Diskussion:Aloys Schulte
Liebe Leute, ein kurzer Nachklang zum WP-Art. A. Schulte aus meiner Sicht:
Der Art. (der sprachlich wie inhaltlich stark am BBKL-Art. angelhehnt ist), lässt einige Aussagen analytischer Art vermissen, die i.S. eines qualifizierten historiographiegeschichtlichen Beitrags aber angebracht wären.
- Es fehlen Aussagen über die konfessionelle Prägung Schultes. Wie hat dies den späteren rheinischen Landeshistoriker geprägt?
- M.E. wäre es stärker berücksichtigen, dass Schulte Archivar war und erst später zum Historiker "sozialisiert" wurde.
- Infofrage: Warum "Widerstand" in Freiburg gegen Sch. "als Katholik"? M.E. existierte dort (und existiert noch immer) mindestens ein Konkordatslehrstuhl (ma. Geschichte). Wer hat hier was getan? etwa ein "katholikenfeindliches" Klima in Freiburg??
- "Pionier der Wirtschaftsgeschichte": reicht so nicht. Andere - z.B. der später verfemte Karl Lamprecht - waren auch im Bereich der ma. W.geschichte aktiv. Was genau, von welchen Impulsen ausgelöst und mit welcher Tendenz/Aussage hat Sch. verfasst? DAS gehört unter "Werk" (nämlich interpretativ-qualifizierende Aussagen).
- Schulte/WK I: habe ich nachgetragen (reicht aber auch noch nicht; übrigens fehlt noch der Art. "Justus Hashagen" - ein ausgesprochener "Franzosenfresser" im Kontext 1919ff.).
- "1933 fasste ... zusammen". Wir haben es hier mit einer Person der Zeitgeschichte zu tun und sollten ein Mindestmaß an Sensibiltät gegenüber den ideologischen Zeitumständen aufbringen. Ergo: Bitte Aussagen über das Buch von 1933 qualifizieren. Übrigens interessieren mich auch die Schlüsse des Verf.s aus dem Just-Briefwechsel (s.u.).
- I. d. Zsgh.: Der "Verlag für ganzheitliche Forschung und Kultur" bedankt sich sicher für die Empfehlung! So etwas ist mir unbegreiflich. Es muss doch jeder daraus hören, dass es sich um einen völkischen Verlag handelt, der Grenzkampfliteratur aus des Großväters Tagen auf den geneigten Markt schmeißt.
- Ehrungen: m.E. völlig obsolet - wenn für wichtig gehalten, dann in den Text
- fehlen Aussagen über Lehrer/Schüler (--> M. Braubach), also: übergreifende historiographische Tradition(sbildung)
- Werke: Genereller Vorschlag meinerseits: Diese (formal übrigens uneinheitlichen, in Einzelheiten teils fehlerhaften) Endloslisten stellen Artikel und Dokumentation (wenn man davon denn sprechen will) in ein Missverhältnis. Es ist für den Leser aber ziemlich irrelevant, jede Misszelle eines Verfassers über das rheinische Grutbier genannt zu bekommen. Ergo: wichtigste Titel nennen.
