Charles Ferdinand d’Artois

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Charles Ferdinand, Herzog von Berry
Miniaturmalerei von Jean-Baptiste Jacques Augustin, (Geschenk der Herzogin an den Bischof von Chartres)
Medaille anlässlich des Tods von de Berry 1820
Rückseite der Medaille von 1820

Charles-Ferdinand d’Artois (deutsch Karl Ferdinand von Artois), Herzog von Berry (* 24. Januar 1778 im Schloss Versailles;[1][2] ~ 28. August 1778 in der Palastkapelle Versailles[3]; † 14. Februar 1820 in Paris[4]), petit-fils de France, später fils de France, war der jüngere Sohn des Comte d’Artois, des späteren Königs Karl X. von Frankreich.

Charles-Ferdinand d’Artois wuchs am Hof seines Onkels König Ludwig XVI. auf. Während der Französischen Revolution verließ er im Alter von elf Jahren mit seinem Vater Frankreich und diente bis 1797 in der Armee der Emigranten. Danach trat er in die russische Armee ein, ließ sich 1801 in England nieder und blieb dort dreizehn Jahre lang. Nach der Abdankung Napoleons 1814 begab sich Berry zurück nach Frankreich. Ludwig XVIII. ernannte ihn zum Oberbefehlshaber der Pariser Armee bei Napoleons Rückkehr von Elba. Er war allerdings außerstande, die Loyalität seiner Truppen zu bewahren, und zog sich während der „Herrschaft der Hundert Tage“ nach Gent zurück.

Charles Ferdinand d’Artois, selbst künstlerisch begabt, war Kunstförderer und -sammler. Bereits während seines Aufenthaltes in England begann er Gemälde der flämischen und der holländischen Schule zu sammeln, die er nach seiner endgültigen Rückkehr nach Frankreich durch zeitgenössische französische Werke ergänzte und im L’Élysée-Bourbon bewahrte, der Residenz, die Ludwig XVIII. ihm 1816 in Paris zur Verfügung stellte. Charles Paul Landon, Konservator der Musées Royaux, der als Maler in den Diensten des Herzogs von Berry stand, gab den Umfang der unter der Bezeichnung collection du duc de Berry bekannten Sammlung mit annähernd einhundert Gemälden alter Meister und etwa halb so vielen modernen Gemälden an.[5] Die nach dem Tod des Herzogs in collection du duc de Bourgogne umbenannte, teilweise auch als Musée L'Élysée-Bourbon zugänglich gemachte Privatsammlung ersten Ranges (Gustav Friedrich Waagen) wurde im April 1837 versteigert. Die meisten wertvollen Gemälde gingen nach Russland und nach England.[6]

Am 13. Februar 1820 verübte der Sattler Louis-Pierre Louvel beim Verlassen der Oper (damals die Salle Montansier, rue de la Loi, heute place Louvois) ein tödliches Attentat auf den Herzog von Berry.

In der Folgezeit wurde der Herzog von Berry zur Symbolfigur der Restauration. Als nach der Julirevolution von 1830 am 14. Februar 1831 in der Pariser Kirche Saint-Germain-l’Auxerrois eine Gedächtnismesse für ihn stattfand, kam es zu einem gewalttätigen Massenprotest, in dessen Verlauf die Kirche St-Germain verwüstet und der Bischofspalast bei der Kathedrale Notre-Dame völlig zerstört wurde.[7]

 
 
 
 
 
Ludwig XV. König von Frankreich (1710–1774)
 
 
 
 
Ludwig Dauphin von Frankreich (1729–1765)
 
 
 
 
 
Maria Leszczyńska Königin von Frankreich und Prinzessin von Polen (1703–1768)
 
 
 
Karl X. König von Frankreich (1757–1836)
 
 
 
 
 
 
August III. König von Polen, Kft. von Sachsen (1696–1763)
 
 
 
Maria Josepha von Sachsen (1731–1767)
 
 
 
 
 
Maria Josepha von Österreich (1699–1757)
 
 
 
Charles Ferdinand d’Artois
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Karl Emanuel III. Herzog von Savoyen und König von Sardinien-Piemont. (1701-1773)
 
 
 
Viktor Amadeus III. König von Sardinien-Piemont und Herzog von Savoyen. (1726-1796)
 
 
 
 
 
Polyxena von Hessen-Rotenburg (1706–1735)
 
 
 
Maria Theresia von Savoyen (1756–1805)
 
 
 
 
 
 
 
 
Philipp V. König von Spanien (1683–1746)
 
 
 
Maria Antonia von Spanien (1729–1785)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Elisabetta Farnese (Königin von Spanien 1692–1766)
 
 

Ehen und Nachkommen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der englischen Emigration ging Charles mit der verheirateten Amy Brown Freeman (1783–1876), Tochter des anglikanischen Priesters John L. Brown und der Anne Deacon, ein Verhältnis ein. Amy war auch bereits Mutter eines 1804 geborenen Sohnes John, hatte aber ihre Ehe nie anerkannt. So heirateten 1806 der Herzog und Amy. Das Paar hatte zwei Kinder:

  • Charlotte Marie Augustine de Bourbon (1808–1886), seit 1820 Gräfin von Issoudun, verheiratet seit 1823 mit Herzog Ferdinand Victor Amédée de Faucigny-Lucinge.
  • Louise Marie Charlotte de Bourbon (1809–1891), seit 1820 Gräfin von Vierzon, seit 1827 verheiratet mit Baron Athanae Charles Marin de Charette de la Contrie.

1815 wurde die Ehe mit Amy offiziell geschieden.

Nach Abschluss eines Ehevertrages am 15. April 1816 ehelichte Charles-Ferdinand d’Artois per Prokura am 24. April 1816 in Neapel und per Trauzeremonie am 17. Juni 1816 in Paris in der Kathedrale Notre-Dame Prinzessin Marie Caroline von Bourbon-Sizilien (1798–1870), die älteste Tochter des damaligen Kronprinzen Franz beider Sizilien und der schon verstorbenen Kronprinzessin Maria Klementine. Aus dieser Ehe gingen vier Kinder hervor, von denen das erste nur zwei Stunden, das zweite einen Tag lebte, das letzte posthum geboren wurde:

Henri kam sieben Monate nach der Ermordung seines Vaters zur Welt und wurde als ersehnter, posthum geborener Thronerbe als «enfant du miracle», als das „wundersame Kind“, gefeiert.

D’Artois war Colonel général der Chevau-légers-lanciers.

Commons: Charles Ferdinand d’Artois – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Register der Pfarrkirche Notre-Dame de Versailles
  2. Gazette 1778, S. 64
  3. Register der Pfarrkirche Notre-Dame de Versailles
  4. Moniteur universel 1820, S. 184 und 187
  5. Charles Paul Landon: Salon de 1819, in: Annales du Musée et de l'Ecole Moderne des Beaux-Arts, Bd. 2, Imprimerie de Pillet Aîné, Paris 1831.
  6. Gustav Friedrich Waagen: Kunstwerke und Künstler in Paris. Berlin 1839.
  7. Die Ereignisse, insbesondere die Rolle von Erzbischof Hyacinthe-Louis de Quélen, beschreibt detailliert Guillaume de Bertier de Sauvigny: Mgr de Quélen et les incidents de Saint-Germain l’Auxerrois en février 1831. In: Revue d’histoire de l’Église de France, Jg. 32 (1946), Nr. 120, S. 110–120 (Digitalisat. In: Persée. Abgerufen am 29. Januar 2020.)