Christian Northoff

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Christian Northoff, auch niederdeutsch Karsten, Kersten, Nordhoff, Noorthoven, Noorthovius (* um 1475; † 1532 oder 1535 in Lübeck) war ein deutscher Kaufmann, Humanist und Mäzen.

Christian Northoff entstammte einer Lübecker Kaufmannsfamilie. Erstmals aktenkundig wurde er 1496 im Kreis um Erasmus von Rotterdam in Paris. Zusammen mit seinem älteren Bruder Heinrich, der eine Laufbahn als Kirchenjurist einschlug, wurde er von Erasmus und Augustinus Vincentius Caminadus unterrichtet. Christian Northoff war Adressat einer Reihe von pädagogisch-unterhaltsamen Briefen des Erasmus (Ep. 54-56), die dieser zugleich als Muster für einen guten literarischen Stil verfasste und für die er ein Honorar erwartete (Ep. 55). Oft zitiert werden aus dem Brief Ep. 56 die Ratschläge des Erasmus zur Tageseinteilung des Studenten. Der Brief ist zugleich die älteste Quelle für aurora musis amica, aptis studiis, die lateinische Version des Sprichworts Morgenstund hat Gold im Mund. Nach Christians Abreise aus Paris verfasste Erasmus einen längeren Brief an ihn in Heinrichs Namen (ep. 61). Christian Northoff ist offenbar identisch mit dem Christianus in den Familiarum colloquiorum formulae. Diese Gespräche im vertrauten Familienkreis, ein Handbuch gebildeter Unterhaltung, dienten in ihrer Urform speziell der Bildung der Brüder Northoff.[1]

1497 kehrte er nach Lübeck zurück, vermutlich im Zusammenhang mit dem Tod seines Vaters Johann Northoff. Im August dieses Jahres stiftete er gemeinsam mit seinen Geschwistern in der Marienkirche zu seinem Seelenheil eine Memorial-Vikarie in der am weitesten westwärts gelegenen Seitenkapelle im nördlichen Seitenschiff, der späteren Rodde-Kapelle.[2] 1498 erwarb er ein Haus in der westlich der Kirche gelegenen Straße Schüsselbuden. Er gehörte der Greveradenkompanie an, einer Gilde von Kaufleuten, die von der Forschung als Sammelbecken für vielversprechende und aufstiegsverdächtige Großkaufleute charakterisiert wird.[3]

Im Jahr 1500 reiste er mit seinem Bruder Heinrich, der als Notar an die Rota Romana berufen worden war, nach Rom, wo sie im Collegio Teutonico di Santa Maria dell’Anima wohnten.

Antoniusretabel

Christian Northoff, in dem sich hochgradiges Bildungsinteresse mit einer tiefen Frömmigkeit[4] verband, war einer der kirchlich aktivsten Kaufleute Lübecks am Vorabend der Reformation und eine zentrale Figur im Lübecker Bruderschaftswesen.[5] So war er Mitglied in der Antonius-Bruderschaft an der Maria-Magdalenenkirche (Burgkirche) und ab 1512 einer ihrer Älterleute. In dieser Funktion erteilte er 1520 Benedikt Dreyer den Auftrag zu einem seiner Hauptwerke, den Skulpturen für das Antoniusretabel (heute im St.-Annen-Museum).[6] Mit den Tafelbildern und den Vergoldungen des von der Bruderschaft auf eigene Rechnung getischlerten Schreinrahmens wurde hingegen wie bei den Lübecker Altären üblich mit Johann von Köln ein weiterer Maler beauftragt, der mit zwei am Altar tätigen Gesellen nachgewiesen ist.[7] Insgesamt gab die Bruderschaft für das Kunstwerk etwa 310 Mark aus.

