De Runner von Hamburg
Das Shanty De Runner von Hamburg ist ein traditionelles Lied, das sich im Repertoire vieler „Shanty-Chöre“ findet. Es wurde vom Hamburger Arbeiterdichter Heinrich Schacht verfasst und beschreibt das Einlaufen eines Schiffes in den Hamburger Hafen, bei dem die sogenannten Runner an Bord kommen, um den Seeleuten Bedarfswaren zu verkaufen. Hierbei nutzen die Runner Alkohol („Kööm un Beer“), sowie Zigarren, die sie kostenlos ausgeben, als Kaufanreiz.
Art, Herkunft und Inhalt des Liedes
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]De Runner von Hamburg ist ein Shanty, das zur Arbeit gesungen wurde. Es handelt sich um ein sogenanntes „Long-drag-Shanty“, genauer gesagt ein Halyard- oder auch Fall-Shanty. Als „Fall“ wird ein langes Tau bezeichnet, das beispielsweise zum Segelsetzen dient. Der Rhythmus des Gesangs hilft beim Zusammenarbeiten, denn er unterstützt das gleichzeitige Ziehen des Falls, während alle Mann den Refrain singen. Heinrich Schacht gestaltete den Text nach Liedern dieser Art, deren Melodien sich Seeleute in den amerikanischen Häfen von New Orleans oder Mobile von den farbigen Hafenarbeitern abhörten und mit eigenen Texten zu eigen machten. Die Melodie von De Runner von Hamburg ist einem weit verbreiteten Worksong entlehnt, der in vielen Variationen vorkommt, und häufig unter seinem Refrain Roll the cotton down gesungen wird.
Text
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]De See geiht hoch, de Wind, de blast
Oh, Kööm un Beer for mi!
Janmaat, die Fleit is nie verbaast
Oh, Kööm un Beer för mi
Reise aus Quartier un all an Deck
Oh, Kööm …
De Ool fiert sülvst de Marsseils weg
Oh, Kööm …
Un wenn wi nun na Hamborg kaamt
Denn süüt man all de Runners stahn
Elias röppt, dor büst du ja
Ik see di nich tom eersten Mal
Du bruukst gewiß een neen Hoot
Ik heff weck von de neeste Mood
Un ook gewiss een Taschendook
Un een nieen Slips, den bruukts du ook
Un ook een beten seep und Tweern
Un denn one pound to’m Amuseern
Wi is dat mit een lütten Kööm
Un een Zigarr, dat smeckt doch schöön
Afmustert ward, dat is mal klor
Wi geihn vun Bord un gröln Hurra!
Worterklärungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]„Kööm“ – eigtl. Köm genannter Kümmelschnaps, der Begriff wird in Norddeutschland jedoch auch für andere Sorten klaren, starken Alkohols genutzt, „Janmaat“ – ein Matrose, „Fleit“ – Flöte od. Vagina, „verbaast“ – eingeschüchtert od. verwirrt, „fiert“ – v. fieren, eine Leine nachlassen.[1]
Seemännischer Slang
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Text beschreibt die Vorgänge auf einem Schiff, das die Nordsee verlassen hat und mit Kurs auf Hamburg elbaufwärts fährt. Die Besatzung wird mit dem seemännischen Weckruf „Reise“ (von engl.: rise) aus ihren Räumlichkeiten, dem „Quartier“, an Deck gerufen. Währenddessen kümmert sich der als „Ool“ (plattd. für Alter) bezeichnete Kapitän darum, die oberen Segel, die Marssegel zu bergen. Als das Schiff somit an Geschwindigkeit verliert, kommen die „Runner“ an Bord. Das Wort „Runner“ wurde für Männer verwendet, die allerlei – teils zwielichtigen – mobilen Geschäften nachgingen. Es ist verwandt mit dem englischen Ausdruck „Rum-Runner“, der für Alkoholschmuggler und auch für Schwarzbrenner verwendet wurde. Die hamburgischen Runner kamen, wie das Lied darstellt, vor Einlaufen an Bord und nutzen teilweise die Situation der Seeleute aus. Einerseits, indem sie ihnen Alkohol gaben, andererseits, indem sie ihnen einredeten, bestimmte Dinge zu benötigen, um auf Landgang eine gute Figur zu machen: Seeleute, die in der Zeit der Segelschifffahrt oft seit vielen Monaten kein Land mehr betreten hatten, kannten die aktuelle Mode nicht. An Bord des besungenen einlaufenden Schiffes kennt sich jedoch einer der Seeleute mit den „Runnern“ aus. Er wird als „Elias“ bezeichnet, ein Ausdruck für einen weitsichtigen Matrosen, der auf den biblischen Propheten Elija zurückgeht.
Versionen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Hannes Wader hat auf seinem Album Hannes Wader singt Shanties eine von Hein Hoop arrangierte Version mit dem Titel „Köm un Beer för mi“ aufgenommen.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Jochen Wiegandt: An de Eck steihtn Jung mitn Tüdelband … Hamburger Liederbuch und Lexikon. 3. Auflage. Dölling und Galitz Verlag, Hamburg 2001, ISBN 3-935549-13-X.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Eva Hochrath, Rumold Hochrath: Langenscheidt Lilliput Plattdeutsch. Langenscheidt, München 2012, ISBN 978-3-468-19905-9