Diskussion:Martin Weiss (SS-Mitglied)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Letzter Kommentar: vor 2 Jahren von Mautpreller in Abschnitt Zeuge im Murer-Prozess
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Unklar

[Quelltext bearbeiten]

In der vorliegenden Version steht der Satz "Nach 1963 lebte er auf freiem Fuß in Karlsruhe." Es ist nicht hinreichend klar, ob das sich auf Murer bezieht oder auf Weiss/Weiß. Im ersten Fall gehört es nicht zum Lemma, im zweiten widerspricht es den Angaben bei * Bert Hoppe, Hiltrud Glass (Bearb.): Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945 (Quellensammlung) Band 7: Sowjetunion mit annektierten Gebieten I – Besetzte sowjetische Gebiete unter deutscher Militärverwaltung, Baltikum und Transnistrien. München 2011, ISBN 978-3-486-58911-5, S. 701 mit Anm.3 --H.Parai (Diskussion) 17:43, 2. Feb. 2020 (CET)Beantworten

@H.Parai: Ausführliches Lebenslauf von Martin Weiss wurde in dem Buch von Martin Cüppers beschrieben (siehe Literatur). In dem Buch von Cüppers ist folgendes geschrieben: "Im Januar 1971, zwanzig Jahre nach seiner Verurteilung, wurde seine Strafe zur Bewährung ausgesetzt... 1977 wurde ihm die restliche Freiheitsstrafe auf dem Gnadenweg erlassen. Weiss starb am 30. September 1984 in Karlsruhe" Миндалина (Diskussion) 18:46, 2. Feb. 2020 (CET)Beantworten
Hinterfragt und gestrichen hatte ich den Satz "Nach 1963 lebte er auf freiem Fuß in Karlsruhe", der sich grammatikalisch auf Weiss/Weiß bezieht, offenbar aber für Murer gelten soll (dessen Vita aber nicht ins Lemma gehört).
In VEJ (s.o) heißt es zu Weiß: ..."1950 vom Landgericht Würzburg zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt, nach einem Gnadengesuch wurde die Strafe 1971 ausgesetzt." --H.Parai (Diskussion) 19:07, 2. Feb. 2020 (CET)Beantworten
In die 1960-er Jahre befand Weiss in Haft. Миндалина (Diskussion) 19:17, 2. Feb. 2020 (CET)Beantworten

Ähnliche Angabe bei Margolis/Tobias (Hg.): Die geheimen Notizen des K. Sakowicz, Antogo, Nürnberg 2003 und Fischer, Frankfurt 2005. Vgl. Google Snippet: "Mit einer Entschließung des bayerischen Justizministeriums wurde dem Mörder Weiss am 25. Januar 1971 seine lebenslange Strafe zur Bewährung ausgesetzt und 1977 schließlich auf dem Gnadenweg erlassen." Siehe auch diesen Aufsatz von Gudrun Schroeter auf Hagalil (2004) (dort ist allerdings das Datum des Urteils irrig). Offenbar war dieser "Entschließung" zur Bewährung ein (im Wesentlichen erfolgloses) Wiederaufnahmeverfahren vorausgegangen (s. Falko Kruse: Zweierlei Maß für NS-Täter? In: Kritische Justiz, Jg. 11, H. 3, S. 236-253, hier: S. 244, Fußnote: "1967 im Wiederaufnahmeverfahren bei unverändertem Strafausspruch in 6 Verbrechen des Mordes abgeändert").

Das ursprüngliche Urteil hatte auf 30.000-fache Beihilfe zum Mord und siebenfachen Mord gelautet (siehe Faksimile bei Yad Vashem, umseitig verlinkt; siehe auch die Diskussion des Urteils bei Kruse), offenbar wurde im Wiederaufnahmeverfahren eine der sieben Mordtaten "abgezogen", was am Strafausspruch nichts änderte. Interessant ist der Zeitpunkt des Urteils: sehr früh (1950), fast ein Jahrzehnt vor den Ulmer Einsatzgruppenprozessen, und mit lebenslanger Freiheitsstrafe auch für die Beihilfehandlungen. "Auffallend ist, daß das Gericht - entgegen der später üblichen Praxis der deutschen Justiz - auch in den Weiß vorgeworfenen 30.000 Fällen der Beihilfe zum Mord die lebenslängliche Zuchthausstrafe für angemessen hielt und nicht von der Möglichkeit Gebrauch machte, die Strafe bis auf 3 Jahre zu ermäßigen" (Kruse, S. 245).--Mautpreller (Diskussion) 12:34, 7. Sep. 2022 (CEST)Beantworten

