Christian Floto
Christian Floto (* 1956 in Lübeck) ist ein deutscher Mediziner und Wissenschaftsjournalist.
Leben und Wirken
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach dem Abitur am Katharineum zu Lübeck studierte Christian Floto in Kiel und Lübeck Humanmedizin. 1982 wurde er in Lübeck mit einer Dissertation über Das Schädelhirntrauma im Kindes- und Jugendalter zum Dr. med. promoviert. Von 1982 bis 1984 war er wissenschaftlicher Referent am Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen in Mainz und von 1984 bis 1986 ärztlicher Geschäftsführer der Landesärztekammer Hessen tätig. 1986 bis 1991 arbeitete er als Akademischer Rat für Theoretische Medizin in der Arbeitsgruppe Gesundheitswissenschaften an der Universität Osnabrück, ab 1992 für das ZDF, wo er 1993 Leiter der ZDF-Redaktion Gesundheit und Natur wurde und Hans Mohl als Moderator von Gesundheitsmagazin Praxis nachfolgte. Bis 2003 vertrat er das ZDF im Kuratorium der Aktion Mensch (vormals: „Aktion Sorgenkind“).
In der Leitung und Moderation vom Gesundheitsmagazin Praxis (später: PRAXIS – das Gesundheitsmagazin) in der ZDF-Primetime für ein breites Publikum ging es Christian Floto nicht nur um einordnende Informationen zu neuen Diagnostik- und Therapiemöglichkeiten, sondern auch von anderen Behandlungswegen („Wer heilt, hat Recht“).[1] Ein Anliegen war auch, unnötige oder ungerechtfertigte Ängste oder unzutreffende Vorstellungen von Abläufen in Klinik und Praxis abbauen zu helfen, insbesondere zu der „Tabuzone Operationssaal“. Hierzu gab es in zahlreichen Sendungen Live-Einblicke und Begleitung von Operationen, z. B. zu Gelenkersatz, Bandscheibenvorfall, Grauem Star oder Herzoperationen.[2] Diese Eingriffe wurden nicht zuvor aufgezeichnet und dann gesendet („live-on-tape“), sondern fanden – unverfälscht und authentisch – zum Zeitpunkt der Ausstrahlung statt. Beiträge mit dreidimensionalen Darstellungen erläuterten das Vorgehen; zugleich ging es um die Vermittlung der Abläufe, der komplexen Arbeitsteiligkeit und Professionalität im Dienst der Patientensicherheit.
Zur Vertiefung von bestimmten Themenanliegen stellte das ZDF für mehrstündige aufwändige PRAXIS-extra-Produktionen die Spätabend-/Nachtschiene bereit. So zeigte z. B. die „PRAXIS Nachtschicht“ (1997) eine Live-Darstellung von Abläufen aus Kliniken, Intensivstationen und Notaufnahmen des Universitätsklinikums Mainz. Es handelte sich um eine aufwändige Produktion bis zum frühen Morgen, an der u. a. vier Mediziner des ZDF als Moderatoren und Autoren beteiligt waren.[3][4][5][6]
Es folgten in gleichem Format und ähnlicher Länge eine „Herz-Nacht live aus Buenos Aires“ (1998).[7][8][9] René Favaloro, der Erfinder der Herz-Bypass-Technik, operierte – damals 75-jährig – in seiner Klinik in der Avenida Belgrano in Buenos Aires („Fundación Favaloro“) live einen Patienten mit diesem von ihm entwickelten Verfahren und erläuterte die einzelnen Schritte. Anschließend wurden aus vier Operationssälen seiner Klinik weitere große Herzoperationen in Live-Reportagen gezeigt und durch erklärende Beiträge ergänzt. Diese insgesamt fünfstündige Produktion wurde zeitgleich im argentinischen Fernsehen ausgestrahlt. Diese Sendung schrieb seinerzeit Fernsehgeschichte.[10]
Weitere PRAXIS extra-Nächte waren die „Nacht der Wunder“ aus Lourdes (1999, live-on-tape produziert)[11][12][13] und die „Gerichtsmedizin-Nacht“: „Von Tätern, Toten und Tabus“ (1998). Bei der letztgenannten Produktion kam es wegen einer geplanten und von den zuständigen Behörden grundsätzlich genehmigten bildlichen Darstellung der Abläufe einer Obduktion vorab zu einer medialen Auseinandersetzung. Auf die Ausstrahlung dieses Beitrages innerhalb der insgesamt vierstündigen Sendung wurde ZDF-seitig damals verzichtet.[14][15][16][17]
Weitere Anliegen waren Christian Floto jährliche Gesundheitsaktionen im Zusammenwirken mit Gesundheitsorganisationen wie allen Apotheken, Bundesärztekammer und Bundesgesundheitsministerium sowie wissenschaftlichen Fachgesellschaften, z. B. „Testen nach dem Essen“ (Diabetesfrüherkennung) oder „TOP im Kopf“.[18] Christian Floto vertrat zudem das koproduzierende ZDF redaktionell bei den international ausgestrahlten Dokumentationen von Lennart Nilsson 1997 (deutscher Titel der dreiteiligen Reihe: Faszination Leben) und 2001 (deutscher Titel: Faszination Liebe).
