Dichlor(dimethyl)silan

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von DMDCS)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Strukturformel
Struktur von Dichlor(dimethyl)silan
Allgemeines
Name Dichlor(dimethyl)silan
Andere Namen
  • Dichlordimethylsilan
  • Dimethyldichlorsilan
  • Repel-Silan
  • DMDCS
Summenformel C2H6Cl2Si
Kurzbeschreibung

farblose, leichtentzündliche Flüssigkeit mit stechendem Geruch[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 75-78-5
EG-Nummer 200-901-0
ECHA-InfoCard 100.000.820
PubChem 6398
Wikidata Q416690
Eigenschaften
Molare Masse 129,06 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig

Dichte

1,06 g·cm−3[1]

Schmelzpunkt

−86 °C[1]

Siedepunkt

70 °C[1]

Dampfdruck
  • 150 hPa (20 °C)[1]
  • 232 hPa (30 °C)[1]
  • 347 hPa (40 °C)[1]
  • 504 hPa (50 °C)[1]
  • 865 hPa (60 °C)[1]
Löslichkeit

heftige Zersetzung in Wasser[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[2] ggf. erweitert[1]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 225​‐​302​‐​331​‐​314
EUH: 014​‐​071
P: 210​‐​261​‐​280​‐​305+351+338​‐​310[1]
Toxikologische Daten

6056 mg·kg−1 (LD50Ratteoral)[3]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Dichlor(dimethyl)silan ist eine farblose, ätzende, leichtentzündliche Flüssigkeit, die zu den Silanen zählt. Sie wird hauptsächlich zur Silylierung eingesetzt. Die dabei entstehenden Derivate sind im Allgemeinen thermisch stabiler und hydrophob.

Gewinnung und Darstellung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dichlor(dimethyl)silan wird gemeinsam mit Chlor(trimethyl)silan und Trichlor(methyl)silan[4] über die Müller-Rochow-Synthese hergestellt. Dabei reagiert gepulvertes Silicium mit Chlormethan bei 350 °C in Gegenwart von gepulvertem Kupfer und Kupfer(I)-chlorid als Katalysator zu Dichlor(dimethyl)silan.

Synthese von Dichlordimethylsilan
Synthese von Dichlordimethylsilan

Dichlor(dimethyl)silan ist eine farblose Flüssigkeit, die in feuchter Luft oder Wasser unter Bildung von polymeren Methylsiloxanen hydrolysiert.[4] Am Siedepunkt bei 70 °C zersetzt sich die Verbindung.[1] Die Dampfdruckfunktion ergibt sich nach Antoine entsprechend:

im Temperaturbereich von 301 K bis 345 K.[5] Dichlor(dimethyl)silan hat bei 25 °C eine dynamische Viskosität von 0,64 mPa·s.[1]

Wichtige thermodynamische Größen werden in der folgenden Tabelle gegeben:

Zusammenstellung der wichtigsten thermodynamischen Eigenschaften
Eigenschaft Typ Wert [Einheit] Bemerkungen
Wärmekapazität cp 171,5 J·mol−1·K−1 (25 °C)[6]
1,33 J·g−1·K−1 (25 °C)
als Flüssigkeit
Kritische Temperatur Tc 520,4 K[7]
Kritischer Druck pc 34,90 bar[7]
Kritische Dichte ρc 2,86 mol·l−1[7]
Verdampfungsenthalpie ΔVH 31,5 kJ·mol−1[5] bei 316 K
Schmelzenthalpie ΔFH 8,828 kJ·mol−1[6]

Sicherheitstechnische Kenngrößen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dichlor(dimethyl)silan bildet leicht entzündliche Dampf-Luft-Gemische. Die Verbindung hat einen Flammpunkt bei −12 °C.[1][8] Der Explosionsbereich liegt zwischen 3,4 Vol.‑% (180 g/m3) als untere Explosionsgrenze (UEG) und >9,5 Vol.‑% (>510 g/m3) als obere Explosionsgrenze (OEG).)[1][8] Die Grenzspaltweite wurde mit 0,98 mm bestimmt.[1][8] Es resultiert damit eine Zuordnung in die Explosionsgruppe IIA.[8] Die Zündtemperatur beträgt 425 °C.[1][8] Der Stoff fällt somit in die Temperaturklasse T2.

