Diskussion:Caracoles (Flamenco)
1. Die Verwendung des Sg. "Caracol" entspricht nicht dem üblichen Sprachgebrauch im Flamenco bzw. in der Flamencoliteratur. Die Bezeichnung des entsprechenden palo flamenco erfolgt ausschließlich durch den Pl. "Caracoles".
2-1. Mit "El Lebrijano" ist hier nicht Juan Peña Fernández (geb. 1941) gemeint, sondern Diego Fernández Flores (geb. 1847). Der Verweis ist zu entfernen oder zu korrigieren.
2-2. Francisco Hidalgo (Fr. Hidalgo Monge, Cantillana, ca. 1835) ist der bürgerliche Name von Paco el Gandul, es handelt sich also nicht um verschiedene Personen.
3. "La caracolera" ist keine Cantiña, sondern ein 1879 als Musikdruck veröffentlichter Canción andaluza von Manuel Sanz de Terroba (1829-1888). Die Komposition ist für Gesang mit Klavierbegleitung und gehört stilistisch zum Canción lírico ("lyrisches Klavierlied"), enstammt also dem Repertoire des gehobenen Bürgertums.
4. Die Aussage "Da es sich beim Caracol um eine Art Potpourri handelt, gibt es eine Vielfalt von Formen. Es existiert kein festes Muster, dem die Caracoles generell folgen" ist falsch. Fakt ist, dass die Caracoles vielmehr zu den ganz wenigen palos flamencos gehören, die seit annähernd 100 Jahren weder in den Bereichen der Mikrovarianz (Melodieverlauf), noch in der Makrovarianz (Form, Harmonieverlauf) nennenswerte Varianten herausgebildet haben.
5. Die Textzeile "Santa Cruz de Mudela ..." bezieht sich auf die "Estación de Santa Cruz de Mudela", einen im 19. Jh. (genauer: seit 1862) wichtigen Umsteigebahnhof für die Verbindung der Meseta (Madrid) mit Andalusien.
Grundsätzlich erscheint mir der Artikel wegen seiner unkritischen Quellenauswahl, unzulänglichen Detailrecherche und der durch fachterminologische Unsicherheiten bedingten, teilweise sehr holprigen Sprachgestaltung überarbeitungsbedürftig. --EugenioNoel (Diskussion) 07:34, 11. Mär. 2020 (CET)
@EugenioNoel: Vielen Dank für die Anregungen!
Zu 1. Bei den Benennungen der Palos gibt es ein kunterbuntes Durcheinander zwischen Plural und Singular. In vielen Fällen auch uneinheitlich für ein und denselben Palo. Eine System dahinter ist nicht erkennbar. Ich verwendete einheitlich den Singular, um Verwirrungen zu vermeiden. Wenn das in Einzelfällen unangemessen ist, können die Artikel gerne verschoben werden.
Zu 2. Danke, ist korrigiert.
Zu 3. Steht wörtlich so bei Álvarez Caballero, S. 133: Efectivamente se sabe de la existencia de tal cantiña, que se llamaría «La Caracolera» y era bailable, ... – Falls Álvarez Caballero hier irrte, bedarf es einer alternativen Quelle.
Zu 4. Die Aussage stand im Abschnitt Verse, nicht im Abschnitt zur Musikalität. Ich habe sie trotzdem gelöscht. – Was Deine Aussage zur musikalischen Form angeht: Sie könnte gut in den Artikel aufgenommen werden. Kannst Du eine Quelle nennen?
Zu 5. Danke, ist korrigiert, aber jetzt unbelegt. Eine Quellenangabe wäre hilfreich.
Für weitere Literaturempfehlungen bin ich dankbar. Wenn Du Dir die Mühe machen willst, kannst Du auch gerne selbst den Artikel überarbeiten, da Du Dich ja exzellent auszukennen scheinst. Sprachliche Verbesserungen gerne auch selbst zwanglos am Artikel vornehmen. Es ist ein Wiki.
Gruß aus der Region Stuttgart, --Mussklprozz (Diskussion) 10:41, 11. Mär. 2020 (CET)
@Mussklprozz: Besten Dank für die umgehende Reaktion!
Ad 1: Auch im Flamenco sollte grundsätzlich das musikethnologische Prinzip gelten, möglichst die Terminologie des "native speakers" zu verwenden. Im Zweifelsfall kann auf die Definitionen des DRAE (Dicc. de la Real Academia Esp.) zurückgegriffen werden, der unter dem Eintrag "caracol" ebenfalls und eindeutig den Plural angibt:
" m. pl. Palo flamenco caracterizado por la repetición de la palabra caracoles a modo de estribillo." ([1])
Die Verwendung des Sg. bezieht sich meist auf eine isolierte letra, die generische Bezeichnung der palos erfolgt hingegen i.d.R. im Plural (z.B. cante/baile/toque por soleares).
Ad 3:
Etliche der verwendeten Quellen sind unter Berücksichtigung aktueller Forschungsstandards nur bedingt brauchbar.
So kann z.B. Álvarez Caballero (Jahrgang 1928) zur Generation der "traditionellen Flamencologen" gezählt werden, deren Arbeiten jedoch heute überwiegend nur noch als geschichtlich obsolete Zeitdokumente einer weitgehend unwissenschaftlichen, weil spekulativen, dogmatisch ästhetisierenden und ethnozentrischen Geisteshaltung (explizit "rassistisch" z.B. bei Mairena/Molina) rezipierbar sind.
