Diskussion:Frank Schultz (Mediziner)

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Arbeitsnotizen

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Nachruf in der Fachzeitschrift Fortschritte auf dem Gebiete der Roentgenstrahlen, Bd. 20 (1913), S. 67f. gefunden:

  • S. 67f.
    • Frank Schultz ist aus der Dermatologie hervorgegangen, ihr ist er, ein Schüler Jadassohns, bis zu seinem Ende treu geblieben, obwohl er sich in den letzten Jahren fast ganz seinem eigentlichen Lieblingsgebiete, der Röntgen- und Lichttherapie zugewendet hatte. Bereits im Jahre 1905, noch während seiner Berner Assistentenzeit, beschäftigte er sich, angeregt offenbar durch einen längeren Aufenthalt am Finseninstitut in Kopenhagen, mit den Problemen der Lichtbehandlung; eine Arbeit "Experimentelle Beiträge zur Lichtbehandlung" (Sensibilisierung, Wärmewirkung) (Berlin. klin Wochenschr. 1905, 31) legt davon Zeugnis ab.
    • Als er sich dann im Jahre 1905 nach vierjähriger Assistententätigkeit in Bern hier in Berlin als Dermatologe niederließ, ging er mit der ihm eigenen Begeisterungsfähigkeit fast völlig in dem ihm lieb gewordenen Spezialgebiet der physikalischen Therapie der Hautkrankheiten auf. Sehr wesentlich kam ihm dabei seine Begabung auf mathematischem und physikalischem Gebiete zustatten, sowie nicht minder eine ausgesprochene mechanische Geschicklichkeit und eine hervorragende Fähigkeit in der Beurteilung und Handhabung der Apparate. Auch der treuen Mitarbeit seiner Frau sei an dieser Stelle gedacht. Sie unterstützte ihn bei den sehr mühsamen und subtilen Forschungen und Wägungen, die ihn zur Aufstellung seiner Theorie von der Abhängigkeit der Röntgenabsorptionsfähigkeit der einzelnen normalen und pathologischen Gewebe von deren spezifischen Gewicht führten, in hingebendster Weise.
    • Von 1907-1909 war Frank Schultz als Assistent Edmund Lessers der Leiter des der Berliner dermatologischen Universitätsklinik angegliederten Lichtinstitutes der Königlichen Charité. Als solcher war es ihm, dank der tatkräftigen Unterstützung seines Chefs vergönnt, neben der Weiterführung seiner wissenschaftlichen Arbeiten, sich an einem großen klinischen und poliklinischen Material zu vervollkommnen und praktische Erfahrungen zu sammeln. Galt es doch bei der relativen Jugend des Spezialfaches noch vielfach dessen Indikationsgebiet schärfer als bisher zu präzisieren und die Grenzen zu erkennen, in denen die Lichttherapie versagte und andere Methoden mit herangezogen werden mußten. Die Frucht dieser Jahre war sein Buch „Die Röntgentherapie in der Dermatologie" (Berlin 1910, Julius Springer ), sowie ein kurzgefaßter Anhang „Radiotherapie" zu Lessers bekanntem Lehrbuch der Hautkrankheiten. Im ersteren hat Frank Schultz man kann wohl sagen, in sachlich wie stilistisch mustergültiger Weise allen denen, die Röntgentherapie treiben, einen treuen Führer geschaffen, einen Führer, der trotz prägnanter Kürze den Stand unseres Wissens trefflich fixierte. Was Frank Schultzs Lehrbuch von anderen unterschied, war die persönliche Note, das Subjektive in der ganzen Darstellung und Auffassung, das seine Lektüre, für mich wenigstens, immer wieder anregend und interessant gestaltete. -- " In der letzten Zeit beschäftigte sich der Verstorbene viel mit der biologischen Eigenart und der therapeutischen Brauchbarkeit der ganz weichen ( 1-2 Wehnelt ) Strahlen, über die er bereits auf dem Röntgenkongreß 1911 berichtet hatte; noch einige Monate vor seinem Tode hat er in der Berliner Röntgenvereinigung über die Möglichkeit der Messung dieser Strahlen gesprochen. Seine letzte Arbeit, die ja den Lesern dieser Zeitschrift bekannt ist (,Fortschritte" , Bd . XIX ), 'handelt von der Röntgentherapie der malignen Hauttumoren und der Grenzfälle. Eine Fülle sorgfältiger klinischer Beobachtungen und für den Röntgentherapeuten interessanter Einzelheiten enthält sie, am wichtigsten ist wohl die eingehende Erörterung der Frage der Kontraindikationen bei der Bestrahlung bösartiger Geschwülste. Über dieses Thema hatte Frank Schultz bereits auf dem Röntgenkongreß 1912 kurz gesprochen, in der vorliegenden Arbeit geht er ausführlicher darauf ein: Seine Fälle von Hautepitheliomen, die durch Röntgenbestrahlung zu rapider Wucherung und Metastasierung angeregt wurden, Beobachtungen, die auch Callomon jüngst bestätigt hat, sowie ferner seine intensive Warnung vor der Bestrahlung der Schleimhautkarzinome sind doch sehr der Beachtung wert. Bei all seiner Vorliebe für die Röntgenstrahlen hat Frank Schultz die Beschäftigung mit den Gesellschaften, sowie insbesondere die in der Dermatologischen Zeitschrift , Band XVII , publizierte Arbeit: Neue Gesichtspunkte in den prinzipiellen Fragen der Lichttherapie (kurzwellige Lichtstrahlung)

