Degussa Sonne/Mond Goldhandel

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Degussa Sonne/Mond Goldhandel GmbH

Logo
Rechtsform GmbH
Gründung 2010
Sitz München[1]
Leitung Geschäftsführung:

Christian Rauch (CEO) und Mark Sommer (CFO)[2]

Mitarbeiterzahl 135 (Jahresdurchschnitt 2020)[1]
Umsatz 2,1 Mrd. EUR[1]
Branche Edelmetall- und Münzhandel
Website www.degussa-goldhandel.de

Die Degussa Sonne/Mond Goldhandel GmbH (als Handelsmarke verkürzt zu Degussa Goldhandel) ist ein 2010 gegründetes Edelmetallhandelshaus mit Firmensitz in München.[1] Degussa Sonne/Mond Goldhandel unterhält elf Niederlassungen in Deutschland (Augsburg, Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main (auch Firmenzentrale), Hamburg, Hannover, Köln, München, Nürnberg, Pforzheim, Stuttgart) und in anderen europäischen Städten (z. B. in Genf, London, Madrid, Zürich). Medien kritisierten die früheren rechtslibertären Aktivitäten von Degussa Goldhandel, von denen sich das Unternehmen seit dem Wechsel der Geschäftsführung 2023 distanziert.

Degussa war eine 1873 gegründete Scheideanstalt, deren Name für „Deutsche Gold- und Silber-Scheide-Anstalt“ stand. Außer den Namensrechten besteht keine Unternehmenskontinuität von der heutigen Degussa Sonne/Mond Goldhandel zu der historischen Degussa.[3] Die Bankiersfamilie von Finck um August von Finck junior erwarb 2010 für zwei Millionen Euro über eine Holding, Substantia AG, die Nutzungsrechte für den Markennamen Degussa in Verbindung mit dem Edelmetallgeschäft von Evonik Industries, dem Nachfolgeunternehmen der historischen Degussa.[4][5] Die Barrenproduktion der ehemaligen Degussa führt das Unternehmen Umicore weiter.[6] Degussa Sonne/Mond Goldhandel lässt ihre Barren neben anderen Affinerien bei der Schweizer Scheideanstalt Valcambi herstellen.[4]

In Cham in der Schweiz wurde im Herbst 2010 die Degussa Sonne/Mond Goldhandel AG gegründet.[3] Im August 2013 übernahm Degussa Sonne/Mond Goldhandel den Würzburger Edelmetallhändler SilviOr GmbH, der auf die Einlagerung von Edelmetallen spezialisiert ist.[7] Im November 2013 geschah die Übernahme des Londoner Goldhandelshauses Sharps Pixley,[8][9][10] im August 2014 folgte die Pforzheimer Scheideanstalt Schellhorn & Roth.[11]

Im Januar 2014 entschied das Oberlandesgericht München in zweiter Instanz, dass die Degussa Sonne/Mond Goldhandel ihre irreführende Werbung mit dem Motto „Degussa – Gold und Silber seit 1843“, die eine nicht bestehende über 170-jährige Unternehmenskontinuität vortäuschte, einstellen müsse.[5]

Niederlassung der Degussa Sonne/Mond Goldhandel GmbH im Gereonshaus in Köln

Im März 2019 verließ der langjährige Geschäftsführer Wolfgang Wrzesniok-Roßbach das Unternehmen, nachdem Degussa Sonne/Mond Goldhandel jahrelang Verluste geschrieben und von Zuschüssen der Finck-Familie gelebt hatte. Branchenkenner vermuten, dass die mangelnde Profitabilität einer der Gründe für Wrzesniok-Roßbachs Ausscheiden war.[12] Im Mai 2019 eröffnete das Goldmuseum Goldkammer Frankfurt, ein Schwesterunternehmen der Degussa Sonne/Mond Goldhandel, das unter Goldkammer Frankfurt GmbH firmiert und im Sommer 2023 dauerhaft für das Publikum geschlossen wurde.[13][14][15] Im September 2019 wurde Markus Krall neuer CEO und Sprecher der Geschäftsführung.[16]