2001 übernahm Christian Floto die Leitung des Instituts für den wissenschaftlichen Film (IWF Wissen und Medien) in Göttingen. Zugleich wurde er zum ordentlichen Professor an die TU Braunschweig für das Fachgebiet Medieneinsatz in der Wissenschaft berufen. Von 2005 bis 2006 war er dort Dekan der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. 2006 ernannte ihn die TU Braunschweig zum Honorarprofessor.[19] Von 2013 bis 2020 war er stellvertretender Vorsitzender des Hochschulrats der Europa-Universität Flensburg.[20] Von April 2006 bis Ende 2022 war Christian Floto Leiter der Abteilung Wissenschaft und Bildung im Deutschlandfunk.
Ehrungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]2018 wurde Christian Floto mit dem Preis für Wissenschaftsjournalismus der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie ausgezeichnet.[21]
Veröffentlichungen (Auszug)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- mit Kerstin Wunderlich und Horst Hettwer: Tätigkeitsfeld Gesundheitserziehung: eine Analyse von Aus-, Weiter- und Fortbildungsmassnahmen in der Bundesrepublik Deutschland. Lang, Frankfurt am Main, Bern, New York, Paris 1989 (Europäische Hochschulschriften: Reihe 11, Pädagogik; Band 399) ISBN 3-631-41756-X.
- mit Daniel Grotke und Horst Hettwer: Prävention von Pollenallergien: Polleninformationsdienst-Systeme in Europa. Mit 4 Tabellen und einem Vorwort von F. Trendelenburg. G. Fischer, Stuttgart, Jena, New York 1994, ISBN 3-437-30737-1.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Christian Floto im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Kurzbiografie ( vom 10. Juni 2007 im Internet Archive) auf der Homepage der TU Braunschweig
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Dieter Deul im Hamburger Abendblatt, 29. November 2000, S. 11: „Anwalt des mündigen Patienten“.
- ↑ Lübecker Nachrichten, 16. März 1994, S. 1: „Lübeck: Operation live im Fernsehen“, S. 17 von Sascha Meyer: „Heute Abend: Live-Übertragung aus dem Op.“
- ↑ Eva Fauth in der Mainzer Allgemeinen Zeitung, 21. Mai 1997, S. 9: „Op wird zum Fernsehstudio“
- ↑ Daniel Ronnel in der Süddeutschen Zeitung am 21. Mai 1997, S. 23: „Skalpell, Tupfer, Kamera: Gesundheitsmagazin PRAXIS sendet live aus der Uniklinik Mainz“
- ↑ Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23. Mai 2997, S. 42
- ↑ „Schlaflos in Mainz: Die Uhr läuft und läuft: PRAXIS Nachtschicht (ZDF)“.
- ↑ „ZDF PRESSE Spezial“ zum 8. April 1998, 21.00 Uhr und 0.30 Uhr „PRAXIS - Live aus Buenos Aires“
- ↑ Eva Fauth in Mainzer Allgemeine Zeitung am 7. Mai 1998: „Herzschmerz vor laufender Kamera kurieren: Dr. Christian Floto will mit Live-Operationen im ‘Gesundheitsmagazin PRAXIS’ Ängste abbauen“
- ↑ zahlreiche Hintergründe und Produktionsdetails in: ZDF PRESSE Spezial zum 8. April 1998.
- ↑ Markus Schächter und Dieter Stolte: Zeitreise ZDF, Mainz 2003, S. 171.
- ↑ Alexander Brüggemann in Katholische Nachrichten-Agentur 8. Juli 1999: „Wie lebt es sich so als Wunder?“
- ↑ Christ in der Gegenwart 30, 25. Juli 1999, S. 243 f.: „Nacht der Wunder – Ein Fernseh-Gesundheitsmagazin stellt Fragen nach der Wirklichkeit“
- ↑ Mainzer Allgemeine Zeitung, 7. Juli 1999, S. 16: „Wie durch ein Wunder geheilt: In der ‘PRAXIS extra-Nacht’ dreht sich alles um den Wallfahrtsort Lourdes“.
- ↑ Bild am 21. Oktober 1998, S. 1: „Heute Mitternacht im ZDF: Leichen-Öffnung im TV“ und S. 11: „Warum steigt das Fernsehen in die Totenkeller? Das ZDF will den Schleier von einem Tabu-Thema lüften“
- ↑ Gitta Düperdahl in der Frankfurter Rundschau, 23. Oktober 1998, S. 11: „Von Tätern, Toten und Tabus: Ohne Effekthascherei“
- ↑ Klaudia Brunst in Die Tageszeitung, 23. Oktober 1998, S. 16: „Über ungesehene Bilder“
- ↑ Annette Ramelsberger in der Süddeutschen Zeitung am 23. Oktober 1998: „Dieses Tabu mußte nicht mehr gebrochen werden“.
- ↑ ZDF Monatsjournal 4/99, S. 72: „Der Schlüssel zum Erfolg – Aktion für Hirnfitneß“.
- ↑ Dr. Christian Floto erhält Lehrstuhl für Medieneinsatz in der Wissenschaft ( des vom 16. Januar 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. auf tu-braunschweig.de
- ↑ Paritätisch und hochkarätig: Der neue Hochschulrat der Europa-Universität Flensburg, idw - Informationsdienst Wissenschaft vom 28. Oktober 2020
- ↑ DGK-Preis für Wissenschaftsjournalismus geht an Christian Floto, dgk.org vom 6. April 2018.
Personendaten | |
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NAME | Floto, Christian |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Mediziner und Wissenschaftsjournalist |
GEBURTSDATUM | 1956 |
GEBURTSORT | Lübeck |