Clostridium estertheticum
Clostridium estertheticum | ||||||||||||
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Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Clostridium estertheticum | ||||||||||||
Collins et al. 1993 |
Clostridium estertheticum ist ein Bakterium aus der Gattung der Clostridien. Es ist an extreme Umweltbedingungen in kalten, sauerstofffreien Lebensräumen angepasst. Daher erreicht es selbst in Kühlhäusern bei einer Temperatur von –1,5 bis 16 °C in vakuumverpacktem Fleisch eine hohe Vermehrungsrate, die zur Gasbildung und schließlich zur frühzeitigen Ungenießbarkeit der Lebensmittel führt. Laut einer Stellungnahme des Bundesinstituts für Risikobewertung gibt es jedoch keinen Hinweis auf eine mögliche Gesundheitsgefährdung des Menschen durch die Aufnahme der Keime.[1]
Merkmale
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Clostridium estertheticum ist ein obligat anaerobes, grampositives, psychrophiles, stäbchenförmiges Bakterium. Wie alle Bakterien der Familie Clostridiaceae bildet es bei ungünstigen Bedingungen Dauerstadien (Endosporen), die mit gängigen Desinfektionsmethoden wie Erhitzung auf 100 °C oder Einfrieren nicht abgetötet werden können.
Vorkommen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wie die meisten Arten der Gattung Clostridium ist auch Clostridium estertheticum weltweit verbreitet und gilt als Ubiquist. Auch in Bakterienrasen in der Antarktis wurde die Art festgestellt. Bei Temperaturen von 16 bis 20 °C stellt das Bakterium sein Wachstum ein und bildet Sporen. Diese Sporen wurden im landwirtschaftlichen Bereich in Kotproben aus Ställen, auf dem Fell der Tiere sowie auf Tierkörpern vor der Kühlung nachgewiesen.[2] In Schlachthöfen können die Sporen beim Enthäuten der Tiere auf das Fleisch gelangen.
Schäden
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Auch beim weiteren Zerteilen des Fleisches in mit Sporen kontaminierten Betrieben können die Bakterien in die Kühlkette gelangen. In vakuumverpackten Portionen von Rind- und Lammfleisch, aber auch von Wildbret, Schweine- und Putenfleisch, findet Clostridium estertheticum optimale Wachstumsbedingungen im sauerstofffreien (anaeroben) Milieu. Je nach Temperatur und Dichte des Besatzes mit Sporen können nach 14 bis 63 Tagen Gase gebildet werden, die die Verpackung aufblähen („Blown Pack Spoilage“).[3] Beim Öffnen der Packung entströmt ein schwefeliger Geruch. Die Haltbarkeit von vakuumverpacktem Rindfleisch bei Lagerung im Kühlhaus bei –1,5 bis 0 °C liegt gewöhnlich bei 84 Tagen,[4] sodass Auswirkungen des Befalls mit Clostridium estertheticum innerhalb der üblichen Lagerzeiten auftreten können und das Fleisch ungenießbar wird.
Unterarten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Neben der Nominatform wird seit dem Jahr 2003 aufgrund molekulargenetischer Untersuchungen auch die Art Clostridium laramiense als Unterart von Clostridium estertheticum angesehen. Wissenschaftlern der Deutschen Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen in Braunschweig gelang es, die genetische Ähnlichkeit eines Stammes von in der Antarktis gefundenen Bakterien der Art Clostridium laramiense zu Clostridium estertheticum nachzuweisen.
- Clostridium estertheticum subsp. estertheticum Collins et al. 1993[5]
- Clostridium estertheticum subsp. laramiense (Kalchayanand et al. 1993) Spring et al. 2003[6]
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Clostridium estertheticum in vakuumverpacktem Rindfleisch: Ein gesundheitliches Risiko durch den Verzehr ist unwahrscheinlich. Stellungnahme Nr. 030/2010 des Bundesinstituts für Risikobewertung vom 6. Juli 2010 (PDF).
- ↑ D. M. Broda, J. A. Boerema, G. Brightwell: Sources of psychrophilic and psychrotolerant clostridia causing spoilage of vacuum-packed chilled meats, as determined by PCR amplification procedure. Journal of Applied Microbiology, 107, S. 178–186, 2009.
- ↑ G. Moschonas, D. J. Bolton, J. J. Sheridan, D. A. McDowell: The effect of storage temperature and inoculum level on the time of onset of ‘blown pack’ spoilage. Journal of Applied Microbiology, 108, S. 532–539, 2009.
- ↑ Thomas Schmidhofer: Lagerung und Transport von Fleischwaren. In: Oskar Prändl, Albert Fischer, Thomas Schmidhofer, Hans-Jürgen Sinell: Handbuch der Lebensmitteltechnologie. Ulmer Verlag, Stuttgart 1988.
- ↑ Clostridium estertheticum subsp. estertheticum bei NCBI Taxonomy Browser.
- ↑ Clostridium estertheticum subsp. laramiense bei NCBI Taxonomy Browser.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- M. D. Collins, U. M. Rodrigues, R. H. Dainty, R. A. Edwards and T. A. Roberts: Taxonomic studies on a psychrophilic Clostridium from vacuum-packed beef: Description of Clostridium estertheticum sp. nov. FEMS Microbiology Letters, 96, 2–3, S. 235–239, 15. September 1992 doi:10.1016/0378-1097(92)90410-P (Erstbeschreibung)
- S. Spring, B. Merkhoffer, N. Weiss, R. M. Kroppenstedt, H. Hippe, Erko Stackebrandt: Characterization of novel psychrophilic clostridia from an Antarctic microbial mat: description of Clostridium frigoris sp. nov., Clostridium lacusfryxellense sp. nov., Clostridium bowmanii sp. nov. and Clostridium psychrophilum sp. nov. and reclassification of Clostridium laramiense as Clostridium estertheticum subsp. laramiense subsp. nov. International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology, 53, 4, S. 1019–1029, Juli 2003 doi:10.1099/ijs.0.02554-0 (Beschreibung der Unterart Clostridium estertheticum laramie)
- Norasak Kalchayanand, B. Ray, R. A. Field: Characteristics of Psychrotrophic Clostridium laramie Causing Spoilage of Vaccum-packaged Refrigerated Fresh and Roasted Beef. Journal of Food Protection, 56, 1, S. 13–17, 1993 (Erstbeschreibung von Clostridium laramie)
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- E. Ziegler, R. Pichner, H.-G. Hechelmann und E. Gareis: Keime, die aus der Kälte kommen: Clostridium estertheticum in vakuumverpacktem Rindfleisch. Kurzfassung eines Vortrages der 43. Kulmbacher Woche am 13. Juni 2008 bei meat-n-more (abgerufen am 21. April 2011)