S. 68:

    • legen Zeugnis ab von diesem Zweige seiner Tätigkeit: Auch hier wieder, wie in all seinen übrigne Publikationen aus den letzten Jahren, eine Fülle neuer origineller Gedanken und fruchbarer Anregungen. In wenigen Seiten gibt er uns eine ganz neue Auffassung von der biologischen Wirkung der Ultraviolettstrhalen, denen er eine erheblich intensives Tiefenwirkung, als man bisher annahm zugeschrieben wissen will. Andererseits glaubt er auf die seit Finsen als feststehenden Axiom anerkannte Notwendigkeit der Kompressionsanämisierung der Haut verzichten zu können.

Über seinen äußeren Lebensgang sei Folgendes gesagt: Frank Schultz wurde am 9. Oktober 1872 in Straßburg geboren, besuchte daselbest das Gymnasium und studierte von 1893 ab in München Medizin. Im Februar 1899 beendete er die ärztliche Staatsprüfung und promovierte 1900 in Leipzig. Er hatte ursprünglich die Absicht, sich ganz der militärärztlichen Karriere zu widmen und so kam er es war gerade die Zeit des Boxeraufstandes als aktiver Asisstenzarzt zum Expeditionskorps nach China. In dieser Tätigkeit wurde er durch Verleihung des Kronenordens ausgezeichnet, mußte jedoch relativ bald wegen seines schwankenden Gesundheitszustandes den Abschied einreichen. Ein halbjähriger Aufenthalt im Sanatorium kräftigte ihn dann soweit, daß er seinen ärztlichen Beruf wieder aufnehmen konnte. - In den Jahren 1901-1905 war er Assistent bei Jadassohn (Berner Universitätklinik). Hier erwarb er sich seine gründliche dermatologische Ausbildung, die er durch ein halbjährige Studienreise nach Paris, sowie den schon erwähnten Aufenthalt am Finseninstitut in Kopenhagen, noch erweiterte und vertiefte. Der Berner Zeit, sowie speziell seines Chefs Jadassohn, hat er in seinen Gesprächen stets dankbar gedacht. Im Jahre 1905 ließ er sich in Berlin nieder . Ein glücklicher Zufall führte ihn hier zu Edmund Lesser, der ihm die Leitung des Universitätslichtinstitutes übertrug. In dieser Stellung blieb er über zwei Jahre. Ihren Abschluß bildete seine Habilitation an der Berliner Universität am Ende des Sommersemesters 1909. Seitdem widmete er sich seiner sehr ausgedehnten Privatpraxis, sowie der Weiterführung seiner wissenschaftlichen Arbeiten und seinen von In- und Ausländern viel besuchten Kursen. Außer den bereits erwähnten Publikationen seien hier nur noch folgende erwähnt: Zur Kenntnis der Nierenfunktionen. Inauguraldissertation, Leipzig 1900. Notiz zur Reaktion des normalen Prostatasekretes. Wiener klin. Wochenschr. 1904, Nr. 43 Gonorrhoische Lymphangitis und Gonokokkenmetastasen ohne nachweisbare Schleimhautgonorrhoe. Deutsche med. Wochenschr . 1906, 1. Experimentelle Übertragung von Verrucae vulgares vom Rinde auf den Menschen mit außerordentlich langer Inkubationszeit. Deutsche med. Wochenschr. 1908, Nr. 10. Zur Frage der Homogenbestrahlung. Deutsche med. Wochenschr. 1908, Nr. 32. Und nun noch ein paar Worte über Frank Schultz's Persönlichkeit, die wohl alle, die ihm im Leben nahe getreten sind, die Schwere des Verlustes, den wir durch seinen frühen Tod erlitten haben, lebhaft empfinden lassen wird. Der Grundzug seines Wesens war eine ganz eigenartige ungekünstelte Liebenswürdigkeit, die jeden, der irgendwie mit ihm zu tun hatte, unwillkürlich für ihn einnahm. Stets hilfsbereit, stets geneigt, jede Frage privater oder wissenschaftlicher Natur auf das Entgegenkommendste zu beantworten und den Auskunft heischenden nach besten Kräften zu unterstützen, dabei bescheiden und zurückhaltend, soweit seine eigenen Leistungen, immer volle Anerkennung, soweit die anderer in Frage kamen, war er ein offener gerade, unbekümmerter Charakter, ein ganzer mann, der wohl jeder der öfter mit ihm in Berühung kam, schätzen und achten mußte. Gewiss, er war ein Optimist, der insbesodnere auf seinem Lieblingsgebiet die Dinge manchmal gar zu rosig gefärbt sah, aber wo wäre in der Medizin ein Fortschritt zu erzielen gewesen ohne rastloses durch gar zu kühle und berechnende Kritik nicht gehemmtes Vorwärtsstreben! Und schließlich fand er doch trotz zuweilen vielleicht allzu hoffnungsfreudiger Zukunftsträume immer wieder den Weg zurück zu strenger und nüchterner Prüfung und Selbstbescheidung. Frank Schultz war ein treu sorgender Gatte und Vater und jeder, der ihn in seiner Häuslichkeit beobachtete, sah es ihm an, mit welcher Liebe er an den Seinen hing . Dabei war er eine frohe, der Geselligkeit geneigte Natur, der die nicht sehr reich bemessene Muße, die ihm sein Beruf ließ, gern im Kreise gleichgesinnter Freunde verbrachte. Unversiegbar war auch sein trockener Humor, mit dem er zuweilen bei Nachsitzungen in der Tafelrunde wahre Lachsal ven auslösen konnte. Nun hat sein früher Tod das Band, das ihn mit seiner Familie, das ihn mit uns, seinen Freunden und Berufsgenossen verknüpfte, mit jäher Hand zerrissen. So wollen wir seiner gedenken als eines Mannes, der sich durch ernstes Streben und redliche Pflichterfüllung in seinem Berufe, durch Treue und Wahrheit im Familien- und Freundeskreise, durch eine von Herzen kommende und zu Herzen gehende Liebenswürdigkeit im Andenken aller derer, die ihm nahe standen, ein dauerndes Denkmal gesetzt hat. Arthur Alexander, Berlin