Dichlor(dimethyl)silan ist ein universelles Silylierungsmittel (z. B. zur Derivatisierung von Alkoholen, Diolen, Carbonsäuren, (Di-)Aminen, Amiden, Ketonen, Dithiolen usw.) und wird vor allem als Zwischenprodukt zur Herstellung von Silikonen verwendet. Da die Verbindung anderen Verbindungen hydrophobe Eigenschaften verleiht, kann sie (z. B. in der Lebensmittelchemie) zur Verhinderung von Verklumpungen eingesetzt werden.

Sicherheitshinweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dichlor(dimethyl)silan reagiert mit Alkoholen, Aminen, Laugen, Säuren und Wasser.

Risikobewertung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Toxizität gegenüber Säugetieren liegt bei LC50: 4,91 mg/l/4 h (inhalativ, Ratte) und LD50: 6060 mg/kg (oral, Ratte).[1]

Dichlor(dimethyl)silan wurde 2012 von der EU gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH) im Rahmen der Stoffbewertung in den fortlaufenden Aktionsplan der Gemeinschaft (CoRAP) aufgenommen. Hierbei werden die Auswirkungen des Stoffs auf die menschliche Gesundheit bzw. die Umwelt neu bewertet und ggf. Folgemaßnahmen eingeleitet. Ursächlich für die Aufnahme von Dichlor(dimethyl)silan waren die Besorgnisse bezüglich hoher (aggregierter) Tonnage sowie der Gefahren ausgehend von einer möglichen Zuordnung zur Gruppe der PBT/vPvB-Stoffe. Die Neubewertung fand ab 2014 statt und wurde von Tschechien durchgeführt. Anschließend wurde ein Abschlussbericht veröffentlicht.[9][10]

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s Eintrag zu Dichlordimethylsilan in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 23. Mai 2017. (JavaScript erforderlich)
  2. Eintrag zu Dichloro(dimethyl)silane im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  3. Datenblatt Dichlor(dimethyl)silan bei Merck, abgerufen am 19. Januar 2011.
  4. a b Georg Brauer (Hrsg.), unter Mitarbeit von Marianne Baudler u. a.: Handbuch der Präparativen Anorganischen Chemie. 3., umgearbeitete Auflage. Band II, Ferdinand Enke, Stuttgart 1975, ISBN 3-432-02328-6, S. 707.
  5. a b Arthur C. Jenkins, George F. Chambers: Vapor Pressures of Silicon Compounds. In: Ind. Eng. Chem. 46, 1954, S. 2367–2369, doi:10.1021/ie50539a043.
  6. a b O. P. Samorukov, V. N. Kostryukov: Thermodynamics of organic derivatives of chlorosilanes. Low-temperature heat capacities, melting points, heats of fusion, and thermodynamic functions of the condensed phases of trichloromethylsilane and dichloromethylsilane. In: Russ. J. Phys. Chem. 45, 1971, S. 747–748.
  7. a b c N. G. Stepanov, V. F. Nozdrev: Physical Properties of Certain Organic Derivatives of Chlorosilane in the Critical Region. In: Russ. J. Phys. Chem. (Engl. Transl.). 42, 1968, S. 1300–1302.
  8. a b c d e E. Brandes, W. Möller: Sicherheitstechnische Kenngrößen. Band 1: Brennbare Flüssigkeiten und Gase. Wirtschaftsverlag NW – Verlag für neue Wissenschaft, Bremerhaven 2003.
  9. Europäische Chemikalienagentur (ECHA): Substance Evaluation Report und Conclusion Document.
  10. Community Rolling Action Plan (CoRAP) der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA): Dichloro(dimethyl)silane, abgerufen am 26. März 2019.