David Baltimore
David Baltimore (* 7. März 1938 in New York, USA) ist ein US-amerikanischer Mikrobiologe und Virologe. Er ist einer der Wegbereiter der Gentechnik und arbeitet am California Institute of Technology (Caltech). 1975 erhielt er zusammen mit Renato Dulbecco und Howard M. Temin den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin „für ihre Entdeckungen auf dem Gebiet der Wechselwirkungen zwischen Tumorviren und dem genetischen Material der Wirtszelle“.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Baltimore besuchte die High School in Great Neck, New York. Er studierte Biologie am Swarthmore College (Bachelor 1960), war 1960/61 am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und danach an der Rockefeller University, wo er 1963 promovierte. Als Post-Doc war er am MIT, dem Albert Einstein College of Medicine in der Bronx und dem Salk Institute (bei Renato Dulbecco). Ab 1968 war er als Associate Professor am MIT, wo er 1972 Professor wurde. 1982 war er dort Gründungsdirektor des Whitehead Institute, an dem er bis 1990 blieb, als er Präsident der Rockefeller University wurde.
1991 wurde er im Verlauf von Fälschungsvorwürfen (die später nicht erhärtet werden konnten[1])[2] um eine Professorin des MIT (Thereza Imanishi-Kari), die er in der Affäre stark unterstützte und mit der er auch am MIT gemeinsam veröffentlichte, zum Rücktritt als Präsident gezwungen. Er blieb zunächst Professor, wechselte aber 1994 wieder zum MIT. 1997 wurde er Präsident des Caltech, ein Amt, das er bis 2005 innehatte. Er ist zurzeit Professor an einem nach ihm benannten Labor am Caltech.
David Baltimore ist seit 1968 mit Alice S. Huang verheiratet, einer Biologin, die ebenfalls auf Virologie spezialisiert ist. Das Paar hat eine Tochter.
Werk
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Baltimore entdeckte unabhängig von Temin das Enzym Reverse Transkriptase, das die Ribonukleinsäure (RNA) in Desoxyribonukleinsäure (DNA) umschreibt. RNA und DNA spielen eine wichtige Rolle in der Synthese von Proteinen und der Weitergabe des Erbguts. Die reverse Transkriptase ist für die Vermehrung von sogenannten Retroviren wie dem Aidsvirus essentiell und spielt eine wichtige Rolle in der Gentechnik.
1981 baute er mit seinem Mitarbeiter Vincent Racaniello das Genom des Poliovirus über einen Plasmid in eine Säugerzelle ein, so dass sich dort das Virus vermehrte.
Auf David Baltimore geht die „Baltimore-Klassifikation“ von Viren zurück.
Baltimore, Alejandro Balasz und andere gehörten 2012 zu einem Team, das eine neue Impfstrategie gegen Aids entwickelte unter Verwendung von Methoden der Gentherapie (Vector Immuno Prophylaxis, IVP). Der Impfstoff umgeht die Produktion von Antikörpern durch das körpereigene Immunsystem (das durch das HI-Virus angegriffen wird), die Gene für die gewünschten Antikörper werden direkt in Zellen des Körpers eingebaut. Baltimore testete das Prinzip, in dem er Gene für die Antikörper b12, VRC01 gegen Aids in Muskelzellen von Mäusen einbaute, was diese wirksam gegen Aids schützte.[3]
Die Furin-Spalte des SARS-CoV-2 betrachtete Baltimore als Indiz einer menschengemachten Labor-Mutation – eine Interpretation, die andere Fachleute wie Kristian Andersen umgehend widerlegten.[4]
Ehrungen, Preise und Mitgliedschaften (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1970: Gustav Stern Award in Virologie[5]
- 1971: Eli Lilly and Company Research Award
- 1974: Gairdner Foundation International Award
- 1974: National Academy of Sciences Award in Molecular Biology
- 1974: Aufnahme in die American Academy of Arts and Sciences
- 1974: Aufnahme in die National Academy of Sciences
- 1975: Nobelpreis für Physiologie oder Medizin
- 1990: AAI Behring-Heidelberg Award[5]
- 1997: Mitglied der American Philosophical Society[6]
- 1999: National Medal of Science
- 1999: Auswärtiges Mitglied der Academia Europaea
- 2000: Warren Alpert Foundation Prize
- 2004: Ehrendoktor der Rockefeller University
- 2009: AAI Excellence in Mentoring Award[5]
- 2021: Lasker~Koshland Special Achievement Award in Medical Science
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- James Darnell, Harvey Lodish, David Baltimore: Molekulare Zellbiologie. De Gruyter, Berlin / New York 1993, ISBN 3-11-011934-X.