Ende November 2022 stellte das Unternehmen Krall mit sofortiger Wirkung frei. Die Wirtschaftszeitungen Capital und Handelsblatt vermuten, dass diese Entscheidung mit dem Tod August von Finck junior bzw. der Übernahme des Unternehmens durch den Erben August François von Finck in Zusammenhang steht.[17][18]

Seit März 2023 ist Christian Rauch neuer CEO, alleiniger Geschäftsführer und „Sprecher der Geschäftsführung“.[19] Markus Ragg, Chief Operating Officer, sowie Finanzchef Holger Stemmler haben das Unternehmen verlassen. Auch Chefvolkswirt Thorsten Polleit verlässt das Unternehmen. Dies bestätigte CEO Christian Rauch. Rauch distanzierte sich von der durch seinen Vorgänger Krall getriebenen Politisierung des Unternehmens.[20]

Seit 2012 war Thorsten Polleit als Chefvolkswirt bei der Degussa tätig und verantwortete volkswirtschaftliche Analysen zu Konjunktur, Edelmetall- und Finanzmärkten, Geld- und Wirtschaftspolitik.[21] Im Newsletter Degussa Marktreport, Podcast Golden Times und dem Videoformat Krall & Polleit direkt wurden Analysen von Polleit und Krall veröffentlicht. Seit August 2020 erschienen Artikel von Polleit aus dem Degussa Marktreport auch auf Focus Online. Die Äußerungen von Markus Krall sind politisch umstritten, beispielsweise weil er die Niedrigzinspolitik der EZB als „Maschinenraum des Völkerselbstmordes“ bezeichnete und Menschen, die Geld vom Staat erhalten, das Wahlrecht entziehen möchte.[22][23]

Nach Recherchen von Spiegel und WOZ fungierte Degussa Sonne/Mond Goldhandel in den Jahren 2014 und 2015 als einer der Hauptlieferanten für einen Goldhandel, mittels dem die rechtspopulistische Partei AfD in den ersten Jahren ihre finanzielle Basis stärkte.[24][25] Laut Michael Blume habe Finck der AfD mittels Degussa die Spenden unter Verletzung des bundesdeutschen Parteienrechts zugeführt.[26]

