Chocolaterie Jacques
Die Chocolaterie Jacques ist ein belgischer Schokoladenproduzent. Das Unternehmen wurde 1896 von Antoine Jacques (1858–1929) in Verviers gegründet und hatte ab 1923 seinen Hauptsitz in Eupen in Ostbelgien. Im Jahr 1982 kam es zum Zusammenschluss mit dem Kölner Schokoladenhersteller Stollwerck, der im Jahr 2011 von der Group Baronie aus Rotterdam übernommen wurde. Seit 1993 war dem ehemaligen Stammsitz im Eupener Industriegebiet ein Schokoladenmuseum angeschlossen. 2019 erfolgte die Schließung des Standortes Eupen. Der Traditionsname und die Produkte bestehen weiterhin.[1]
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Jahr 1890 eröffnete der gelernte Konditor Antoine Jacques zusammen mit Jean Joseph Hardy eine erste Fabrik in Verviers unter dem Namen „Lebkuchenfabrik Hardy und Jacques, Verviers“ und errang bereits ein Jahr später eine Goldmedaille bei der Lütticher Wirtschaftsausstellung. 1894 erweiterten sie ihre Produktion auf Schokoladenprodukte und vermerkten dies in ihrer neuen Firmenbezeichnung „Schokoladen und Lebkuchen Hardy und Jacques, Verviers“. Im Jahr 1895 erwarb Jacques eine erste Dampfmaschine und trennte sich ein Jahr später von seinem Partner Hardy. Fortan führte er sein Unternehmen für Lebkuchen, Süßwaren und Pralinen mit rund 43 Mitarbeitern allein und firmierte nunmehr als „A. Jacques“.
Im Jahr 1899 musste Jacques einen herben Rückschlag einstecken, da in seiner Fabrik ein Feuer ausgebrochen war, das große Teile seiner Maschinen, Ausstattungen und Lagerbestände vernichtete. Dennoch konnte er sich schnell wieder davon erholen und errang mit seinen Produkten im Jahr 1904 mehrere Preise bei regionalen Ausstellungen in Antwerpen, Brüssel, Lüttich und bei der Weltausstellung in St. Louis. Wenig später hatte er mit einem internen Diebstahl von Süßwarenprodukten zu kämpfen und entließ daraufhin sechs Mitarbeiter. Infolgedessen kam es 1906 zu Unruhen und einem längeren Streik im Unternehmen, was zu einem vorübergehenden Einbruch im Umsatz führte. Erschwerend kam zwei Jahre später am 18. Februar 1908 noch eine Umweltkatastrophe hinzu, als nach Schneeschmelze und starken Regenfällen die Weser über die Ufer trat und Großteile der Firma überflutete. Schließlich musste Jacques zwischen 1914 und 1918 seine Produktion wegen der Unruhen im Verlauf des Ersten Weltkrieges komplett einstellen und verlor zudem am 23. Februar 1919 seinen als Nachfolger vorgesehenen Sohn.
Nach dem Krieg boomte zu seinem Glück der Schokoladenverbrauch wieder und Jacques reagierte mit einer Vergrößerung des Betriebes. Er schloss sich 1920 mit dem einer Vervierser Industriellenfamilie zugehörigen William Zurstrassen zusammen und firmierte fortan unter „Chocolaterie A. Jacques Société Anonyme“ (SA). Drei Jahre später verlegte er seine Geschäftsräume nach Eupen und behielt vorerst die Vervierser Fabrik als Filiale. Anschließend zog er sich schrittweise aus dem Unternehmen zurück und übergab am 1. Dezember 1923 zunächst seinen Posten als Vorsitzender des Verwaltungsrates, verkaufte im März 1924 die Gebäude in Verviers und trat schließlich im Juni des gleichen Jahres auch von seinem Amt als Direktor des Unternehmens zurück.
Im Jahr 1931 kreierte die Chocolaterie mit ihrem Produkt „Noiseline“ erstmals einen gefüllten Schokoladenriegel, den sie in den Folgejahren weiter verfeinerte und variierte und schließlich 1936 als sechsteiligen Riegel in unterschiedlichen Ausfertigungen zum Patent anmeldete. Er wurde als „Superchocolate“ bezeichnet und entwickelte sich später zum Verkaufsschlager des Unternehmens. Dazu wurde ein Jahr später der „Ritter Jacques“ mit Helm, Schild und Speer auf einem sich aufbäumenden Pferd entworfen, der fortan das Logo des Unternehmens auf allen eigenen Produkten schmückt.