1511 war Northoff einer der Stifter der Rochus-Bruderschaft. Er gehörte auch der Leonhardsbruderschaft, der Leichnamsbruderschaft sowie der 1497 begründeten und für den Unterhalt der Marientiden in St. Marien zuständigen Mariae-Verkündigungs-Bruderschaft an. 1515 war er einer der Gründungs-Vorsteher des St.-Annen-Klosters. Sein Tod fiel in die Zeit der bürgerschaftlichen Unruhen unter Jürgen Wullenweber. Ein Grabmal oder Epitaph ist nicht überliefert.

Der Lübecker Ratsherr Konrad Wibbeking war sein Schwager.

  • Peter G. Bietenholz: Schüler und Freunde des Erasmus in Lübeck und in Montpellier in: Archiv für Reformationsgeschichte, Band 75, Heft jg, Seiten 78–92, ISSN (Online) 2198-0489, ISSN (Print) 0003-9381, DOI: 10.14315/arg-1984-jg04, Dezember 1984
  • Peter G. Bietenholz: Christian Northoff. In: Contemporaries of Erasmus. A biographical register of the Renaissance and Reformation. Band 2. University of Toronto press, Toronto, Buffalo, London 1986, ISBN 0-8020-2575-7, S. 19f.
  • Friedrich Bruns: Die Entstehung des St. Antonius-Altarschreins der ehemaligen Burgkirche zu Lübeck, in: Nordelbingien, Band 5.1 (1926), S. 476–482
  • Heinrich Dormeier: Religiöse Bruderschaften der „Oberschicht“ in Lübeck im 15./16. Jahrhundert: Frömmigkeitsformen, soziale Beziehungen und wirtschaftliche Interessen. In: Antjekathrin Graßmann (Hrsg.): Der Kaufmann und der liebe Gott. Zu Kommerz und Kirche in Mittelalter und Früher Neuzeit. Hansische Studien 18. Porta Alba, Trier 2009, ISBN 978-3-933701-34-3, S. 21–44.
  • Elsbeth Gutmann: Die Colloquia familiaria des Erasmus von Rotterdam. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1968 (Basler Beiträge zur Geschichtswissenschaft 111).
  • F. Hirsch, G. Schaumann, Friedrich Bruns: Die Bau- und Kunstdenkmäler der Freien und Hansestadt Lübeck. Herausgegeben von der Baubehörde. Band II: Petrikirche. Marienkirche. Heili.-Geist-Hospital. Nöhring, Lübeck 1906 (Google books), S. 164–212.
  • Tamara Thiesen: Benedikt Dreyer – Das Werk des spätgotischen Bildschnitzers. Kiel 2007, ISBN 978-3-937719-57-3, S. 47f.

Einzelnachweise

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  1. Bietenholz (Lit.), S. 20
  2. Wolfgang Prange: Vikarien und Vikare in Lübeck bis zur Reformation. (= Veröffentlichungen zur Geschichte der Hansestadt Lübeck. Reihe B, Bd. 40). Schmidt-Römhild, Lübeck 2003 ISBN 3-7950-0478-0, S. 172 Nr. 60
  3. Antjekathrin Graßmann: Die Greveradenkompanie. Zu den führenden Kaufleutegesellschaften in Lübeck um die Wende des 16. Jahrhunderts. In: Stuart Jenks und Michael North (Hrsg.): Der Hansische Sonderweg? Beiträge zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Hanse (Quellen und Darstellungen zur hansischen Geschichte N.F. 39) Köln etc: Böhlau 1993, S. 109–134
  4. Thiesen (Lit.) S. 309
  5. Dormeier (Lit.), S. 25
  6. Siehe Thiesen, S. 47f; Antonius-Altar
  7. Beschreibung des Altars mit Entstehungsgeschichte bei Uwe Albrecht (Hrsg.): Corpus der Mittelalterlichen Holzskulptur und Tafelmalerei in Schleswig-Holstein. Band I: Hansestadt Lübeck, St. Annen-Museum. Ludwig, Kiel 2005, ISBN 3933598753, Nr. 164, S. 457 ff. (S. 462, S. 465)