Das Fernsehmagazin Frontal21 berichtete in Zusammenarbeit mit dem Soziologen Andreas Kemper im Januar 2021, dass Degussa Goldhandel Stimmung gegen „linke Kräfte mache, die der bürgerlichen Mitte angeblich den Wohlstand rauben“. Namentlich wurde das im Münchener Stammsitz der Firma ansässige Mises-Institut genannt, das vom ehemaligen Chef-Ökonomen von Degussa Goldhandel, Thorsten Polleit, geführt wurde. Frontal21 zitierte zudem den Sprecher der Geschäftsführung, Markus Krall, mit der Forderung, das Wahlrecht für Menschen für die Zeitspanne abzuschaffen, in der sie Geld vom Staat erhielten. Krall fordere eine entsprechende „bürgerliche Revolution“.[27] Mit der einvernehmlichen Trennung von Thorsten Polleit wurden laut CEO Christian Rauch auch sämtliche Verbindungen zum Mises-Institut beendet.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b c d Jahresabschluss per 31. Dezember 2020, bundesanzeiger.de, abgerufen am 19. April 2023
  2. Impressum, degussa-goldhandel.de, abgerufen am 9. März 2024
  3. a b Doris Grass und Gerhard Hegmann: Comeback des Goldhändlers Degussa (Memento vom 4. November 2011 im Internet Archive), in: Financial Times Deutschland, 2. November 2011
  4. a b Simone Boehringer: Recycling der edlen Sorte. In: Süddeutsche Zeitung, 11. November 2011
  5. a b Frank Stocker: Gericht stoppt Gold-Schwindel unter falschem Namen. In: Die Welt, 5. Januar 2014
  6. Nur wo Umicore draufsteht ist auch Degussa drin (Memento vom 3. November 2013 im Internet Archive), Umicore Pressemitteilung vom 16. Dezember 2011
  7. Deals of the day. In: Reuters.com, 6. August 2013
  8. German bullion retailer Degussa buys London dealer Sharps Pixley. In: Reuters.com, 7. November 2013
  9. Interview mit Degussa-Geschäftsführer Wolfgang Wrzesniok-Roßbach (Memento vom 22. März 2014 im Internet Archive) Börse am Sonntag, 15. November 2013
  10. Sharps Pixley ging 1957 aus dem Zusammenschluss von Sharps & Wilkins (gegr. 1778) mit Pixley & Abell (gegr. 1852) hervor.
  11. Gerd Lache: Goldhändler etabliert sich in der Goldstadt (Memento vom 23. Oktober 2014 im Internet Archive) In: Pforzheimer Zeitung, 14. August 2014.
  12. Henning Hölder: Der Chef von Degussa tritt ab – still und leise 27. April 2019 auf: handelszeitung.ch
  13. Sonja Fouraté: Neues Frankfurter Museum zeigt spektakuläre Goldschätze. (Memento vom 25. Mai 2019 im Internet Archive) In: hessenschau.de, 25. Mai 2019
  14. Degussa Goldkammer Frankfurt, kulturhistorisches Museum. Abgerufen am 27. September 2020.
  15. Schließung der Goldkammer. Abgerufen am 21. Juli 2023.
  16. Jakob Blume: Geschäftsführer Markus Krall mit sofortiger Wirkung freigestellt. Handelsblatt, 1. Dezember 2020, abgerufen am 20. Januar 2024.
  17. Marina Zapf: Degussa-Chef Markus Krall: Abgang eines Untergangspropheten in: Capital, 30. November 2022
  18. Jakob Blume: Handelsblatt: Goldhändler Degussa stellt Geschäftsführer Markus Krall frei, in: Handelsblatt, 1. Dezember 2022
  19. Christian Rauch wird ab 15. März 2023 neuer CEO der Degussa Sonne/Mond Goldhandel GmbH. Abgerufen am 19. April 2023 (deutsch).
  20. Judith Henke, Jakob Blume: Neuer Degussa-CEO: Keine Politik mehr, dafür konsequente Digitalisierung. In: Handelsblatt. 15. August 2023 (handelsblatt.com).
  21. Degussa mit Thorsten Polleit als Chefvolkswirt (Memento vom 23. September 2015 im Internet Archive), Pressemeldung Degussa Sonne/Mond Goldhandel, 23. April 2012
  22. Jakob Blume: Degussa-Chef Markus Krall: Provokateur mit Kalkül. In: Handelsblatt.com, 16. Januar 2020
  23. Zeit Online vom 23.09.20: Mark Schieritz: Goldhandel. In die Tonne mit dem nutzlosen Zeug
  24. Melanie Amann, Sven Becker, Sven Röbel: Verdeckte AfD-Unterstützung: Spur führt zu Milliardär August von Finck. In: Spiegel Online, 23. November 2018
  25. Anna Jikhareva, Jan Jirát, Kaspar Surber, Verdeckte AfD-Unterstützung Spur führt zu Milliardär von Finck, In: WOZ vom 23. November 2018
  26. Michael Blume, Corona und Bargeldbeschaffung sind zwei Seiten einer Medaille, In: Matthias Meisner, Heike Kleffner, Fehlender Mindestabstand, Herder 2020, S. 129; Nachdruck in ZEIT vom 17. April 2021
  27. Frontal21: Die Goldhändler von Degussa. AfD-Geschäfte und rechte Gesinnung, 12. Januar 2021, Videobeitrag