Christian Weise
Christian Weise, Pseudonyme Siegmund Gleichviel, Orontes, Catharinus Civilis, Tarquinius Eatullus und weitere, (* 30. April 1642 in Zittau; † 21. Oktober 1708 ebenda) war ein deutscher Schriftsteller, Dramatiker und Pädagoge.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Weise wurde als Sohn des „magister tertium“ (Hilfslehrers) Elias Weise geboren, studierte an der Universität Leipzig Theologie und absolvierte dort 1663 eine Magisterpromotion. Dort entwickelte er Interesse für Fächer wie Rhetorik, Politik, Historie und Poesie, in denen er nach seinem Magisterabschluss für kurze Zeit Vorlesungen hielt. 1668 trat er in Halle eine Stelle als Sekretär beim Minister Simon Philipp von Leiningen-Westerburg des Herzogs August von Sachsen-Weimar an. 1670 wurde er Hofmeister beim Baron Gustav Adolf von der Schulenburg in Ampfurth bei Magdeburg, wechselte aber nach nur sechs Monaten als Professor an das Gymnasium Illustre Augusteum in Weißenfels.[1] 1678 wurde er Rektor des Zittauer Gymnasiums und übernahm außerdem die Leitung der dortigen Ratsbibliothek, die er im Laufe der Zeit beträchtlich vergrößerte und ausbaute.
Weise schrieb ca. fünfzig Schuldramen, satirische Romane, Komödien, Gelegenheitsgedichte, protestantische Kirchenlieder sowie mehrere Lehrbücher; u. a. Die drey ärgsten Ertz-Narren, Der grünenden Jugend überflüssige Gedanken und Der verfolgte Lateiner. Weise gilt in der Literaturgeschichte als ein Autor des Übergangs zwischen Spätbarock und Frühaufklärung. Dieser Übergangscharakter ist in besonderer Weise seinem Drama Masaniello eigen.
Während seiner Zeit als Rektor des Gymnasiums ließ er die Schüler viele seiner Theaterstücke aufführen. Seine Volksverbundenheit brachte er in Komödien in Oberlausitzer und nordböhmischer Mundart zum Ausdruck. Als besonderes Verdienst wird ihm zugeschrieben, das Zittauer Stadttheater zum kulturellen Mittelpunkt der Stadt erhoben zu haben. Seine 1683 geschriebene Tragödie Masaniello über das Schicksal des neapolitanischen Rebellen Tommaso Masaniello erfuhr in den 1950er Jahren in Zittau eine Wiederaufführung.[2]
Weise führte Ende des 17. Jahrhunderts als Rektor des Zittauer Gymnasiums Deutsch als Unterrichtssprache ein. Er trat aufgrund altersschwacher Augen 1708 von seinem Amt als Rektor zurück.
Weise schrieb vor allem Schuldramen und satirische Werke über soziale und politische Missstände seiner Zeit. Dabei kritisierte er die adlige Welt aus bürgerlicher Sicht und verwendete einen für die Barockzeit ungewöhnlich nüchtern-realistischen Stil.
Ehrungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Die Christian-Weise-Bibliothek in Zittau, in der sowohl die Ratsbibliothek als auch seine Sammlungen vereinigt sind, trägt seit 1954 seinen Namen.
- Das Christian-Weise-Gymnasium in Zittau ist ebenfalls nach ihm benannt.
Bekannte Schüler
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Johann Friedrich Hertel (1667–1743), Rechtswissenschaftler
- Gottfried Hoffmann (1658–1712), Pädagoge und Kirchenlieddichter
- Johann Hübner (1668–1731), Schulschriftsteller und Lehrer
- Christian Gottlieb Prieber (1697–1744/45), Rechtsanwalt, Sozialutopist und Abenteurer
- Johann Christoph Schmidt (1664–1728), Komponist
Werke (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1668 Der grünen Jugend uberflüssige Gedanken. Gedichte. Fritzsche, Weißenfels 1668 (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
- 1668 Die Triumphirende Keuschheit.