Chronik, 1913

Am 6. Januar 1913 verstarb hierselbst der Privatdozent in der Medizinischen Fakultät Dr. med . Frank Schultz. Am 9. November 1872 zu Straßburg i . Elsaß geboren, promovierte er 1900 an der Universität Leipzig und habilitierte sich 1909 an der hiesigen Universität.


Dermatologische Wochenschrift, Bd 56 (1913), 1913, S. 155

    • Am 6. Januar starb plötzlich, anscheinend aus voller Lebensfrische einer der besten unseres Standes in einem so frühen Alter, dass außer seinem - uns in diesen Tagen der Trauer unersetzlich scheinenden - Verlust und der völligen Ahnunglosigkeit, dass wir ihn velrieren könnten, das so frühe Erlöschen seiner scheinbar ungebändigten Jugendkraft unfassbar erscheint. Wer Frank Schultz in der Elganz seiner elastischen, männlichen, sportgeübten Kraft auf Kongressen und in wissenschaftlichen Gesellschaften auftreten sah, mit dem Feuer der Beredsamkeit für seine eigenartigen, den wissenschaftlichen Stoff seiner schwierigen physikalischen Forschungen tief durchdringenden Gedanken eintretend, in der Diskussion scharf aber mit unbesieglicher Liebenswürdigkeit seine Ideen verfechtend, von den Erfolgen seiner mit den neuesten Methoden errungenen Behandlung der Kranken begeistert, wird diesen glänzenden und dabei so bescheidenen Forscher nie vergessen können. Es ist nicht zuviel behauptet, wenn man versichert, daß allen Dermatologen allen Kennern der physikalischen Heilverfahren, namentlich auf dem Gebiete der Hautkrankheiten, noch kein Verlust so nahe gegangen ist als der dieses Mannes, dessen bereits in den wenigen Jahren, die es ihm zu forschen vergönnt gewesen ist, errungene Fortschritte eine bleibende Grundlage weiteren ziel bewußten Strebens darstellen müssen. Aus der Schule des Berner Dermatologen JADASSOHN hervorgegangen, hat er sich von vornherein mit seltener technischer Begabung der Ausbildung zuerst der Lichttherapie FINSENS gewidmet, deren bleibendes Denkmal für ihn in dem Lichtinstitute des Berner Inselspitals besteht. Zum Leiter des Berliner Lichtinstituts bereits kurz, nachdem er sich in Berlin seßhaft gemacht hatte, von LESSER berufen, hat er, hat er in wenigen Jahren das vorbildlichste Institut und die vorbildlichste Therapie zu schaffen vermocht. Mit einem brennenden Eifer, der ihn von Vervollkommnung zu Vervollkommung hasten ließ, baute er das große Gebiet der Lichtbehandlung und namentlich seines Lieblingszweiges, der Röntgentherapie, bis in die subtilsten Feinheiten aus. Die Röntgendosierung, schon vor ihm empirisch ausprobiert, erhielt in seinen Händen erst die wissenschaftliche Festigkeit und fast möchte man sagen, Weihe, wenn man sah, wie er bei Tag und in wie vielen durcharbeiteten Nächten, unterstützt von seiner ihm kongenialen Gattin, schwierigen Problemen mit allen Mitteln der Forschung nahe zu kommen suchte und sie auch zu lösen begonnen hatte. Nur