- Literatur: FS von 1937 und anderes Zeugs gehören in eine Extrasparte
Der Art. über Leo Just ist ähnlich oberflächlich (Just war neben G. Kallen der einzige aus der Riege der Bonner Historiker in der Spätzeit der Weimarer Rep., die auf NS-Kurs eingeschwenkt sind - Schulte gehörte sicher aus Altersgründen nicht dazu bwz. weil er sich - anders als Kallen/Just - von pro-ns. Tendenz keinen beruflichen Aufschwung versprechen konnte). Ich empfehle also neben Nüchternheit und Verzicht auf jede Panegyrik "großer Männer" die kritische Kenntnisnahme und Verwertung der modernen historiographiegeschichtlichen Forschung. Herzlichen Gruß! Stephan/Wikiman24 09:07, 1. Mai 2006 (CEST)
Bei den ideologisch/konfessionell/politischen Forderungen stimme ich überein, und da ich dazu wenig sagen kann, hab ich es eben so neutral wie möglich versucht zu formulieren. Und viel mehr als das BBKL und ein paar verstreute alte Biographien konnte ich nicht finden. Danke für die Ergänzungen dazu. Von dem Artikel, der natürlich nur ein Gerüst ist, verspreche ich mir eben gerade, dass so etwas ergänzt wird. Die m. E. unsachlichen Kommentare zu den Komplexen "Sachlichkeit" , "Ehrungen", "Endloslisten", "Werbung" übergehe ich jetzt einfach mal. --AndreasPraefcke ¿! 15:24, 1. Mai 2006 (CEST)
"Pionier der Wirtschaftsgeschichte": reicht so nicht. Andere - z.B. der später verfemte Karl Lamprecht - waren auch im Bereich der ma. W.geschichte aktiv. Ja natürlich waren da auch andere aktiv, aber da steht ja auch "ein Pionier". Was soll denn hier der Lamprecht? Dass der Artikel Wirtschaftsgeschichte so überaus dürftig ist, dafür kann ja weder der Schulte noch dieser Artikel was. --AndreasPraefcke ¿! 15:28, 1. Mai 2006 (CEST)
Noch was: welcher Aufsatz in dem Sammelband zur Westforschung geht denn speziell auf Schulte ein? Ich hatte auch schon in dieser Richtung gesucht, aber in den Rezensionen und im Inhaltsverzeichnis [1] nichts dazu gefunden. --AndreasPraefcke ¿! 15:37, 1. Mai 2006 (CEST)
Zur Konfession: Laut Braubach 1959 "beargwöhnte" ihn die Fakultät als „Werkzeug einer beabsichtigten Konfessionalisierung der neueren Geschichte“. Das ist leider genauso schwammig wie überall sonst formuliert... Der bewundernde Artikel im Biographischen Wörterbuch der deutschen Geschichte von 1953 (der genauso gut hätte 1941 erscheinen können...) schreibt: Der überzeugte Katholik S., Gegner jeden konfessionellen Streites, hat mehr als ein anderer durch seine Person und sein Wirken dazu beigetragen, die Kulturkampfstimmung in der dt. GSchreibung zu überwinden. Tja, das hilft nun ja auch nicht weiter. --AndreasPraefcke ¿! 15:45, 1. Mai 2006 (CEST)
Replik Schulte
[Quelltext bearbeiten]Also, wichtig ist "Neutralität": Damit kann m.E. nicht gemeint sein, offenkundige Sachverhalte unausgesprochen zu lassen. "Zur Geschichte des Kampfes zwischen zwei Völkern" und anderes aus der Feder Schultes ist schon vom Titel her unmissverständlich. Ich gehe davon aus, dass das, was hier genannt wird, auch inhaltlich zur Kenntnis genommen wird. Das Ding dann auch noch mit ISBN-Nr. aus dem Vertrieb eines nazistischen Verlags anzuempfehlen, geht nicht. Schreib doch, Schulte war ein "Pionier der deutsch-nationalen Geschichtsschreibung". Fändest du das neutral? Schulte und Lamprecht waren Zeitgenossen. Lamprecht ging den historisch-anthropologischen Weg (auf das Individuum fixiert), Schulte den "deutschen". Aber gut, der Punkt ist mir nicht so zentral. "Griff n. d. W.": stimmt, kein Artikel, aber