Cohors I Raetorum (Moesia)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Cohors I Raetorum [equitata] [Gordiana] (deutsch 1. Kohorte der Räter [teilberitten] [die Gordianische]) war eine römische Auxiliareinheit. Sie ist durch Militärdiplome, Inschriften und Arrians Werk Ἔκταξις κατὰ Ἀλάνοον belegt.

Namensbestandteile

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • I: Die römische Zahl steht für die Ordnungszahl die erste (lateinisch prima). Daher wird der Name dieser Militäreinheit als Cohors prima .. ausgesprochen.
  • Raetorum: der Räter. Die Soldaten der Kohorte wurden bei Aufstellung der Einheit aus dem Volk der Räter auf dem Gebiet der römischen Provinz Raetia rekrutiert. Die Hilfstruppeneinheiten der Räter wurden laut Tacitus zu zwei verschiedenen Zeitpunkten aufgestellt: nach der Eroberung Raetiens um 15 v. Chr. sowie um 70 n. Chr. in Folge des Helvetieraufstands.[1]
  • equitata: teilberitten. Die Einheit war ein gemischter Verband aus Infanterie und Kavallerie.
  • Gordiana: die Gordianische. Eine Ehrenbezeichnung, die sich auf Gordian III. (238–244) bezieht. Der Zusatz kommt in einer Inschrift[2] vor.

Da es keine Hinweise auf den Namenszusatz milliaria (1000 Mann) gibt, war die Einheit eine Cohors quingenaria equitata. Die Sollstärke der Kohorte lag bei 600 Mann (480 Mann Infanterie und 120 Reiter), bestehend aus 6 Centurien Infanterie mit jeweils 80 Mann sowie 4 Turmae Kavallerie mit jeweils 30 Reitern.

Die Kohorte war in den Provinzen Moesia, Moesia inferior, Cappadocia und Asia (in dieser Reihenfolge) stationiert. Sie ist auf Militärdiplomen[3] für die Jahre 75 bis 148 n. Chr. aufgeführt.[4][5][6][A 1]

Die Einheit war vermutlich zunächst in der Provinz Syria stationiert;[A 2] wahrscheinlich war sie Teil der Streitkräfte, die mit Gaius Licinius Mucianus aus dem Osten des römischen Reiches kamen. Danach wurde sie in der Provinz Moesia stationiert.[6][7] Der erste Nachweis in Moesia beruht auf einem Diplom, das auf 75 datiert ist. In dem Diplom wird die Kohorte als Teil der Truppen (siehe Römische Streitkräfte in Moesia) aufgeführt, die in der Provinz stationiert waren. Ein weiteres Diplom, das auf 92 datiert ist, belegt die Einheit in Moesia inferior.

Zu einem unbestimmten Zeitpunkt wurde die Kohorte in die Provinz Galatia et Cappadocia verlegt. Der erste Nachweis in der Provinz beruht auf einem Diplom, das auf 99 datiert ist. In dem Diplom wird die Kohorte als Teil der Truppen (siehe Römische Streitkräfte in Cappadocia) aufgeführt, die in der Provinz stationiert waren. Ein weiteres Diplom, das auf 101 datiert ist, belegt die Einheit in derselben Provinz.

Möglicherweise war die Kohorte um 123 für einige Zeit in Asia minor stationiert.[8][A 3] Danach war sie Teil der Streitkräfte, die Arrian für seinen Feldzug gegen die Alanen (Ἔκταξις κατὰ Ἀλάνοον) um 135 mobilisierte. Arrian erwähnt in seinem Bericht eine Einheit, die er als οἱ ἀπὸ τῆς πρώτης ῾Ραιτικῆς bezeichnet.[5][6][A 4]

Zu einem unbestimmten Zeitpunkt wurde die Kohorte in die Provinz Asia verlegt. Der erste Nachweis in der Provinz beruht auf einem Diplom, das auf 148 datiert ist. Durch Inschriften ist die Einheit für die Jahre 196 und 211/217 in der Provinz belegt.

Der letzte Nachweis der Einheit beruht auf einer Inschrift,[2] die auf 238/244 datiert wird.

Standorte der Kohorte in Asia waren möglicherweise:

  • Ephesus: eine Inschrift[9] wurde hier gefunden. Durch die Inschrift ist belegt, dass Angehörige der Einheit während der Regierungszeit von Caracalla (211–217) in der stratura des Officiums des Procurators tätig waren.
  • Eumeneia: mehrere Inschriften[10] wurden hier gefunden. Durch eine Inschrift ist belegt, dass das Lager der Einheit 196 wiederaufgebaut wurde, nachdem es von einem Erdbeben zerstört worden war.

