Denmark Hill Y Station
Denmark Hill Y Station (genauer: Metropolitan Police Wireless Station at Denmark Hill) war eine Funkabhörstelle des britischen Geheimdienstes. Sie lag innerhalb der damaligen Polizeidienststelle der Metropolitan Police am Denmark Hill, einem Stadtteil direkt südlich der Londoner Innenstadt im Stadtbezirk Southwark und unmittelbar nördlich von Herne Hill, in der Straße Grove Park Nr. 113.[2] Während des Zweiten Weltkriegs war Denmark Hill eine wichtige Funkstelle (Y station) der britischen Government Code and Cypher School (G.C.& C.S.) (deutsch etwa „Staatliche Code- und Chiffrenschule“).
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Funkhorchposten wurde im Mai 1936[3] in der Polizeistation am Denmark Hill eingerichtet und zunächst durch Commander (entspricht Fregattenkapitän) Harold Charles Kenworthy (1892–1987) geleitet, der später, im Juni 1942, die Leitung der neugegründeten Government Communications Wireless Station (G.C.W.S.) Ivy Farm in Knockholt (25 km südöstlich von London) übernahm. Zwischen 1934 und 1937 lag der Fokus auf dem Abfangen geheimer sowjetischer Funksendungen mit der Communist Party of Great Britain.[4]
Ab 1939, nach Beginn des Zweiten Weltkriegs, beherbergte die Station eine der britischen War Office Y Groups (W.O.Y.G.) (Funkabhörgruppen des Kriegsministeriums), deren Aufgabe es war, den feindlichen Funkverkehr abzufangen und aufzuzeichnen. Der Horchposten Denmark Hill war auf das Abfangen und Aufzeichnen von deutschen Hochgeschwindigkeits-Funksendungen spezialisiert.[5] Hier gelang es den Briten bereits in der zweiten Jahreshälfte 1940 zum ersten Mal den brandneuen deutschen Funkfernschreibverkehr aufzufangen, der sich deutlich hörbar vom gewohnten Klang der Morsezeichen unterschied. Sie gaben ihm zunächst die Spitznamen new music („neue Musik“) und NoMo für No Morse („Kein Morse“). Etwas später wurden Funksendungen dieser Art unter dem Decknamen Fish („Fisch“) zusammengefasst. Aufgrund mangelnder Kapazität und Ressourcen wurden diese Nachrichten zunächst nur mit niedriger Priorität verfolgt und konnten nicht entziffert werden. Der kryptanalytische Einbruch gelang dann in der zweiten Jahreshälfte 1941 (siehe auch: Kryptanalyse der Lorenz-Maschine) durch die britischen Codebreakers in Bletchley Park. Nach erfolgreicher Entzifferung und nachrichtendienstlicher Auswertung der abgefangenen deutschen Funkfernschreiben fassten die Briten die nicht selten kriegswichtigen Informationen unter dem Decknamen Ultra zusammen und nutzten sie für ihre eigenen Planungen.
Unmittelbar nach dem Krieg wurde die Funkstation am Denmark Hill aufgegeben.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- James A. Reeds, Whitfield Diffie, J. V. Field: Breaking Teleprinter Ciphers at Bletchley Park. An edition of I. J. Good, D. Michie and G. Timms. General Report on Tunny with Emphasis on Statistical Methods (1945). Wiley-IEEE Press, 2015. ISBN 978-0-470-46589-9.
- Nigel West: Historical Dictionary of Signals Intelligence. Scarecrow Press, 2012, ISBN 978-0-8108-7187-8.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Foto einer Sprachfrequenzeinrichtung in der Polizeistelle am Denmark Hill (1936). Abgerufen am 22. März 2017.
- G.C.W.S. Ivy Farm, Knockholt Pound. Bericht über die Metropolitan Police Sigint Station von Denmark Hill (englisch). Abgerufen am 22. März 2017.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ James A. Reeds, Whitfield Diffie, J. V. Field: Breaking Teleprinter Ciphers at Bletchley Park. An edition of I. J. Good, D. Michie and G. Timms. General Report on Tunny with Emphasis on Statistical Methods (1945). Wiley-IEEE Press, 2015, S. 515 (englisch). ISBN 978-0-470-46589-9.
- ↑ Nigel West: Historical Dictionary of British Intelligence. Scarecrow Press, 2014, S. 254, ISBN 0-8108-7897-6.
- ↑ Friends of the Metropolitan Police Historical Collection (englisch), abgerufen am 25. Februar 2019.
- ↑ Nigel West: Historical Dictionary of Signals Intelligence. Scarecrow Press, 2012, S. 75, ISBN 978-0-8108-7187-8.
- ↑ Francis Harry Hinsley, Alan Stripp: Codebreakers – The inside story of Bletchley Park. Oxford University Press, Reading, Berkshire 1993, S. 101. ISBN 0-19-280132-5.
Koordinaten: 51° 28′ 6″ N, 0° 4′ 55″ W