Collectio Dionysiana

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Die Collectio Dionysiana ist eine Kanones-Sammlung, die nach ihrem Verfasser Dionysius Exiguus benannt ist, der sie um 500 in Rom anlegte und mehrfach überarbeitete. Sie ist eine der frühesten und einflussreichsten Sammlungen der Westkirche. Ein Großteil des Materials stammt aus griechischsprachigen Rechtsquellen, die Dionysus Exiguus teilweise selbst ins Lateinische übersetzte. Die Sammlung ist einerseits nach unterschiedlichen Rechtsquellen und innerhalb dieser Abteilungen wiederum chronologisch geordnet.

Quellen, Fassungen, Inhalt

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Die Dionysiana entstand in mehreren Schritten und ist in den Handschriften in sehr unterschiedlichen Formen überliefert.

  • Die früheste Fassung (= Dionysiana I oder auch Collectio conciliorum Dionysiana prima) war eine erste Übersetzung der griechischen Synodalkanones; sie ist in nur zwei Handschriften erhalten, eine davon enthält auch ein Vorwort.
  • Die Dionysiana II ist die weiter verbreitete Fassung. Sie enthält 50 der Canones Apostolorum und Beschlüsse der Konzilien von Nicäa I, Ankyra, Neocäsarea, Gangra, Antiochien, Laodikea, Konstantinopel I, Chalcedon, Serdica sowie afrikanischer Konzilien. Mehrere Handschriften dieser Fassung enthalten zudem ein eigenes Vorwort.
  • Die Dionysiana III schließlich ist eine zweisprachige (griechisch-lateinische) Fassung, die im Auftrag von Papst Hormisdas entstand und in der im Vergleich zur zweiten Fassung die Canones Apostolorum, die Beschlüsse von Serdika und afrikanischen Konzilien fehlten. Sie ist bis auf die Widmungsvorrede verloren und kann nur aus dieser rekonstruiert werden.
  • Offenbar nach der Übersetzung der Konzilskanones legte Dionysius eine Sammlung von Dekretalen an. Diese enthält 37 Schreiben der Päpste von Siricius bis Anastasius II. und ein kaiserliches Reskript. Diese Dekretalensammlung hat ebenfalls ein eigenes Vorwort.

Die Überlieferung ist komplex und, wenn man zahlreiche überarbeitete Versionen mitzählt, sehr breit. Wann die Sammlung der Synodalkanones (Dionysiana II) und die Dekretalensammlung verbunden wurden, ist umstritten. Es gibt separate Überlieferungen der Dionysiana II, aber nicht der Dekretalensammlung; viele spätere Fassungen wie die einflussreiche Dionysio-Hadriana kombinieren beide.

Anders als die ungefähr zeitgleich entstandene Quesnelliana und viele andere Sammlungen enthalten die verschiedenen Fassungen der Dionysiana kaum anderes Material als Synodalkanones und Dekretalen, insbesondere kaum theologische (dogmatische Lehrschreiben, Auszüge aus den Schriften der Kirchenväter) oder liturgische Texte.

Im Laufe der folgenden Jahrhunderte wurde die Dionysiana immer wieder abgeschrieben, überarbeitet oder zum Ausgangspunkt neuer Sammlungen gemacht. Eine besonders weit verbreitete Überarbeitung der Sammlung ist als Dionysio-Hadriana bekannt; sie wurde im Jahr 774 von Hadrian I. Karl dem Großen überreicht, der sie im Frankenreich verbreitete. Zu den zahlreichen Sammlungen, die von der Dionysiana abhängen und oft ihre Struktur nachahmen, gehören die Concordia canonum des Cresconius, die Vetus Gallica, die Hispana und die Dacheriana.