Vermutlich war die Einheit im späten 2. Jhd. zwischen den beiden Orten aufgeteilt.[11]

Angehörige der Kohorte

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Folgende Angehörige der Kohorte sind bekannt.[4]

  • Αντωνεινος (Antonius), ein στρατεωτης (IGR 4.729)
  • Aurelius Menander,[13][A 6] ein Reiter
  • Aurelius Nicias,[13][A 6] ein Reiter
  • Διοδωρος Φλ. Διοδορον, ein στρατιωτης
  • Γ. Ιουβεντιος Ρουφος, ein στρατιωτης
  • Γαιος Ιουλιος Μυρτιλος, ein Veteran
  • Hera, ein Fußsoldat: das Diplom von 75 wurde für ihn ausgestellt.
  • Ilus Gemelus, ein Reiter und Custos armorum (MAMA 11.33.)
  • Ιουλιος Παπιας (Iulius Papias), ein Reiter und Custos armorum (IGR 4.736)
  • Κ. Ουιβιος Ρουφος, ein Veteran
  • Κλ. Τορκνατος (AE 1901,33)
  • Lualis,[8] ein Fußsoldat: das Diplom von 148 wurde für ihn ausgestellt.
  • Μ. Σηιος Δημαγορας
  • Nicator,[13][A 6] ein Decurio
  • John Spaul: Cohors² The evidence for and a short history of the auxiliary infantry units of the Imperial Roman Army, British Archaeological Reports 2000, BAR International Series (Book 841), ISBN 978-1-84171-046-4
  1. Das hier angegebene Szenario geht von drei Kohorten aus: der Cohors I Raetorum (Germania), die in der Provinz Germania inferior stationiert war, der Cohors I Raetorum (Moesia), die in den Provinzen Moesia, Cappadocia und Asia stationiert war und der Cohors I Raetorum (Raetia), die in der Provinz Raetia stationiert war.
  2. Der 75 entlassene Soldat Hera war vermutlich um 50 rekrutiert worden. Da als seine Herkunft in dem Diplom Antiochia angegeben ist, war die Kohorte vermutlich um 50 in Syria stationiert.
  3. Laut Margaret M. Roxan wurde Lualis um 123 (oder wenig zuvor) rekrutiert; da in dem Diplom als seine Herkunft Isaurier angegeben ist, war die Kohorte vermutlich um diese Zeit in Kleinasien stationiert.
  4. Laut Jörg Scheuerbrandt waren die Reiter der Einheit während des Marsches Teil eines Reiterkorps, das aus mehreren Einheiten gebildet wurde und das sich am Anfang der Marschkolonne befand; die Fußsoldaten der Kohorte werden in Arrians Werk nicht erwähnt.
  5. a b c d e Die genaue Zuordnung zu einer der drei Einheiten mit dem Namen Cohors I Raetorum ist nicht möglich bzw. umstritten.
  6. a b c Die Zuordnung zu der Einheit wird vermutet, ist aber nicht gesichert.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Farkas István Gergő: The Roman Army in Raetia, Dissertation, University of Pécs Faculty of Humanities 2015, S. 158 (PDF (Memento des Originals vom 14. Dezember 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/idi.btk.pte.hu).
  2. a b Inschrift mit Gordiana (MAMA 11.28.).
  3. Militärdiplome der Jahre 75 (RMD 1, 2), 92 (ZPE-148-269), 99 (ZPE-192-238), 101 (unveröffentlicht) und 148 (RMD 2, 100).
  4. a b John Spaul, Cohors², S. 274–278.
  5. a b Jörg Scheuerbrandt: Exercitus. Aufgaben, Organisation und Befehlsstruktur römischer Armeen während der Kaiserzeit. Dissertation, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau 2003/2004, S. 64, 66, 68 (PDF).
  6. a b c Michael Alexander Speidel: The Development of the Roman Forces in Northeastern Anatolia. New evidence for the history of the exercitus Cappadocicus. Sonderdruck aus: M. A. Speidel, Heer und Herrschaft im Römischen Reich der Hohen Kaiserzeit, Stuttgart 2009, S. 595–631, hier S. 603, 605, 618–619 (Online).
  7. Florian Matei-Popescu: The Roman Army in Moesia Inferior, Conphys Publishing House, Bucharest, 2010, ISBN 978-973-750-177-6, S. 226–228 (Online).
  8. a b Margaret M. Roxan: Roman Military Diplomas 1978–1984 (= University of London, Institute of Archaeology. Occasional Publications. Band 9). Mit Beiträgen von Helen Ganiaris und John C. Mann. Institute of Archaeology, London 1985, ISBN 0-905853-16-4, S. 165–166, Nr. 100, Anm. 8.
  9. Inschrift aus Ephesus (AE 1988, 1023).
  10. Inschriften aus Eumeneia (AE 1995, 1511 sowie in griechischer Sprache: IGR IV.728, IGR IV.729, IGR IV.736, MAMA 11.33.).
  11. MAMA XI 28 (Eumeneia) Honorific statue-base for Aelius Asklepiodotos. Monumenta Asiae Minoris Antiqua, abgerufen am 17. März 2020 (englisch).
  12. Michael A. Speidel: Kaiserliche Privilegien, Urkunden und die „Militäranarchie“ des Zeitalters der „Soldatenkaiser“. Einige Beobachtungen, In: U. Babusiaux / A. Kolb (eds.), "Das Recht der 'Soldatenkaiser' Rechtliche Stabilität in Zeiten politischen Umbruchs?", Berlin 2015, S. 46–64, hier S. 52–53 (Online).
  13. a b c Julian Bennett: The Auxiliary Garrison of Asia Province, ANATOLICA XLII, 2016, S. 151–169, hier S. 160–164 (PDF).