Desinvestition

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Die Desinvestition (auch Devestition; englisch divestment oder englisch disinvestment) bezeichnet in der Betriebswirtschaftslehre in einem Unternehmen die Kapitalfreisetzung durch die Veräußerung von Vermögensgegenständen, also die Umwandlung von Sach- oder Finanzwerten in liquide Mittel. Eine Desinvestition kann auch durch ein Spin-off (Abspaltung) erfolgen (in diesem Fall erhalten die Gesellschafter einen Anteil an einem neuen Unternehmen). Gegensatz der Desinvestition ist die Investition.

Das Wort „Desinvestition“ nimmt unmittelbar Bezug auf den Begriff „Investition“ und bedeutet aus dieser Sicht „Beendigung oder Aufhebung einer Investition“.[1] Diese Art der Kapitalbeschaffung stellt eine Form der Innenfinanzierung dar: Es handelt sich um die Wiederbeschaffung von früher investierten Mitteln, die somit erneut für Investitionen oder Begleichung von Verbindlichkeiten beziehungsweise Verbesserung der Liquidität, zur Verfügung stehen. Durch die Desinvestition wird die bisherige Kapitalbindung aufgehoben, bilanziell liegt ein Aktivtausch vor.

Der englische Begriff Divestment wird auch häufig als Schlagwort für verschiedene Kampagnen zum Entzug von Kapital aus Unternehmen oder Staaten verwendet, die ihren Gewinn mit kritisierten Zwecken erzielen. Im Zusammenhang mit dem Abzug von ausländischen Direktinvestitionen aus sanktionierten Staaten spricht man auch von englisch divestiture.[2] Divestment ist Teil des ethischen Investments.

Mögliche Gründe einer Desinvestition

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Jede Veräußerung führt zur Monetarisierung von kapitalbindendem Sachanlage- oder Finanzvermögen, es sei denn, es erfolgt beispielsweise ein Aktientausch.

Desinvestition kann aus ethischen und politischen Gründen erfolgen oder gefordert werden, man spricht dann häufig von Divestment. Es zielt auf Unternehmen oder Staaten, deren Verhalten oder Produkte als unethisch angesehen werden. Finanzanlagen, die in solchen Unternehmen oder Staaten investiert sind, sollen abgezogen werden, Neuinvestition in diese Unternehmen beziehungsweise Staaten soll unterbleiben. Beim Divestment handelt sich um eine Form des ethischen Investments, und zwar im Wesentlichen anhand von Ausschlusskriterien.[6] Divestment ähnelt einem Wirtschafts- oder Konsumentenboykott, beim Divestment ist es die Finanzierung eines Wirtschaftssubjekts, die boykottiert werden soll.[7]

Divestment-Kampagnen sind Kampagnen, die vor allem institutionelle Anleger, aber auch Privatpersonen zum Divestment auffordern. Die Wirkung der Kampagnen auf die Kosten der Kapitalbeschaffung bei einer Fremdfinanzierung, das heißt Kreditzinsen beziehungsweise Ausgabekurse neu emittierter Aktien, und die Marktbewertung der ins Auge gefassten Unternehmen sind oft nicht oder kaum nachweisbar. Stattdessen beruht eine Wirkung von Desinvestitionskampagnen, indem sie am Reputationsrisiko wirtschaftlicher Akteure ansetzen, eher auf Stigmatisierung und als Mittel einer gesellschaftlichen Willensbildung.[8]

Die Desinvestition wurde zum ersten Mal in den 1980er Jahren als Teil politischer Kampagnen (englisch divestment campaigns) angewendet, insbesondere in den Vereinigten Staaten von Amerika. So wurde damals ein Wirtschaftsboykott gegen das südafrikanische Apartheidsregime organisiert, indem öffentliche Investoren wie Gemeinden, Kirchen oder Hochschulen dazu aufgefordert wurden, sämtliche Gelder aus südafrikanischen Anlagen abzuziehen.

Seitdem gab es diverse weitere Desinvestitions-Kampagnen gegen Staaten und Unternehmen, zum Beispiel

Nach den bisherigen Aussagen betrifft die Desinvestition ausschließlich das Sachanlage- oder Finanzanlagevermögen. Häufig wird aber auch von Desinvestition gesprochen, wenn das Umlaufvermögen vermindert wird insbesondere durch Abbau von Debitoren (etwa durch Factoring) oder Lagerbeständen (etwa durch Abverkauf).[13] Wird eine Fehlinvestition oder eine Investitionsruine rückgängig gemacht, liegt zweifellos eine Desinvestition vor. Schwieriger zu beurteilen ist die Finanztransaktion des Sale-Lease-Back, bei dem zwar Anlagevermögen veräußert wird, aber durch Leasing weiter genutzt werden darf. Da diese Transaktion eine Bilanzstrukturfinanzierung darstellt und Liquidität vereinnahmt wird, kann es im Rahmen der Unternehmensfinanzierung als Desinvestition eingeordnet werden.[14]

  • Sarah A. Soul: The Student Divestment Movement in the United States and Tactical Diffusion: The Shantytown Protest. In: Social Forces. Band 75, Nr. 3, 1997, S. 855–882, doi:10.1093/sf/75.3.855.
  • Judith A. White: Divestment. In: Robert W. Kolb (Hrsg.): Encyclopedia of Business Ethics and Society. Band 2. SAGE Publications, 2008, S. 610–612.

Einzelnachweise

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  1. Walther Busse von Colbe/Nils Crasselt/Bernhard Pellens (Hrsg.), Lexikon des Rechnungswesens, 2. Auflage, 1991, S. 143; ISBN 978-3-486-59092-0
  2. Divestiture. In: William A. Darity Jr. (Hrsg.): International Encyclopedia of the Social Sciences. 2. Auflage. Band 2. Macmillan Reference USA, 2008, S. 420–421.
  3. Siegfried G. Häberle (Hrsg.), Das neue Lexikon der Betriebswirtschaftslehre, 2008, S. 262
  4. Judith A. White: Divestment. 2008.
  5. Ingo Arzt: Wie der Klimawandel den Kapitalismus verändert. Vor ein paar Jahren waren Klimaschutz und Finanzmärkte so gegensätzlich wie Greenpeace und Shell. Das ändert sich jetzt. Und zwar so sehr, dass selbst die Deutsche Bundesbank in Zugzwang gerät. www.taz.de, 11. November 2017, abgerufen am 12. November 2017.
  6. Cedric Dawkins: Elevating the Role of Divestment in Socially Responsible Investing. In: Journal of Business Ethics. Oktober 2016, doi:10.1007/s10551-016-3356-7.
  7. Brian Burch: Boycotts und Divestment. In: Gary L. Anderson und Kathryn G. Herr (Hrsg.): Encyclopedia of Activism and Social Justice. SAGE Publications, 2007.
  8. Harvard Political Review, Eric Hendey, harvardpolitics.com: Does Divestment Work? (Zuletzt aufgerufen: 13. November 2016)
  9. wedivest.org (Memento vom 7. April 2014 im Internet Archive)
  10. Judith A. White: Divestment. 2008.
  11. Judith A. White: Divestment. 2008.
  12. Mark Holt: Liverpool City Council votes to disinvest in arms trade. In: labournet.net. 21. Oktober 2007, abgerufen am 28. Dezember 2016.
  13. Konrad Liessmann (Hrsg.), Gabler Lexikon Controlling und Kostenrechnung, 1997, S. 210
  14. Jost W. Kramer/Karl-Wolfhart Nitsch, Facetten der Unternehmensfinanzierung, 2014, S. 11