Dirk Spaniel
Dirk Spaniel (* 3. November 1971 in Marburg)[1] ist ein deutscher Politiker (parteilos, zuvor AfD). Er war bis zu seiner Abwahl im Februar 2020 neben Bernd Gögel Co-Landessprecher der AfD Baden-Württemberg.[2] Seit 2017 ist er Mitglied des Deutschen Bundestags, von 2017 bis November 2018 war er dort Vorsitzender der baden-württembergischen Landesgruppe.[3]
Nachdem Spaniel bei der parteiinternen Aufstellungsversammlung zur Bundestagswahl 2025 nicht gewählt worden war, trat er im Oktober 2024 aus Fraktion und Partei aus.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach dem Abitur 1991 an der Lahntalschule in Biedenkopf[1] studierte Spaniel Chemieingenieurwesen und Maschinenbau an der Technischen Universität Clausthal und an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen und von 1995 bis 1996 Mechanical Engineering an der Michigan State University in den USA. Das Studium schloss er als Diplom-Ingenieur (Maschinenbau) ab. Von 1997 bis 1999 schrieb er seine Doktorarbeit über Brennstoffzellenfahrzeuge[4] an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen und bei DaimlerChrysler. Die Promotion schloss er mit dem akademischen Grad „Dr. ing“ ab. Er war dann von 2000 bis 2004 Versuchs- und Entwicklungsingenieur für Fahrdynamik bei DaimlerChrysler. Von 2004 bis 2017 arbeitete er in verschiedenen Leitungsfunktionen in der Pkw-Entwicklung der Daimler AG.[1][5]
1997 kam er nach Stuttgart; er wohnt mit Frau und Tochter auf dem Killesberg.[6]
Politik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Spaniel war Ende der 1980er Jahre Mitglied eines Kreisvorstands der Jungen Union Hessen.
Er trat 2015 mit Beginn der Flüchtlingskrise der AfD bei und wurde im Oktober 2016 in der Partei aktiv.[6] Auf dem ersten Landeslistenparteitag der AfD Baden-Württemberg im November 2016 konnte Spaniel sich nicht bei den ersten neun Plätzen durchsetzen. Er wurde später zum AfD-Direktkandidaten im Bundestagswahlkreis Stuttgart I gewählt und im Januar 2017 auf den Platz 10 der Landesliste.[7]
Auf dem Landesparteitag am 23. Februar 2019 wurde er neben dem Fraktionsvorsitzenden Bernd Gögel zum Sprecher des Landesverbandes gewählt. Er setzte sich mit 371 zu 341 Stimmen gegen Martin Hess durch.[2] Spaniel wurde dem „Flügel“ zugerechnet, einer 2020 formell aufgelösten Sammlungsbewegung innerhalb und außerhalb der AfD, die vom Verfassungsschutz als Verdachtsfall für rechtsextremistische Bestrebungen eingestuft wurde.[8]
2019 wurden Audioaufnahmen publik, in denen Spaniel im Rahmen innerparteilicher Machtkämpfe versuchte, Jörg Meuthen als möglichen Bundesvorsitzenden der AfD zu verhindern. Meuthen bezeichnete Spaniel daraufhin als „hochgradig toxisch“ und sagte, Spaniel ordne „seinen Machtfantasien restlos alles unter“.[8]
Spaniel war im 19. Deutschen Bundestag Obmann des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur und ordentliches Mitglied im Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung. Zudem gehörte er als stellvertretendes Mitglied dem Ausschuss für Wirtschaft und Energie und dem Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit an.[9]
Im Juli 2021 wurde gegen Spaniel zum wiederholten Male ein Parteiausschlussverfahren angestrebt, weil er bereits mehrfach mit „parteischädigendem“ Verhalten aufgefallen sei. Spaniel warf in einem Schreiben, das auch von dem Bundestagsabgeordneten Thomas Seitz sowie dem Sprecher des AfD-Kreisverbands Reutlingen Hansjörg Schrade unterstützt wurde, unter anderem der AfD-Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel nach deren Spendenskandal „Vertuschung“, „völlige Intransparenz“ und „fehlenden Willen zur internen Aufklärung“ vor und bezeichnete das Gerichtsverfahren rund um die Spendenaffäre in dem Schreiben als „sinnlos“. Weidel wies die Anschuldigungen Spaniels als „haltlos“ zurück. Über sein innerparteiliches Verhalten hatte die AfD bereits 2019 ein juristisches Gutachten an eine Anwaltskanzlei in Essen in Auftrag gegeben. Dabei ging es besonders um seine Nähe zu dem rechtsextremen Thüringer AfD-Chef Björn Höcke und dem später aufgelösten „Flügel“ der AfD. Des Weiteren missfielen dem AfD-Bundesvorstand Spaniels Kontakte zu der rechtsextremen Gewerkschaft Zentrum und dem Compact-Magazin von Jürgen Elsässer. Nachdem der AfD-Bundesvorstand im April 2020 aufgrund des Verfahrens eine zweijährige Ämtersperre für Spaniel beantragt hatte, bestätigte später ein Mitarbeiter der AfD-Bundesgeschäftsstelle, dass das Parteiordnungsverfahren über das Landesschiedsgericht Baden-Württemberg noch nicht entschieden worden sei.[10]
