Coolidge-Effekt
Als Coolidge-Effekt wird in Biologie und Psychologie der wachsende Überdruss bezeichnet, der sich einstellt, wenn ein Individuum ohne Abwechslung immer wieder mit demselben Paarungspartner kopuliert.
Wissenschaftliche Experimente
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bei den ursprünglichen Experimenten aus dem Jahr 1956 wurde an Rattenmännchen nachgewiesen, dass wiederholter Geschlechtsverkehr mit demselben Weibchen den sexuellen Appetit des Männchens dämpft.[1] Andererseits ist eine gleichbleibende beziehungsweise gleichbleibend hohe sexuelle Aktivität zu beobachten, wenn immer andere Weibchen angeboten werden.[2]
Bei den Versuchen von Beach und Jordan wurde ein Rattenmännchen in einen Käfig mit vier bis fünf Weibchen gegeben. Es wurde beobachtet, dass das Männchen sich mit allen Weibchen bis zur eigenen völligen Erschöpfung wiederholt paarte. Ab diesem Punkt erfolgten keine Reaktionen des Männchens mehr auf weitere Stimulationen der Weibchen. Wurde nun ein weiteres Weibchen in den Käfig gegeben, konnte trotz der vorherigen Erschöpfung ein weiterer Paarungsakt mit dem neuen Weibchen beobachtet werden. Das bei den Versuchen mit den Wanderratten beobachtete Phänomen ist dabei nicht auf diese Spezies beschränkt.[3] Allgemein beruht der Effekt auf einer Erhöhung des Dopaminspiegels und den darauf beruhenden Auswirkungen auf das limbische System und den Nucleus accumbens.[4]
In den meisten Fällen wird der Coolidge-Effekt an männlichen Individuen demonstriert. Es wurden jedoch auch Experimente durchgeführt, um festzustellen, ob der Effekt auch bei weiblichen Individuen auftritt. Hierbei wurden die Experimente mit Hamstern durchgeführt und führten zu dem Ergebnis, dass der Effekt, obgleich schwächer ausgeprägt, auch bei Weibchen auftritt.[5]
Bei Menschen konnte auch ein ähnlicher Zusammenhang festgestellt werden. So wurde beobachtet, dass Männer, die über eine Zeitdauer pornografisches Material mit gleichbleibenden Darstellerinnen konsumieren, nachdem eine neue Darstellerin hinzugefügt wird, nun schneller, mehr und in höherer Qualität ejakulieren.[6]
Begriffsherkunft
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Effekt ist nach einer Anekdote über den US-Präsidenten Calvin Coolidge (1872–1933) benannt: Der Präsident und seine Gattin Grace Coolidge (1879–1957) besuchten einen Musterhof und wurden getrennt herumgeführt. Als sie darüber staunte, dass es im Hühnerstall nur einen einzigen Hahn gab, erklärte man ihr, der Hahn vollziehe den Paarungsakt dutzende Male am Tag. Darauf soll Mrs. Coolidge gesagt haben: „Sagen Sie das meinem Mann!“ Als dieser später davon erfuhr, hakte er nach: „Jedes Mal dieselbe Henne?“ – „Nein, jedes Mal eine andere.“ Darauf Coolidge: „Sagen Sie das meiner Frau!“
Die Geschichte wurde erstmals 1972 in dem Buch Aggression in Man and Animals von Roger N. Johnson veröffentlicht.[7]
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ehebruch
- Libido (sexuelle Lust, Begehren) – psychischer Antrieb, der mit dem Sexualtrieb verknüpft ist
- Promiskuität
- Sexualethik – ein Teilbereich der Ethik, der sich mit dem Geschlechtsverhalten des Menschen und dessen Beurteilung beschäftigt
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Rolf Degen: Das Rätsel der erlahmenden Libido. In: Die Zeit Nr. 24/1998.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Franka A. Beach und Lisbeth Jordan: Sexual Exhaustion and Recovery in the Male Rat. In: Quarterly Journal of Experimental Psychology, Bd. 8 (1956), S. 121–133, ISSN 0033-555X.
- ↑ Arthur S. Reber und Emily S. Reber: The Penguin Dictionary of Psychology. 3. Aufl. Penguin, London 2001, ISBN 0-14-051451-1; R. E. Brown: Sexual arousal. The Coolidge effect and dominance in the rat (Rattus norvegicus). In: Animal Behaviour, Bd. 22 (1974), S. 634–637, ISSN 0003-3472. (doi:10.1016/S0003-3472(74)80009-6).
- ↑ James R. Wilson, Robert E. Kuehn und Franka A. Beach: Modifications in the Sexual Behavior of Male Rats Produced by Changing the Stimulus Female. In: Journal of Comparative and Physiological Psychology, Bd. 56 (1963), S. 636–644, ISSN 0021-9940.
- ↑ Dennis F. Fiorino, Ariane Coury, Anthony G. Phillips: Dynamic changes in nucleus accumbens dopamine efflux during the Coolidge effect in male rats. In: The Journal of Neuroscience. Bd. 17, Nr. 12, Juni 1997, S. 4849–4855, ISSN 0270-6474(Abstract).
- ↑ Gillian L. Lester und Boris B. Gorzalka: Effect of novel and familiar mating partners on the duration of sexual receptivity in the female hamster. In: Behavioral and Neural Biology, 1988 May;49(3):398–405, ISSN 0163-1047; Vgl. John Pinel: Biopsychology. 6. Aufl. sowie Robert D. Lisk und G. Baron: Female Regulation of Mating Location and Acceptance of new Mating Partners Following Mating to Sexual Satiety. The Coolidge Effect Demonstrated in the Female Golden-Hamster. In: Behavioral and Neural Biology, Bd. 36 (1982), Heft 4, S. 416–421, ISSN 0163-1047.
- ↑ Paul N. Joseph, Rakesh K. Sharma, Ashok Agarwal, Laura K. Sirot. Men Ejaculate Larger Volumes of Semen, More Motile Sperm, and More Quickly when Exposed to Images of Novel Women
- ↑ Roger N. Johnson: Aggression in Man and Animals. Saunders, S. 94.