Diskussion:Ararat-Aufstand
Der Ararat-Aufstand wurde insbesondere von kurdischen und armenischen Aufständischen geführt.
Gab es in der Türkei nach dem 1. Weltkrieg wirklich noch Armenier? --Mastermaus 14:49, 19. Mär. 2009 (CET)
Quellenangaben
[Quelltext bearbeiten]Leider fehlen mir hier die Quellenangaben, für die angegebenen Pressemitteilungen. Wer kann diese Behauptungen belegen? BlackJerryLee (Diskussion) 22:32, 29. Dez. 2021 (CET)
Militäroperationen 1926
[Quelltext bearbeiten]Als Autor einer Dissertation über die kurdische Frage in der Türkei, in der diese Ereignisse detailliert analysiert werden, möchte ich diese Textstelle zu den Ereignissen 1926 zur Verfügung stellen:
"Vor allem die Ereignisse in der Provinz Ağrı zwischen 1926 und 1930 wurden später in der späteren kurdisch-nationalistischen Literatur zu einem vierjährigen Auf- stand verklärt. Die erste Welle der Ereignisse erweist sich bei näherem Blick als deutlich banaler. Der Auslöser war, dass eine Gruppe unter Führung eines gewissen Yusuf Taşo Vieh aus dem Dorf Kalecik bei Beyazıt gestohlen und in die Region Ara- rat gebracht hatte (vgl. Genelkurmay Harp Tarihi Başkanlığı 2012a: 263). Darauf- hin wurde das 28. Regiment der 9. Division28 in die Provinz Ağrı entsandt, um die Gruppe zu fassen. Der Gouverneur von Beyazıt forderte die Gruppe anschließend auf, sich zu stellen, um ein Blutvergießen zu verhindern. Der kurdische Stammes- führer İbrahim Heski,29 der als Fürsprecher der Gruppe fungierte, bot an, dass die Gruppe sich drei Tage später stellt, nachdem sich das 28. Regiment nach Beyazıt zurückgezogen habe. Der zuständige Oberst reagierte auf dieses Angebot mit der Ankündigung, dass seine Offensive am nächsten Tag beginne (vgl. Genelkurmay Harp Tarihi Başkanlığı 2012a: 265). Tatsächlich begann die Offensive des 28. Regiments am 17. Mai 1926. Sie endete bereits sechs Stunden später mit einer klaren Niederlage der Einheit. In Berichten der türkischen Armee wird die »Erfolgslosigkeit gegen eine Handvoll Rebell_in- nen« (Genelkurmay Harp Tarihi Başkanlığı 2012a: 263) beklagt, verantwortlich für das Versagen wurde der Oberst gemacht. Er habe bei der Offensive Kurd_innen aus der Region als ortskundige Wegweiser_innen eingesetzt, diese seien aber Spi- on_innen der Aufständischen gewesen. Der Oberst wurde vom Dienst enthoben und nach Sarıkamış geschickt, um vor das Kriegsgericht gestellt zu werden. Ob es zu einem Prozess kam und wie dieser ausging, lässt sich allerdings nicht ermitteln (Genelkurmay Harp Tarihi Başkanlığı 2012a: 265). Die militärische Niederlage der Armee führte jedoch nicht dazu, dass eine friedliche Lösung des Konflikts angestrebt wurde. Stattdessen plante der zuständi- ge 3. Armeeinspektor eine weitere Tedip-Operation. Am 13. Juni 1926 präsentierte er dem Generalstab seine Pläne. Demnach sollten am 16. Juni verschiedene Einheiten (darunter ein Reiterregiment, Gendarmerie-Einheiten, eine Artillerieeinheit sowie eine Kampffliegerstaffel) mit der Operation beginnen. Insgesamt dürfte es sich um mehrere Tausend Soldaten gehandelt haben. Nach Angaben der türkischen Armee waren 1.150 Personen aufseiten der Aufständischen, wobei diese Zahl höchstwahr- scheinlich Bewaffnete und Unbewaffnete umfasste (vgl. Genelkurmay Harp Tarihi Başkanlığı 2012a: 267). Ein Indiz hierfür sind Berichte der türkischen Armee, wo- nach bei den Rebell_innen insgesamt zwischen 50 und 100 Gewehre im Einsatz waren (vgl. Genelkurmay Harp Tarihi Başkanlığı 2012a: 270) und die Aufständi- schen diese wenigen Waffen dazu einsetzten, in den Iran fliehen zu können. Bei dieser Flucht nahmen die Kurd_innen ihre Viehherden mit (vgl. Genelkurmay Harp Tarihi Başkanlığı 2012a: 269-270). Bereits nach einem Tag, am 17. Juni 1926, war die Operation beendet. Es wurden keinerlei Verluste aufseiten der türkischen Armee gemeldet. Auch dies spricht gegen eine Zahl von 1.150 bewaffneten Rebell_innen – es dürften eher maximal 100 Bewaffnete und über 1.000 Unbewaffnete gewesen sein. Zusammengefasst passierte in der Provinz Ağrı im Mai/Juni 1926 Folgendes: Eine bewaffnete Gruppe stahl Vieh, ein erster Versuch, die bewaffnete Gruppe zu fassen, scheiterte. Anschließend führte eine große Offensive mit Tausenden Sol- daten dazu, dass über 1.000 Menschen, die als »Rebell_innen« deklariert wurden, in den Iran flohen. Von einem geplanten oder organisieren Aufstand kann hier kaum die Rede sein. Die Tatsache, dass die vermeintlichen Rebell_innen fliehen konnten, war allerdings aus Sicht der türkischen Staatsführung nicht akzeptabel. Bei späteren Operationen wurde bei der Planung, aber auch bei der Durchführung darauf geachtet, dass eine solche Flucht nicht erneut gelingen konnte. Das militä- rische Versagen der türkischen Armee bei der ersten Operation wurde mit einem vermeintlichen Verrat durch kurdische Wegweiser_innen erklärt. Auch dies hatte einen nachhaltigen Effekt: Bei späteren Operationen verschärfte sich der grund- sätzliche Verdacht gegenüber kurdischen Zivilist_innen. Diese wurden pauschal als Unterstützer_innen oder Sympathisant_innen der Aufständischen angesehen. Die Ereignisse in der Provinz Ağrı im Mai/Juni 1926 führten also in mehrfacher Hinsicht zu einer Eskalation der staatlichen Gewaltpolitik sowie zu einer weite- ren faktischen Einschränkung von Schutzrechten der kurdischen Bevölkerung, wie dem Recht auf körperliche Unversehrtheit.
Aus: Ismail Küpeli (2022): Die kurdische Frage in der Türkei, Bielefeld: transcript Verlag, S. 150-152 https://www.transcript-verlag.de/978-3-8376-6275-7/die-kurdische-frage-in-der-tuerkei/?number=978-3-8394-6275-1 (nicht signierter Beitrag von Ismail.Kuepeli (Diskussion | Beiträge) 22:35, 12. Jul. 2022 (CEST))