Diskussion:Julius August Ludwig Wegscheider

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Letzter Kommentar: vor 16 Jahren von 84.167.247.58
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Man kann gewiß "Supranaturalismus" so definieren, daß auch Wegscheider als "rationalistischer Supranaturalist" da noch hineinfällt. Dahinter steckt vermutlich das berechtigte Anliegen, dem theologischen Rationalismus eine Ehrenrettung widerfahren zu lassen. Dagegen spricht aber, daß damit die zeitgenössische Terminologie auf den Kopf gestellt wird. 1. Die Supranaturalisten waren Wegscheiders erklärte Gegner. 2. Er nannte sich mit Stolz einen Rationalisten und kritisierte Kollegen, die, wie er meinte, sich derselben vernünftigen Argumente bedienten, aber sich nicht als Bundesgenossen bekennen wollten. 3. Der aufsehenerregende Streit in Halle im Jahre 1830 ist als "Streit um den Rationalismus" bekannt geworden. Besser wäre es, der veränderten Bedeutung von Ratio und Vernunft nachzugehen. Dazu Anregungen aus Vincent: "Leben und Werk des Hallenser Theologen Julius Wegscheider...": Zu Wegscheiders Zeit gab es noch nicht viele erklärte Atheisten. Der Mehrzahl der Gebildeten galt es durchaus noch als vernünftig, mit Gott, Seele und Unsterblichkeit zu rechnen. Die damalige protestantische theologische Richtung des Rationalismus hatte also nach heutigem Sprachgebrauch gewaltige irrationale Anteile. Der Begriff rationalistische Theologie zielt weniger auf die Rationalität dieser Lehre als vielmehr auf die Vernunft als Mittel, um aus der Fremdbestimmung durch Schrift und Tradition zur freien Selbstbestimmung des Menschen zu gelangen, der aber trotzdem ein Gott hingegebener Mensch sein sollte. Vernunft war nicht rein instrumentell als menschliches Denkvermögen gemeint, sondern stand in der Tradition der alttestamentlichen Weisheit Gottes, die in Christus Fleisch wurde und von Christus her den Gläubigen erleuchtet. Dieser als trocken, unoriginell, altersstarrsinnig und "Spießbürger" verschrieene Wegscheider hatte riesige Hörerzahlen, war begeistert und konnte begeistern. Der Rationalismus hatte eben nicht nur eine dekonstruktive, sondern auch eine aufbauende, Glauben stärkende Seite. Er hatte seine Missionare und Märtyrer und auch seine Gemeinden.

Es gibt auch heute noch unter den praktizierenden Protestanten solche, die einerseits von ihren nicht gläubigen Zeitgenossen als aufgeklärt und liberal wahrgenommen werden wollen, andrerseits innerkirchlich aber für sich beanspruchen, nicht weniger Gläubige zu sein als andere, die das gerne für sich allein reklamieren, sei es daß sie sich auf die "Fundamente" des Evangelikalismus gründen oder ein Bekehrungserlebnis zur Bedingung der Zugehörigkeit machen. Diese Protestanten sind Geist vom Geiste Wegscheiders; auch wenn sie sich heute nicht Rationalisten nennen oder genannt werden; auch wenn ihnen Wegscheider für die heutige fortgeschirittene Diskussion kaum mehr Argumentationshilfe bieten kann.(--~~)84.167.247.58 12:27, 21. Apr. 2008 (CEST))Beantworten