Im Frühjahr 2021 waren Mitglieder der Gewerkschaft „Zentrum Automobil“ Teil einer Besuchergruppe im Bundestag, darunter auch dessen Mitbegründer Oliver Hilburger, der früher Gitarrist der Rechtsrockband NoieWerte war. Die Besucher kamen auf Einladung von Spaniel.[11]
Nach der Bundestagswahl 2021 zog Spaniel über die Liste erneut in den Bundestag ein.[12]
Beim AfD-Bundesparteitag im Juni 2022 plädierte neben Höcke auch Spaniel für die Streichung der Gewerkschaft „Zentrum Automobilbau“ von der Unvereinbarkeitsliste der Partei.[13][14]
Nach dem Aufstellungsparteitag der AfD Baden-Württemberg in Ulm am 5. Oktober 2024, bei dem Spaniel eine Kampfabstimmung um Landeslistenplatz 5 verloren hatte, gab er bekannt, die AfD verlassen zu wollen.[15][16] Einige Tage später leitete der AfD-Landesvorstand Baden-Württemberg ein Parteiausschlussverfahrens gegen Spaniel ein. Begründet wurde dies mit angeblichen Ambitionen Spaniels, selbst eine Partei gründen zu wollen, und vier Abmahnungen aus der Vergangenheit.[17] Mitte Oktober 2024 verließ Spaniel Fraktion und Partei.[18] Spaniel galt als entschiedener parteiinterner Gegner von Alice Weidel.[16][19]
Positionen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Mobilität
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Verkehrswende
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Januar 2020 nannte Spaniel in einer Rede im Bundestag Fahrräder „im hohen Maße unpraktisch und gefährlich“ und sprach von „Gaga-Maßnahmen zur Förderung des Radverkehrs“. Unter Berufung auf Zahlen, die er, so Spaniel, dem Statistischen Bundesamt entnommen habe, sagte er, es würden „etwa 5,5 mal so viele Unfälle mit Personenschaden“ von Radfahrern verursacht im Vergleich zu Autofahrern. Der Münchner Merkur berichtete, Spaniels Redebeitrag sei im Internet „regelrecht zerrissen“ worden.[20]
E-Mobilität
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Laut der Neuen Rottweiler Zeitung schrieb Spaniel auf seiner Facebookseite zur Rettung des Verbrennungsmotors, man werde „dieses Mantra wiederholen und wiederholen, bis selbst der Letzte es begriffen hat: ‚Die AfD kämpft für eure Jobs! Zur Hölle mit der E-Mobilität, dem CO2-Gefasel und dem ideologischen Weltverbesserer-Quatsch! Erst einmal kommen unsere Arbeitsplätze!‘“[21]
Falschinformationen zur Corona-Pandemie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bei einer Corona-Demonstration in Stuttgart am 11. Dezember 2021 behauptete Spaniel, es gebe keine COVID-19-Pandemie. Er sagte dazu unter anderem: „Weder die Krankenhäuser noch die Intensivstationen sind mehr ausgelastet als sonst üblich in dieser Jahreszeit.“ Es seien auch nicht viel mehr Menschen gestorben als in den Jahren zuvor. Man werde „in eine Hysterie hinein getrieben“. Die Zahlen der Infizierten würden nicht auf eine wirklich bedrohliche Pandemie hindeuten.[22]
Ende 2021 unterzeichnete Spaniel einen Nachruf des Kreisverbands der AfD Stuttgart auf seinen an COVID-19 verstorbenen Kollegen im Landesvorstand der AfD Baden-Württemberg Bernd Grimmer. In dem Text wurde Grimmer als jemand beschrieben, der sich – obwohl ihm das „Risiko ohne Zweifel klar“ gewesen sei – gegen eine Impfung entschieden habe, weil „für ihn die Freiheit wichtiger“ gewesen sei. Grimmer habe sich „nicht zum Versuchskaninchen von Pharmalobby und Altparteien“ degradieren lassen wollen. Weiter hieß es: „Für uns ist er ein Held der Freiheit und der Liebe zur Wahrheit. […] Man muss auch damit rechnen, dass es noch zu weiteren Todesfällen kommen kann. Auch das wird man nicht ändern können – und ändert nichts an der Richtigkeit unserer Position.“[23]
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Biographie beim Deutschen Bundestag
- Website von Dirk Spaniel
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c Dr. Dirk Spaniel. In: Bundestag.de. Abgerufen am 8. Oktober 2024.