div. Nennungen, z.B. betr. Belgien. Wenn es keine geeignete Lit. gibt, was der Fall zu sein scheint, muss man halt selbst in die Materie einsteigen - und nicht einfach schreiben, "fasste 1933 seine Ergebnisse zusammen". Ich finde das halt blauäugig. BBKL: Jede Person der Geschichte, die als "religiös" durchgeht, wird hier belobigt. Biograph. WB: Das ist-- sorry - das Hinterletzte. Alle drei Hgg. waren Nazis, bes. Franz. "mehr als ein anderer durch seine Person und sein Wirken dazu beigetragen, die Kulturkampfstimmung in der dt. GSchreibung zu überwinden": Ja, indem Schulte ein deutsch-völkisches, großdeutsch-katholisches Modell aufgestellt hat. Das ist ganz typisch für die großdeutsche Bewegung in Dtl. u. Österr. im 19. Jh. Ehrungen: Wann wurde er Ehrendr.? Ich habe so eine Vermutung. "Endlosliste": Klingt negativer als gemeint. Ich meine, hier geht es um Übersichtlichkeit und Trennung der tollen, großen Forschungen von den Miszellen etc. Braubach: Ach ja, der alte Braubach, Hardcorekatholik (und bewundernswerterweise [!] 1933 NICHT mitgeschwommen), dankbarer Schüler von Schulte, dann selbst rheinischer Großordinarius. Siehste, wenn die Aussage schwammig ist, taugt sie nicht zur Übernahme. Freiburg ist keineswegs eine anti-kath. Univ., dafür hat das Bistum gesorgt. Der LS Mittalter ist noch heute ein Konkordatslehrstuhl, ergo wird nur mit kurialer Zustimmung vergeben. Darüber weiß ganz bestimmt Klaus Graf/"historiograf" gut Bescheid. Dass man Schulte irgendwie gemobbt hat - na, bitteschön, sowas kommt an jeder Uni vor. In deinen Zeilen kommt Schulte dagegen als ein tapferer kath. Widerstandskämpfer daher. Ich danke dir aber für deinen Artikel und entschuldige mich für ungebührliche Schärfe, die absolut nicht mein Ziel ist, zumal ich mich mit dem Artikelschreiben hier selbst kaum hervorgetan habe. Stephan/Wikiman24 09:32, 2. Mai 2006 (CEST)
Danke für die Ausführungen. Ich klang nur etwas angefressen, weil es gar nicht so einfach war, wenigstens das bisschen hier zusammenzutragen... ich glaubte trotz allem aus den diversen, zu wenigen, Eintragungen im WBIS herauszulesen, dass Aloys Schulte zwar ein deutschnationaler und reaktionärer Sack war, aber sich doch wohl bei den Nazis dann eben doch zurückgehalten hat (bei Hardcorekatholiken ja gar nicht so selten – und wohl auch mit dem Alter zusammenhängend). Das mit dem "seine Forschungen zusammengefasst" mag blauäugig klingen, steht aber so in einem der älteren Lexika, und ist ja per se eher neutral (man kann doch auch total blödsinnige Forschungen zusammenfassen). Dass ein Naziverlag das Ding nachdruckt, finde ich im Gegenteil eigentlich extrem interessant und bezeichnend - und das kann natürlich ohne Werbung und etwas deutlicher dargestellt werden). Zur Verteidigung meiner allgemeinen Vorgehensweise bei solchen Artikeln möchte ich eigentlich nur kurz anführen, dass ich ursprünglich nur mal schauen wollte, was diese Schulte, der das wirklich hervorragende und bis heute grundlegende Werk über die Ravensburger Handelsgeselschaft geschrieben hat und die entsprechenden Quellen ediert hat, überhaupt für einer war. Dass das dann mehr als ein Fünfzeiler geworden ist, liegt schon an dem – auch bei näherer Betrachtung doch letztlich beeindruckenden – Spektrum seiner Arbeit, und er war nun mal einer der Pioniere der Wirtschaftsgeschichtsschreibung. Deutschnational waren noch ganz andere und viel mehr, aber Wirtschaftsgeschichte aufgrund von strengem Quellenstudium hat halt