Diskussion:Kronland (Österreich)
Ab wann?
[Quelltext bearbeiten]Trotz langer Suche habe ich nirgendwo VOR 1849 den Begriff „Kronland“ gefunden. Noch die Kremsier Verfassung von 1848 verwendet ihn an keiner Stelle. Erst in der oktroyierten Verfassung vom 4. März 1849 heißt es gleich in § 1: „Das Kaiserthum Oesterreich besteht aus folgenden Kronländern: …“ Wie es zu dieser Bezeichnung kam, ist aber weiter unklar. --Hvs50 (Diskussion) 17:41, 20. Aug. 2016 (CEST)
- Vielleicht sollte auch klar gestellt werden, dass die Sammelbezeichnung „Kronland“ spätestens seit 1852 ein offiziell wenig geliebter und sogar weitgehend wieder zugunsten der hergebrachten, eine bestimmte Rangordnung ausdrückenden Bezeichnungen (=Titel) verdrängter Begriff war, siehe Grundsätze für organische Einrichtungen in den Kronländern des österreichischen Kaiserstaates. --Hvs50 (Diskussion) 08:48, 27. Okt. 2016 (CEST)
- +1. Wann der Begriff informell und wann amtlich in Gebrauch war, sollte klarer gemacht werden. Ich habe nicht erkennen können, ob das Königreich Galizien und Lodomerien auch vor 1867 Kronland, diese Eigenschaft aber unbedeutend war, oder ob der Status erst 1867 neu geschaffen wurde und vorher nur als eine Art Synonym gebraucht wurde, weil die ö. Gebiete aus den polnischen Teilungen im 18. Jh. mal so hießen. --Aalfons (Diskussion) 10:28, 7. Sep. 2017 (CEST)
Äpfel und Birnen
[Quelltext bearbeiten]Die Kronländer der Donaumonarchie hatten bis 1861 im Gegensatz zu den Gliedern heutiger Bundesstaaten (Kanada, Republik Österreich, USA, Schweiz, Bundesrepublik Deutschland) keine verfassungsmäßig festgeschriebenen Rechte der Mitwirkung an der Politik des Kaisertums als Gesamtstaat; diese Mitwirkung wurde vom Kaiser jeweils zugestanden oder nicht.
Dieser Satz ist wenig hilfreich, weil man Kronländer auch einfach überhaupt nicht mit Bundesstaaten vergleichen sollte. Ihre Rolle sollte auch nie die von Bundesstaaten sein, ihre Besonderheit lag anderswo. Sie hatten regionale Sonderrechte, der Souverän mußte in regionalen Angelegenheiten bzw. der Verwaltung des jeweiligen einzelnen Kronlandes bestimmte, historisch gewachsene Rechte der regionalen Stände (zumeist des Adels) berücksichtigen, konnte also nicht von Wien aus wie in einem Zentralstaat bis in jede Ecke seines Reiches durchregieren. Insofern sind sie vielmehr mit den Regionen des habsburgischen Spanien zu vergleichen, diese Regionen bildeten formal eigene Titularkönigreiche, für deren Verwaltung einige garantierte Sonderrechte (Fueros) galten. --Roxanna (Diskussion) 17:17, 27. Jul. 2018 (CEST)
- Kein Einwand gegen einen konkreten Verbesserungsvorschlag! -- Wolfgang J. Kraus (Diskussion) 19:18, 27. Jul. 2018 (CEST)
"Kronland Vorarlberg" - ein Mythos
[Quelltext bearbeiten]Ich habe das "Kronland Vorarlberg" aus der Liste der Kronländer gestrichen, da es - mangels Herrschaft eines Kronenträgers - nie ein Kronland war, weder vor noch nach 1861/1867. Im Großen Titel des Kaisers scheint Vorarlberg überhaupt nicht auf, sondern stattdessen eine Handvoll Herrschaften vor dem Arlberg, die erst im 19. Jh. endgültig zu "Vorarlberg" wurden.
„Kronland“ bezeichnet in der Verwaltungssprache der ö-u Monarchie die Ebene der territorialen Verwaltung unter der zentralstaatlichen Verwaltung, d.h. die Verwaltungsebene unterhalb der „Krone“, also die in diesem Sinn zur „Krone“ gehörenden Länder. „Kronland“ ist eine verwaltungsrechtliche und -technische Kategorie. Ein Kronland umfasst die Gebiete, die von einer Statthalterei (ab 1868 zum Teil auch mit „Landesregierung“ bezeichnet ) - als der unmittelbar nach der Zentralverwaltung folgenden Instanz - verwaltet werden. Siehe dazu z.B. den ausführlichen Motivenbericht von Innenminister Alexander Bach vom 26. Sept. 1849 zur Aufgliederung des Königreichs Illirien in mehrere Kronländer und zur Einrichtung des Kronlandes „Küstenland“; ebenso die Aufteilung von Mähren und Schlesien (usprünglich gemeinsam zur böhmischen Krone gehörend) in zwei „Kronländer“ 1849.
