Carnallit

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Carnallit
Carnallit aus dem Kaliwerk Niedersachsen bei Wathlingen (Größe: 4 cm × 2,7 cm × 1,3 cm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Cna[1]

Chemische Formel KMgCl3·6H2O
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Halogenide
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

III/B.08
III/C.08-010

3.BA.10
11.01.02.01
Ähnliche Minerale Halit, Sylvin
Kristallographische Daten
Kristallsystem orthorhombisch
Kristallklasse; Symbol orthorhombisch-dipyramidal; 2/m2/m2/m[2]
Raumgruppe Pbnn (Nr. 52, Stellung 3)Vorlage:Raumgruppe/52.3[3]
Gitterparameter a = 9,55 Å; b = 16,12 Å; c = 22,47 Å[3]
Formeleinheiten Z = 12[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 1 bis 2[4]
Dichte (g/cm3) gemessen: 1,602; berechnet: 1,598[5]
Spaltbarkeit keine
Bruch; Tenazität muschelig
Farbe farblos, weiß, gelb, rot, blau
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Glanz Glasglanz bis Fettglanz
Radioaktivität kaum messbar
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,465 bis 1,466[6]
nβ = 1,474 bis 1,475[6]
nγ = 1,494 bis 1,496[6]
Doppelbrechung δ = 0,029 bis 0,030[6]
Optischer Charakter zweiachsig positiv
Achsenwinkel 2V = 70° (gemessen), 66° (berechnet)[6]
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten in Wasser leicht löslich
Besondere Merkmale starke Fluoreszenz

Carnallit ist ein Mineral aus der Mineralklasse der Halogenide. Es kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung KMgCl3·6H2O[3] und ist damit chemisch gesehen ein wasserhaltiges Kalium-Magnesium-Chlorid oder anders ausgedrückt ein wasserhaltiges, equimolares Gemisch von Kaliumchlorid und Magnesiumchlorid mit einem Molgewicht von 277,85.

Carnallit entwickelt oft pyramidale oder tafelige und seltener durch Verzwillingung pseudohexagonale Kristalle mit glas- bis fettähnlichem Glanz auf den Oberflächen, kommt aber auch in Form körniger Aggregate vor. In reiner Form ist Carnallit farblos und durchsichtig. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund von Gitterbaufehlern oder polykristalliner Ausbildung kann er aber auch durchscheinend weiß sein und durch Fremdbeimengungen eine gelbe, rote oder blaue Farbe annehmen.

Etymologie und Geschichte

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Erstmals gefunden und beschrieben wurde Carnallit 1856 im Kalirevier von Staßfurt in Sachsen-Anhalt von Heinrich Rose (1795–1864). Er benannte das Mineral nach dem preußischen Bergbau-Ingenieur Rudolf von Carnall (1804–1874).[7]

Bereits in der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Carnallit zur Mineralklasse der „Halogenide“ und dort zur Abteilung der „Doppelhalogenide“, wo er zusammen mit Koenenit und Tachyhydrit die „Carnallit-Tachyhydrit-Gruppe“ mit der System-Nr. III/B.08 bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Carnallit dagegen in die Abteilung der „Einfachen Halogenide mit H2O“ ein. Diese ist zudem weiter unterteilt nach dem Stoffmengenverhältnis von Kationen (meist Metalle, M) zu Anionen (X), so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „M : X = 1 : 1 und 2 : 3“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 3.BA.10 bildet.

Auch die Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Carnallit in die Klasse der „Halogenide“, dort allerdings in die bereits feiner unterteilte Abteilung der „Komplexen Halogenide – Aluminiumfluoride“. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 11.01.02 innerhalb der Unterabteilung der „Komplexen Halogenide - Aluminiumfluoride mit (A)mB(X)3“ zu finden.

Kristallstruktur

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Carnallit kristallisiert orthorhombisch in der Raumgruppe Pbnn (Raumgruppen-Nr. 52, Stellung 3)Vorlage:Raumgruppe/52.3 mit den Gitterparametern a = 9,55 Å, b = 16,12 Å und c = 22,47 Å sowie 12 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Carnallit ist im frischen, trockenen Zustand glasglänzend, wird aber durch Feuchtigkeit matt. Er besteht aus Kaliumchlorid, Magnesiumchlorid und Wasser sowie Spuren von Rubidiumchlorid, Cäsiumchlorid und Brom als Bromid (bis ca. 300–400 ppm).

Besonders hervorzuheben sind seine starke Fluoreszenz, seine leichte Löslichkeit in Wasser und sein stechender Geschmack. Zudem zerfließt das Mineral nach einiger Zeit an der Luft unter Ausscheidung von Sylvin. Beim Eindrücken und Drehen einer Messer- oder Spatelspitze entsteht ein quietschendes Geräusch.[8]

Modifikationen und Varietäten

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Rötlich gefärbter Carnallit aus Spanien

Durch reichliche Beimischung mikroskopischer Schüppchen von Hämatit erhält Carnallit eine rötliche Farbe.