- Daniel Kevles: The Baltimore Case: A Trial of Politics, Science, and Character. Norton, 1998.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Informationen der Nobelstiftung zur Preisverleihung 1975 an David Baltimore (englisch)
- Interview ( vom 19. April 2014 im Internet Archive) in sciencegarden
- Laboratory of David Baltimore
- David Baltimores Webauftritt beim Caltech
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Das Office of Research Integrity (ORI) sah aufgrund von Geheimdienst-Analysen der Laborbücher 1994 zwar die Fälschungsvorwürfe bestätigt, das US-Gesundheitsministerium kam aber nur ein Jahr später zu gegenteiligen Ergebnissen und sah keine Beweise für Fälschungen vorliegen. Baltimore selbst wurde zu keiner Zeit wissenschaftliches Fehlverhalten vorgeworfen. Daniel Kevles schrieb darüber das Buch The Baltimore Case, Norton 1998 und auch der Mathematiker Serge Lang schrieb darüber. David Baltimore selbst veröffentlichte ebenfalls eine Stellungnahme 2003 ( vom 3. Juli 2008 im Internet Archive).
- ↑ Das war nicht die einzige Affäre, die Baltimores Ko-Autoren berührte. 2007 untersuchte das Caltech auch Fälschungsvorwürfe gegen Luk van Parijs (auch auf Veranlassung von Baltimore selbst). Van Parijs hatte ebenfalls mehrere Arbeiten mit Baltimore veröffentlicht und die Untersuchung ergab, das aufgrund von dessen Fälschungen vier gemeinsame Arbeiten korrigiert werden müssten.
- ↑ Alejandro B. Balazs, Joyce Chen u. a.: Antibody-based protection against HIV infection by vectored immunoprophylaxis. In: Nature. 481, 2011, S. 81–84, doi:10.1038/nature10660.
- ↑ Joachim Müller-Jung: Die Pandemie wird zur Elitenfalle. FAZ, Nr. 109/2021, S. N2.
- ↑ a b c https://www.aai.org/About/History/Notable-Members/Nobel-Laureates/DavidBaltimore
- ↑ Member History: David Baltimore. American Philosophical Society, abgerufen am 18. April 2018 (englisch, mit Kurzbiographie).
Personendaten | |
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NAME | Baltimore, David |
KURZBESCHREIBUNG | US-amerikanischer Virologe |
GEBURTSDATUM | 7. März 1938 |
GEBURTSORT | New York, USA |
- Virologe
- Zellbiologe
- Nobelpreisträger für Physiologie oder Medizin
- Träger der National Medal of Science
- Träger des Canada Gairdner International Award
- Mitglied der National Academy of Sciences
- Mitglied der American Academy of Arts and Sciences
- Mitglied der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften
- Mitglied der Académie des sciences
- Präsident der American Association for the Advancement of Science
- Auswärtiges Mitglied der Royal Society
- Mitglied der Academia Europaea
- Mitglied der American Philosophical Society
- Hochschullehrer (Massachusetts Institute of Technology)
- Hochschullehrer (California Institute of Technology)
- Person (New York City)
- US-Amerikaner
- Geboren 1938
- Mann