Der Zweite Weltkrieg und die von 1940 bis 1944 damit einhergehende Besatzung durch deutsche Wehrmachtstruppen brachten für die Chocolaterie erneut große Schwierigkeiten. Zunächst wurde die Firma von den deutschen Behörden beschlagnahmt und wegen mangelnder Vorräte für die Produktion 1942 geschlossen. Die Firmenleitung hatte nämlich vorausahnend einen Großteil ihrer Vorräte einem Konditor in Antwerpen übertragen und ließ einen Teil ihrer Produkte bei der damals dort ansässigen Firma de Beukelaer mit dem Aufdruck „Chocolaterie Jacques Verviers“ herstellen. Nach dem Abzug der Besatzer und dem Ende des Krieges konnte 1945 die Produktion in Eupen wieder aufgenommen und ein Jahr später die Betriebstätten umfangreich modernisiert und erweitert werden.
In den folgenden Jahren verzeichnete die Chocolaterie einen enormen Aufschwung und konnte bis 1960 ihren Umsatz auf 100 Millionen Belgische Francs steigern. Dies war vor allem den Spezialriegeln zu verdanken, die mittlerweile in 33 Sorten mit 21 Geschmacksrichtungen angeboten wurden. Ab 1963 wurden die Riegel mit Sammelbildern in der Verpackung bestückt und mit dem Verkaufslabel „eine Million Riegel pro Tag“ beworben. Weitere Themen der Sammelbilder, die anfangs aus Zeichnungen und später auch aus Fotos bestanden, beschäftigten sich unter anderem mit dem belgischen Transportwesen oder der belgischen Königsfamilie und konnten in die vom Unternehmen herausgegebenen Alben eingeklebt werden. Besondere positive Aufmerksamkeit erregte 1966 das Sammelalbum mit Pinocchio-Bildern, das im Comicmagazin Tintin veröffentlicht wurde. Darüber hinaus war die Chocolaterie in diesen Jahren erfolgreich auf internationalen Messen, wie der Expo 58 in Brüssel oder Süßwarenmessen wie der Anuga in Köln, der Internationalen Grünen Woche Berlin sowie in München und Dänemark vertreten.
Veränderungen auf dem europäischen Markt bewirkten ab den 1970er Jahren neue Unternehmensstrategien. So schloss sich die Chocolaterie Jacques 1976 zunächst dem Vertriebsunternehmen „Continental Sweets Belgium“ an und trat 1982 der Stollwerck-Gruppe aus Köln unter Beibehaltung des Markennamens und des Logos bei. Nachdem die Stollwerck-Zentrale Anfang der 1980er-Jahre aufgegeben wurde und das Unternehmen sich verstärkt auf die Produktionsförderungen in den ihnen angeschlossenen Gesellschaften konzentrierte, profitierte auch die Chocolaterie Jacques in Eupen davon und konnte zunächst 1987 auf ein größeres Areal in dem Eupener Industriegebiet in der Nähe des Autobahnanschlusses umziehen, wo sie neue Gebäude mit moderneren Maschinen errichten ließ. Bereits 1993 wurden die Gebäudetrakte erweitert und unter anderem das hauseigene Schokoladenmuseum eingerichtet. Im Jahr 2001 verpflichtete sich die Chocolaterie Jacques, ausschließlich Kakaobutter und kein pflanzliches Fett für ihre Produkte zu verwenden und erhielt das „AMBAO-Label“ des belgischen Wirtschaftsministeriums.