Bildung und Fundorte

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Gelber Carnallit aus Russland

Carnallit bildet sich durch Evaporation zusammen mit anderen Kalisalzen und Magnesiumsalzen als letzte Phase des Salzzyklus. Während der Diagenese wandelt es sich in Sylvin um.

Als seltene Mineralbildung konnte Carnallit bisher nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden, wobei bisher (Stand 2015) rund 100 Fundorte[9] als bekannt gelten. Neben seiner Typlokalität Staßfurt in Sachsen-Anhalt fand man das Mineral in Deutschland unter anderem in den Kalisalzbergwerken von Heringen und Philippsthal im hessischen Werratal, in mehreren Bergwerken in Niedersachsen, in Röblingen am See, Bernburg (Saale) und Egeln in Sachsen-Anhalt sowie bei Bleicherode und Bad Salzungen in Thüringen.

Bekannt aufgrund außergewöhnlicher Carnallitfunde ist auch Carlsbad im US-Bundesstaat New Mexico, wo bis zu 4 cm große Kristalle zutage traten.[10]

Weitere Fundorte sind unter anderem Entre Ríos in Bolivien; Sergipe in Brasilien; Afar in Äthiopien; mehrere Fundorte in der chinesischen Provinz Qinghai; Surtsey bei Island; mehrere Fundorte auf Sizilien in Italien; New Brunswick, Québec und Saskatchewan in Kanada; im Aksai-Tal im Gebiet Aqtöbe in Kasachstan; am Mount Ruapehu in Neuseeland; Winterswijk und Veendam in den Niederlanden; Inowrocław und Kłodawa in Polen; Loulé in Portugal; in den russischen Regionen Ostsibirien, Oblast Saratow und Ural; Bages in Spanien; Kalusch (Iwano-Frankiwsk) in der Ukraine, Humberside und North Yorkshire (England) im Vereinigten Königreich sowie mehrere Regionen von Arizona, Colorado, Michigan und Utah in den Vereinigten Staaten (USA).[11]

Die Gewinnung von Brom aus carnallitischen Ablaugen gilt heute nicht mehr als wirtschaftlich.

Carnallit gilt als eines der bedeutendsten Kalisalze und dient zum einen als Düngemittel und zum anderen als Rohstoff zur Gewinnung von Magnesium. Carnallitische Rohsalze haben allerdings gegenüber sylvinitischen Rohsalzen (z. B. Hartsalz) den Nachteil, dass bei der Aufbereitung stark magnesiumsalzhaltige Endlaugen entstehen. Die Laugen können meist nur zum Teil durch Verpressen in porösen Gesteinsschichten entsorgt werden, der Rest wird in nahe gelegene Flüsse eingeleitet. Deshalb werden heute Kalisalzlagerstätten mit Sylvinit (Gestein aus Sylvin, Halit u. a.) gegenüber Carnallitit (Gestein aus Carnallit, Halit u. a.) bevorzugt. Zudem ist Carnallit im Bergbau viel weniger standfest als Steinsalz, Sylvinit oder Hartsalz, weil er von gesättigten Natriumchloridlaugen unter Bildung von Sylvin und magnesiumreicherer Natriumchloridlauge angegriffen wird.

  • Heinr. Rose: Ueber den Carnallit. In: Annalen der Physik und Chemie. Band 98, 1856, S. 161–163 (rruff.info [PDF; 227 kB; abgerufen am 21. Mai 2017]).
  • Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 492 (Erstausgabe: 1891).
  • E. O. Schlemper, P. K. Sen Gupta, Tibor Zoltai: Refinement of the structure of carnallite, Mg(H2O)6KCl3. In: American Mineralogist. Band 70, 1985, S. 1309–1313 (rruff.info [PDF; 576 kB; abgerufen am 21. Mai 2017]).
Commons: Carnallite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. Webmineral – Carnallite (englisch)
  3. a b c d Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 156.
  4. Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 364.
  5. Carnallite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (handbookofmineralogy.org [PDF; 482 kB; abgerufen am 21. Mai 2017]).
  6. a b c d e Mindat – Carnallite
  7. Thomas Witzke: Die Entdeckung von Carnallit bei www.strahlen.org
  8. Michael Götzinger, Eugen Libowitzky: Mineralogie und Rohstoffkunde. Teil 2: Minerale der Gesteine und mineralische Rohstoffe. S. 17 (univie.ac.at [PDF; 323 kB; abgerufen am 21. Mai 2017]).
  9. Mindat – Anzahl der Fundorte für Carnallit
  10. Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie (= Dörfler Natur). Nebel Verlag, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8, S. 68.
  11. Fundortliste für Carnallit beim Mineralienatlas und bei Mindat