- ↑ a b Willi Reiners: Parteitag in Heidenheim: Gögel und Spaniel führen künftig die Landes-AfD. In: Stuttgarter Zeitung. 23. Februar 2019, abgerufen am 23. Februar 2019.
- ↑ AfD-Landesgruppe: Dirk Spaniel zum Vorsitzenden gewählt. In: Stuttgarter-Zeitung.de. 26. September 2017, abgerufen am 8. Oktober 2024.
- ↑ Dirk Spaniel: Energieeinsparmaßnahmen am Methanol-Brennstoffzellen-Fahrzeug. (pdf; 3,1 MB) Juli 2003, abgerufen am 3. Februar 2020.
- ↑ Andrea Becker, Daniel Laufer: Mercedes und das Problem mit der AfD. In: tagesschau.de. 30. November 2023, abgerufen am 30. November 2023.
- ↑ a b Andrea Jenewein: Bundestagswahl in Stuttgart: Mit Zahlen gegen die Angst. In: stuttgarter-zeitung.de. 28. August 2017, abgerufen am 8. Oktober 2024.
- ↑ Listenkandidaten. In: afd-hn.de. Archiviert vom am 5. September 2019; abgerufen am 6. September 2019.
- ↑ a b Matthias Kamann: AfD: Kompromisslos rechts im Hinterzimmer der AfD. In: welt.de. 13. August 2019, abgerufen am 16. November 2019.
- ↑ Deutscher Bundestag – Abgeordnete. Abgerufen am 9. Januar 2021.
- ↑ AfD strebt Ausschluss des Bundestagsabgeordneten Dirk Spaniel an. In: mdr.de. Abgerufen am 16. Juli 2021.
- ↑ Dominik Sommer: AfD: Plötzlich Angst vor Rechten. In: nachrichten.cyou. 9. März 2022, archiviert vom am 6. August 2023; abgerufen am 14. September 2022.
- ↑ Gewählte ‚S‘. Der Bundeswahlleiter, abgerufen am 30. September 2021.
- ↑ Philip Brost: AfD bricht Parteitag nach Streit ab. In: tagesschau.de. 19. Juni 2022, abgerufen am 20. Juni 2022.
- ↑ Verfassungsschutz warnt vor alternativen „Gewerkschaften“. In: sueddeutsche.de, abgerufen am 20. Juni 2022.
- ↑ Rüdiger Soldt: Bundestagswahl: Weidel AfD-Spitzenkandidatin im Südwesten. In: faz.net. 6. Oktober 2024, abgerufen am 8. Oktober 2024.
- ↑ a b Annika Leister: Alice Weidels hartnäckigster Feind geht. In: t-online.de. 5. Oktober 2024, abgerufen am 6. Oktober 2024.
- ↑ AfD-Führung will Bundestagsabgeordneten aus der Partei ausschließen. In: SWR Aktuell. 11. Oktober 2024, abgerufen am 11. Oktober 2024.
- ↑ Kilian Pfeffer und Julie Kurz: Dirk Spaniel verlässt die AfD: Austritt mit schweren Vorwürfen. In: Tagesschau. 15. Oktober 2024, abgerufen am 15. Oktober 2024.
- ↑ Weidel wird Spitzenkandidatin, Spaniel tritt ab. In: FAZ.net, 6. Oktober 2024.
- ↑ Marcus Giebel: Politiker wird nach Rede veralbert – Reaktionen fallen deutlich aus. In: merkur.de, 21. Januar 2020.
- ↑ Martin Himmelheber: Sänze will Landesvorsitzender der AfD werden. In: nrwz.de, 11. Februar 2020.
- ↑ Jürgen Brand: Demonstration in Stuttgart: Die AfD sieht keine Pandemie. In: Eßlinger Zeitung. 12. Dezember 2021, abgerufen am 14. Dezember 2021.
- ↑ Gareth Joswig: Wenn die AfD über Leichen geht. In: taz.de. 29. Dezember 2021, abgerufen am 8. Oktober 2024.
Personendaten | |
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NAME | Spaniel, Dirk |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Politiker der Alternative für Deutschland (AfD, parteilos) |
GEBURTSDATUM | 3. November 1971 |
GEBURTSORT | Marburg |