezember 2015.
  2. a b Registrierungsdossier zu 2-Fluoro-N-methyl-4-[7-[(quinolin-6-yl)methyl]imidazo[1,2-b]-[1,2,4]triazin-2-yl]benzamide (Abschnitt GHS) bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 15. Juni 2022.
  3. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu Capmatinibdihydrochlorid-Monohydrat: CAS-Nr.: 1865733-40-9, PubChem: 122201352, ChemSpider: 58791261, Wikidata: Q27895918.
  4. a b c d e Label Tabrecta, Stand Januar 2022.
  5. Novartis announces FDA approval of MET inhibitor Tabrecta™ for metastatic non-small cell lung cancer with METex14, Novartis-Pressemitteilung, 6. Mai 2020.
  6. a b c d FDA Approves First Targeted Therapy to Treat Aggressive Form of Lung Cancer, FDA, 6. Mai 2020.
  7. Novartis announces MET inhibitor Tabrecta™ approved in Japan for advanced non-small cell lung cancer with METex14, Novartis-Pressemitteilung, 20. Juni 2020.
  8. a b c Public Summary SwissPAR vom 13.08.2021 Tabrecta (Wirkstoff: Capmatinib), abgerufen am 11. Juni 2022.
  9. Eintrag EU/1/22/1650 im EU-Register für Humanarzneimittel, Europäische Kommission. Abgerufen am 23. Juni 2022.
  10. nach: C. Boccaccio, P. M. Comoglio: Invasive growth: a MET-driven genetic programme for cancer and stem cells. In: Nature Reviews Cancer. Band 6, 2006, S. 637–645, doi:10.1038/nrc1912.
  11. G.V. Scagliotti, S. Novello, J. von Pawel: The emerging role of MET/HGF inhibitors in oncology. In: Cancer Treatment Reviews. Band 39, Nr. 7, 2013, S. 793–801, doi:10.1016/j.ctrv.2013.02.001.
  12. Klinische Studie (Phase 2): Clinical Study of Oral cMET Inhibitor INC280 in Adult Patients With EGFR Wild-type Advanced Non-small Cell Lung Cancer (Geometry Mono-1) bei Clinicaltrials.gov der NIH