Debschitz-Schule

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
In der Metallwerkstatt der Debschitzschule, um 1903. Links stehend: Wilhelm von Debschitz, links vorn sitzend: Gertraud von Schnellenbühel, vor dem Regal stehend: vermutlich Else Sapatka

Die Lehr- und Versuch-Ateliers für angewandte und freie Kunst, Wilhelm von Debschitz, in Fachkreisen noch heute kurz Debschitz-Schule genannt, war eine reformorientierte Kunstschule in München, die von 1902 bis 1914 bestand.

Wilhelm von Debschitz, aus altem Oberlausitzer Adelsgeschlecht und Sohn eines preußischen Generalleutnants, gründete 1902 gemeinsam mit dem Schweizer Jugendstil-Künstler Hermann Obrist in München, in der Hohenzollernstr. 7a, diese – später in Fachkreisen nur noch nach ihm benannte – Ausbildungsstätte für Künstler und Kunsthandwerker.

Hermann Obrist verließ die Debschitz-Schule bereits 1904. Debschitz war neben einigen künstlerischen Arbeiten wohl maßgeblich mit der Leitung der Schule befasst, die er aber – wohl auch wegen finanzieller Schwierigkeiten – 1914 an ein Künstler-Konsortium unter Fritz Schmoll gen. Eisenwerth, einem jüngeren Bruder von Karl Schmoll von Eisenwerth, verkaufte.

Zielsetzung und Entwicklung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Werkstättenschule stand die Debschitz-Schule an der Spitze der zeitgenössischen Bestrebungen der Kunstschulreform mit dem Ziel, bildende und angewandte Kunst zusammenzuführen und unmittelbar in die Belange des täglichen Lebens einfließen zu lassen.

Fast revolutionär an dieser Kunstschule war, dass die Keramikwerkstatt von einer Frau geleitet wurde, deren Leitung im Jahr 1907 Clara Truëb übertragen wurde.[1] An den meisten Kunstakademien waren Frauen gar nicht erst zugelassen, an Kunstgewerbeschulen höchstens in eigenen Klassen. Nicht zufällig entstanden deshalb auch Künstler-Ehen an der Debschitz-Schule. Ihnen war an der Universität Bielefeld die Ausstellung „Künstlerehepaare aus dem Umfeld der Münchner Debschitz-Schule“ vom 18. März bis 2. Mai 2004 gewidmet.

Nach dem großen Erfolg der „Ausstellung München 1908“ mit Keramiken, entworfen und ausgeführt von Schülern der Debschitz-Schule, wurde 1910 in der Keramischen Werkstätte neben dem Unterricht die kommerzielle Fabrikation keramischer Erzeugnisse eingeführt, zu denen neben bemalten Gebrauchsgegenständen auch dekorative Figuren und Tierplastiken gehörten, wie u. a. ein Pfefferfresser von Friedrich Eisenhofer. Diese Produkte trugen das Blindzeichen „L.U.V.A. / v.Debschitz / München“.

Im Archiv des Karl Ernst Osthaus-Museums der Stadt Hagen befindet sich ein Briefwechsel zwischen den „Lehr- und Versuch-Ateliers für angewandte und freie Kunst“ und dem „Deutschen Museum für Kunst in Handel und Gewerbe“. Hierbei handelt es sich um Anfragen des Deutschen Museums an Wilhelm von Debschitz,

  1. ob dieser Arbeiten seiner Metallwerkstätte für Ausstellungszwecke zur Verfügung stellen könne,
  2. um die Auslage von Prospekten des Deutschen Museums im Münchner Atelier,
  3. um die Beteiligung der Werkstätte an der keramischen Ausstellung des Deutschen Museums in den USA im Jahre 1912 (KEO-Archiv A 342).
  4. In einem weiteren Schriftstück im Archiv (KEO-Archiv 109/63) wird er aufgefordert, seinen Mitgliedsbeitrag zum „Deutschen Museum für Kunst in Handel und Gewerbe“ zu bezahlen.

Die völlig neuartige und eigenwillige Kunstschule zog eine Fülle von Künstlern in die Stadt, die einige Jahre hier arbeiteten, um dann an ähnlich organisierte Kunstgewerbeschulen in Deutschland zu gehen.

  • Graham Dry: Die Debschitz-Schule - eine neue Schule im Stil der Zeit. In: Ab nach München! Künstlerinnen um 1900. Hrsg. Antonia Voit, Münchner Stadtmuseum, München, 2014, S. 188–197.
  • Robin Lehmann: Maler in München. Eine Gemeinde im Wandel. In: Die Kunst die Macht und das Geld. Zur Kulturgeschichte des kaiserlichen Deutschland 1871–1918. Campus-Verl., Frankfurt [u. a.] 1994, S. 108 ff.
  • Dagmar Rinker: Die Lehr- und Versuch-Ateliers für angewandte und freie Kunst (Debschitz-Schule), München 1902-1914. [Magisterarbeit] (Schriften aus dem Institut für Kunstgeschichte der Universität München. Bd. 61) Tuduv-Verlagsgesellschaft, München 1993, ISBN 3-88073-469-0.
  • Helga Schmoll gen. Eisenwerth: Die Münchner Debschitz-Schule. In: Rolf Bothe, Hans-Werner Klünner, Ekkehard Mai, Johannes Rickert, Hans Maria Wingler (Hrsg.): Kunstschulreform 1900–1933. Gebrüder Mann Verlag, Berlin 1977, ISBN 3-7861-1191-X.
  • Beate Ziegert: The Debschitz School, A Selectively Annotated Bibliography. Vance Bibliographies, Englisch, Monticello (Illinois, USA) 1985
  • Beate Ziegert: The Debschitz School - Munich: 1902-1914. Design Issues. School of Art and Design, Universität Illinois, Chicago (USA) 1986.
Commons: Debschitz-Schule – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Silvia Glaser: Keramiken von Clara von Ruckteschel-Truëb in Kulturgut, 2/2010