Es scheint übrigens, das Wiederaufnahmeverfahren hatte mit dem Murer-Prozess zu tun. Eine Zeugin hatte Murer mit einem Mord belastet, den sie zwölf Jahre zuvor Weiss zugeschrieben hatte. Daher wurde Weiss von diesem Mord freigesprochen, nicht aber von den anderen. Beim Murer-Prozess scheint Weiss als Entlastungszeuge aus der Strafhaft vorgeführt worden zu sein.--Mautpreller (Diskussion) 14:12, 7. Sep. 2022 (CEST)Beantworten

Genaueres siehe Justiz und NS-Verbrechen, Band VI, Lfd. Nr. 192, im Open Access verfügbar hier: https://junsv.nl/westdeutsche-gerichtsentscheidungen. --Mautpreller (Diskussion) 17:23, 7. Sep. 2022 (CEST)Beantworten

Zu ergänzen wäre ferner, dass die Tätigkeit von Weiss im Wilnaer Ghetto bereits durch die Zeugenaussage von Abraham Sutzkever im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher (69. Tag, vormittags) bekannt geworden war, sicher ein Grund für die frühzeitige Strafverfolgung.--Mautpreller (Diskussion) 16:03, 8. Sep. 2022 (CEST)Beantworten

Zeuge im Murer-Prozess

[Quelltext bearbeiten]

Das Buch von Johannes Sachslehner, 2017, liegt mir nicht vor. Es wird hier als Nachweis dafür angegeben, dass Weiss 1963 beim Murer-Prozess in Österreich als Zeuge aufgetreten sei, also in persona. Da Weiss zu der Zeit in Bayern in Gefängnishaft war (oder etwa doch nicht, siehe oben?), habe ich so leise Zweifel, dass Weiss dafür Hafturlaub bekam. Vielleicht mangelt es mir an Phantasie, mir vorzustellen, wie Zeuge W. (in Begleitung bayerischer Polizisten?) über die Staatsgrenze nach Graz fuhr, dort im Hotel nächtigte, seine Aussage vor Gericht machte und dann mit oder ohne Begleitung zurück nach Bayern fuhr, um dort seine lebenslange Haft fortzusetzen. Usw..... --Goesseln (Diskussion) 00:12, 11. Sep. 2022 (CEST)Beantworten

Lässt sich nachlesen bei Heimo Halbrainer, Thomas Karny: Geleugnete Verantwortung: Der „Henker von Theresienstadt“ vor Gericht (S. 71). Weiss wurde demnach in Graz als Zeuge aus der Strafhaft in der JVA Straubing vorgeführt. Das trifft wohl zu, siehe auch den Dokumentarfilm Murer – Anatomie eines Prozesses von Christian Frosch. Leider ist Sachslehner in diesem Punkt nicht verlässlich, er behauptet nämlich, dass Weiss längst wieder in Karlsruhe auf freiem Fuß gewesen sei: "Als Entlastungszeugen ruft die Verteidigung Ex-Gestapomann Martin Weiss in den Zeugenstand – der 60-jährige Massenmörder, 1950 zu lebenslanger Haft verurteilt und inzwischen wieder auf freiem Fuß in Karlsruhe lebend, hat seinen Spaß: Murer habe keinerlei Befehlsgewalt gehabt und sei nur für die kommunale Zivilverwaltung zuständig gewesen. Es sei ihm nicht bekannt, dass Murerjemals jemanden erschossen habe, zu den genannten Fällen kann er nur sagen, dass „es sich um eine große Zahl von ähnlichen Fakten handelt, deretwegen ich verurteilt worden bin“. Murer sei nie mit ihm zusammen und auch nie in Ponary gewesen. Murer habe nur die Lebensmittelverteilung überwacht – eine verlogene Aussage, die an diesem Verhandlungstag, der um 12.30 Uhr beendet wird, unwidersprochen bleibt" (S. 249). Dieser Punkt stimmt aber nachweislich nicht.--Mautpreller (Diskussion) 13:55, 11. Sep. 2022 (CEST)Beantworten
PS: Dass Weiss 1963 nicht "auf freiem Fuß" war, lässt sich etwa aus dem Beschluss des LG Würzburg vom 21. Februar 1967 ersehen (Justiz und NS-Verbrechen, Bd VI, Lfd. Nr. 192b). Dort heißt es: "Weiss Martin, geb. am 21.2.1903 in Karlsruhe, verh. Klempnermeister, z.Zt. in der Strafanstalt Straubing". --Mautpreller (Diskussion) 14:12, 11. Sep. 2022 (CEST)Beantworten