weniger Jahre schien er noch zu bedürfen, um zum glänzendsten Sterne des von so vielen begabten Männern bearbeiteten Gebietes sich emporzuschwingen. Alles das von seinen Freunden Erhoffte hat der plötzliche Tod vernichtet, kaum daß er das 40. Jahr vollendet hatte. Er war nicht eigentlich ein Mann der Feder, wenn er auch in seinem Buche "Die Röntgentherapie in der Dermatologie" in einer so klaren Weise wie keiner vor ihm alles dem Dermatologen Nötige in faßliche und absichtlich schematisch gehaltene Form gegossen und in vielen, in den Fachzeitschriften verstreuten Aufsätzen stets gedankensprühende, abgeschlossene , kurze und präzise Anweisungen gegeben hat. Was er in unvollendeten Gedanken und Methoden noch erstrebte, können nur die wenigen, die ihm ganz nahe standen, ermessen. Was für Schwierigkeiten hat er in kompliziert liegenden Fällen durch seine Geschicklichkeit zu überwinden vermocht, wo schon viele andere am Erfolg verzweifelt waren, ohne Rücksicht auf Rang und Stand allen gleichmäßig und unermüdlich seine fast immer erfolgreiche Hilfe spendend, ohne nachtragendes Gefühl für Undank und Widerstand, wie sie keinem Arzte erspart bleiben. Über alles trug ihn seine sieghafte Freude am Schaffen und am endlichen Erfolg hinüber. Sein höchster Triumph war die Durchführung eines klaren einfachen Gedankens, mochte er auch mit bisher Gültigem im Widerspruch stehen. Wie war er von Stolz erfüllt, und wie oft hat er es der seinen Worten stets mit neuem Interesse lauschenden Zuhörerschar erzählt, daß er im chinesischen Kriege ohne alle modernen Hilfsmittel eine Typhusepidemie unterdrückte, indem er durch einfache Beobachtung der Truppenbewegungen die beiden Brunnen, aus denen die Keime stammen mußten, zuschütten ließ, und was erzählte er nicht sonst alles aus diesem Feldzuge, schöne Erlebnisse und Lebensgefahren, denen er mit offenem Auge trotzte. Er war ein Mann des Wortes, das er wie selten einer in eindringlichster Weise meisterte. Seine Lehren zu vernehmen kamen Lernbegierige aus aller Herren Länder, denn er war der geborene klare Lehrer, dem das Lehren, das Mitteilen auch der neuesten Ergebnisse seiner Forschungen Freude machte, und wer von ihm hörte, lernte auch stets zugleich von ihm, erfaßte Altes in neuer Auffassung, erhob sich mit ihm über das Alltägliche und erhielt die Basis für eigenes Weiterdenken. Der Trauer seiner Freunde ist nur die seiner Kranken vergleichbar, die an ihm hängen, als hätten sie einen der Ihren verloren. Mitten im vollsten Schaffen verließ er sie, in seinen, dem reichstausgestatteten physikalischen Laboratorium vergleichbaren Arbeitsräumen, in denen jedes Gerät von so vielen Heilungen schwerer Leiden erzählen kann, stand der Sarg, der so viel für immer erloschene Menschenliebe, so viel für ewig verstummten Trost umschloß, wie sie selten aus einem Herzen gekommen sind . Felix Pinkus