Diskussion:Der Milchmann
Entfremdung
[Quelltext bearbeiten]Ich finde den gestern von einer IP eingeführten Begriff der Entfremdung sehr treffend und habe deswegen auch nach der Interpration von Hamm gesucht, die ihn bestätigt. Nicht zwei Menschen entfremden sich voneinander, sondern sie sind durch die modernen Lebensverhältnisse und Arbeitsprozesse sozial entfremdet und isoliert. In früheren Zeiten hätte eine Frau Blum den Bauern, bei dem sie ihre Milch besorgt, persönlich kennengelernt und mit ihm bei jedem Einkauf einen Schwatz gehalten. In den heutigen rationalisierten Prozessen wird ihr die Milch nur noch "zugestellt", ohne dass damit ein sozialer Kontakt einhergeht. Und auch der Milchmann arbeitet heute nur noch anonym Bestellungen ab, anstatt mit seinen Kunden in Kontakt zu kommen. "Fremdheit" und "Distanz" transportieren das für meinen Geschmack nicht ausreichend. Aber von mir aus kann man die Interpretation in der Einleitung auch ganz entfernen. --Magiers (Diskussion) 13:02, 31. Okt. 2018 (CET)
- Mir war der einfach so hingeknallte Begriff der "Entfremdung" zu plakativ; 1964 (und in der Schweiz) gab es ja noch die "früheren Zeiten" und das, was wir heute als "normal" erleben, war im Sinne der soziologischen Definition von Entfremdung noch nicht allgemein üblich, sodass es in der Erzählung m. E. eher um eine individuelle als um eine gesellschaftskritische Betrachtung geht. Dass da jetzt "Beziehung" steht, halte ich für völlig verfehlt --- richtig wäre m. E. die Formulierung "Form der Beziehung" oder meinetwegen auch „entfremdete Form der Beziehung“. Qaswa (Diskussion) 13:42, 31. Okt. 2018 (CET)
- P. S., nach dem dritten Lesen: "Beziehung" ist auch ok. Qaswa (Diskussion) 13:45, 31. Okt. 2018 (CET)
- "Beziehung" ist hier neutral gemeint, also alle Menschen haben Beziehungen zueinander, egal in welcher Form. Bei "Distanz" schwingt für mich etwas Absichtsvolles mit, also man distanziert sich von jemandem. Tatsächlich gehen Milchmann und Kundin hier ja nicht distanziert miteinander um, sondern sie sind schlicht durch die äußeren Abläufe getrennt, die zu überwinden niemand von beiden ausreichend Motivation aufbringt. Fremd sind sie sich also nur deswegen, weil sie durch die Abläufe entfremdet werden. Und ich glaube schon, dass Bichsels Geschichten mehr sind als bloß individuelle Einzelschicksale, sondern etwas Zeittypisches ausdrücken (ob man das nun gesellschaftskritisch nennen will oder einfach die Gesellschaft genau beobachtend), sonst wären sie bei ihrem Erscheinen nicht so allgemein positiv aufgenommen worden. Und die soziale Isolation zieht sich ja auch durch die anderen Geschichten dieses Bandes. --Magiers (Diskussion) 14:09, 31. Okt. 2018 (CET)
- Ja, so (neutral) habe ich "Beziehung" dann auch gelesen, und fand den Begriff deshalb gut. Qaswa (Diskussion) 15:19, 31. Okt. 2018 (CET)
- "Beziehung" ist hier neutral gemeint, also alle Menschen haben Beziehungen zueinander, egal in welcher Form. Bei "Distanz" schwingt für mich etwas Absichtsvolles mit, also man distanziert sich von jemandem. Tatsächlich gehen Milchmann und Kundin hier ja nicht distanziert miteinander um, sondern sie sind schlicht durch die äußeren Abläufe getrennt, die zu überwinden niemand von beiden ausreichend Motivation aufbringt. Fremd sind sie sich also nur deswegen, weil sie durch die Abläufe entfremdet werden. Und ich glaube schon, dass Bichsels Geschichten mehr sind als bloß individuelle Einzelschicksale, sondern etwas Zeittypisches ausdrücken (ob man das nun gesellschaftskritisch nennen will oder einfach die Gesellschaft genau beobachtend), sonst wären sie bei ihrem Erscheinen nicht so allgemein positiv aufgenommen worden. Und die soziale Isolation zieht sich ja auch durch die anderen Geschichten dieses Bandes. --Magiers (Diskussion) 14:09, 31. Okt. 2018 (CET)