Es gibt übrigens Hinweise auf eine Aussage von Weiss bereits 1959, möglicherweise zum Ulmer Einsatzgruppen-Prozess, dies aber wohl ohne einen Auftritt in persona. Zumindest wird eine solche Aussage gelegentlich in der Literatur angegeben (in Fußnoten).--Mautpreller (Diskussion) 13:06, 12. Sep. 2022 (CEST)Beantworten

Habs gefunden: Nicht die Ermittlungen zum Ulmer Prozess, sondern die Ludwigsburger Ermittlungsakten zu Karl Jäger bzw. nach dessen Suizid zu den verbliebenen Führungsfiguren des EK 3: Heinrich Schmitz, Peter Eisenbarth, Gustav Grauer, Gerhard Kortkampf, Erich Wolff, Johannes Schäfer. In diesem Zusammenhang wurde Weiss 1959 in der Haft vernommen, siehe Kim Christian Priemel: Im Sande verlaufen? Das Ludwigsburger Ermittlungsverfahren gegen das Einsatzkommando 3 und die justizielle Täterforschung nach 1945, in: Jan Erik Schulte, Michael Wildt: Die SS nach 1945, V&R unipress, Göttingen 2018, S. 119–144. Die Aussage von Martin Weiß vom 6. August 1959 wird dabei erwähnt (S. 124). Bemerkenswert ist, dass Weiss und Hering veruteilt wurden, aber gegen keinen der höheren Chargen auch nur eine Anklage zustandekam.--Mautpreller (Diskussion) 15:10, 12. Sep. 2022 (CEST)Beantworten

Die Vorführung von Weiss beim Murer-Prozess lässt sich übrigens bestätigen bei Wiesenthal, The Murderers Among Us, und vor allem bei Dieckmann, Deutsche Besatzungspolitik in Litauen, Bd. II, S. 1265. --Mautpreller (Diskussion) 12:32, 15. Sep. 2022 (CEST)Beantworten

Lemma

[Quelltext bearbeiten]

Etwas problematisch erscheint mir der Klammerzusatz. Martin Gottfried Weiß, gewöhnlich in der Literatur als Martin Weiß oder Martin Weiss benannt, war ja ebenfalls SS-Angehöriger (Chef des KZ Dachau). Gelegentlich gibt es auch Kontaminationen (hier etwa erscheint Martin Weiss als Obersturmbannführer in Wilna, er hatte aber als Ober- bzw. Hauptscharführer einen viel niedrigeren Rang, während der andere Martin [Gottfried] Weiß tatsächlich Obersturmbannführer war). Zumindest ein Begriffsklärungshinweis sollte hier stehen, etwa: Dieser Artikel beschreibt den SS-Hauptscharführer in Vilnius. Zum SS-Obersturmbannführer und Kommandanten des KZ Dachau siehe Martin Gottfried Weiß. --Mautpreller (Diskussion) 13:21, 12. Sep. 2022 (CEST)Beantworten

Schönbrunner

[Quelltext bearbeiten]

Die Beteiligung Schönbrunners am Prozess ist eigentlich gut belegt (Biografie bei Yad Vashem, Gerechte der Völker; Wolfram Wette). Mir sind jedoch Zweifel gekommen. Im Urteil wird der Zeuge nicht erwähnt, auch nicht in dem Faksimile bei Yad Vashem, obwohl dort eine Liste der gehörten Zeugen steht. Gemäß Sachslehner, Rosen für den Mörder, hat er aber tatsächlich im Prozess gegen Franz Murer 1963 ausgesagt. Zudem schreibt Sachslehner, Schönbrunner habe eine "Aussage 1947 im Münchner Büro der Juristischen Abteilung beim Zentralkomitee der befreiten Juden in der US-Zone Deutschlands" gemacht (S. 173). Was Sachslehner zitiert, bezieht sich auf Murer, es liegt aber nahe, dass er auch etwas über Weiss gesagt hat. Auf diesem Wege könnte Schönbrunners Aussage in die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Würzburg eingegangen sein, denn der Staatsanwalt hat diese Stelle aufgesucht, um Material für die Anklage zu erhalten. Damit könnte er zur Verurteilung von Weiss beigetragen haben. --Mautpreller (Diskussion) 22:19, 12. Sep. 2022 (CEST)Beantworten