Seit der Übernahme der Stollenwerck-Gruppe im Jahr 2002 durch den Züricher Marktführer von hochwertigen Kakao- und Schokoladenprodukten Barry Callebaut gehörte auch die Chocolaterie Jacques diesem Unternehmen an und stieg zur Nummer zwei hinter der Marke Côte d’Or auf dem belgischen Markt auf. Nachdem ab 2009 Barry Callebaut mit dem spanischen Schokoladenproduzenten Natra kooperierte, hatte dies auch Auswirkungen auf die Eupener Chocolaterie. Jacques musste die Flüssigschokoladenabteilung schließen, da die Lagerung der Flüssigschokolade in dem Callebaut-Werk in Lebbeke beschlossen wurde und zu deren Verarbeitung eine polnische Anlage genutzt werden sollte. Schließlich wurde Jacques im Jahr 2011 mit der gesamten Stollwerck-Gruppe von dem belgischen Süßwarenhersteller Baronie übernommen und firmierte fortan als „Sweet Products Chocolate“. Im Jahr 2013 waren bei nur noch einer Produktionslinie lediglich rund 30 Angestellte und 100 Arbeiter beschäftigt.[2]
Schließung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Am 23. Oktober 2018 kündigte die Baronie Gruppe an, dass die Chocolaterie Jacques Ende Mai 2019 geschlossen wird. Grund dafür seien die seit 2011 sinkenden Umsatzzahlen und Qualitätsmängel. Von der Schließung sind rund 60 bis 70 Mitarbeiter betroffen.[3]
Schokoladenmuseum
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nur ein Jahr nach der Eröffnung des Kölner Schokoladenmuseums durch den Mehrheitseigentümer der Stollwerck-AG Hans Imhoff wurde auch bei der Stollwerck-Tochter Jacques in Eupen ein Schokoladenmuseum auf dem Werksgelände eingerichtet. Neben der geschichtlichen Darstellung des Kakaoanbaus und der Schokoladenherstellung in Form von Dokumentationen und Videovorführungen fand sich hier eine große Sammlung, die einen umfassenden Einblick in die gesamte Produktpalette von den Anfängen bis zur Gegenwart ermöglichte sowie alte und teilweise historische Formen, Produktionsmaschinen und Schokoladenautomaten, Farb- und Sammelbildern, Werbeplakate und wertvolles Porzellan aus dem 18. und 19. Jahrhundert zeigte. Zugleich ließ sich vom Museum aus mittels einer Fußgängerbrücke die Arbeit in der Fabrik beobachten, ohne dabei den Arbeitsablauf zu stören. Schließlich sorgte ein angeschlossener Verkaufsshop für Kostproben des gängigen Jacques-Sortiments und anderer Produkte des Gesamtunternehmens. Mit der Schließung der Fabrik erfolgte ebenfalls die Schließung des Museums.[4]
Produkte (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Matinettes – Schokoladentäfelchen als Brotbelag in drei Sorten
- Hagelslag – Schokoladenstreusel in drei Variationen
- Schokoladenriegel, gefüllt in sieben Sorten
- Schokoladentafeln in drei Sorten
- Blockschokolade zum Zubereiten von Mousse und Schokoladenmilch
- Schokoladentropfen zum Zubereiten von Saucen, Mousse, Dessert, Eis und Milch in zwei Variationen
Frühere Produkte (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Chocolate Le semeur – 1904
- Chocolate de la Gileppe – 1905
- Délice de 4 Kontone – 1907
- Le Chocolat des Coopérateurs – 1921
- Notre Marianne – 1921
- Le Chocolat de la Clairière et la Semeuse – 1921
- Noiseline – 1931, erste Marke in Riegelform
- Mokaline – in 10 Variationen, eingetragen 1934
- Superchocolate – sechsteiliger Schokoladenriegel 1936
- Fruidine – Schokoladenriegel mit einer gefrorenen cremigen Frucht, eingetragen 1936
- Moka Rhum – mehrere Variationen mit Rumzutaten
- Royal Jacques – Schokoladentafeln in mehreren Variationen, eingetragen 1938
- Fourré Praliné
- Luna – Schokoladentafeln 1950er-Jahre
- Elysee – Schokoladenriegel, eingetragen 1959
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Charles Pirard: Fabrique de Chocolat A. Jacques
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Website des Unternehmens (niederländisch, französisch)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Die Geschichte der Chocolaterie Jacques geht zu Ende: Eupener Traditionsunternehmen schließt am 17. Mai. Abgerufen am 16. August 2021 (französisch, deutsch).
- ↑ Stellenabbau bei Chocolaterie Jacques in Eupen, Mitteilung auf ostbelgien-direkt vom 13. März 2013
- ↑ Chocolaterie Jacques wird geschlossen, Grenz-Echo vom 23. Oktober 2018; (abgerufen am 23. Oktober 2018)
- ↑ Jacques: Die letzten Stunden vor dem Aus. Abgerufen am 15. August 2021 (deutsch).
Koordinaten: 50° 38′ 25,7″ N, 6° 0′ 21,6″ O