- 1671 Die drey Haupt-Verderber in Teutschland. Roman (Digitalisat).
- 1672 Die drey ärgsten Ertz-Narren Jn der gantzen Welt/ Auß vielen Närrischen Begebenheiten hervorgesucht/ und Allen Interessenten zu besserem Nachsinnen übergeben/ durch Catharinum Civilem. Roman (Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv der 2. Aufl., 1673).
- 1675 Der Grünen Jugend Nothwendige Gedancken. Gedichte. Fritzsche, Weißenfels 1675 (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
- 1677 Der Politische Redner. Ritzsch, Leipzig 1677 (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
- 1678 Der Politische Näscher. Roman. Fritzsch, Leipzig 1678 (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
- 1678 De Poesi Hodiernorum Politicorum. Rhetorik. Brühl, Weißenfels 1678 (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
- 1679 Baurischer Machiavellus. (Komödie) (Digitalisat der SUB Göttingen).
- 1680 Der Tochter-Mord welchen Jephta unter dem Vorwande eines Opfers begangen hat. (Schulspiel).
- 1682 Von Jacobs doppelter Heyrath. (Komödie) (Digitalisat des Abdrucks im Zittauischen Theatrum von 1683).
- 1682 Masaniello. Tragödie (Digitalisat des Abdrucks im Zittauischen Theatrum von 1683).
- 1682 Von Tobias und der Schwalbe. Komödie (Digitalisat des Abdrucks im Zittauischen Theatrum von 1683).
- 1683 Zittauisches Theatrum
- 1684 Neu-Erleuterter Politischer Redner. Gerdes, Leipzig 1684. (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
- 1690 Politische Fragen. Mieth, Dresden 1690. (Digitalisat Ausg. 1691 in der Google-Buchsuche).
- 1691 Curiöse Gedancken Von Deutschen Brieffen. Rhetorik. Mieth, Dresden 1691 (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
- 1692 Curiöse Gedancken Von Deutschen Versen. (Poetologie). Gleditsch, Leipzig 1692. (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
- 1696 Der verfolgte Lateiner. (Drama).
- 1701 Curiöse Gedancken Von Wolcken-Brüchen. Mieth, Dresden und Leipzig 1701 (Digitalisat).
- Epistolae Selectiores (Ausgewählte Briefe, 1716) (CERA).
Sämtliche Werke
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Seit 1971 erscheint bei de Gruyter in Berlin die von Hans-Gert Roloff herausgegebene Ausgabe der Sämtlichen Werke. Erschienen sind bis Ende 2023:
- Band 1: Historische Dramen I. 1971.
- Band 2: Historische Dramen II. 1991.
- Band 3: Historische Dramen III. 1971.
- Band 4: Biblische Dramen I. 1973.
- Band 5: Biblische Dramen II. 1973.
- Band 6: Biblische Dramen III. 1988.
- Band 8: Biblische Dramen V. 1976.
- Band 10: Lustspiele I. 2023.
- Band 11: Lustspiele II. 1976.
- Band 12: Lustspiele III. 1986.
- Band 13: Lustspiele IV. 1996.
- Band 14: Schauspiele I. 2022.
- Band 15: Schauspiele II. 1986.
- Band 16: Schauspiele III. 2002.
- Band 17: Romane I. 2006.
- Band 18: Romane II. 2005.
- Band 19: Romane III. 2004.
- Band 21: Gedichte II. 1978.
- Band 23: Politische Schriften I. 2023.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Carl Ceiss: Massaniello, Bearbeitung. 1986.
- Peter Behnke und Hans-Gert Roloff (Hrsg.): Christian Weise – Dichter, Gelehrter, Pädagoge: Beiträge zum ersten Christian-Weise-Symposium aus Anlass des 350. Geburtstages, Zittau 1992 (= Jahrbuch für internationale Germanistik. Band 37). Lang, Bern u. a. 1994, ISBN 3-906752-39-9.