Die editio princeps erfolgte durch Christophe Justel (1580–1694) im Jahr 1628; er folgte der Handschrift Oxford, Bodleian Library, e Museo 103 und druckte die Dionysiana II zunächst ohne den Dekretalenteil (siehe oben). Nach einer zweiten Auflage zu Lebzeiten (1643) druckte sein Sohn Henri (1620–1693) gemeinsam mit Guillaume Voel die Ausgabe seines Vaters nach, nun aber mit Dekretalensammlung (ob und wenn ja, auf welcher handschriftlichen Basis, ist unklar). Diese Ausgabe von 1661 wurde wiederum 1863 in Mignes Patrologia latina nachgedruckt; in der Forschung wird bis heute meist Justels Ausgabe nach Migne zitiert, auch wenn die Ausgabe problematisch ist und obwohl Teile der Dionysiana II von Cuthbert Turner neu und besser ediert wurden. Auch für die Dionysiana I (ohne Dekretalen) und die Vorworte gibt es inzwischen kritische Editionen.

  • Christopherus Iustellus (Hrsg.): Codex Canonum Ecclesiasticorum Dionysii Exigui [...] Paris 1628 (google.de [abgerufen am 4. Oktober 2022]).; zweite Auflage 1643 [= Dionysiana II einschließlich der Dekretalensammlung.]
  • Guielmus Voellius, Henricus Iustellus (Hrsg.): Bibliotheca iuris canonici veteris [...] Band 1. Paris, S. 97–180 (archive.org [abgerufen am 4. Oktober 2022]).
  • Codex canonum ecclesiasticorum Dioniysii [sic] Exigui sive Codex canonum vetus ecclesiae Romanae. In: Patrologia latina Band 67, Sp. 137–316. (Digitalisat.)
  • Cuthbert Turner (Hrsg.): Ecclesiae occidentalis monumenta iuris antiquissima [...] Vol. 1, fasc. 1, part 1. Clarendon, Oxford 1899, S. 1–34 (archive.org [abgerufen am 3. Juni 2022]). [= Vorwort in beiden Fassungen parallel] und vol. 2, fasc. 2 (archive.org [abgerufen am 17. Juli 2022]) [= Teiledition der Dionysiana II, die für mehrere Konzilien als Textzeuge verwendet wird].
  • Adolf Strewe (Hrsg.): Die Canonessammlung des Dionysius Exiguus in der ersten Redaktion. Leipzig 1931, doi:10.1515/9783111323831. [= Dionysiana I]
  • François Glorie (Hrsg.). Dionysii Exigui Praefationes. In: Scriptores ‘Illyrici’ Minores (= CCL 85), Brepols, Turnout 1972, S. 29–51. [= Vorworte].
  • Robert Somerville, Bruce Clark Brasington: Prefaces to Canon Law Books in Latin Christianity: Selected Translations, 500–1317. 2. Auflage. Catholic University of America Press, Washington 2020, S. 40–43. [Vorworte zur Dionysiana II sowie ihren beiden Hauptabteilungen]
  • David Heith-Stade: Dionysius Exiguus. In: Philip L. Reynolds (Hrsg.): Great Christian Jurists and Legal Collections in the First Millennium (= Law and Christianity). Cambridge University Press, Cambridge 2019, ISBN 978-1-108-47171-8, S. 315–333, doi:10.1017/9781108559133.015 (cambridge.org [abgerufen am 30. Mai 2022]).
  • Lotte Kéry: Canonical Collections of the Early Middle Ages (ca. 400–1140): A Bibliographical Guide to the Manuscripts and Literature (= History of Medieval Canon Law). Catholic University of America Press, Washington, D.C. 1999, ISBN 0-8132-0918-8, S. 9–21 (google.de [abgerufen am 30. Mai 2022]).
  • Hubert Mordek: Dionysus Exiguus II. D.E. als Kanonist. In: Lexikon des Mittelalters (LexMA). Band 3. Artemis & Winkler, München/Zürich 1986, ISBN 3-7608-8903-4, Sp. 1089 f.