Ein Kronland definiert sich also durch die Zuständigkeit eines Statthalters bzw. eines so bezeichneten „Landeschefs“ als des obersten Vertreters der politischen Verwaltung des Staates. Der territoriale Wirkungsbereich des Statthalters bzw. Landeschefs macht das Kronland aus, und nicht etwa (nach 1861) die Existenz eines Landtages. In diesem Sinne können sich innerhalb eines Kronlandes durchaus mehrere Gebiete (Länder) mit Landtagen befinden - wie es nach 1861 im „österreichisch-illirischen Küstenland“ [??? – fraglich, ob weiterhin als Kronland bezeichnet] oder eben im „Kronland Tirol und Vorarlberg“ der Fall war. Aus demselben Grund sind die Kronländer auch nicht unbedingt mit früheren Ländern, Herzogtümern, Grafschaften etc. identisch, sondern können in der Verwaltung durch den Statthalter mehrere davon umfassen.
Vorarlberg war somit auch nach 1861 kein Kronland. Denn es besaß keine eigene Statthalterei, sondern war weiterhin jener in Innsbruck unterstellt. An der Tatsache, dass Vorarlberg für die Krone kein „Kronland“ war, ändert auch der Umstand nichts, dass das Land in der zeitgenössischen Literatur immer wieder und in der amtlichen Statistik fallweise (im Wesentlichen erst nach der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert) als „Kronland Vorarlberg“ angesprochen wurde. Im amtlichen Verkehr jedenfalls war Vorarlberg immer nur ein „Land“ – aus dem einfachen Grund, weil es mangels Statthalterei für die staatliche Zentralverwaltung eben kein „Kronland“ war. Zu einem solchen hätte es nur durch kaiserlichen Erlass (wie etwa Kärnten und Krain 1849) gemacht werden können, doch einen derartigen Erlass hat es nicht gegeben.
So war denn in den Verordnungen der Statthalterei, wenn sie sich auf Tirol und Vorarlberg insgesamt bezogen, zwar weiterhin vom „Kronland Tirol und Vorarlberg“ die Rede (z.B. 1862 http://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=ltv&datum=1862&page=75&size=45 ), bei Bezug auf Vorarlberg allein aber lediglich vom „Land Vorarlberg“ (z.B. 1863 Gesetz zur Kirchenerhaltung). Entsprechend erhält man im LGBl. Tirol und Vorarlberg von 1861 bis 1918 keinen einzigen Treffer für „Kronland Vorarlberg“, jedoch 175 für „Land Vorarlberg“. Auch im Reichsgesetzblatt ab 1861 kommt Vorarlberg als „Kronland“ nicht vor, dort ist bis 1918 von „Tirol mit Vorarlberg“, „Tirol und Vorarlberg“ oder eben nur von „Vorarlberg“ bzw. „Land Vorarlberg“ die Rede.
Besonders deutlich wurde der Status Vorarlbergs bei der Verleihung des Landeswappens im August 1864. Wo, wenn nicht hier hätte im Dekret des Kaisers Vorarlberg als „Kronland“ angesprochen werden müssen – wenn es denn als solches betrachtet worden wäre. Doch im ganzen umfangreichen Text des kaiserlichen Wappen-Diploms kommt Vorarlberg immer nur als „Land“ vor – nicht ein einziges Mal als „Kronland“.
Also lassen wir’s dort, wo’s auch der Kaiser gelassen hat – beim „Land Vorarlberg“.
Dass das "Kronland Vorarlberg" in der Vorarlberger Landesgeschichtsschreibung und in der Traditionspflege (zum Beispiel 2018 aus Anlass des 100-Jahre-Jubiläums der Selbständigkeitserklärung Vorarlbergs) eine interessierte Erfindung ist, erklärt sich damit, dass man für das Land eine Tradition distinkter Staatlichkeit konstruieren will. Nachdem Geschichtsschreibung und öffentliche Meinung von der Vorstellung eines über die Jahrhunderte bestehenden alemannischen "Volkskörpers" aufgrund der historischen Forschung (vor allem Markus Barnay: Die Erfindung des Vorarlbergers. Ethnizitätsbildung und Landesbewusstsein im 19. und 20. Jahrhundert, Bregenz 1988) Abschied nehmen mussten, soll die angebliche "Kronland"-Tradition als staatsidentitätsbildendes Symbol herhalten - indem es dem laut Landesverfassung von 1984 "selbständigen Staat" (!) Vorarlberg die offenbar nötige historische Grundierung verpasst.
Falls jemand an einer Vertiefung dieses Themas interessiert ist, bitte ich um Lektüre des Diskussionseintrags Tirol.