Auch das von dir hier und in einigen anderen Artikeln häufiger herangezogene Büchlein von Juan Verguillos folgt in wesentlichen Aspekten immer noch dieser wissenschaftlich unfruchtbaren "traditionellen" Linie, die durch ihre Abschottung gegenüber den zunehmend interdisziplinären Ansätzen der aktuellen Flamencoforschung (vertreten z.B. durch Cr. Cruces Roldán und G. Steingress im Bereich der Soziologie, Gmo. Castro Buendia im Bereich Musikwissenschaft) keinen Blick über den Tellerrand ermöglicht.
NB: Als deutschsprachige Alternative zu Verguillos bietet sich z.B. Kersten Knipp: Flamenco, Frankf. a.M. 2006 an. Nicht besser als Verguillos, was den wissenschaftlichen Wert angeht, aber auch nicht schlechter.
Zur Schärfung des kritischen Blicks bei der Verwendung von Literatur aus dem Umfeld der flamencología tradicional empfehle ich das nach wie vor grundlegende Werk von Gerhard Steingress:
- Gerhard Steingress: Cante Flamenco: Zur Kultursoziologie der andalusischen Moderne. Peter Lang, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-631-30474-9.
Einen ausführlichen Überblick der aktuellen Quellenlage zur Genese der Caracoles bietet z.B. die Arbeit von Antonio und David Hurtado Torres, La Llave de la música flamenca, Sevilla 2009 (S. 282 ff), die u.a. den Forschungsansatz von M. García Matos aufgreift, der erste aussagekräftige Belege für die Verortung der Ursprünge von Caracoles und Mirabrás im Umfeld der Zarzuela-Kompositionen erbracht hat (Manuel García Matos, Sobre el flamenco, Madrid 1987, S. 54 ff).
Die digitalisierte Ausgabe von "La caracolera" aus dem Jahr 1876 ist auf der Webseite der BNE [2] veröffentlicht (Signatur MP/131/2).
Ad 5:
Internetquellen:
(1) santacruzdemudela.blogspot.com [3] (Abgerufen am 10.03.2020)
(2) Diario de Sevilla (21 Abril, 2008) [4] (Abgerufen am 10.03.2020):
"Un bello camino bordeado de cipreses comunicaba la villa con el cementerio, hoy interrumpido por la autovía de Andalucía. Éste es un paso obligado para los andaluces, tal como anuncia diversas canciones populares como la que dice: “Santa Cruz de Mudela ¡Cómo reluces cuando suben y bajan los andaluces!"
Anmerkung: Wer die gedeckten Farben der traje típico und die - vorsichtig formuliert - eher zurückhaltende Mentalität der Kastilier in der Region um Ciudad Real kennt, mag erahnen, welche "glanzvolle" Wirkung die andalusischen Besucher auf das Stadtbild ausübten. Diese Wirkung wurde sicherlich noch durch den Umstand gesteigert, dass sich die Andalusier während ihres Zwischenstopps bei den Einheimischen mit Reiseproviant für die Weiterfahrt versorgten, was so manches Händlerauge zum Glänzen gebracht haben dürfte ;)
mfG --EugenioNoel (Diskussion) 18:15, 11. Mär. 2020 (CET)
- Hola Eugenio, vielen Dank meinerseits und ganz in Kürze für den Moment! Wie der Zufall (sic!) will, habe ich mir das Buch von Steingress vorgestern beim Berliner Verlag bestellt. :-) Ursprünglich hatte ich es auf sein spanisches Werk Sociología del cante flamenco abgesehen, aber das ist vergriffen und bei Amazon.es nur zu einem horrenden Preis zu haben. Die anderen Sachen schaue ich mir in den nächsten Tagen an. --Mussklprozz (Diskussion) 07:44, 12. Mär. 2020 (CET)
@Mussklprozz: Viel Spass beim Lesen!
Die "Kultursoziologie" von Steingress ist die deutsche Übersetzung der "Sociología del cante fl.".
Die Übersetzung ist im Vergleich zur span. Ausgabe leider um ein Kapitel gekürzt worden, in dem Parallelen zwischen Flamenco und anderen "urbanen Subkulturen" (Jazz und Rebetika) aufgezeigt werden - was aber angesichts des immer noch beträchtlichen Umfangs verschmerzbar ist.
Das TB von Knipp bekommt man im Internet für ein paar Euro hinterhergeschmissen, bei der Arbeit der Hurtado-Brüder wird die Beschaffung wahrscheinlich problematischer bzw. ziemlich teuer. Die Anschaffung lohnt sich im Prinzip auch nur, wenn man etwas mit den zahlreichen Notenbeispielen und Piano-Transkriptionen anfangen kann.
Nachtrag zum Thema "Caracoles":
Wie ich gerade erst gesehen habe, hat der unermüdliche einen Artikel aus der Revista Sinfonía Virtual nº 36, Invierno - 2019 [5] zu exakt diesem Thema zum Download bereitgestellt - wie immer recht umfangreich (28 S.) und sauber mit historischen Quellen belegt.
mfG --EugenioNoel (Diskussion) 10:35, 12. Mär. 2020 (CET)
- Neu verfasst gemäß dem Aufsatz von Guillermo Castro Buendía. Gruß, --Mussklprozz (Diskussion) 10:19, 2. Mai 2020 (CEST)