Cecylia Słapakowa

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Cecylia Słapakowa, englisch Cecila Slepak (geboren um 1900; gestorben 1942 oder 1943) war eine polnisch-jüdische Übersetzerin und Journalistin, die für das Untergrundarchiv Oneg Schabbat arbeitete und das Leben jüdischer Frauen im Warschauer Ghetto dokumentierte.

Cecylia Słapakowa kam aus einer Familie gebildeter, Russisch sprechender Juden, die im Raum Wilna ansässig war. Sie lebte in Warschau und gehörte zur intellektuellen Elite, die mit dem säkularen Judentum und der polnischen Kultur verbunden war. Ihr Hauptwerk ist die Übersetzung der zwölfbändigen Geschichte der Juden des russischen Historikers Simon Dubnow ins Polnische (Historia Żydów), die 1939 und posthum 1948 veröffentlicht wurde. Als Journalistin schrieb sie u. a. für die jüdisch-polnische Tageszeitung Nasz Przegląd. Sie war mit einem Ingenieur verheiratet; ob sie Kinder hatte, ist ungewiss. Samuel D. Kassow schreibt ihr eine Tochter zu. Cecylia Słapakowa unterhielt enge Beziehungen zu jüdischen Literaten und Künstlern. Unter der deutschen Besetzung Polens bis zur Einrichtung des Warschauer Ghettos 1940 lud sie noch Gäste in ihre Wohnung ein, obwohl die Deutschen viele Möbel und Wertgegenstände konfisziert hatten. Sie knüpfte damit an ihren literarischen Salon der Vorkriegszeit an und versuchte so lange wie möglich, ein normales Leben zu führen.

Im Frühjahr 1940 musste sie ihre Wohnung verlassen. Über ihr Leben im Warschauer Ghetto ist wenig überliefert, schreibt die israelische Historikerin Dalia Ofer. Cecylia Słapakowa arbeitete für das Untergrundarchiv Oneg Schabbat. Die Gruppe der Archivmitarbeiter bestand hauptsächlich aus Männern und repräsentierte „das osteuropäische Judentum in der Bandbreite, die sich in der Zweiten Polnischen Republik herausgebildet hatte“. Rachela Auerbach und Cecylia Słapakowa waren die beiden einzigen Frauen, deren Mitarbeit laut einer historischen Studie von 2020 „eindeutig belegt“ ist.[1] Der Gründer des Archivs, Emanuel Ringelblum, beauftragte Słapakowa 1941 mit einer Untersuchung über das Leben jüdischer Frauen im Warschauer Ghetto. Vom Dezember 1941 bis Frühjahr 1942 führte sie Interviews mit siebzehn Frauen unterschiedlicher sozialer Herkunft. Sie fragte sie nach ihrem Leben vor dem Krieg, den ersten Auswirkungen der deutschen Besetzung auf ihren Alltag und ihren Bemühungen, im Ghetto Strategien zu entwickeln, mit denen sie die zunehmende Verarmung ihrer Familien, Hunger, Krankheit und wachsende Gefahren bewältigten. Kurze Biografien konnte sie fertigstellen, verteilt auf mehrere Notizbücher. Unter dem Titel Die jüdische Frau in Warschau von September 1939 bis zur Gegenwart sind sie auf Polnisch mit ihren Initialen im Ringelblum-Archiv in Yad Vashem aufbewahrt.[2]

Wie viele andere Mitarbeiter des Archivs wurde Cecylia Słapakowa nach Auskunft von Emmanuel Ringelblum im Sommer 1942 in einem Massentransport ins Vernichtungslager Treblinka deportiert und ermordet. Nach einer anderen Quelle wurde sie ins Zwangsarbeitslager Trawniki verbracht, wo sie 1943 gestorben sei.

Eine von drei Überlebenden aus dem Kreis des Oneg–Schabbat-Archivs war die Journalistin Rachel Auerbach (1903–1976). Ihr zufolge habe Słapakowas Ehemann den Holocaust überlebt. Von einer der interviewten Frauen ist bekannt, dass sie überlebt hat: Basia Temkin-Berman, die vor dem Krieg in der Warschauer Stadtbibliothek gearbeitet hatte.

  • Dalia Ofer: Her View Through My Lens. Cecilia Slepak Studies Women in the Warsaw Ghetto. In: Judith Tydor Baumel, Tova Cohen (Hrsg.): Gender, Place and Memory in the Modern Jewish Experience, Vallentine Mitchell, London 2003, ISBN 978-0-85303-489-6, S. 29–50.

Einzelnachweise

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  1. Carlos Alberto Haas: Das Private im Ghetto. Jüdisches Leben im deutsch besetzten Polen 1939 bis 1944, Wallstein, Göttingen 2020; ISBN 978-3-8353-3843-2, S. 29.
  2. Carlos Alberto Haas: Das Private im Ghetto. Jüdisches Leben im deutsch besetzten Polen 1939 bis 1944, Wallstein, Göttingen 2020; ISBN 978-3-8353-3843-2, Anhang, S. 342.