nun mal damals kaum einer gemacht. Ich denke, mit Deinen Anfügungen kommt jetzt ganz gut ein ambivalentes Bild heraus, und so finde ich das ganz gut. (Vielleicht hast Du ja mal Lust, Dir Georg Steinhausen anzuschauen – gleiches Problem: unstrittige Verdienste, Pionier der Briefforschung, wird heute noch mit seinen Definitionen und Editionen zitiert, aber wohl erzreaktionär und im Spätwerk eher übergeschnappt. Leider fehlt mir der Zugriff auf den dort genannten Aufsatz, um das deutlicher zu machen. Auch wenn es mir nicht möglich ist, hier historiographiegeschichtliche Quellenforschung zu betreiben oder irgendwelche Diplomarbeiten abzuliefern, finde ich doch, dass Leute, die wie Steinhausen, Schulte oder zum Beispiel Elisabeth Frenzel und ihr Mann Herbert A. Frenzel (auch so zwei Artiekl von mir...) noch ständig zitiert werden, wenigstens in den Grundzügen ihres Wirkens in der Wikipedia auftauchen. Wenn das die Fachwissenschaftler nicht hinbekommen, dann muss halt der Laie ran. Und wenn das nicht immer gleich ein exzellenter Artikel wird: so what. Aber in der aktuellen DBE, vor ein paar Jahren erschienen, steht zu Schulte z. B. halt nur: Archivar und Historiker, ein paar Laufbahndaten, und ein paar Werktitel. Das hilft nun wirklich überhaupt nicht weiter...) --AndreasPraefcke ¿! 22:11, 2. Mai 2006 (CEST)
Lieber Andreas, stimmt, man kann auch Quark zusammenfassen. Habe das Buch von '33 (eigentlich ist es von '32) vor mir, und ich muss allerdings sagen, dass ich Schlimmeres kenne. Klar, voll deutschnational, die Seiten über WK I ziemlich unsäglich. Ich befürchte auch - ohne es zu wisssen -, dass Schulte sich im Kontext 1914 ganz unsäglich aufgeführt hat (das werde ich mal bei einem Doktoranden, der mit dem Thema vertraut ist, erfragen). Aber du hast Recht: Die waren durch die Bank alle so. Schultes Leistungen: d'accord! Frenzel: DAS wusste ich nicht. Das ist ja zum Heulen. Auch ich habe "Elisabeth Frenzel" im Regal stehen. Widerlich. Steinhausen: Ja, der ist mir auch als "Pionier der Briefforschung" bekannt. Meine Frau, die sich mit Hilfe von Steinhausens Edition habilitiert hat, ist halb wahnsinnig geworden durch dieses Editionschaos. Steinhausen hat wohl eine Rolle als "Kulturhistoriker" in dem Sinne, in dem man damals "Kulturgeschichte" verstanden hat ---> Sitten & Gebräuche des dt. Volkes. Ich habe aber keine näheren Infos, daher möchte ich lieber die Finger davon lassen. Aber der Art. muss überarbeitet werden! Der Aufsatz von Herold (Kumpel von mir aus Greifswalder Tagen), der sicher gut ist, muss in der Tat inhaltlich verwertet werden. Soll ich ihn dir zuschicken? Mach ich gern. Deine vielfältigen kulturellen Interessen, übrigens: Chapeau!! Stephan/Wikiman24 09:39, 3. Mai 2006 (CEST)
Ich habe mal den Günther Franz noch um einen Satz erweitert... (da erübrigt sich eigentlich jeder Kommentar...). Den Aufsatz von Herold hätte ich sehr gerne und würde das dann auch einarbeiten, aber ehrlich gesagt waren mir die € 24,50 für das Einzelheft (die spinnen, die Verlage, und das sagt hier ein Buchhändler...) zuviel für etwas, was mich letztlich doch nur zufällig und etwas abseitig interessiert, und ne Bibliothek, die das hat, habe ich hier nicht zur Verfügung... --AndreasPraefcke ¿! 10:33, 3. Mai 2006 (CEST)
Aufsatz Herold schicke ich dir nat. postalisch, wenn du mir irgendwie deine Adresse zukommen lässt. G. Franz: Ja, viel schlimmer (evt. Fritz Valjavec noch) gehts nimmer. Gruß! st. Wikiman24 11:22, 3. Mai 2006 (CEST)