- Gordon J. A. Burgess: „Die Wahrheit mit lachendem Munde“. Comedy and Humour in the Novels of Christian Weise (= Berner Beiträge zur Barockgermanistik. Band 8). Lang, Bern u. a. 1990, ISBN 3-261-04187-0.
- Gerhard Dünnhaupt: Christian Weise (1642–1708). In: Gerhard Dünnhaupt: Personalbibliographien zu den Drucken des Barock. Band 6: Speer – Zincgref. Die Register (= Hiersemanns bibliographische Handbücher. Band 9). 2., verbesserte und wesentlich vermehrte Auflage des bibliographischen Handbuches der Barockliteratur. Stuttgart 1993, ISBN 3-7772-9305-9, S. 4179–4250 (Werk- und Literaturverzeichnis).
- Peter Hesse (Hrsg.): Poet und Praeceptor. Christian Weise zum 300. Todestag. 2. Internationales Christian-Weise-Symposium 21. – 24. Oktober 2008 in Zittau. Tagungsband. Dresden 2009, ISBN 978-3-940310-51-4.
- Karla E. MacBride: Vom „Natürlichen“ und „Ungezwungenen“. Christian Weises poetische Theorie. 1978 (Zugleich: Pittsburgh PA, Universität, Dissertation, 1978).
- Thomas Neukirchen: Inscriptio. Rhetorik und Poetik der Scharfsinnigen Inschrift im Zeitalter des Barock (= Studien zur deutschen Literatur. Band 152). Tübingen 1999, ISBN 3-484-18152-4 (Zugleich: Berlin, Technische Universität, Dissertation, 1997).
- Claus-Michael Ort: Medienwechsel und Selbstreferenz. Christian Weise und die literarische Epistemologie des späten 17. Jahrhunderts. Tübingen 2003, ISBN 978-3-484-35093-9.
- Ludwig Richter: Der Briefwechsel zwischen Bohuslav Balbín und Christian Weise 1678–1688. Lateinisch-deutsche Ausgabe (hrsg., eingeleitet und kommentiert von Ludwig Richter, übersetzt von Günther Rautenstrauch), Stuttgart 2010, ISBN 978-3-515-09688-1.
- Erich Schmidt, Otto Kaemmel: Christian Weise. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 41, Duncker & Humblot, Leipzig 1896, S. 523–536.
- Ulrike Wels: Weise, Christian. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 27, Duncker & Humblot, Berlin 2020, ISBN 978-3-428-11208-1, S. 664–666 (Digitalisat).
- Konradin Zeller: Pädagogik und Drama. Untersuchungen zur Schulcomödie Christian Weises (= Studien zur deutschen Literatur. Band 61). Tübingen 1980, ISBN 3-484-18057-9 (Zugleich: München, Universität, Dissertation, 1977).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Christian Weise im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Christian Weise in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Druckschriften von und über Christian Weise im VD 17.
- Werke von Christian Weise bei Zeno.org.
- Werke von Christian Weise im Projekt Gutenberg-DE
- Christian Weise im Internet Archive
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Hans Arno Horn: Christian Weise als Erneuerer des deutschen Gymnasiums im Zeitalter des Barock. Der „Politicus“ als Bildungsideal. Marburger Pädagogische Studien, Band 5. Verlag Julius Beltz, Weinheim/Bergstraße 1966, S. 22.
- ↑ Die südöstliche Oberlausitz mit Zittau und dem Zittauer Gebirge (= Werte der deutschen Heimat. Band 16). 1. Auflage. Akademie Verlag, Berlin 1970, S. 187.
Personendaten | |
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NAME | Weise, Christian |
ALTERNATIVNAMEN | Gleichviel, Siegmund (Pseudonym); Civilis, Catharinus (Pseudonym); Orontes (Pseudonym) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Satiriker und Dramatiker |
GEBURTSDATUM | 30. April 1642 |
GEBURTSORT | Zittau |
STERBEDATUM | 21. Oktober 1708 |
STERBEORT | Zittau |